TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/12 L524 2138361-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2018
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Entscheidungsdatum

12.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L524 2138361-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2016, Zl. 1073515607-150674815, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.06.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 iVm § 11, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 16.06.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er sei Kurde und stamme aus Kirkuk. Dort würden noch seine Eltern und seine drei Brüder leben. Am 14.04.2015 sei er aus dem Irak ausgereist. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass er in seiner Schneiderei von Mitgliedern des IS aufgesucht worden sei, die ihn aufgefordert hätten, für sie zu arbeiten und ihn rekrutieren hätten wollen. Sie hätten ihn auch mit dem Tod bedroht, wenn er sich weigere, ihren Forderungen nachzukommen. Er habe sich zur Flucht entschlossen, da der IS Kurden verfolge und töte.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 12.07.2016 gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Schulbildung im Irak erhalten habe. Er habe als Schneider in seinem eigenen Geschäft in XXXX gearbeitet. Mit seinen Eltern und seinen drei Brüdern habe er in einem eigenen Haus gelebt. Zur Familie habe er seit fünf Monaten keinen Kontakt mehr. Sie seien aus dem Irak ausgereist, er wisse aber nicht wohin. Er habe sie nicht danach gefragt.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass am 13.04.2015 drei Personen des IS in sein Schneidergeschäft gekommen seien und ihn aufgefordert hätten, für sie zu arbeiten. Der IS habe viele unschuldige Menschen umgebracht. Auch Peschmerga, Kinder, Frauen und ältere Menschen seien oft vom IS umgebracht worden. Er habe das nicht akzeptiert. Er habe ihnen gesagt, dass er nicht für sie arbeite. Dann hätten sie ihn bedroht und gesagt, sie würden ihn töten, wenn er nicht mache, was sie verlangen. Das seien einfach unmoralische Menschen ohne Herz und ohne Gewissen. Sie würden fast alle umbringen. Er sei gezwungen gewesen, seine Heimat zu verlassen und nach Österreich zu kommen. In der Nacht vom 13.04. auf den 14.04. habe er den Entschluss gefasst auszureisen und am 14.04. sei er tatsächlich ausgereist.

Im Irak sei es ihm finanziell gut gegangen. Mit seinem Schneidergeschäft habe er zwischen 2.000 und 3.000 Euro pro Monat verdient. Er habe auch ein Auto besessen.

3. Mit Bescheid des BFA vom 14.10.2016, Zl. 1073515607-150674815, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen nicht glaubhaft gemacht habe. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.03.2017, L524 2138361-1/10E, wurde das Verfahren mangels Feststellbarkeit des aktuellen Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt und mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.05.2018, L524 2138361-1/13Z, gemäß § 24 Abs. 2 AsylG fortgesetzt.

6. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 20.06.2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer schilderte seinen Fluchtgrund. Dem Beschwerdeführer wurden auch Berichte zur Lage im Irak ausgehändigt und ihm hierzu eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

7. In seiner Stellungnahme zu den Länderberichten kritisiert der Beschwerdeführer die mangelnde Aktualität eines der ihm übermittelten Berichte und führt aus, dass der Bericht über das Ende des Krieges gegen den IS vom 09.12.2017 mit Vorsicht zu genießen sei und begründet diese Einschätzung mit einem Artikel vom 28.07.2017 (!). Auf die Lage von Kurden in Kirkuk wird mit einem Artikel vom 19.10.2017 hingewiesen. Die Gesamtsituation im Irak sei von Anschlägen geprägt. Weiter wird eine Iraq Control of Terrain Map vom Juni 2017 dargestellt. Dass es zu allgegenwärtigen Anschlägen kommt, wird mit einem Bericht über die Lage in Bagdad von März 2017 begründet. Der zu Beginn der Stellungnahme noch mangels Aktualität kritisierte Bericht wird sodann vom Beschwerdeführer selbst als Begründung dafür herangezogen, dass die Sicherheitslage im Irak schlecht sei. Weiters wird eine Reisewarnung des US Department of State betreffend die Region Kurdistan zitiert. Zur Lage in Kurdistan werden zwei Berichte vom 28.04.2017 und vom 20.12.2016 angeführt. Zusammenfassend wird sodann ausgeführt, dass die Sicherheitslage in den kurdischen Gebieten instabil und gefährlich sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und ist sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat im Irak keine Schule besucht. Er war ab seinem 14. Lebensjahr als Schneider berufstätig, hat seine eigene Schneiderei betrieben und dabei monatlich 2.000 bis 3.000 Euro verdient. Er hat auch ein eigenes Auto besessen. Der Beschwerdeführer lebte mit seinen Eltern und seinen drei Brüdern in einem Haus in Kirkuk.

Der Beschwerdeführer verließ ca. im April 2015 legal den Irak und reiste schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 14.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer verließ Österreich im Dezember 2016 und hielt sich in Frankreich auf. Dort stellte er keinen Asylantrag. Im April 2018 kehrte er nach Österreich zurück.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich und er ist auch kein Mitglied in einem Verein oder sonstigen Organisationen. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 an einem Deutschkurs, Niveau A1/1 teilgenommen. Die Ablegung einer Deutschprüfung kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer verbringt die meiste Zeit mit einem kurdischen Freund aus dem Iran.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach er von Mitgliedern des IS bedroht worden sei, wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Es gab eine Reihe intensiver, hochgradig koordinierter Militäroffensiven, die von der Regierung gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) durchgeführt wurden, mit dem Ziel, den IS aus dem Land zu vertreiben. Diese Offensiven führten dazu, dass die territoriale Kontrolle des IS im Irak beendet wurde. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist der sichtbare Rückgang der Sicherheitsvorfälle in Gebieten, die bisher als IS-Hotspots in nichtumkämpften Gebieten ausgewiesen wurden. Dies ist einerseits auf die grundsätzlich schweren Verluste des IS und andererseits darauf zurückzuführen, dass IS-Kämpfer in umkämpfte Gebiete verlegt wurden.

