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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §24 Abs1 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Finanzamts Wien 12/13/14 Purkersdorf in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30. März 2018, Zl. RV/7100104/2017, betreffend Einkommensteuer 2010 und 2011 (mitbeteiligte Partei: A in W, vertreten durch die Malainer Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/25), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Zum bisherigen Verfahrensgang - betreffend Einkommensteuer 2010 - ist eingangs auf das Erkenntnis vom 21. Dezember 2016, Ra 2015/13/0023, zu verweisen.
2 Der Mitbeteiligte war in den Streitjahren Geschäftsführer und Gesellschafter (zu 50%, weiterer Gesellschafter und Geschäftsführer war sein Vater) der X GmbH, über deren Vermögen im Februar 2009 der Konkurs eröffnet worden war. Im April 2010 schloss er mit mehreren Gläubigern der X GmbH Vereinbarungen, in denen er sich persönlich zur teilweisen Begleichung von Schulden der GmbH verpflichtete. Diese Verpflichtungen standen unter der auflösenden Bedingung einer Erstattung von Strafanzeigen oder einer Inanspruchnahme persönlicher Haftungen in Bezug auf den Mitbeteiligten oder seinen Vater im Zusammenhang mit der Geschäftsführung bzw. der Insolvenz der X GmbH. Mit Vereinbarungen vom Dezember 2010 übernahm der Mitbeteiligte auch die persönliche Haftung für die Zahlung der Zwangsausgleichsquote im Zwangsausgleich (Sanierungsplan) der X GmbH, der im Jänner 2011 zur Aufhebung des Konkurses führte. Im August 2011 beschlossen die Gesellschafter die Fortsetzung der X GmbH.
3 In seiner Einkommensteuererklärung 2010 machte der Mitbeteiligte diese "Schadenersatzzahlungen" im Zusammenhang mit dem Konkurs der X GmbH (Zahlungen an Gläubiger der X GmbH; Zahlung der ersten Zwangsausgleichsrate; Zahlung an Rechtsanwalt) als Betriebsausgaben geltend.
4 Im Einkommensteuerbescheid vom 30. Juli 2012 für das Jahr 2010 berücksichtigte das Finanzamt diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben. Es wertete die Zahlungen an die Gläubiger sowie die vom Mitbeteiligten getragenen Anwaltskosten als Einlagen des Mitbeteiligten in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der X GmbH.
5 Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung. 6 In Ergänzung der Berufungsvorlage teilte das Finanzamt dem
unabhängigen Finanzsenat mit, der Mitbeteiligte habe im Jahr 2010 seinen im Privatvermögen gehaltenen Kommanditanteil an der Y KG mit Gewinn veräußert. Die Veräußerung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft innerhalb von 10 Jahren ab Anschaffung erfülle den Spekulationstatbestand. Es werde daher der Ansatz eines entsprechenden Spekulationsgewinnes beantragt. In einem Ersuchen um Ergänzung hatte das Finanzamt hiezu dem Mitbeteiligten vorgehalten, bei Verkauf eines Anteils an einer Personengesellschaft sei hinsichtlich der Grundstücksquote die Spekulationsfrist für Grundstücke anzuwenden. Da die Y KG im Jahr 2006 gegründet worden sei, sei die Spekulationsfrist von 10 Jahren noch nicht abgelaufen.
7 Mit Bescheid vom 8. Juli 2013 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2011 fest. Vom Mitbeteiligten als Betriebsausgaben geltend gemachte Zahlungen an Gläubiger der X GmbH berücksichtigte das Finanzamt neuerlich nicht. Das Finanzamt verwies in der Begründung auf den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2010. Zahlungen an die Gläubiger der X GmbH seien als Einlage des Mitbeteiligten als Gesellschafter in die GmbH zu beurteilen und daher nicht als Betriebsausgabe bei der Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH abzugsfähig.
