Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des Stadtrates der Stadtgemeinde P, vertreten durch Dr. Peter Gatternig und Mag. Karl Gatternig, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Renngasse 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. Oktober 2018, Zl. LVwG-AV-150/001-2018, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer baurechtlichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: G eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung in W; weitere Partei:
Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).
5 Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des (näher bezeichneten) Grundstückes Nr. 19, an das das im Eigentum des H.J. und der O.J. (im Folgenden: Anrainer) stehende (näher bezeichnete) Grundstück Nr. .11 angrenzt.
6 Mit Bescheid vom 30. November 2017 traf die revisionswerbenden Partei unter Spruchpunkt I. den folgenden Ausspruch:
"Der Stadtrat der Stadtgemeinde P... als Baubehörde II. Instanz hat ... über den Antrag der Anrainer ... gemäß § 14 Z 8 NÖ Bauordnung vom 03.04.2017, mit welchem beantragt worden ist bezüglich des Abbruchs eines auf Grundstück 19 ... bestehenden Gebäudes das Verfahren nach § 14 Z 8 der NÖ Bauordnung einzuleiten und den weiteren Abbruch des Restbestandes dieses Gebäudes bis zur rechtlichen Erledigung des Verfahrens über den vorliegenden Antrag zu unterlassen zu Folge der durch den Devolutionsantrag vom 07.08.2017 auf ihn übergegangenen Zuständigkeit zur Entscheidung beraten und wie folgt entschieden:
Spruch
Der Antrag der Anrainer ... bezüglich des Abbruchs eines auf
Grundstück 19 ... bestehenden Gebäudes das Verfahren nach § 14 Z 8 NÖ Bauordnung einzuleiten und den weiteren Abbruch des Restbestandes dieses Gebäudes bis zur rechtlichen Erledigung des Verfahrens über diesen Antrag zu unterlassen, wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der derzeit geltenden Fassung zurückgewiesen, in eventu abgewiesen."
Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde den Anrainern nach dem Gebührengesetz 1957 die Entrichtung von Bundesgebühren in der Höhe von EUR 14,30 für den Antrag vom 3. April 2017 vorgeschrieben.
7 Dazu führte die revisionswerbenden Partei (u.a.) aus, dass der aufgrund der Anträge der Anrainer (vom 3. April 2017 und 7. August 2017) zu deren Behauptung, es würden durch die Abbruchmaßnahmen deren subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte auf Standsicherheit und Trockenheit ihres Gebäudes beeinträchtigt, beigezogene Sachverständige in seinem Gutachten vom 12. September 2017 festgehalten habe, dass trotz des im Wesentlichen bereits durchgeführten Abbruches am Gebäude der Anrainer keinerlei Schäden oder Risse erkennbar seien und er auch keine Gefahr der Durchfeuchtung des Mauerwerkes des Nachbarobjektes habe erkennen können, sodass er eine Gefahr in Verzug verneint und festgehalten habe, dass keine Sofortmaßnahmen erforderlich seien. Aus der weiteren gutachterlichen Stellungnahme von D. Ziviltechnikergesellschaft mbH vom 11. Oktober 2017 ergebe sich, dass bei Einhaltung der Regeln der Technik auf Basis der erstatteten Vorschläge für die durchzuführenden Arbeiten auch keine Gefahr für die Standsicherheit und Trockenheit des Nachbargebäudes bestehe. Im Hinblick darauf bestehe keine Notwendigkeit, bezüglich des Abbruches ein Bauverfahren durchzuführen, sodass dem Antrag der Anrainer auf Durchführung eines Bauverfahrens nicht zu entsprechen sei. Da die Lehre und Rechtsprechung in der Frage, ob Anträge von Anrainern im Bauverfahren, wenn ihnen letztlich keine Parteistellung zukomme, zurückzuweisen seien oder in solchen Fällen mit einer Abweisung vorzugehen sei, uneinheitlich sei, sei der Bescheidspruch (Spruchpunkt I.) primär als Zurückweisung, in eventu aber, weil der Antrag inhaltlich geprüft worden sei, als Abweisung formuliert worden. Im Übrigen entspreche es ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass eine falsche Formulierung bezüglich Abweisung oder Zurückweisung eines Antrages dann, wenn aus dem Bescheidinhalt die Absicht der entscheidenden Behörde klar ersichtlich sei, rechtlich unschädlich sei.