Die Offensiven in Mossul, Tal Afar, Hawija und im westlichen Anbar haben erfolgreich dazu beigetragen, den IS zurückzudrängen und ihrer territorialen Kontrolle im Irak ein Ende zu bereiten. Die Sicherheitsvorfälle im Irak sind sichtbar zurückgegangen, unter anderem auch in Bagdad. Dies ist hauptsächlich auf die Intensität der Militäroffensiven zurückzuführen, was den IS dazu zwang viele IS-Kämpfer an der Front einzusetzen. Der IS kann seine Angriffe im ganzen Land nicht mehr so aufrechterhalten, wie es einmal war.

Das Gouvernement Anbar ist nach der Fallujah-Offensive im Juni 2017 weiterhin volatil. Nach der Befreiung Falludschas haben irakische Truppen und sunnitische Stammeskämpfer weiterhin IS-Städte geräumt und Territorien im Nordwesten gesichert, etwa in Haditha. Die Lage änderte sich allmählich während der Hawija-Offensive im September 2017, als sich die irakische Regierung dazu entschloss, die militärischen Operationen zu verstärken, um den IS im Westen von Anbar zu stoppen, mit dem Ziel, die IS-Truppen vollständig aus dem Irak zu vertreiben und der Wiederherstellung der irakisch-syrischen Grenze. Die irakischen Sicherheitskräfte konnten al-Qaim am 03.11.2017 zurückerobern. Militärische Fortschritte gab es danach in der Nachbarstadt Rawa, wo das letzte verbliebene IS-Gebiet am 11.11.2017 erobert und 10.000 Zivilisten befreit wurden.

In Bagdad ereignete sich im Juli 2016 die tödlichste Attacke seit 2003. Es gab danach eine Serie von Selbstmordanschlägen. Die Sicherheitslage verbesserte sich mit dem Beginn der Mossul-Offensive und nach einer kurzzeitigen Verschlechterung zu Beginn des Jahres 2017 verringerten sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle wieder und nahmen mit der Niederlage des IS im Juli 2017 weiter ab. Im Juni 2017 wurden die wenigsten Angriffe verzeichnet. Irakweit betrachtet passieren in Bagdad die meisten Angriffe.

Diyala besteht aus einer einzigartigen und vielfältigen ethnischen und religiösen Bevölkerung. Es leben dort Araber, Kurden, Turkmenen und sowohl Schiiten als auch Sunniten. Das Gouvernement Diyala wurde im Jänner 2015 als erstes vom IS befreit. Vom IS ausgeführte Angriffe richten sich meist gegen schiitische Milizen, etwa an Checkpoints, die dann Gegenangriffe auslösen. Angriffe finden meist im Zentrum und im Norden des Gouvernements statt. Die meisten sicherheitsrelevanten Angriffe gab es im Juli 2014. Seither ist ein deutlicher Rückgang zu vermerken.

In Kirkuk leben Kurden, Turkmenen und Araber. Die Provinz ist für 40 % der Erdölproduktion verantwortlich. Die Sicherheitslage war zwischen Juli 2016 und November 2017 weitgehend stabil, mit Ausnahme des Distrikts Hawija. Dieser Distrikt stand seit Juni 2014 unter Kontrolle des IS. Vor dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum gab es in der Stadt Kirkuk nur wenige sicherheitsrelevante Vorfälle.Nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum verschlechterte sich die Situation im September/Oktober 2017. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der KRG (KRI) in Erbil während des kurdischen Referendums im September 2017 verschärfte die Spannungen zwischen der ethnisch vielfältigen Bevölkerung in Kirkuk. Die irakischen Truppen haben im Oktober 2017 die Kontrolle über wichtige Regierungsgebäude in der Stadt Kirkuk, den Flughafen, die Militärbasis und ein Ölfeld übernommen. Am 20.09.2017 starteten die ISF eine Offensive in Hawija. Die Rückeroberung der Gebiete dauerte nur wenige Tage. Am 05.10.2017 verkündete der irakische Premier den Sieg. Nach dem Rückzug der Peshmerga aus dem Gouvernement ist die bewaffnete Konfrontation abgeklungen.

Im Gouvernement Ninewa begann im Oktober 2016 die Mossul-Offensive, die Anfang Juli 2017 endete. Nachdem Ost-Mossul im Jänner 2017 befreit wurde, folgte die Befreiung des bevölkerungsreicheren Westen Mossuls. Die Gewaltakte haben nachgelassen. Es gibt sporadische Selbstmordattentate gegen irakische Streitkräfte und Mitglieder der PMU/PMF. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Attacken in Ninewa bewegt sich zwischen zwei und fünf. Zwischen Jänner und April 2017 lag sie noch zwischen zehn und 15. Von April bis September 2017 sank die Zahl kontinuierlich auf ca. zwei. Nach der Mossul-Offensive erfolgte die Tal Afar-Offensive. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul. In Tal Afar ist geteilt zwischen Sunniten und Schiiten und es leben dort hauptsächlich Turkmenen. Am 01.09.2017 erklärte Premier Abadi den Sieg über den IS in Tal Afar, der das Ende der Kontrolle des IS in Ninewa markierte.

