TE Vwgh Beschluss 2019/1/31 Ra 2017/15/0030

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Veröffentlicht am 31.01.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AMFG §35a;
BAO §167 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
EStG 1988 §3 Abs1 Z5 litd;
EStG 1988 §6 Z10;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der T GmbH in T, vertreten durch Greiter Pegger Kofler & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 24, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 1. Februar 2017, Zl. RV/3101158/2015, betreffend Feststellung Gruppenmitglied für die Jahre 2012 und 2013, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin, einer im Geschäftszweig "Holzverarbeitung, Holzhandel, Pelletsproduktion" tätigen GmbH, die im Streitzeitraum Mitglied einer Unternehmensgruppe war, fand eine die Jahre 2010 bis 2013 umfassende Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte fest, dass die Revisionswerberin für die Errichtung eines Werkes zur Herstellung von festigkeitssortiertem Brettschichtholz, Duo- und Triobalken, Decken- und Dachelementen sowie Rahmenholz (im Folgenden nur: Projekt 2006) und für die Errichtung eines Kompetenzzentrums für Holzbaubetriebe im Abbundbereich mit integrierter Oberflächenveredelung sowie Installierung eines Farbscanners für die "BSH-Produktion" (im Folgenden nur: Projekt 2013) Fördermittel des Landes Tirol, des Bundes (AMFG-Förderung) und der Europäischen Union erhalten habe. Die Fördermittel für das Projekt 2006 seien in der Unternehmensbilanz als Bewertungsreserve ausgewiesen und in den Folgejahren gewinnerhöhend aufgelöst worden. In den steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnungen der Jahre 2006 bis 2011 seien dazu keine Berichtigungen vorgenommen worden. In der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung für das Jahr 2012 sei der Anteil der AMFG-Förderung des Bundes an den Auflösungsbeträgen der Jahre 2006 bis 2012 gewinnmindernd in Abzug gebracht worden, weil diese Förderung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Projekt 2006 stehe, sondern zur Sicherung von 83 Arbeitsplätzen gewährt worden sei. Auch in der Mehr-Weniger-Rechnung des Jahres 2013 sei die auf die Projekte 2006 und 2013 entfallende (anteilige) AMFG-Förderung des Bundes gewinnmindernd in Abzug gebracht worden. Der Prüfer vertrat unter Bezugnahme auf die im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Unterlagen (u.a. Förderzusage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit) die Auffassung, dass die Kürzung der Steuerbemessungsgrundlage um die AMFG-Förderung unzulässig sei, weil die Revisionswerberin für den Erhalt dieser Förderung zwingend Investitionen habe tätigen müssen. Das Ziel der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen werde nicht in Abrede gestellt, jedoch sehe § 6 Z 10 EStG 1988 auch bei Förderungen iSd § 35a AMFG eine Kürzung der Anschaffungsbzw. Herstellungskosten auf die tatsächlich vom Unternehmen getragenen Kosten vor.

2 Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ - teilweise nach Wiederaufnahme des Verfahren - entsprechende Feststellungsbescheide Gruppenmitglied für die Jahre 2012 und 2013.

3 Die Revisionswerberin brachte gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Feststellungsbescheide Beschwerde ein und führte in dieser im Wesentlichen aus, dass es sich bei der AMFG-Förderung unstrittig um eine steuerfreie Beihilfe gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988 mit einer eindeutig arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung (Schaffung von Arbeitsplätzen in Problemregionen) handle. Da § 6 Z 10 EStG 1988 aufgrund der fehlenden Widmung nicht zur Anwendung gelange und auch kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit konkreten Ausgaben bestehe, könne die Rechtsansicht des Finanzamtes hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der AMFG-Förderung nicht geteilt werden.