8 Aufgrund der dagegen von den Anrainern an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis (unter Spruchpunkt 1.) dieser Bescheid in seinem Spruchpunkt I. dahingehend abgeändert, dass der Devolutionsantrag vom 7. August 2017 als unzulässig zurückgewiesen wurde, und (unter Spruchpunkt 2.) der Bescheid in seinem Spruchpunkt II. wegen Unzuständigkeit der Behörde ersatzlos behoben sowie (unter Spruchpunkt 3.) eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.
9 Dazu führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, dass die Anrainer (bei der erstinstanzlichen Baubehörde) mit Schriftsatz vom 3. April 2017 einen als "Antrag nach § 14 Z 8 NÖ Bauordnung" titulierten Antrag eingebracht hätten, den sie (u.a.) damit begründet hätten, dass das in geschlossener Bauweise auf der (benachbarten) Parzelle Nr. 19 errichtete Objekt teilweise und rechtswidrigerweise abgebrochen worden sei, wobei ein Mauerrest auf dieser Parzelle noch bestehe und, sollte dieser Rest entfernt werden, das Haus auf ihrer Parzelle Nr. .11 zusammenstürzen würde. Der restliche Abbruch auf der Parzelle Nr. 19 bedürfe daher jedenfalls einer Bewilligung nach § 14 Abs. 8 (offenbar gemeint: Z 8) NÖ Bauordnung. Es werde daher beantragt, das Verfahren nach dieser Gesetzesbestimmung einzuleiten sowie der mitbeteiligten Partei den weiteren Abbruch des Restbestandes auf der Parzelle Nr. 19 zu verbieten und ihr bescheidmäßig aufzutragen, jede weitere Abbruchtätigkeit auf der Parzelle Nr. 19 ab sofort bis zur rechtlichen Erledigung des Verfahrens über den vorliegenden Antrag zu unterlassen.
10 Mit Schriftsatz vom 7. August 2017 sei von den Anrainern ein Devolutionsantrag an den Stadtsenat der Stadtgemeinde P. eingebracht und dazu im Wesentlichen ausgeführt worden, dass die Baubehörde gemäß § 5 Abs. 3 (offenbar gemeint: § 5 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014) über einen Antrag nach § 14 (leg. cit.) binnen 3 Monaten zu entscheiden habe, sich der vorliegende Antrag auf § 6 Abs. 2 leg. cit. stütze und die Anrainer das subjektiv-öffentliche Recht auf die Gewährung der Standsicherheit des Objektes auf der eigenen Parzelle Nr. .11 in Bezug auf den Abbruch bzw. Teilabbruch auf der Parzelle Nr. 19 hätten.
11 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, dass die dreimonatige Entscheidungsfrist des § 5 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) nur bei Anträgen auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 14 leg. cit. zur Anwendung komme, welcher Umstand sich auch daraus erschließen lasse, dass die Entscheidungsfrist erst beginne, wenn alle Antragsbeilagen (§ 18 Abs. 1 bis 3 und § 19 leg. cit.) der Baubehörde vorlägen. Im gegenständlichen Fall hätten die Anrainer gerade nicht die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 14 NÖ BO 2014 beantragt. Sie träten nicht als Bauwerber auf und hätten auch keine Antragsbeilagen (§ 18 Abs. 1 bis 3 und § 19 NÖ BO 2014) eingebracht. Vielmehr begehrten sie die Einleitung des Baubewilligungsverfahrens als Nachbarn des Bauvorhabens. Auch beim weiteren Antrag, zunächst der mitbeteiligten Partei aufzutragen, jede weitere Abbruchtätigkeit auf der Parzelle Nr. 19 ab sofort bis zur rechtlichen Erledigung des Verfahrens über den vorliegenden Antrag zu unterlassen, handle es sich nicht um einen Antrag auf Erteilung der Baubewilligung gemäß § 14 NÖ BO 2014.
