TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/20 VGW-241/041/RP07/7062/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.07.2018
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Entscheidungsdatum

20.07.2018

Index

L83009 Wohnbauförderung Wien
L83049 Wohnhaussanierung Wien
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

WWFSG 1989 §9 Abs2
WWFSG 1989 §9 Abs3
NAG §51 Abs1
NAG §51 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Bauer über die Beschwerde der Frau A. B. vom 17.05.2018 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 25.04.2018, Zl.: ..., betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung einer Wohnbeihilfe nach dem WWFSG 1989, zu Recht e r k a n n t :

Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:
„Der Antrag vom 06.03.2018 auf Gewährung einer Wohnbeihilfe wird gemäß §§ 60-61a Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG 1989, LGBl. Nr. 18/89) und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. Nr. 32/89, beide in der geltenden Fassung, abgewiesen.“

Begründend wurde dazu ausgeführt, gemäß § 61 Abs. 1 WWFSG 1989 dürfe Wohnbeihilfe österreichischen Staatsbürgern und gemäß § 9 Abs. 3 gleichgestellten Personen und Ausländern, die sich seit mindestens 5 Jahre ständig legal in Österreich aufhalten, gewährt werden.

Gemäß § 61a WWFSG 1989 hätten Ausländer den Nachweis (Aufenthaltstitel, Aufenthaltsbewilligung) über ihren 5-jährigen ständig legalen Aufenthalt in Österreich zu erbringen.

Sie sei weder erwerbstätig noch wurden Nachweise darüber erbracht, dass die Erwerbstätigeneigenschaft nach § 51 Abs. 2 NAG erhalten bleibt oder dass sie das Recht auf Daueraufenthalt erworben habe. Eine Gleichstellung gemäß § 9 Abs. 3 WWFSG 1989 sei nicht mehr gegeben.

Da sie sich erst seit 23.09.2013 in Österreich aufhalte und die Voraussetzungen zur Gewährung einer Wohnbeihilfe gemäß § 61 Abs. 1 WWFSG 1989 nicht erfülle, sei der Antrag abzuweisen.

Im vorliegenden Rechtsmittel brachte die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) Nachstehendes, wie folgt vor:

„Ich A. B.. Mit Zahl .... Ich Beschwerde bei Ihnen. Ich verstehe nicht warum ich Wohnungsbeihilfe nicht kriege. Ich hab in 02/2018 einmal Wohnungsbeihilfe gekriegt. Tel. ..., Mfg B.“

Folgende Erhebungen wurden seitens des Verwaltungsgerichtes Wien durchgeführt:

Mit Bescheid vom 22.02.2018 zu GZ: ... wurde der Bf Wohnbeihilfe in Höhe von Euro 228,98 für einen Monat (01.03.2018 bis 31.03.2018) gewährt. Gegenständlicher Antrag vom 19.02.2018 ist eine Verlängerung des Bezuges einer Wohnbeihilfe.

Die Bf machte von ihrem Recht auf Freizügigkeit aufgrund des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Gebrauch. Sie erhielt am 21.01.2015 eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürgerinnen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für den Aufenthaltszweck (Arbeitnehmerin).

Lt. Sozialversicherungsdaten war die Bf zuletzt von 16.03.2016 bis 01.09.2016 als Arbeiterin bei der Firma C. Ges.m.b.H. beschäftigt. Seit 19.04.2018 ist sie laufend gemäß § 16 Abs. 1 ASVG selbstversichert.

Zur Klärung der Sach- und Rechtslage wurde für den 22.06.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien anberaumt, zu der die Rechtsmittelwerberin ordnungsgemäß geladen wurde und erschienen ist. Die belangte Behörde hat auf eine Teilnahme an einer Verhandlung verzichtet.

Die Beschwerdeführerin gab in der Verhandlung Folgendes zu Protokoll:

„Ich bewohne gemeinsam mit meinem Lebensgefährten und meinem Sohn gegenständliche 80,03 m2 große Gemeindewohnung in Wien, D.-weg.

Ich bin rumänische Staatsbürgerin und 2013 mit meinem Sohn E. und meinem Lebensgefährten Herrn F. G. nach Österreich gekommen, um hier zu arbeiten. Herr F. hat ungarische Nationalität. Wir haben hier Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger ausstellen lassen. Mein Lebensgefährte und ich haben den Aufenthaltszweck „Arbeitnehmer“, mein Sohn „Verwandter in gerader absteigender Linie“.

Mein Sohn ist zu 100% behindert und das schon seit seiner Geburt. Ich bin mit Beschluss vom 18.12.2015 des Bezirksgerichtes ... für ihn als Sachwalterin bestellt. In Kopie wird zu Protokoll genommen: die Urkunde und ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten.

In der Zeit meiner Beschäftigung (2014-2016), übernahm die Pflege und Betreuung zu einem großen Teil meine Mutter. Meine Mutter ist 70 Jahre alt und selber krank. Sie konnte die Betreuung 2016 nicht mehr übernehmen. Derzeit befindet sie sich in einem Krankenhaus in Rumänien. Mein Sohn benötigt 24 Stunden am Tag Pflege und Betreuung. Diese übernehmen nunmehr ausschließlich ich (zum größten Teil) und mein Lebensgefährte.