Das Gouvernement Salah al-Din wurde in den frühen Stadien der Offensive der irakischen Streitkräfte gegen den IS befreit. Tikrit, Saddam Husseins Geburtsort, ist ein großes Symbol der sunnitischen Herrschaft im Zentralirak. In Salah al-Din befindet sich auch der schiitische al-Askari Schrein in Samarra, eine der heiligsten Stätten im schiitischen Islam. Der Angriff auf den Schrein im Jahr 2006 löste eine gewaltwelle zwischen sunnitischen und schiitischen Gruppierungen aus, die sich auf andere Teile des Landes ausbreitete. Schiitische PMU-Milizen begannen im April 2015 die IS-Milizen aus der Stadt zu vertreiben. Die Sicherheitslage ist vergleichsweise stabil.

Die südlichen Gouvernements waren nicht direkt von den Konflikten in den nördlichen und zentralen Gouvernements betroffen. In relativ geringem Ausmaß gab es auch hier IS-Angriffe (durchschnittlich drei bis zehn pro Monat). Die Gouvernements Basra und Babil sind dabei in erster Linie betroffen. Bei den Vorfällen handelt es sich um IEDs, Autobomben oder Scheißereien. Im Nordwesten von Babil befindet sich die Stadt Jurf al-Sakhr, die einzige mehrheitlich sunnitische Stadt im Gouvernement ist. Die Stadt wurde 2014 vom IS befreit, aber anders als andere befreite Städte bleibt sie entvölkert und zwar wegen ihrer Lage. Die Stadt liegt an der Straße, die zu den heiligen schiitischen Städten im Süden führt - Najaf und Karbala. Im ölreichen Gouvernement Basra gibt es Kämpfe zwischen rivalisierenden Stämmen und Ackerland und Landbesitz.

Die Sicherheitslage in den nördlichen Gouvernements in der Region Kurdistan (KRI/KRG) ist stabil und in der Hand der kurdischen Behörden. Auch diese Gouvernements waren nicht direkt von den Militäroffensiven betroffen. Die Sicherheitslage ist nach dem Abzug kurdischer Peshmerga-Gruppen aus Kirkuk und anderen zuvor kontrollierten Gebieten unverändert. Die Peschmerga-Streitkräfte behalten weiterhin die Kontrolle über das Territorium der KRI. Der Grenzübergang zum Iran ist wieder geöffnet. Internationale Flüge von und nach KRI sind nicht möglich. Inlandsflüge zwischen Bagdad und der KRI sind weiterhin möglich. (Lifos, The Security Situation in Iraq: July 2016 - Nov.2017)

Die International Organization for Migration (IOM) schreibt in ihrem Community Stabilization Handbook 2015-2016 vom Jänner 2017, dass die Provinz Sulaymaniya nicht von der Gruppe Islamischer Staat (IS) angegriffen worden sei, als diese große Teile des Nordwestens des Irak im Jahr 2014 überrannt habe. Die Sicherheitslage in Sulaymaniya wird als im Allgemeinen stabil bezeichnet. Es habe sehr wenige Sicherheitszwischenfälle gegeben, darunter eine Schießerei beim Führungsrat der Kurdistan Democratic Party (KDP) und ein Kampf im Chavy Land Amusement Park während der Newroz-Feierlichkeiten. Es habe auch einige Demonstrationen für die Bezahlung der Beamten und für bessere Wasserversorgung gegeben. (Accord Anfragebeantwortung - Sicherheitslage in Kurdistan, 06.11.2017)

Berichte über Menschenrechtsverletzungen in der Region Kurdistan, die allgemein Kurden sunnitischen Glaubens betreffen, sind nicht bekannt (Anfragebeantwortung Kurdistan, Menschenrechtslage, März 2018).

Binnenvertriebene erreichen die Autonome Region Kurdistan über den Luftweg. Irakische Staatbürger können ohne Sponsor einreisen. Ethnische Kurden, auch aus Kirkuk, können in die Autonome Region Kurdistan einreisen, benötigen keinen Sponsor für den Aufenthalt. Ethnische Kurden mit langem Aufenthalt in Kirkuk erhalten Zugang zur Autonomen Region Kurdistan und können sich dort niederlassen. (UK Home Office, Iraq: Return/internal relocation, September 2017).

Projekt: Verbesserung des Zugangs für Binnenvertriebenen, Flüchtlinge und Bevölkerung in aufnehmenden Gemeinden zu Bildung, beruflicher Bildung und Einkommensgenerierung; in den Provinzen Erbil und Dohuk (Laufzeit: 05/2016 bis 12/2018):

Seit dem Ausbruch der Syrienkrise und dem Vormarsch des sogenannten islamischen Staates haben mehr als eine Million Binnen-vertriebene und 250.000 Syrer in der autonomen Region Kurdistan im Nordirak Zuflucht gesucht. Die Mehrheit der Menschen leben in den aufnehmenden Gemeinden, 40 Prozent in Camps. Die kurdische Regionalregierung stößt an ihre Grenzen, die immense Zahl der meist mittelosen Menschen zu versorgen. Gemeinsam mit dem Bildungsministerium und der Bildungsbehörde der kurdischen Regionalregierung wählt das Projektteam aufnehmende Gemeinden und Camps aus, wo der Bedarf an zusätzlichen Klassenräumen am dringlichsten ist. Hier entstehen neue Schulen, alte werden erweitert oder instandgesetzt. Die komplette Ausstattung der Klassenräume gehört ebenfalls mit dazu. Damit die Lehrkräfte Klassengrößen von bis zu 60 Kindern unterrichten können, bekommen sie methodische und didaktische Fortbildungen.