4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Revisionswerberin deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragte.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde keine Folge. Es stellte nach ausführlicher Darstellung der Projekte 2006 und 2013 und (teils wörtlicher) Wiedergabe der im Zusammenhang mit diesen Projekten abgeschlossenen Förderungszusagen fest, dass die Projekte 2006 und 2013 durch gemeinsame Fördermittel des Landes Tirol, des Bundes (AMFG-Förderung) und der Europäischen Union gefördert worden seien. Bei den Förderungen handle es sich (auch was die gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988 steuerfreie AMFG-Förderung betreffe) um Investitionszuschüsse für die Anschaffung bzw. Herstellung konkret aufgelisteter Wirtschaftsgüter. Damit gelange § 6 Z 10 EStG 1988 zur Anwendung. Die AMFG-Fördermittel stünden in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den in den Förderungsvereinbarungen angeführten Investitionen ("keine AMFG-Beihilfe gemäß § 35a AMFG ohne Investition"), für den Erhalt dieser Förderungen habe die Revisionswerberin zwingend Investitionen tätigen müssen. Die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen stelle lediglich die einer Förderung regelmäßig innewohnende Zweckbindung dar, die angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter während einer bestimmten Nutzungsdauer für den geförderten Zweck einzusetzen.

6 § 6 Z 10 EStG 1988 sehe bei Vorliegen von entsprechend gewidmeten Förderungen iSd § 35a AMFG eine Kürzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten auf die tatsächlich vom Unternehmen getragenen Kosten vor. Der Steuerbefreiung der AMFG-Fördermittel (§ 3 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988) stehe die Kürzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gegenüber, der die Revisionswerberin jährlich mit einer anteilsmäßig gewinnerhöhenden Auflösung der in die Unternehmensbilanz eingestellten Bewertungsreserve Rechnung zu tragen habe.

7 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil die Frage, ob die gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988 steuerfreien Fördermittel gemäß § 35a AMFG in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern stünden und daher Investitionszuschüsse darstellten, keine Rechtsfrage sei, sondern eine Frage der Beweiswürdigung und somit des Sachverhaltes.

8 Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit ausgeführt wird, es fehle Rechtsprechung zur Frage des Zwecks und des unmittelbaren Zusammenhangs einer Förderung gemäß § 35a AMFG. Nach den Einkommensteuerrichtlinien 2000, Rz 4854, liege ausdrücklich kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang bei Zuschüssen und Beihilfen vor, wenn damit ein über den Empfänger hinausgehender Förderungszweck (Beschäftigung einer zusätzlichen Arbeitskraft) verwirklicht werde. Wie sich dies aus den Förderungsvereinbarungen mit der Republik Österreich ergebe, habe die Revisionswerberin Förderungen gemäß § 35a AMFG erhalten, deren Zweck die langfristige Sicherung von 83 (2006) bzw. 77 (2013) Arbeitsplätzen gewesen sei. Im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens wird weiters gerügt, das Bundesfinanzgericht habe keine Feststellungen getroffen, welcher Teil der Förderungen gemäß § 35a AMFG welchem Anlagegut zuzurechnen sei.

9 Das Finanzamt hat nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. VwGH 17.10.2017, Ra 2015/15/0057).

14 Dass die vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Beweiswürdigung zur Frage eines unmittelbaren Zusammenhangs der verfahrensgegenständlichen AMFG-Förderungen mit den in den Jahren 2006 und 2013 getätigten Investitionen derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mängel aufweisen würde, legt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht dar.

15 Soweit die Revision für den Standpunkt, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den verfahrensgegenständlichen AMFG-Förderungen und den Investitionen der Jahre 2006 und 2013 bestehe nicht, Ausführungen in den Einkommensteuerrichtlinien 2000 ins Treffen führt, genügt es darauf zu verweisen, dass eine Bindung von Gerichten an diese Richtlinien nicht besteht (vgl. z. B. VwGH 31.1.2018, Ra 2017/15/0038).

16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 31. Jänner 2019

Schlagworte

Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017150030.L00

Im RIS seit

21.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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