8 Der Mitbeteiligte erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung. Er machte geltend, Schadenersatzzahlungen seien aufgrund von vor dem Zwangsausgleich abgeschlossenen Vereinbarungen geleistet worden. Im Insolvenzverfahren sei von den Gläubigern mehrfach das Thema "persönliches Verschulden" oder eine etwaige Haftung des Geschäftsführers (des Mitbeteiligten) angesprochen worden. Um umfangreiche Verfahren zu vermeiden und einen Zwangsausgleich zu ermöglichen, habe der Mitbeteiligte die persönliche Haftung für die Zahlung der Zwangsausgleichsrate übernommen. Der Beweggrund für die Übernahme der persönlichen Haftung habe in der Abwehr von Klagen bestanden, welche die Erzielung von Geschäftsführervergütungen in Zukunft verhindert hätten. Der Mitbeteiligte beziehe den überwiegenden Teil seines Einkommens aus Geschäftsführerbezügen.
9 Mit Erkenntnis vom 12. November 2014 änderte das Bundesfinanzgericht den Einkommensteuerbescheid 2010 zu Lasten des Mitbeteiligten ab. Es berücksichtigte - wie das Finanzamt - die Zahlungen des Mitbeteiligten an die Gläubiger der X GmbH nicht als Betriebsausgaben (diese Zahlungen seien als Einlage des Gesellschafters in die GmbH zu beurteilen). Weiters seien - entsprechend der Ergänzung der Berufungsvorlage durch das Finanzamt - Spekulationseinkünfte aus der Veräußerung des Kommanditanteils zu berücksichtigen.
10 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. Dezember 2014 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 als unbegründet ab. Es verwies dazu auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. November 2014.
11 Der Mitbeteiligte erhob gegen die Beschwerdevorentscheidung einen als Beschwerde bezeichneten Vorlageantrag. Der Mitbeteiligte verwies darin auf die gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. November 2014 erhobene außerordentliche Revision.
12 Mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2016 behob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. November 2014 (betreffend Einkommensteuer 2010).
13 Das Bundesfinanzgericht wandte sich sodann mit Vorhalt vom 20. Februar 2018 an den Mitbeteiligten. Darin führte es u.a. aus, es neige dazu, sich der Ansicht des Finanzamts anzuschließen, dass es sich bei den Zahlungen an die Gläubiger um (verdeckte) Einlagen in die Gesellschaft und nicht um abzugsfähige Betriebsausgaben handle. Betreffend Spekulationsgewinn im Jahr 2010 folge das Bundesfinanzgericht hingegen den belegten Ausführungen des Mitbeteiligten, wonach kein Grundstück, sondern ein "anteiliges Mietrecht" veräußert worden sei, das nicht der 10jährigen "Verjährungsfrist" unterliege.
14 Mit Eingabe vom 15. März 2018 beantwortete der Mitbeteiligte den Vorhalt und verwies darin im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der außerordentlichen Revision.
15 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den Beschwerden Folge und änderte die Bescheide (Einkommensteuer 2010 und 2011) ab; zu den Bemessungsgrundlagen und zur Höhe der Abgabe verwies es auf angeschlossene Berechnungsblätter. Es sprach aus, eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
16 Begründend führte das Bundesfinanzgericht - nach Darlegung des bisherigen Verfahrensgangs - im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte habe am 30. April 2010 mit den Hauptgläubigern der X GmbH eine "Schadenersatzvereinbarung" getroffen. Er habe aus seinem Privatvermögen Zahlungen an die Gläubiger der X GmbH in Höhe von insgesamt 427.606,48 EUR (2010) und 126.000 EUR (2011) geleistet.