12 Dies habe zur Folge, dass im gegenständlichen Fall nicht die dreimonatige Entscheidungsfrist gemäß § 5 Abs. 2 NÖ BO 2014, sondern die sechsmonatige Frist des § 73 Abs. 1 AVG zur Anwendung komme. Da die verfahrenseinleitenden Anträge mit Schriftsatz vom 3. April 2017 eingebracht worden seien und der Devolutionsantrag am 7. August 2017 gestellt worden sei, sei die sechsmonatige Entscheidungsfrist der Baubehörde erster Instanz zum Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages noch nicht abgelaufen gewesen. Den Zuständigkeitsübergang auf die Berufungsbehörde könne nur ein Devolutionsantrag bewirken, der nach Verstreichen der Entscheidungsfrist eingebracht werde. Die revisionswerbende Partei hätte daher den Devolutionsantrag mangels Ablaufes der Entscheidungsfrist zurückweisen müssen, anstatt von dessen Zulässigkeit auszugehen und die verfahrenseinleitenden Anträge inhaltlich zu behandeln. Diese Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sei vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen, sodass der in Beschwerde gezogene Bescheid in seinem Spruchpunkt I. abzuändern sei.
13 Die zu entrichtende feste Bundesgebühr in der Höhe von EUR 14,30 sei nicht von der revisionswerbenden Partei in einem Kostenbescheid vorzuschreiben, sondern es sei die Gemeindebehörde nur verpflichtet, diese Kosten zu bestimmen und entsprechend bekannt zu machen, dies unter Hinweis darauf, dass bei einer Nichteinzahlung die ausstehenden Gebühren binnen zwei Wochen nach Zustellung der Niederschrift von der zuständigen Finanzbehörde mit einem Zuschlag von 50 % erhoben würden. Da die revisionswerbende Partei zur Vorschreibung der Bundesgebühr nicht zuständig gewesen sei, sei der Bescheid in seinem Spruchpunkt II. ersatzlos zu beheben.
14 Gegen das nunmehr angefochtene Erkenntnis bringt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, dass die Anrainer ihren Antrag vom 3. April 2017 ausdrücklich als Antrag nach § 14 Z 8 NÖ Bauordnung bezeichnet und darin ausgeführt hätten, dass der restliche Abbruch auf der Bauparzelle jedenfalls einer Bewilligung nach § 14 Abs. 8 (offenbar gemeint: Z 8) leg. cit. bedürfe, und dass sie den Antrag gestellt hätten, das Verfahren nach § 14 leg. cit. bezüglich des von der Gegenseite begehrten Abbruchs des Gebäudes auf Parzelle Nr. 19 einzuleiten. Dieser Antrag sei sohin eindeutig als Antrag gemäß § 5 Abs. 2 NÖ BO 2014 anzusehen, und die Entscheidung über die Frage, ob er berechtigt oder aus rechtlichen Gründen a limine zurückzuweisen sei, sei nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut innerhalb der dreimonatigen Entscheidungsfrist zu treffen. Da die Anrainer vorgebracht hätten, dass die Standfestigkeit ihres Gebäudes durch den Abbruch gefährdet wäre, hätte bei Bejahung dieser Frage über den Abbruch tatsächlich ein Baubescheid erlassen werden müssen. Für diesen Antrag hätten sie auch keine Antragsbeilagen vorlegen müssen, sodass auch dieses Argument des Verwaltungsgerichtes dessen Entscheidung nicht zu stützen vermöge. Im Bescheid vom 30. November 2017 habe die revisionswerbende Partei deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den Antrag der Anrainer wegen mangelnder Parteistellung (weil aufgrund der eingeholten Gutachten eine Gefährdung subjektivöffentlicher Anrainerrechte nicht zu befürchten sei) zurückweise. Diese Zurückweisung sei in einem Verfahren nach § 14 Z 8 NÖ Bauordnung erfolgt, sodass hiefür der ersten Instanz gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. nur eine Frist von 3 Monaten zur Verfügung gestanden sei.
