TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/18 W172 2187525-1

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Veröffentlicht am 18.12.2018
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Entscheidungsdatum

18.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W172 2187525-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin MORITZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX2010, StA. Afghanistan, der Minderjährige vertreten durch die Mutter XXXX, alle vertreten durch RAe Mag. Josef Phillip BISCHOF, Mag. Andreas LEPSCHI, Währinger Straße 26/1/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2018, Zlen. 1090002005-151483576 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXXgemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers (GZ W172 2187530-1) stellte für sich und als gesetzliche Vertreterin für den Beschwerdeführer und dessen ebenfalls minderjährigen Schwester (GZ W172 2187527-1) nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F. (im Folgenden auch: "AsylG"). Der Vater des Beschwerdeführers (GZ W172 2187528-1) stellte am gleichen Tag ebenfalls diesen Antrag.

2. Mit den oben im Spruch genannten Bescheiden des BFA wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i. V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (im Folgenden auch: "BFA-VG") eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden auch: "FPG") erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie dass die Frist für ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

3. Gegen alle Spruchpunkte dieser Bescheide wurde von den Beschwerdeführern fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde mit den oben im Spruch genannten Schriftsätzen erhoben.

4. Am 21.09.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an der die Familienangehörigen des Beschwerdeführers als Parteien teilnahmen. Das BFA verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung.

Am Schluss dieser Verhandlung wurde mit mündlicher Verkündung

-

der Beschwerde der Mutter des Beschwerdeführers stattgegeben und ihr gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt (GZ W172 2187530-1/8Z);

-

jeweils den Beschwerden des Vaters und der Schwester des Beschwerdeführers stattgegeben und ihnen gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt (GZen W172 2187527-1/9Z bzw. W172 2187528-1/8Z).

5. Am 13.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer und das BFA waren entschuldigt abwesend.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt den oben im Spruch wiedergegebenen Namen, ist am XXXX2010 in Afghanistan, Staatsangehörige von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara sowie dem moslemischen Glaubensbekenntnis an. Seine Eltern und seine Schwester sind mit ihm gemeinsam XXXX 2015 nach Österreich eingereist, wobei alle Familienangehörigen am XXXX2015 einen Asylantrag stellten.

Am Schluss der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.09.2018 wurde mit mündlicher Verkündung

-

der Beschwerde der Mutter des Beschwerdeführers stattgegeben und ihr gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt (GZ W172 2187530-1/8Z);

-

jeweils den Beschwerden des Vaters und der Schwester des Beschwerdeführers stattgegeben und ihnen gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt (GZen W172 2187527-1/9Z bzw. W172 2187528-1/8Z).

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 i.d.g.F. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 i.d.g.F. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.g.F. (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat gemäß Abs. 2 leg. cit. über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 i. d.g.F. (AsylG) ist mit 01.01.2006 in Kraft getreten und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Die gegenständliche Beschwerde wurde fristgerecht bei der belangten Behörde eingebracht. Sie ist somit rechtzeitig und auch zulässig.

2.2. Zu Spruchpunkt A)

Zur Stattgebung der Beschwerde

Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz,

so gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (§ 7).

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Familienangehörige sind gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Der Beschwerdeführer ist Familienangehöriger seiner Mutter im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG. Da seiner Mutter der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist auch dem Beschwerdeführer nach § 34 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 AsylG der gleiche Schutzumfang zuzuerkennen, zumal dieser auch keine strafrechtliche Verurteilung aufweist. Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit seiner Mutter bzw. mit seinem Vater und seiner Schwester in einem anderen Staat möglich wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der Begründung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Bezüglich der näheren Begründung mit Judikatur-Verweisen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (s. zu Spruchpunkt A).

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W172.2187525.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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