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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §113 Abs2b idF 8200-13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Peter Pilsner in Persenbeug, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Rechtsanwalt in Melk, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Oktober 1996, Zl. R/1-V-94181/01, betreffend einen Feststellungsbescheid in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Raxendorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und von diesem mit Beschluss vom 10. März 1999, B 4743/96-8, abgelehnten und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde, der Beschwerdeergänzung und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 27. Oktober 1993 war dem Beschwerdeführer aufgetragen worden, ein auf Parzelle Nr. 77, KG Braunegg, im Grünland gelegenes Bauwerk, nämlich einen in Riegelbauweise ausgeführten Schuppen mit Terrasse und Grillofen, abzutragen. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 5. Februar 1994 abgewiesen, der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. Mai 1995 keine Folge gegeben.
Mit einer Eingabe vom 20. Juli 1995, eingelangt bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 24. Juli 1995, ersuchte der Beschwerdevertreter namens des Beschwerdeführers unter Bezugnahme auf Pressemeldungen, wonach es hinsichtlich von nicht genehmigten Bauvorhaben eine Dispens gebe, "um eine entsprechende Dispens bezüglich der Baubewilligung".
Mit Schreiben vom 25. Juli 1995 ersuchte die mitbeteiligte Marktgemeinde die Bezirkshauptmannschaft Melk um Vollstreckung des Abbruchauftrages.
In der Folge setzte die Bezirkshauptmannschaft Melk dem Beschwerdeführer am 29. August 1995 eine Frist von zehn Wochen zur Erfüllung der bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung und drohte für den Fall der Nichterfüllung eine Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG an.
Mit Bescheid vom 8. Februar 1996 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 20. Juli 1995 als unzulässig zurück, da bereits vor Inkrafttreten der 11. Novelle zur Niederösterreichischen Bauordnung 1976 die Bezirkshauptmannschaft Melk um Vollstreckung ersucht worden sei. In der dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Rechtsansicht, diese Bauordnungsnovelle sei bereits mit 1. Juli 1995 wirksam geworden, lediglich die Aussendung des kundgemachten Landesgesetzblattes sei zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Es entspräche nicht dem Sinn dieser Novelle, nur nach dem 22. September 1995 gestellte Anträge um Dispens positiv zu behandeln.
Mit Bescheid vom 29. März 1996 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. Oktober 1996 keine Folge gegeben.
Die belangte Behörde führte zur Begründung ihres Bescheides im Wesentlichen aus, es sei nicht der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Beschwerdeführer von wesentlicher Bedeutung gewesen, sondern der Umstand, dass die Gemeinde schon vor Rechtswirksamwerden der so genannten Amnestiebestimmung die Bezirkshauptmannschaft Melk um die Vollstreckung des rechtskräftigen Abbruchauftrages ersucht hatte bzw. diese Vollstreckung auch schon in die Wege geleitet worden sei. Eine im Sinn des Beschwerdeführers positive Entscheidung über sein "Ansuchen um Dispens" vom 20. Juli 1995 sei vor dem 22. September 1995 mangels einer rechtswirksamen Rechtsgrundlage noch nicht und nach dem 22. September 1995 entsprechend § 113 Abs. 2c der NÖ Bauordnung 1976 wegen des zwischenzeitig eingebrachten Vollstreckungsersuchens an die Bezirkshauptmannschaft Melk nicht mehr zulässig gewesen. Dem vom Beschwerdeführer den Gemeindebehörden angelasteten Rechtsmissbrauch sei entgegenzuhalten, dass die Baubehörde im Rahmen der von ihr zu vollziehenden Angelegenheiten der Baupolizei verpflichtet sei, zunächst nach § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a leg. cit. einzuschreiten und ab dem Eintritt der Rechtskraft eines derartigen Abbruchauftrages schließlich um dessen Vollstreckung bei der dafür zuständigen Bezirkshauptmannschaft zu ersuchen.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 10. März 1999 abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Behörde hätte die Möglichkeit gehabt, bei richtiger Anwendung des § 113 Abs. 2a bis 2c der Niederösterreichischen Bauordnung dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für sein Gebäude nachträglich zu erteilen und einen Abbruch des Hauses zu verhindern. Die Behörde hätte den Antragsteller entsprechend anleiten müssen, den Antrag zu verbessern und neuerlich einzubringen, um dem Formalerfordernis Genüge zu tun. Zudem sei es als Willkür der Behörde zu bezeichnen, einen Antrag auf Abbruch zu stellen, obwohl zu diesem Zeitpunkt aufgrund des ergangenen Landtagsbeschlusses bereits bekannt gewesen sei, was mit der Kundmachung dieser Gesetzesänderung in Kraft trete. Die Behörde habe daher in Kenntnis dieser Umstände das Abbruchansuchen an die Bezirkshauptmannschaft Melk gestellt und somit dem Antragsteller die Möglichkeit zur Sanierung der fehlenden Baubewilligung genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Am 22. September 1995 trat die Änderung der NÖ Bauordnung 1976 (LGBl. 8200-13), die der Landtag von Niederösterreich am 29. Juni 1995 beschlossen hatte, in Kraft, weil das entsprechende Landesgesetzblatt am 21. September 1995 ausgegeben wurde und diese Novelle (11. Novelle zur NÖ Bauordnung 1976) eine gesonderte Regelung über das Inkrafttreten nicht enthält. (Zwischenzeitig hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. März 1999, G 132/98-9, ausgesprochen, dass § 113 Abs. 2a und b der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-13, verfassungswidrig war.) Die mit der 11. Novelle neu eingefügten Anordnungen des § 113 Abs. 2a bis 2c lauteten wie folgt:
"§ 113. ...