Um den Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen, konzipiert das Projektteam Kurzzeitausbildungen, in denen die Teilnehmer technische und handwerkliche Fähigkeiten erwerben. Eine Arbeitsmarktstudie sorgt dafür, dass die Ausbildungen auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zugeschnitten sind.Neue Arbeitsplätze entstehen häufig in kleinen und mittleren Betrieben oder bei Start-ups. Managementausbildungen für Unternehmer und Unterstützung von Existenzgründern bergen die Chance, mehr Menschen Einkommen und Beschäftigung zu geben.

Durch gemeinsame Aktivitäten und Gespräche kommen sich die Bevölkerung der aufnehmenden Gemeinden, die Binnenvertriebenen und Flüchtlinge näher. Sport, Spiel, kulturelle Events und moderierte Dialoge in Gemeindezentren machen Kindern und Erwachsenen Spaß und helfen, einander besser zu verstehen. Für Sozialarbeiter, Lehrkräfte und Verantwortliche aus Gemeinden und Camps organisiert die Universität Dohuk Schulungen zur Konfliktlösung. Acht Schulen in acht Camps wurden bereits im Jahr 2015/16 gebaut. Hier erhalten mehr als 3.000 Kinder von Binnenvertriebenen Unterricht. Weitere drei Schulen entstanden in aufnehmenden Gemeinden. Im Rahmen dieses Vorhabens werden weitere 13 Schulen in Camps und aufnehmenden Gemeinden errichtet. 10 davon sind bereits Anfang 2017 fertiggestellt, die Festschulbauten werden für das nächste Schuljahr 2017/18 zur Verfügung stehen. 3.000 Lehrer werden zudem an Fortbildungen teilnehmen. Dazu bildet das Projektteam mit der Erziehungsbehörde etwa 20 Lehrkräfte als Ausbilder weiter. Von einem erweiterten Unterrichtsangebot und besser ausgebildeten Lehrkräften profitieren 26.000 Kinder und Jugendliche.

Anhand einer Arbeitsmarktanalyse identifizierte das Projektteam die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und die erforderlichen Fähigkeiten, die potenzielle Arbeitskräfte mitbringen müssen. Gemeinsam mit privaten Schulungsanbietern wurden entsprechende Fortbildungen entwickelt und mit staatlichen Berufsbildungszentren und dem Ministerium für Arbeit und Soziales abgestimmt. Arbeitssuchende finden ein Angebot von Kursen über einen oder drei Monate und können in Schulwerkstätten und Schulbetrieben praktisches Wissen erwerben. Bis zum Ende des Projektes sollen 6.000 Menschen an beruflichen Qualifizierungen teilnehmen.

Unternehmer- und Managementkurse unterstützen Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen, Potenziale ihrer Betriebe zu erkennen und neue Absatzmärkte oder Produkte zu finden. Bis zu 800 Interessenten haben die Möglichkeit an Wochenendseminaren teilzunehmen, wo sie für Start-ups die wesentlichen Grundlagen der Unternehmensgründung vermittelt bekommen.

In sechs Gemeindezentren bietet die Nicht-Regierungsorganisation Harikar als Partner der GIZ Rechtsberatung, psychosoziale Unterstützung und zahlreiche Aktivitäten für die Menschen aus den Camps und den aufnehmenden Gemeinden an. Auf dem Programm stehen Näh-, Computer-, Alphabetisierungs- oder Englischkurse. Sozialarbeiterinnen in den Zentren sind vor allem für junge Mädchen und Frauen Ansprechpartnerinnen bei Problemen und unterstützen sie durch die Verweisung an Traumaexperten, zu denen die Frauen sonst keinen Zugang hätten.

Diese Aktivitäten werden künftig noch professioneller wahrgenommen. Sport-, Kultur- und Dialogveranstaltungen wird Harikar für 25.000 Menschen in Camps und aufnehmenden Gemeinden organisieren. Dabei kommen die betroffenen Menschen nicht nur selbst zu Wort, sie nehmen aktiv an der Durchführung teil. Auch die Organisation Friends of Waldorf bietet als Partner der GIZ Schulungen für Lehrer, Eltern und Gemeindevertreter zur Notfallpädagogik an. In der Universität Dohuk werden derzeit Studierende zu Konfliktberatern ausgebildet. Diese sollen künftig dazu beitragen, Konflikte in ihrer Gemeinde zu lösen.

Medizinische Grundversorgung für Binnenvertriebene, Flüchtlinge und der Bevölkerung in aufnehmenden Gemeinden; Projektregion: Provinz Dohuk (Laufzeit: 05/2016 - 05/2019):

Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und den zuständigen Behörden arbeitet das Projektteam daran, die Gesundheits-versorgung der Binnenvertriebenen, der Flüchtlinge und der Bewohner in den aufnehmenden Gemeinden zu verbessern. Dienstleistungskapazitäten werden gestärkt und die Notfallversorgung ausgebaut.

Sechs Basisgesundheitszentren wurden bereits 2015 errichtet und ausgestattet. Vier dieser Zentren werden im Rahmen dieses Vorhabens weiter unterstützt, um die medizinische Grundversorgung von Binnenvertriebenen zu sichern. Hierfür wurden die beiden internationalen Nichtregierungsorganisationen IMC und ME-DAIR, sowie die kurdische NRO Heevie mit der Leitung der Zentren beauftragt, die eng mit der Gesundheitsbehörde zusammenarbeiten. Zahlreiche Mitarbeiter der Betreiber und des medizinischen Personals rekrutieren sich aus Binnenvertriebenen und Flüchtlingen. Die Gesundheitszentren bieten sowohl den Bewohnern der Camps als auch der umliegenden Gemeinden unentgeltlich eine medizinische Grundversorgung.