17 Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts habe der Mitbeteiligte nachweisen bzw. glaubhaft machen können, dass er gleich einem Fremdgeschäftsführer diese Zahlungen zur Erhaltung seiner Einkünfte als Geschäftsführer der X GmbH sowie anderer Gesellschaften getätigt habe. Hätte der Mitbeteiligte nicht den "Verständigungsweg" mit den Gläubigern gesucht und erreicht, sei die Annahme nicht von der Hand zu weisen, dass auch dem verantwortlichen Geschäftsführer Gerichtsklagen gedroht hätten. Auch die Bereitschaft des Mitbeteiligten, in den Streitjahren aus seinem Privatvermögen Beträge zur Abwendung derartiger Gerichtsverfahren zur Verfügung zu stellen, zeige, dass es sich hier nicht bloß um eine "rettende" Einlage eines Gesellschafters handle, sondern um den Erhalt seiner nicht unbeträchtlichen Einkünfte aus Geschäftsführer-Tätigkeiten bei verschiedenen Gesellschaften (ca. 940.000 EUR in den letzten fünf Jahren vor der Insolvenz der X GmbH). Damit habe der Mitbeteiligte trotz "Opferung" seiner Geschäftsführer-Einkünfte für ca. 2,5 Jahre die Einkünfte aus dieser Tätigkeit für die nächsten 15 Jahre (bis zu seinem Pensionsantritt) sicherstellen können. Dadurch sei es dem Mitbeteiligten gelungen, ein aufwendiges Beweisverfahren zu vermeiden und die künftige Absicherung seiner Einkünfte nicht nur bei der X GmbH, sondern auch bei anderen Gesellschaften, bei denen er Geschäftsführer gewesen sei, zu erreichen. Die Übernahme dieser Zahlungen habe somit in erster Linie nicht dem Fortbestand der X GmbH, sondern überwiegend der Erhaltung seiner diversen Geschäftsführer-Einkünfte gedient. Auch ein Fremdgeschäftsführer hätte - sofern er über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt hätte - so gehandelt.
18 Dies gelte auch für die strittigen Rechtsanwaltshonorare im Jahr 2010; die Beratungsleistungen betreffend den Weiterbestand der Gesellschaft und damit verbunden die Sicherung seiner Geschäftsführer-Einkünfte seien somit ebenfalls im Zusammenhang mit den Gläubigervereinbarungen gestanden.
19 Diese Zahlungen stellten daher keine Einlagen eines Gesellschafters dar; diesbezügliche Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter seien auch weder behauptet noch nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden. Es handle sich vielmehr um Betriebsausgaben des Geschäftsführers bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.
20 Der Mitbeteiligte habe mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 1. Oktober 2010 seinen im Privatvermögen gehaltenen Kommanditanteil (23,18%) an der Y KG gegen einen Kaufpreis von 861.890,34 EUR veräußert; die Anschaffungskosten für die Beteiligung an der Y KG hätten 2.318 EUR betragen. Der Mitbeteiligte habe bereits in der Revisionsschrift dazu ausgeführt, dass es sich nicht um eine grundstücksbesitzende Personengesellschaft gehandelt habe. Vielmehr habe die dem Mitbeteiligten anteilig gehörende Y KG eine Liegenschaft lediglich von der Z GmbH angemietet. Dadurch habe die Y KG nur das Recht erworben, das nicht ihr gehörende Gebäude zu vermieten. Das Bundesfinanzgericht gelange daher zum Schluss, dass der Mitbeteiligte im Jahr 2010 mit seinem Geschäftsanteil nur sein "anteiliges Mietrecht" veräußert, aber keine Liegenschaftstransaktion vorgenommen habe. Es liege daher kein Veräußerungsgeschäft gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 vor.
21 Das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Aufwendungen, die zur Vermeidung einer drohenden Betriebseinstellung und nicht zur Erhaltung eines persönlichen Rufes entrichtet würden, seien Betriebsausgaben (Hinweis auf VwGH 1.6.2017, Ra 2015/15/0070).
22 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision des Finanzamts.
23 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
25 Das Finanzamt ficht das angefochtene Erkenntnis insofern an, als zum einen die als "Schadenersatzzahlungen" bezeichneten Zahlungen des Mitbeteiligten als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit in den Jahren 2010 und 2011 anerkannt wurden und zum anderen Einkünfte gemäß § 30 EStG 1988 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 im Jahr 2010 nicht in Ansatz gebracht wurden.