Das Einkommen meines Lebensgefährten beträgt derzeit täglich Euro á 17,85 vom AMS Wien. Ich bin seit 19.04.2018 selbstversichert gemäß § 16 Abs. 1 ASVG deren Beiträge vom Familienlastenausgleichsfonds übernommen werden. Für meinen Sohn erhalte ich Euro 1.454,90 Pflegegeld. Leistungen aus dem Wiener Mindestsicherungsgesetz erhalten wir nicht und haben wir noch nie erhalten. Wir haben keine weiteren Einkommen. Mein Lebensgefährte sucht laufend eine Vollzeitbeschäftigung.

Mit Bescheid vom 22.02.2018 zu GZ: ... wurde mir Wohnbeihilfe in Höhe von einmal Euro 228,98 von 01.03.2018 bis 31.03.2018 gewährt. Am 06.03.2018 habe ich meinen Verlängerungsantrag bei der Behörde eingebracht.

Die Situation, dass ich mich ausschließlich um meinen Sohn kümmere und daher keiner Beschäftigung nachgehen kann, mein Lebensgefährte eine Vollzeitstelle annehmen möchte, wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern.“

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes, des Ermittlungsergebnisses und des Ergebnisses der Beschwerdeverhandlung wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die Bf stellte am 06.03.2018 einen Antrag auf Weitergewährung einer Wohnbeihilfe nach dem WWFSG 1989. Zuletzt und einmalig wurde ihr für den Monat März 2018 Wohnbeihilfe in Höhe von Euro 228,98 mit Bescheid vom 22.02.2018 zu GZ: ... zuerkannt.

Die Rechtsmittelwerberin bewohnt mit ihrem Lebensgefährten und ihrem Sohn gegenständliche 80,03 m2 große ungeförderte, unbefristete und mit Wohnungskategorie A ausgestattete Gemeindewohnung von Wiener Wohnen in Wien, D.-weg.

Herr F. G. bezieht Leistungen des Arbeitsmarktservice Wien - Notstandshilfe -. Der Sohn E. leidet seit seiner Geburt an einer mentalen und psychomotorischen Entwicklungsstörung und werde lebenslang rundum Betreuung benötigen. Vom Bundessozialamt wurde ihm eine 100%ige Erwerbsminderung (Behindertenausweis) bescheinigt. E. wird von der Bf besachwaltet und erhält sie für ihn monatlich Euro 1.454,90 Pflegegeld. Vom Finanzamt Wien wird bis 2023 für E. erhöhte Familienbeihilfe gewährt. Leistungen aus dem Wiener Mindestsicherungsgesetz werden nicht zuerkannt. Die Bf ist selbstversichert deren Beiträge vom Familienlastenausgleichsfonds übernommen werden.

In rechtlicher Hinsicht ist der vorliegende Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Die für die gegenständliche Entscheidung relevanten Bestimmungen des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes 1989 in der derzeit geltenden Fassung lauten wie folgt:

§ 9. (2) Wohnbeihilfe im Sinne des I. Hauptstückes darf gewährt werden:

1.

Österreichischen Staatsbürgern und gemäß § 9 Abs. 3 gleichgestellten Personen,

2.

Ausländern, die sich seit mindestens 5 Jahren ständig legal in Österreich aufhalten.

(3) Österreichischen Staatsbürgern sind gleichgestellt:

1.

Ausländer, die die österreichische Staatsbürgerschaft nach dem 6. März 1933 verloren haben, aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen aus Österreich auswandern mußten, wieder nach Österreich zurückgekehrt sind und beabsichtigen, sich für ständig in Österreich niederzulassen;

2.

Personen, deren Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Bundesgesetz über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge festgestellt ist und die zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind;

3.

Personen, die durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum begünstigt sind.

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) normiert zum Unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht:

Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate

§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.

in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.

für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.

als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1.

wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.

sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.

sich als Arbeitnehmer bei ordnungemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.

eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.

Die Beschwerdeführerin hält sich aufgrund des in Anspruch genommenen Rechtes auf Freizügigkeit gemäß dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum im Bundesgebiet auf. Sie verfügt über eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürgerinnen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für den Aufenthaltszweck (Arbeitnehmerin).

Die Anmeldebescheinigung hat jedoch nur deklarativen Charakter. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet ist gemäß § 51 Abs. 1 und 2 NAG materiell inhaltlich zu prüfen.

Die Gewährung einer Wohnbeihilfe kommt derzeit nicht in Betracht, da die Gleichstellungskriterien gemäß § 9 Abs. 3 WWFSG 1989 nicht erfüllt werden. Die materiell inhaltliche Überprüfung des rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet hat ergeben, dass die Kriterien des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) gemäß § 51 Abs. 1 und 2 nicht mehr erfüllt sind.

Bei der derzeit gegebenen Sach- und Rechtslage kommt die Gewährung einer Wohnbeihilfe nach dem Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 an die Bf nicht in Betracht, sodass der Beschwerde keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Wohnbeihilfe; Aufenthalt, rechtmäßiger; Gleichstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.241.041.RP07.7062.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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