Die Basisgesundheitszentren werden auch in Bezug auf ihr Leistungsangebot erweitert. So wurde im Camp Kabarto eine Geburtenstation eingerichtet und mit modernen medizinischen Geräten ausgestattet. Dadurch werden nächstgelegene Krankenhäuser, in denen Frauen normalerweise entbinden, entlastet. Anhand von Bedarfsanalysen werden Weiterbildungsmaßnahmen für das medizinische Personal definiert und erforderliches Material ermittelt. Darauf aufbauend veranstaltet das Projektteam Schulungen und bietet entsprechende Unterstützung an. Um für Notfälle besser gerüstet zu sein, wird die Abteilung für Notfallversorgung im Azadi-Lehrkrankenhauses in Dohuk vergrößert. Mithilfe baulicher Maßnahmen wird die Kapazität von 20 auf 100 Betten aufgestockt, um insbesondere medizinische Notfälle, wie z.B. schwere Unfälle, Herzinfarkte oder Schlaganfälle entsprechend behandeln zu können.

Das Angebot an psychosozialer Unterstützung für Flüchtlinge und Binnenvertriebene wird weiter ausgebaut. Das Projektteam berät das vom Gesundheitsministerium eingesetzte Komitee bei der Entwicklung einer Strategie zur Verbesserung der psychosozialen Unterstützung. Außerdem wird medizinisches Fachpersonal entsprechend geschult. Damit werden Kapazitäten für die Betreuung von bis zu 130.000 Personen geschaffen.

Mit der Unterstützung von vier Basisgesundheitszentren in vier IDP Camps ist die medizinische Grundversorgung von rund 65.000 Binnenvertriebenen vorübergehend gesichert. Durch die Finanzierung ist nun ein 24-Stunden Dienstleistungsservice möglich, außerdem werden 75 Arbeitsplätze erhalten. Mit dem substanziellen Ausbau des Azadi-Lehrkrankenhauses im Bereich der Notfallversorgung werden anstatt 550 künftig 4160 Behandlungen von Notfällen möglich sein. Das Krankenhaus arbeitet jetzt schon mit einer neuen Sauerstoffversorgungsanlage. Um medizinische Abfälle fachgerecht entsorgen zu können, wurde im Rozana Krankenhaus in Amediya ein Mikrowellen-Shredder installiert. Das Zahnlabor an der medizinischen Fakultät in Dohuk wurde mit 10 Zahnbehandlungsstühlen ausgestattet, damit wurden gute Voraussetzungen für eine adäquate Ausbildung geschaffen.

Das Projektteam wird eine Krankenhaus-Partnerschaft zwischen dem Azadi Lehrkrankenhaus und einer deutschen Universitätsklinik initiieren. Auch zwischen dem medizinischen Lehrstuhl der Universität Dohuk und äquivalenten Abteilungen in Deutschland werden Kooperationen aufgebaut, um die Entwicklung der medizinischen Ausbildung und Forschung in der Region zu fördern.

Für einen effizienten Arbeitsablauf in den Krankenhäusern, die nun mit einer erhöhten Patientenzahl konfrontiert sind, wurden 22 Fachkräfte (Distrikt-, Krankenhaus und Direktorats- Management) im Gesundheitsmanagement über einen Zeitraum von 4 Monaten geschult. Zudem wurden sechs Fachkräfte im Bereich Health Information System ausgebildet. Die psychologische Versorgung von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen steht ebenfalls im Fokus der Aktivitäten. Im Bereich der psychosozialen Beratung haben 225 medizinische Fachkräfte mit einer dreimonatigen Ausbildung begonnen. Weitere 1350 Personen aus dem Gesundheitswesen, schulischen Einrichtungen und aus dem sozialen Bereich werden in psychologischer Ersthilfe geschult.

Im Zeitraum Jänner 2014 bis 31. März 2018 wurden 2,2 Millionen Binnenflüchtlinge (367.542 Familien) registriert, die sich auf 97 Bezirke und 3.533 Orte im Irak verteilten. Im selben Zeitraum wurden auch 3,6 Millionen Rückkehrer (605.933 Familien) ausgemacht. Insgesamt sank die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen um etwa 5 % (-112.446 Personen). Rückgänge wurden in allen 18 Gouvernements des Irak verzeichnet. Die Zahl der Rückkehrer stieg im um 4 % (123.996 Personen). Dies zeigt einen anhaltenden Trend zu zunehmenden Rückkehrbewegungen. 60 % (1,3 Millionen) der Binnenvertriebenen werden privat untergebracht und 28 % (616.000) befinden sich in Flüchtlingslagern. Binnenvertriebene befinden sich vorwiegend in den Gouvernements Ninewa (30 %, 665.910), Dohuk (16 %, 354.432), Erbil (11 %, 232.164), Salah al-Din (9 %, 205.182) und Sulaymaniyah (8 %, 165.630). Die meisten Rückkehrer gibt es im Gouvernement Ninewa (35 %) und Anbar (34 %). Danach folgen Salah al-Din (14 %), Kirkuk (8 %), Diyala (6 %) und Bagdad (2 %). Insgesamt 91 % der 123.996 Rückkehrer im März 2018 verteilen sich auf vier Gouvernements:

Anbar, Kirkur, Ninewa und Salah al-Din. Alleine in Ninewa wurden 86 % (107.292) der neuen Rückkehrer verzeichnet, von denen wiederum

77.166 in den Distrikt Mossul zurückkehrten. In Anbar wurden die meisten der 7.146 Rückkehrer im zurückeroberten Gebiet West Anbars registriert. In Salah al-Din, wo insgesamt 4.530 neue Rückkehrer registriert wurden, kehrten viele in die rückeroberten Distrikte Al-Shirqat (3.114 Personen) und Baiji (642) zurück. In Kirkuk, wurden ca. 2.760 neue Rückkehrer registriert, von den 2.442 in den zurückeroberten Distrikt Hawija zurückkehrten, da sich dort die Sicherheit verbesserte. (DTM Round 92, March 2018)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seiner fehlenden Schulbildung, seiner beruflichen Tätigkeit im Irak, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, den Verwaltungsakten. Die Feststellungen zur finanziellen Lage des Beschwerdeführers im Irak ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor dem BFA.

Die Feststellung über seinen Aufenthalt in Frankreich ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen betreffend die Teilnahme an einem Deutschkurs ergibt sich aus einer entsprechenden Bestätigung. Mangels Vorlage einer Prüfungsbestätigung konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - die Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgelegt hat.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 19.06.2018.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Sowohl vor dem BFA als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht waren die Schilderungen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund äußerst vage und sehr kurz gehalten. Obwohl er vor dem BFA aufgefordert wurde, seine Gründe detailliert zu schildern, brachte der Beschwerdeführer in nur wenigen Sätzen vor, dass er von drei Personen des IS in seinem Schneidergeschäft bedroht worden sei und wich dann auf allgemeine Aussagen zum IS aus. Um ein konkreteres Vorbringen zu erhalten, musste der Beschwerdeführer erst näher befragt werden (AS 63f). Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht zeigte sich zunächst dieses Bild. Auf die Frage, warum er den Irak verlassen habe, gab er nur an, dass sein Leben bedroht worden sei und er aus Angst den Irak verlassen habe. Auch hier musste der Beschwerdeführer erst aufgefordert werden, genauer zu schildern, was passiert sei (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Schon dieses Aussageverhalten des Beschwerdeführers erweckte den Eindruck, dass der Beschwerdeführer keine tatsächlichen Begebenheiten schilderte.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer sowohl vor dem BFA als auch dem Bundesverwaltungsgericht angab, dass sich der fluchtauslösende Vorfall am 13.04.2015 ereignet habe und er am nächsten Tag aus dem IS ausgereist sei, konnte er keine weiteren übereinstimmenden Angaben machen, weshalb auch aus diesem Grund das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist.

Vor dem BFA gab der Beschwerdeführer nur an, dass die Leute von ihm gewollt hätten, er solle für sie Flaggen und Kleidung nähen (AS 64). Von dem in der Erstbefragung erwähnten vorbringen, der IS hätte ihn zwangsrekrutieren wollen (AS 19), war hier nicht mehr die Rede. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer nicht vor, dass er hätte zwangsrekrutiert werden sollen. Auch diese voneinander abweichenden Angaben sprechen nicht dafür, dass dies alles tatsächlich passiert ist.

Der Beschwerdeführer gab vor dem BFA an, die Leute hätten zu ihm gesagt, dass sie jemanden bräuchten, der ihre Flaggen und ihre Kleidung nähe und dass sie ihn dazu ausgewählt hätten. Sie hätten zu ihm auch gesagt, sie würden ihn umbringen, wenn er das nicht mache (AS 64). Auch in der Beschwerde wird noch wiederholt, er hätte Flaggen und Kleidung nähen sollen (AS 205). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sprach der Beschwerdeführer aber dann nur noch davon, dass er Kleider für sie hätte nähen sollen. Hier erwähnte er nicht mehr, dass er auch Flaggen hätte nähen sollen (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Diese widersprüchlichen Angaben sprechen nicht dafür, dass das vom Beschwerdeführer Behauptete tatsächlich passiert ist.

In der mündlichen Verhandlung meinte der Beschwerdeführer, dass er sich sicher gewesen sei, dass sie ihn eher für andere Zwecke gebraucht hätten und nicht um ihnen Kleider zu nähen. Der Beschwerdeführer konnte diese vage Behauptung jedoch durch nichts untermauern, es stellte sich vielmehr als bloße Vermutung seinerseits heraus. Auf die Nachfrage, was ihn so sicher machte, dass sie ihn für andere Zwecke gebraucht hätten, wich der Beschwerdeführer nämlich aus und gab Folgendes an: "Der IS ist sehr gut von den Großmächten versorgt, sie werden sicher einen kleinen Schneider zu Hilfe nehmen, die sind stark, die haben alles zur Verfügung, ich war und bin mir sicher, dass sie mich dafür nicht brauchten, mich eher für schlechtere Zwecke zu benützen." (Seiten 7 und 8 des Verhandlungsprotokolls). Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen bloß versucht, seine Chancen auf Asylgewährung zu erhöhen. Dieses Vorbringen erscheint daher schon unter diesem Aspekt als nicht glaubwürdig.