26 Die Revision ist im Hinblick auf die vom Finanzamt aufgezeigten Begründungsmängel zulässig und begründet.
27 a) zu den "Schadenersatzzahlungen":
28 Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
29 Sowohl Betriebsausgaben als auch Werbungskosten sind der jeweiligen Einkunftsquelle zuzuordnen (vgl. Zorn in Doralt et al., EStG19, § 4 Tz 234; Zorn/Stanek in Doralt et al., EStG20, § 16 Tz 11).
30 Im vorliegenden Fall ist im Wesentlichen strittig, ob die Zahlungen des Mitbeteiligten an Gläubiger der X GmbH durch das Gesellschaftsverhältnis (vgl. § 20 Abs. 2 EStG 1988) oder durch die Tätigkeit als Geschäftsführer veranlasst oder überhaupt der privaten Sphäre zuzurechnen sind.
31 Aufwendungen, die einem Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner einkommensteuerlich relevanten Sphäre erwachsen, sind entweder durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer (und sohin im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit) oder durch seine Stellung als Gesellschafter veranlasst, wobei die jeweilige Veranlassung bei der steuerlichen Beurteilung der einzelnen Aufwendung zu prüfen ist. Einkommensteuerrechtlich macht es keinen Unterschied, ob der Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, oder ob er später Einlagen tätigt oder als Bürge Schulden der Gesellschaft bezahlt bzw. deren Schulden übernimmt, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können. Folglich hängt die Übernahme einer Bürgschaft primär mit der Gesellschafterstellung zusammen, weshalb es der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt hat, Vermögensverluste, die dem Geschäftsführer aus der Übernahme einer Bürgschaft entstehen, bei seinen Geschäftsführerbezügen als einkünftemindernd zu berücksichtigen (vgl. VwGH 26.6.2013, 2009/13/0071, VwSlg. 8821/F).
32 Zahlungen aufgrund einer Inanspruchnahme als Haftender können zwar Werbungskosten oder Betriebsausgaben darstellen; dies aber nur dann, wenn die Haftung nicht aufgrund eines Fehlverhaltens entsteht, das der Gesellschaftersphäre zuzurechnen ist (vgl. VwGH 22.5.2015, 2010/15/0211, VwSlg. 8916/F).
33 Nur bei eindeutiger und unmittelbarer Verknüpfung zwischen künftiger Einnahmenerzielung und Übernahme einer Bürgschaft (oder Haftung), können die daraus folgenden Zahlungen als Betriebsausgaben zu diesen Einkünften berücksichtigt werden (vgl. VwGH 30.10.2014, 2011/15/0137, VwSlg. 8955/F). Für die Frage der Abziehbarkeit von Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen ist entscheidend, welcher Sphäre das Fehlverhalten zuzuordnen ist (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2015/15/0070, mwN).
34 Das Bundesfinanzgericht kam im angefochtenen Erkenntnis zum Ergebnis, dass die Zahlungen vom Mitbeteiligten zur Erhaltung seiner Einkünfte als Geschäftsführer getätigt wurden. Das Bundesfinanzgericht stützte diese Annahme darauf, dass ohne Vereinbarung mit den Gläubigern dem Mitbeteiligten "Gerichtsklagen" gedroht hätten. Mit den Vereinbarungen sei es dem Mitbeteiligten gelungen, ein aufwendiges Beweisverfahren zu vermeiden; dadurch sei ihm auch die künftige Absicherung seiner Einkünfte als Geschäftsführer bei verschiedenen Gesellschaften gelungen.
35 Es ist aber nicht - jedenfalls nicht ohne Weiteres - erkennbar, in welcher Weise "Gerichtsklagen" (also die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche), auch wenn diese allenfalls zu einem "aufwendigen Beweisverfahren" geführt hätten, eine Gefährdung der Einkünfte des Mitbeteiligten als Geschäftsführer hätten bewirken können. Hinzu kommt, dass es sich bei den Gesellschaften, für die der Mitbeteiligte als Geschäftsführer tätig war, offenbar um Gesellschaften handelte, an denen der Mitbeteiligte - allenfalls mittelbar - beteiligt war. Auch wird - wie die Revision zutreffend rügt - im angefochtenen Erkenntnis nicht dargetan, aus welchem Rechtsgrund Gläubiger Ansprüche gegen den Mitbeteiligten hätten geltend machen können. Damit kann aber auch schon deswegen nicht beurteilt werden, welcher Sphäre allfälliges Fehlverhalten des Mitbeteiligten zuzuordnen wäre.