15 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
16 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 26.6.2014, Ro 2014/21/0064, mwN; ferner in diesem Zusammenhang auch VwGH 21.3.2017, Ra 2016/22/0100) ist die Zulässigkeit eines Devolutionsantrages ausschließlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Einbringung zu beurteilen (vgl. dazu auch Hengstschläger/Leeb, AVG (Stand April 2018) § 73 Rz 121, mwH auf die hg. Rechtsprechung).
17 § 73 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33, lautet:
"3. Abschnitt: Entscheidungspflicht
§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Berufungsbehörde beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."
Die §§ 5, 14, 18 und 19 NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 1/2015, in der Fassung LGBl. Nr. 50/2017 lauten auszugsweise:
"§ 5
Allgemeine Verfahrensbestimmungen, aufschiebende Wirkung
(1) Entscheidungen aufgrund dieses Gesetzes, ausgenommen nach § 36, sind schriftlich zu erlassen.
(2) Die Baubehörde erster Instanz hat über einen Antrag nach § 14, sofern das Vorhaben keiner Bewilligung nach einem anderen Gesetz bedarf, sowie über einen Antrag nach § 7 Abs. 6 binnen 3 Monaten zu entscheiden. Die Entscheidungsfrist beginnt erst, wenn alle Antragsbeilagen (§ 18 Abs. 1 bis 3 und § 19) der Baubehörde vorliegen.
..."
"§ 14
Bewilligungspflichtige Vorhaben
Nachstehende Vorhaben bedürfen einer Baubewilligung:
...
8. der Abbruch von Bauwerken, die an Bauwerke am
Nachbargrundstück angebaut sind, wenn Rechte nach § 6 verletzt
werden könnten;
..."
"§ 18
Antragsbeilagen
(1) Dem Antrag auf Baubewilligung sind anzuschließen:
1. Nachweis des Grundeigentums (Grundbuchsabschrift)
höchstens 6 Monate alt oder Nachweis des Nutzungsrechtes:
...
3. Bautechnische Unterlagen:
..."
"§ 19
Bauplan, Baubeschreibung und Energieausweis
(1) Der Bauplan hat alle Angaben zu enthalten, die für die Beurteilung des Vorhabens notwendig sind. Dazu gehören je nach Art des Vorhabens insbesondere:
1. der Lageplan, aus dem zu ersehen sind
a) vom Baugrundstück und den Grundstücken der Nachbarn (§ 6 Abs. 1 Z 3)
...
Neu zu errichtende, bestehende und abzutragende Bauwerke
sowie verschiedene Baustoffe sind
- im Lageplan
- in den Grundrissen und Schnitten
farblich verschieden darzustellen.
...
(2) Die Baubeschreibung muss alle nachstehenden Angaben enthalten, die nicht schon aus den Bauplänen ersichtlich sind. ...
...
(3) Soweit dies zur Beurteilung des Bauvorhabens notwendig ist, hat die Baubehörde die Vorlage weiterer Unterlagen zu verlangen, wie z. B.:
- Detailpläne,
- statische Berechnungen der Tragfähigkeit von
Konstruktionen und anderen Bauteilen samt Konstruktionsplänen,
...