Der Beschwerdeführer wurde auch aufgefordert, den Gesprächsablauf mit den Leuten im Geschäft zu schildern. Die Ausführungen des Beschwerdeführers erweckten jedoch nicht den Eindruck als würde er tatsächlich Erlebtes wiedergeben. Der Beschwerdeführer war nicht in der Lage, den Dialog nachzuerzählen. Er sprach auch nie davon, wer von den Leuten etwas zu ihm gesagt habe, sondern immer davon, dass "sie" zu ihm gesagt hätten, "sie" würden zum IS gehören, etc. Der Beschwerdeführer machte dann auch nur wenige Angaben zum Gespräch selbst und wich sodann wieder aus und sprach allgemein vom IS. Im Wesentlichen gab er zu dem Gespräch nur an, dass "sie" angekündigt hätten, zum IS zu gehören, dass er mitgehen solle und "sie" dann mit den Drohungen begonnen hätten (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Dies Angaben wirkten nicht wie ein Erlebnisbericht und sind daher nicht glaubhaft. Die Schilderungen erweckten vielmehr den Eindruck als handle es sich um eine konstruierte Geschichte ohne reale Elemente.

Der Beschwerdeführer konnte auch die drei Männer, die ihn im Geschäft aufgesucht hätten, nicht näher beschreiben. In der mündlichen Verhandlung gab er dazu nur an, dass sie Bärte gehabt und zivile Kleidung getragen hätten. Auch auf die Nachfrage, ob er die Männer beschreiben können, wurden die Angaben des Beschwerdeführers nicht plastischer, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass er tatsächlich von diesen Männern in seinem Geschäft aufgesucht worden sei. Der Beschwerdeführer gab nämlich nur an, dass sie zu hundert Prozent Araber gewesen seien, ein Mann sei ziemlich groß und die anderen beiden seien mittelgroß gewesen und sie hätten Vollbärte gehabt (Seiten 7 und 8 des Verhandlungsprotokolls). In diesem Zusammenhang fiel bei der Rückübersetzung auch auf, dass der Beschwerdeführer bei der Übersetzung der Frage nach der Beschreibung der Leute und seiner Antwort äußerst gelangweilt wirkte. Auf Grund dieses Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner vagen Angaben ist dieses Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft.

Vor dem BFA gab der Beschwerdeführer auch an, dass die Leute nach seiner Ausreise aus dem Irak bei seiner Familie nach ihm gefragt hätten. Das letzte Mal hätten sie dies vor ca. fünf Monaten getan, weshalb seine Familie auch den Irak verlassen habe (AS 64). Dieses Vorbringen erstattete der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht dagegen nicht mehr. Es ist daher weder glaubhaft, dass der Beschwerdeführer tatsächlich von Mitgliedern des IS aufgesucht wurde noch, dass diese nach seiner Ausreise aus dem Irak seine Familie aufgesucht hätten und seine Familie deswegen den Irak verlassen hätte.

Der Beschwerdeführer behauptete vor dem BFA auch, dass bei seiner Familie zuletzt vor fünf Monaten - das wäre somit ca. Anfang 2016 - nach ihm gefragt worden sei. Deswegen hätte die Familie den Irak verlassen (AS 64). Er konnte aber nicht angeben, wo sich seine Familie aufhalte. Er erklärte ausdrücklich, er wisse nicht, wo sie seien (AS 62). Er behauptete auch, er habe sie nicht gefragt, wohin sie gehen wollten (AS 63). In der Beschwerde behauptete er dann, es sei ihm "klar gewesen", dass sich seine Familie zunächst in die Türkei habe begeben wollen (AS 217). Durch dieses Vorbringen in der Beschwerde konnte der Beschwerdeführer aber seine dazu widersprüchlichen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA nicht erklären. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht angibt, dass die Familie in die Türkei gehen würde, wenn ihm dies "klar gewesen" sei. Er hätte wie in der Beschwerde vorbringen können, dass ihm klar gewesen sei, sie würden in die Türkei gehen.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte der Beschwerdeführer auch nicht einmal angeben, seit wann sich seine Familie in der Türkei aufhalten würde. Er meinte dazu nur, er wisse das nicht, "es sei schon lange her" (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Auch diese unkonkreten Angaben des Beschwerdeführers sprechen nicht dafür, dass die Familie des Beschwerdeführers tatsächlich den Irak verlassen hat und die Ausreise im Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers steht.

Der Beschwerdeführer gab an, dass er am 13.04. von den Männern des IS bedroht worden sei und am nächsten Tag den Irak verlassen habe. Dieses Vorbringen ist nicht plausibel. Der Beschwerdeführer gab nämlich an, dass er für die Ausreise 15.000 Dollar bezahlt habe (AS 19). Es habe sich dabei um sein eigenes Geld gehandelt (AS 66) Wie der Beschwerdeführer innerhalb eines Tages eine derart hohe Summe - trotz eines monatlichen Einkommens von 2.000 bis 3.000 Euro - bereitstellen kann, ist nicht nachvollziehbar.

Insgesamt ist es dem Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen nicht gelungen, ein stimmiges, plausibles Bild einer Verfolgung zu zeichnen.

Auf Grund der insgesamt aufgezeigten Widersprüche zu seinem zentralen Fluchtvorbringen und Unplausibilitäten in den Angaben des Beschwerdeführers, der vagen Angaben und ausweichenden Antworten, geht das Bundesverwaltungsgericht von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund und davon aus, dass das Fluchtvorbringen in Wahrheit nicht stattgefunden hat.

Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf folgenden Berichten:

* Fact Sheet Irak Nr. 68

* Projekt "Bessere Chancen für alle", giz

* Projekt "Arbeitsplätze schaffen Perspektiven", giz

* Projekt "Gesundheit im Fokus", giz

* Deutsches Auswärtige Amt - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak vom 07.02.2017

* Artikel Zeit.de, Irak verkündet Ende des Krieges gegen den IS, 25.12.2017

* UK Home Office, Irak: Return/internal relocation, September 2017

* DTM Round 92, March 2018

* Accord Anfragebeantwortung - Sicherheitslage in Kurdistan, 06.11.2017

* Accord Anfragebeantwortung - Kurdistan, Menschenrechtslage, 29.03.2018

* Accord Anfragebeantwortung - Kurdistan, Sicherheitslage, 29.03.2018

* Länderinformationsblatt Irak 2017, BAMF und IOM

* Lifos, The Security Situation in Irak: Juli 2016 - Nov. 2017

Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der darin angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. In der Stellungnahme dazu kritisiert der Beschwerdeführer einerseits die mangelnde Aktualität des Berichts des deutschen Auswärtigen Amtes, zieht diesen aber dann dafür heran, um die schlechte Sicherheitslage im Irak darzustellen. Weiters führt der Beschwerdeführer aus, dass der Bericht über das Ende des Krieges gegen den IS vom 09.12.2017 mit Vorsicht zu genießen sei und begründet diese Einschätzung mit einem Artikel vom 28.07.2017(!). Auf die Lage von Kurden in Kirkuk wird mit einem Artikel vom 19.10.2017 hingewiesen. Weiter wird eine Iraq Control of Terrain Map vom Juni 2017 dargestellt. Dass es zu allgegenwärtigen Anschlägen kommt, wird mit einem Bericht über die Lage in Bagdad von März 2017 begründet und ist daher für den vorliegenden Fall nicht von Relevanz. Weiters wird eine Reisewarnung des US Department of State betreffend die Region Kurdistan zitiert. Zur Lage in Kurdistan werden zwei Berichte vom 28.04.2017 und vom 20.12.2016 angeführt. Zusammengefasst wird damit den aktuelleren in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Berichten nicht entgegengetreten. Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch darauf, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme betreffend die von ihm zitierten Berichte lediglich auf das Zugriffsdatum im Internet hinweist, nicht jedoch das Datum der Berichte selbst anführt. Der bloße Zugriff im Juli 2018 vermag die fehlende Aktualität der vom Beschwerdeführer herangezogenen Berichte nicht zu beseitigen. Der Beschwerdeführer konnte daher den getroffenen Feststellungen nicht substantiiert entgegentreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 unter Hinweis auf VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

Da der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe, wonach er von Mitgliedern des IS bedroht worden sei, nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aus in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen droht. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen ebenso wie allfällige persönliche und wirtschaftliche Gründe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Es besteht im Übrigen keine Verpflichtung, Asylgründe zu ermitteln, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat (VwGH 21.11.1995, 95/20/0329 mwN).

Nach der Rechtsprechung ist in Bürgerkriegssituationen für die Gewährung von internationalem Schutz eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende Gruppenverfolgung erforderlich (VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN). In dem Umstand, dass im Heimatland Bürgerkrieg herrscht, liegt für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Konvention. Der Asylwerber müsste in diesem Zusammenhang jedoch behaupten und glaubhaft machen, dass die Ereignisse in seiner Heimat, die zu seiner Flucht geführt haben, als eine individuell gegen seine Person aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität etc. gerichtete Verfolgung zu werten wären und nicht als mehr oder weniger zufällige Folge im Zuge der Bürgerkriegshandlungen (VwGH 26.01.2006, 2005/01/0537 mwN).

Es gibt bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer eine über die allgemeinen Gefahren der im Irak gebietsweise herrschenden bürgerkriegsähnlichen Situation hinausgehende Gruppenverfolgung droht. Dass im Irak eine generelle und systematische Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung stattfindet, kann aus den länderkundlichen Feststellungen zur Lage im Irak nicht abgeleitet werden. Der Beschwerdeführer brachte selbst auch keine Verfolgungsgefahr auf Grund seiner Glaubensrichtung vor.

Auch das deutsche Verwaltungsgericht München geht nicht von einer Gruppenverfolgung von Sunniten im Irak aus (vgl. VG München, Urteil vom 22.05.2017, M 4 K 16.35780, Rz 18 und Urteil vom 28.03.2017, M 4 K 16.32031: Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung von Sunniten im Irak erforderliche Gefahrendichte liegt nicht vor. Es findet keine systematische Diskriminierung oder Verfolgung von religiösen und ethnischen Minderheiten durch Behörden statt. Auch wenn die Situation im Irak unübersichtlich und in einigen Gebieten durch Kampfhandlungen der ISIS gefährlich ist, reicht die abstrakte Gefahr, Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden, zur Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht aus).

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. etwa VwGH 14.03.1995, 94/20/0798, 17.06.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529, 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zu verneinen wäre.

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

2. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Die Zuerkennung von subsidiärem Schutz setzt somit voraus, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat entweder eine reale Gefahr einer Verletzung insbesondere von Art. 2 oder 3 EMRK bedeuten würde oder für ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Irak mit sich bringen würde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095, mit weiteren Nachweisen). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236 mwN).

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 13.12.2017, Ra 2017/01/0187, mwN).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein "real risk" (reales Risiko) vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR vom 28. November 2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi gg. Vereinigtes Königreich, RNr. 218 mit Hinweis auf EGMR vom 17. Juli 2008, Nr. 25904/07, NA gg. Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa EGMR Sufi und Elmi, RNr. 217).

Thurin (Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung² (2012), 203) fasst die bezughabenden Aussagen in der Rechtsprechung des EGMR dahingehend zusammen, dass der maßgebliche Unterschied zwischen einem "realen Risiko" und einer "bloßen Möglichkeit" prin

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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