36 b) zum Spekulationsgewinn:
37 Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (in der hier anwendbaren Fassung vor BGBl. I Nr. 112/2012) sind Spekulationsgeschäfte u.a. Veräußerungsgeschäfte betreffend Grundstücke und andere Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
38 Unter Anschaffung und Veräußerung iSd § 30 EStG 1988 sind die schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäfte zu verstehen. Für die Berechnung der Spekulationsfrist ist daher der Zeitpunkt des Zustandekommens dieser schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte - insbesondere Kaufverträge - maßgeblich. Allerdings kommt es ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt eines solchen Rechtsgeschäftes an, wenn die Vertragsparteien bereits vorher eine Vereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist (vgl. VwGH 20.11.1997, 96/15/0256, VwSlg. 7235/F, mwN; vgl. auch VwGH 23.2.2011, 2010/13/0201, VwSlg. 8615/F).
39 Entscheidend ist somit das Vorliegen eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts auf Übertragung des zivilrechtlichen oder auch bloß des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut (vgl. Kirchmayr/Perl in Doralt et al., EStG17, § 31 Tz 19; vgl. auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 30 Tz 6).
40 Beteiligungen an betrieblich tätigen, aber auch an bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaften gelten nicht als eigene Wirtschaftsgüter, sondern als aliquote Beteiligung an jedem aktiven und passiven Wirtschaftsgut des Beteiligungsunternehmens (vgl. VwGH 24.9.2014, 2012/13/0021, VwSlg. 8945/F).
41 Befand sich also die Liegenschaft - wie vom Finanzamt bereits in der Revisionsbeantwortung im vorangegangenen Revisionsverfahren vorgebracht - im wirtschaftlichen Eigentum der Y KG, so wurde mit der Veräußerung der Beteiligung an dieser KG durch den Mitbeteiligten die aliquote Beteiligung des Mitbeteiligten an dieser Liegenschaft - und nicht bloß ein "anteiliges Mietrecht" - vom Mitbeteiligten veräußert. In diesem Fall wäre daher die Frist von zehn Jahren zu berücksichtigen.
42 Auch das nunmehr angefochtene Erkenntnis enthält - wie bereits jenes, das mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2016 aufgehoben worden war - keine Feststellungen über diese Liegenschaft; auch der Vertrag (oder die Verträge: das Finanzamt verweist hiezu - sowohl in der nunmehrigen Revision wie auch in der Revisionsbeantwortung im vorangegangenen Revisionsverfahren - auf einen "Generalmietvertrag" vom 28. September 2006, der in seiner Präambel darauf verweise, dass ein "Leasingvertrag" am 28. September 2009 (?) abgeschlossen worden sei) betreffend diese Liegenschaft befindet sich nicht in den vorgelegten Verfahrensakten.
43 Aus dem Umstand, dass die Y KG diese Liegenschaft auf Basis eines Leasingvertrags lediglich angemietet und weitervermietet hat, kann noch nicht abgeleitet werden, dass diese Liegenschaft nicht im wirtschaftlichen Eigentum der Y KG stand (vgl. etwa zu Leasingverträgen allgemein Toifl in Doralt et al., EStG20, § 2 Tz 128 ff). Dass wirtschaftliches Eigentum der Y KG (zumindest nach Meinung der Y KG) bestanden habe, wird etwa durch die Verzeichnung dieser Liegenschaft im Anlagevermögen in der Bilanz der Y KG (und Geltendmachung von Abschreibungen hierauf) nahegelegt, da für die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen das wirtschaftliche Eigentum am Wirtschaftsgut entscheidend ist (vgl. etwa Zorn/Varro in Doralt et al., EStG17 § 4 Tz 40).
44 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am 23. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018130052.L00Im RIS seit
22.02.2019Zuletzt aktualisiert am
10.04.2019