(2a) Die Anordnung des Abbruches eines wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht genehmigungsfähigen Gebäudes hat zu entfallen, wenn
-
das Gebäude vor dem 29. Juni 1995 so weit fertig gestellt wurde, dass der Grundriss und der beabsichtigte Verwendungszweck erkennbar war;
-
die Ausführung gemäß dem beabsichtigten Verwendungszweck den im Zeitpunkt des Baubeginns geltenden bautechnischen Vorschriften entspricht oder
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das Gebäude innerhalb angemessener Frist jedoch längstens innerhalb eines Jahres fertig gestellt bzw. den bautechnischen Vorschriften ohne Durchführung eines Zubaues angepasst wird;
-
für das Grundstück kein Bauverbot gemäß § 20 Abs. 2 Z. 3 besteht und
-
bis zum 31. Dezember 1999 ein Antrag gemäß Abs. 2b gestellt wird.
(2b) Das Zutreffen dieser Voraussetzungen ist von der Baubehörde mittels Feststellungsbescheid über Antrag festzustellen. Diesem Antrag sind die erforderlichen Antragsbeilagen (§§ 96 und 97) anzuschließen.
Der Zeitpunkt des Baubeginns ist der Baubehörde nachzuweisen. Dem Feststellungsbescheid hat die Durchführung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung von Sachverständigen und Anrainern voranzugehen. Anrainer haben Parteistellung im Rahmen des § 118 Abs. 8 und 9.
Dieser Bescheid berechtigt zur Benützung des Gebäudes und gilt nicht als baubehördliche Bewilligung. Eine zukünftige Instandsetzung solcher Gebäude ist nur im Rahmen des § 92 Abs. 1 Z. 4, sonstige Veränderungen sind nur im Rahmen des § 95 zulässig.
(2c)Ein Antrag nach Abs. 2b kann nicht mehr gestellt werden, wenn von der Baubehörde bereits um die Vollstreckung eines Abbruchbescheides angesucht wurde."
Zwischen dem Einlangen des Gesuches des Beschwerdeführers vom 20. Juli 1995 bis zum Inkrafttreten der 11. Bauordnungsnovelle am 22. September 1995 wäre, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, eine positive Erledigung des Ansuchens des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen, weil die 11. Bauordnungsnovelle zu diesem Zeitpunkt mangels Kundmachung noch nicht dem Rechtsbestand angehörte. Nach dem Inkrafttreten dieser Novelle am 22. September 1995 war eine positive Erledigung des Gesuches nicht mehr möglich, da zwischenzeitig bereits um die Vollstreckung des Abbruchbescheides angesucht worden war. Eine Möglichkeit zur Erteilung einer Baubewilligung wurde aber auch durch die 11. Bauordnungsnovelle nicht geschaffen, da ein auf dieser Rechtsgrundlage erlassener Feststellungsbescheid nur zur Benützung des Gebäudes berechtigte. Im Ergebnis ist daher der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt worden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, sind Behörden nicht gehalten, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten sei, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1989, Zl. 87/06/0056). Im Übrigen war der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einbringung des "Antrages um Dispens" durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten, sodass kein Raum für die Rechtsbelehrung nach § 13a AVG bestand, da sich diese Bestimmung ausdrücklich auf Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, bezieht.
Schließlich kann auch der Umstand, dass die Baubehörde unmittelbar nach dem Einlangen des Ansuchens des Beschwerdeführers "um Dispens" um die Vollstreckung des rechtskräftigen Abbruchbescheides angesucht hat, keine Rechtswidrigkeit des beschwerdegegenständlichen Bescheides bewirken: Im Rahmen der Baupolizei ist die Baubehörde gehalten, für die Herbeiführung des rechtskonformen Zustandes Sorge zu tragen. Einen Anspruch des Verpflichteten darauf, dass die Baubehörde bis zu einem bestimmten Tag (etwa bis zum Inkrafttreten einer begünstigenden Bestimmung) nicht um Vollstreckung eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Abbruchauftrages (also nach Ablauf der Leistungsfrist) ansucht, räumt weder die NÖ Bauordnung noch das VVG ein.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999050094.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009