Entscheidungsdatum
18.05.2018Index
L83009 Wohnbauförderung WienNorm
WWFSG 1989 §60 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Heiss über die Beschwerde der Frau A. B. vom 20.03.2018 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 07.03.2018, Zl. ..., betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von Wohnbeihilfe gemäß WWFSG 1989, zu Recht e r k a n n t und verkündet:
Gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und für den Zeitraum 01.03.2018 bis 30.11.2018 Wohnbeihilfe in Höhe von monatlich Euro 268,88 zuerkannt.
Entscheidungsgründe
Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:
„Der Antrag vom 19.02.2018 auf Gewährung einer Wohnbeihilfe wird gemäß §§ 60-61a Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG 1989, LGBl. Nr. 18/89) und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. Nr. 32/89, beide in der geltenden Fassung, abgewiesen.“
Begründend wurde dazu ausgeführt, gemäß § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 sei der Mieterin bzw. dem Mieter einer nicht nach §§ 20 ff WWFSG 1989 geförderten Wohnung, wenn sie bzw. er durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet werde, auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern sie bzw. er und die mit ihr bzw. ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden.
Dem WWFSG 1989 liegt u.a. das rechtspolitische Ziel zu Grunde, dass nicht jemand aus öffentlichen Mitteln gefördert werden soll, der ohnedies über eine andere Wohnung verfüge. Es besteht daher kein dringendes Wohnbedürfnis, wenn das dringende Wohnbedürfnis gehörig in der anderen Wohnung befriedigt werden kann (Erkenntnis des VwGH 2013/05/0031).
Da Frau B. A. nicht nur Hauptmieterin der Wohnung in Wien, C.-gasse ist, sondern auch Eigentümerin einer Wohnung, besteht somit kein ausschließliches, dringendes Wohnbedürfnis an der gegenständlichen Wohnung. Der Antrag war somit abzuweisen.
Im vorliegenden Rechtsmittel brachte die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) Nachstehendes, wie folgt vor:
„Ich bin alleinstehende Mutter zweier Pflichtschulkinder, alle österreichische Staatsbürger, die gemeinsam in diesem Haushalt, in der C.-gasse, wohnen und regelmäßig ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung unseres Wohnbedürfnisses nützen.
Ich bin zwar die rechtliche Eigentümerin einer kleinen Wohnung von ca. 40m2 in der Republik Serbien, aber wie ich unter Eid ausgesagt habe, wohnt in dieser Wohnung seit 2005 meine Mutter, Rentnerin mit ca. € 200,00 monatlichen Einkommen.
Somit bin ich moralisch dazu verpflichtet, ihr diese Wohnung weiterhin zur Verfügung zu stellen, absolut ohne irgendwelche Entschädigung. Ich kann nicht und auch gesetzlich ist es mir nicht möglich, sie aus der Wohnung raus zu schmeißen und diese zu verkaufen. Zudem ist es absolut nicht zumutbar meine Kinder aus ihrer Umgebung auszureißen und nach Serbien auszuwandern.
Da ich eine sehr unangenehme Scheidung hinter mir habe, mir sehr starken psychischen Belastungen, habe ich meine Arbeitsstelle verloren und bin deswegen seit 16.03.2018 Arbeitssuchende, was auch meine Situation noch schwieriger macht.
Ich bitte Sie deswegen nochmals das Verfahren aufzunehmen und den Bescheid zu überdenken. In der Hoffnung auf baldige und positive Rückmeldung. Mit freundlichen Grüßen A. B.“
Folgende Erhebungen wurden seitens des Verwaltungsgerichtes Wien durchgeführt:
Lt. Sozialversicherungsdaten bezieht die Bf seit 08.04.2018 laufend Arbeitslosengeldbezüge. Die Einsicht in das AMS Behördenportal hat ergeben, dass es sich um Taggeld in Höhe von á 30,04 Euro handelt und dieses bis 03.11.2018 gewährt wird.
Die Bf ist seit 17.01.2000 durchgehend im Bundesgebiet Hauptwohnsitz gemeldet. Ihre Töchter sind seit der Geburt durchgehend in Wien Hauptwohnsitz gemeldet.
Mit Bescheid zu GZ: ... wurde der Bf durch die Wiener Landesregierung mit Wirkung vom 19. Jänner 2004 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Die Töchter der Bf sind beide seit ihrer Geburt österreichische Staatsbürgerinnen.