(4) Werden bestehende Bauwerke abgeändert oder an diesen Bauteile ausgewechselt, dürfen die Baupläne und Beschreibungen auf die Darstellung der Teile beschränkt werden, die für die Beurteilung des Bauvorhabens maßgeblich sind.
..."
18 Der von der Revision aufgeworfenen Frage, ob der von den Anrainern als Antrag nach § 14 Z 8 NÖ Bauordnung bezeichnete Antrag vom 3. April 2017 als Bauansuchen im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Satz NÖ BO 2014 zu beurteilen sei, sodass die Baubehörde erster Instanz darüber binnen 3 Monaten zu entscheiden gehabt hätte, kommt aus folgenden Gründen keine hier relevante Bedeutung zu:
19 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht gegen die im angefochtenen Erkenntnis getroffene Feststellung, dass die Anrainer keine Antragsbeilagen im Sinne des § 18 Abs. 1 bis 3 NÖ ????????und des § 19 leg. cit. eingebracht haben. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. beginnt die Entscheidungsfrist im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Satz leg. cit. jedoch erst zu laufen, wenn alle Antragsbeilagen (§ 18 Abs. 1 bis 3 und § 19 leg. cit.) der Baubehörde vorliegen. Im Hinblick darauf hatte - unabhängig von der Frage, ob der Antrag der Anrainer vom 3. April 2017 als Antrag nach § 14 leg. cit. im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Satz leg. cit. zu beurteilen ist - im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages der Anrainer vom 7. August 2017 bei der revisionswerbenden Partei die in dieser Gesetzesbestimmung normierte Entscheidungsfrist von 3 Monaten jedenfalls noch nicht zu laufen begonnen. Dass - wie die revisionswerbende Partei meint -
für einen Baubewilligungsantrag gemäß § 5 Abs. 2 NÖ BO 2014 keine Antragsbeilagen hätten vorgelegt werden müssen, wird von ihr nicht weiter begründet und findet vor allem im eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung keine Deckung. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt insoweit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0198, mwN). Dass eine solche Konstellation hier vorläge, ist aufgrund der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht ersichtlich.
20 Ein verfrüht eingebrachter - d.h. vor dem Ende einer solchen Entscheidungsfrist gestellter - Devolutionsantrag ist jedenfalls unzulässig und bewirkt keinen Zuständigkeitsübergang auf die Berufungsbehörde, sodass er von dieser zurückzuweisen ist (vgl. etwa VwGH 26.4.2001, 2001/20/0155, und die in Hengstschläger/Leeb, AVG (Stand April 2018) § 73 Rz 95 f, zitierte hg. Judikatur).
21 Mit dem oben genannten Bescheid vom 30. November 2017 hat die revisionswerbenden Partei, ohne dass die Zuständigkeit aufgrund des unzulässigen Devolutionsantrages der Anrainer vom 7. August 2017 auf sie übergegangen wäre, deren Antrag vom 3. April 2017 - wie aus der Begründung dieses Bescheides hervorgeht - inhaltlich geprüft und darüber abgesprochen. Trifft die Berufungsbehörde, ohne dazu zuständig geworden zu sein, eine Sachentscheidung, anstatt den unzulässigen Devolutionsantrag zurückzuweisen, verletzt sie dadurch den Antragsteller im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (vgl. dazu etwa Hengstschläger/Leeb, AVG (Stand April 2018) § 73 Rz 145, mwH auf die Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).
22 Die im angefochtenen Erkenntnis (unter Spruchpunkt 1.) ausgesprochene Zurückweisung des Devolutionsantrages steht daher auf dem Boden der hg. Judikatur. In Bezug auf Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses enthält die Revision, die dieses Erkenntnis ihrer Anfechtungserklärung nach zur Gänze anficht, in ihrer Zulässigkeitsbegründung keine Ausführungen.
23 Da somit die Revision keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG darlegt, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Jänner 2019
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050001.L00Im RIS seit
21.02.2019Zuletzt aktualisiert am
14.03.2019