Das Mietverhältnis der gegenständlichen Wohnung begann mit 25.01.2018. Die Bf war von 24.11.1999 bis 18.06.2015 mit Herrn D. B., geb. am ...1979, verheiratet.
Dem rechtskräftigen gerichtlichen einvernehmlichen Scheidungsvergleich vom 18.06.2015 ist zu entnehmen, dass D. B. auf sämtliche allfällige Rechte an der Wohnung in Serbien: …, verzichtet.
Die Bf überträgt ihren Hälfteanteil an der gemeinsamen Eigentumswohnung in Wien, E.-straße Herrn D. B..
Es wurde die gemeinsame Obsorge vereinbart und das Besuchsrecht der Kinder im 14-tägigen Rhythmus geregelt. An Alimenten werden für F. Euro 300,00 und für G. Euro 280,00 festgesetzt.
Dem Kaufvertrag (beglaubigten Übersetzung aus der serbischen Sprache vom 03.06.2015) ist zu entnehmen, dass die Bf aufgrund einer Erbschaft nach dem verstorbenen Vater H. I. Eigentümerin der Wohnung in ... im Ausmaß von 41,61 m2 Wohnfläche ist.
Zur Klärung der Sach- und Rechtslage wurde für den 16.05.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien anberaumt, zu der die Rechtsmittelwerberin ordnungsgemäß geladen wurde. Der Ladungsbeschluss vom 23.04.2018 wurde am 27.04.2018 an der aufrechten Abgabestelle der Bf durch Hinterlegung zugestellt. Die belangte Behörde hat auf eine Teilnahme an einer Verhandlung verzichtet.
Die Beschwerdeverhandlung wurde am 16.05.2018 in Abwesenheit der Parteien durchgeführt und im Anschluss wurde das Erkenntnis verkündet.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes und des Beschwerdevorbringens wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Die Bf stellte am 19.02.2018 ihren ersten Antrag auf Gewährung einer Wohnbeihilfe nach dem WWFSG 1989.
Die Rechtsmittelwerberin bewohnt seit Jänner 2018 mit ihren beiden Töchtern (F. geb. 2004 und Nicolina geb. 2006) gegenständliche 71,13 m2 große ungeförderte, unbefristete und mit Wohnungskategorie A ausgestattete Gemeindewohnung von Wiener Wohnen in Wien, C.-gasse.
Bis 15.03.2018 war sie bei J. GmbH als Angestellte tätig. Für den Zeitraum 08.04.2018 bis 03.11.2018 bekam sie Taggeld in Höhe von á 30,04 Euro vom Arbeitsmarktservice Wien zugesprochen. Für ihre Tochter F. erhält sie monatlich Euro 300,00 Alimente und für ihre Tochter G. Euro 280,00 vom Kindesvater.
Die geerbte Wohnung in Serbien hat 41,61 m² Wohnfläche. Die gegenständliche Wohnung hat 71,13 m² Wohnnutzfläche. Die Bf hält sich seit dem Jahr 2000 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich auf und ist seit 19.01.2004 bereits österreichische Staatsbürgerin. Die beiden Töchter, die bei ihr im gemeinsamen Haushalt leben, sind ebenfalls Österreicherinnen und sind seit Geburt an ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig. Beide Kinder sind in Wien schulpflichtig.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.11.2012 zu GZ: 2010/05/0069 ausgeführt hat, sind für die Frage, ob eine Wohnung zu klein ist, die Kriterien des § 17 Abs. 3 WWFSG 1989 heranzuziehen.
Wie das Höchstgericht weiters in seinem Erkenntnis vom 27.9.2014 zu GZ: 2013/05/0031 ausgeführt hat, ist Voraussetzung, dass ein dringendes Wohnbedürfnis an der zu fördernden Wohnung zu verneinen ist, wenn es gehörig in der anderen Wohnung befriedigt werden kann. Es genügt daher nicht, dass eine andere Wohnung überhaupt vorhanden ist, sondern ob (trotzdem) ein dringendes Wohnbedürfnis an der zu fördernden Wohnung besteht.
Vielmehr muss die Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses in dieser anderen Wohnung nicht nur tatsächlich möglich, sondern auch dem Beihilfenwerber zumutbar sein. (GZ: VwGH Ro 2014/05/0001 vom 9.10.2014)
Die Aktenlage lässt unzweifelhaft erkennen, dass die Bf und ihre beiden Töchter ihren Lebensmittelpunkt ausschließlich in Wien haben. Es ist ihnen nicht nur das Auswandern ins Ausland an sich nicht zumutbar wegen der Schulpflicht der Kinder sondern auch die Wohnungsgröße, da die vorhandene Eigentumswohnung beinahe halb so groß ist wie gegenständliche Gemeindewohnung und darüber hinaus von der Mutter der Bf bewohnt wird. Daher ist davon auszugehen, dass das dringende Wohnbedürfnis für drei (bzw. vier) Personen in der 41,61 m2 Wohnung nicht gehörig befriedigt werden kann. Es besteht daher ein dringendes Wohnbedürfnis an der zu fördernden gegenständlichen Wohnung.
In rechtlicher Hinsicht ist der vorliegende Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Die für die gegenständliche Entscheidung relevanten Bestimmungen des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes 1989 in der derzeit geltenden Fassung lauten wie folgt:
§ 60. (1) Wird der Mieter einer nicht nach §§ 20 ff geförderten Wohnung durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden. Die Nutzflächeneinschränkung im Sinne des § 2 Z 1 ist nicht anzuwenden.
(2) Weiters kann Wohnbeihilfe nach diesem Hauptstück Mietern an Stelle einer Wohnbeihilfe nach dem I. Hauptstück gewährt werden.
(3) Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen der nach Abs. 4 bzw. § 20 Abs. 2 ermittelten zumutbaren und der in Abs. 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandsbelastung je Monat ergibt. Bei Wohnungen, deren Nutzfläche die im § 17 Abs. 3 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnbeihilfe jener Teil der Wohnungsaufwandsbelastung zu Grunde zulegen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht.
(4) Der Betrag gemäß § 15a Abs. 3 Z 3 (in Verbindung mit § 16 Abs. 6) Mietrechtsgesetz je Quadratmeter Nutzfläche und Monat ist jedenfalls zumutbar.
(5) Als Wohnungsaufwand gilt der vereinbarte oder gesetzlich zulässig erhöhte (Haupt)Mietzins (einschließlich des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages) gemäß Mietrechtsgesetz bzw. das Entgelt gemäß § 13 Abs. 4 und 6, § 14 Abs. 1 Z 1 bis 5 und 8, Abs. 2 bis 5 sowie Abs. 7a und § 39 Abs. 18 Z 1 bis 4 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, jedoch höchstens bis zu dem für das Bundesland Wien kundgemachten Richtwert ohne Zuschläge gemäß Richtwertgesetz. Ansonsten ist für Kategorie B-Wohnungen oder bei allen befristeten Mietverträgen von diesem Richtwert ein Abschlag von 25 vH, für Kategorie C- und D-Wohnungen ein Abschlag von 50 vH vorzunehmen. Für die Fälle des § 46 Mietrechtsgesetz ist auf die Ausstattungskategorien zum Zeitpunkt des Eintritts des Wohnbeihilfenwerbers in das Mietverhältnis (§ 15a Abs. 1 MRG), für alle anderen Fälle auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (§ 15a Abs. 1 und 2 MRG) abzustellen. Aufwendungen für Refinanzierungen auf Grund von nachgewiesenen Sanierungsmaßnahmen am Gebäude oder zur Anhebung der Ausstattungskategorie gelten unabhängig von der Kategorie bis zur Höchstgrenze im Sinne des ersten Satzes als Wohnungsaufwand.
(6) Die Wohnbeihilfe vermindert sich um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt werden.
Der anrechenbare Wohnungsaufwand ergibt sich aus dem im Akt der belangten Behörde einliegen Mietvertrag (Bl. 8) und beträgt Euro 396,91.
Der zumutbare Wohnungsaufwand errechnet sich aus dem Einkommen Taggeld vom AMS und der Alimente für die Kinder in Höhe von gesamt Euro 1.481,20 abzüglich der Begünstigung als Alleinerzieherin (aufgrund des überwiegenden Teils der Erziehungsleistung der Kinder) und liegt das anrechenbare Haushaltseinkommen von Euro 1.184,96 unter der Mindestzumutbarkeit weshalb, ein Anspruch auf Wohnbeihilfe in der höchst möglichen Höhe von Euro 268,88, für den im Spruch genannten Zeitraum zuzuerkennen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Wohnbeihilfe; Wohnbedürfnis, dringendes; Wohnungsaufwand, zumutbarer; Haushaltseinkommen; Berechnung des Haushaltseinkommens; Einkommen aus Erwerbstätigkeit; TaggeldEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.241.041.RP07.3671.2018Zuletzt aktualisiert am
21.02.2019