TE OGH 2019/1/29 11Os134/18t

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Veröffentlicht am 29.01.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Andreas P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2 SMG; § 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mario M***** gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 9. Juli 2018, GZ 36 Hv 89/18x-78, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten M***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthaltenden Urteil wurde Mario M***** „des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster und fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG; § 12 dritter Fall StGB“ (I./A./ und I./C./1./) und „des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Satz, Abs 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB“ (I./C./2./ und III./) schuldig erkannt.

Danach haben in M***** und andernorts

I./ als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, die als ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von Mag. Andreas P*****, Mario M***** und Michael S***** darauf ausgerichtet war, dass von den Genannten fortlaufend Verbrechen nach § 28a Abs 1 erster und § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG begangen werden, und auf der Übereinkunft beruhte, dass das gemeinschaftlich erzeugte Suchtgift nachfolgend durch S***** gewinnbringend verkauft und der Erlös auf alle aufgeteilt werden sollte,

A./ M***** von Juli bis Dezember 2017 mit Mag. P***** und S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, nämlich Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 10,7 % THCA und 0,85 % Delta-9-THC, in zwei Tranchen erzeugt, indem sie nach gemeinsamer Planung und Absprache in arbeitsteiligem Vorgehen im Wohnhaus des Mag. P***** in M***** mit dem von M***** zur Verfügung gestellten Aufzuchtequipment Cannabispflanzen anbauten, aufzogen und insgesamt zumindest 4.200 Gramm Cannabiskraut abernteten;

B./ S***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, und zwar als Teilmengen des zuvor erzeugten Cannabiskrauts mit einem Reinheitsgrad von zumindest 10,7 % THCA und 0,85 % Delta-9-THC

1./ zumindest 2.700 Gramm von Juli 2017 bis März 2018 an nicht mehr feststellbare Abnehmer überlassen;

2./ zumindest 921,8 Gramm mit dem Vorsatz besessen, dass dieses durch nachfolgenden gewinnbringenden Verkauf in Verkehr gesetzt werde;

C./ ua M***** durch die im Punkt I./A./ dargestellten Tathandlungen zu Handlungen von S***** beigetragen, und zwar

1./ zu der im Punkt I./B./1./ dargestellten Tat;

2./ zu der im Punkt I./B./2./ dargestellten Tat;

II./ von Jänner bis 8. März 2018 Mag. P***** und S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) insgesamt 120 Cannabisstauden mit einem Reinheitsgrad von zumindest 9,5 % THCA und 0,72 % Delta-9-THC, sohin in § 27 Abs 1 Z 2 SMG genannte Pflanzen, zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge Suchtgift (US 8, 12: als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung) mit dem Vorsatz angebaut, dass dieses durch nachfolgenden gewinnbringenden Verkauf in Verkehr gesetzt werde, indem sie nach gemeinsamer Planung und Absprache in arbeitsteiligem Vorgehen im Wohnhaus des Mag. P***** in M***** Cannabispflanzen anbauten und aufzogen, wobei anlässlich der Sicherstellung insgesamt 3.096,5 Gramm Cannabiskraut, beinhaltend 21,9 Gramm Delta-9-THC und 296 Gramm THCA abgeerntet wurden;

III./ M***** dadurch, dass er (US 8, 12: als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) sein Aufzuchtequipment zur Verfügung stellte, zu der unter Punkt II./ angeführten strafbaren Handlung des Mag. P***** und des S***** beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a, 10, 10a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*****.

Die zu III./ (iVm II./) erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, das bloße (weitere) Überlassen der Aufzuchtanlage an die Mitangeklagten für die Dauer des dritten Anbauzyklus stelle keine (objektive) Beitragshandlung (§ 12 dritter Fall StGB) des Beschwerdeführers zur von den Mitangeklagten begangenen Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz, Abs 3 SMG dar. Sie vernachlässigt allerdings – prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) – jene Feststellungen, wonach der Nichtigkeitswerber den Mitangeklagten für die (spätere) Überlassung eines Teils der (erwarteten) Ernte zum Eigenkonsum die erwähnte Ausrüstung (weiterhin) zur Verfügung stellte und es dabei im Wissen um deren geplanten Suchtgiftanbau ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, zu deren Tathandlungen (nämlich dem Anbau von Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge übersteigenden Menge an zum nachfolgenden gewinnbringenden Verkauf bestimmtem Suchtgift – US 7, 9 f) beizutragen. Weshalb der auf die Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift und dessen nachfolgenden gewinnbringenden Verkauf abzielende Anbau von Cannabisstauden durch die Mitangeklagten (II./) durch dieses Verhalten des Beschwerdeführers nicht (vorsätzlich) ermöglicht, erleichtert, abgesichert oder sonstwie gefördert worden sein soll (vgl RIS-Justiz RS0090508), lässt die Beschwerde schlichtweg offen. Gleiches gilt für den Hinweis auf Judikatur zum Überlassen einer Wohnung an einen anderen, der bereits im Besitz des dort zu konsumierenden Suchtgifts ist (vgl RIS-Justiz RS0129961), weil der Nichtigkeitswerber nicht nach den Methoden der Jurisprudenz nachvollziehbar darlegt, weshalb durch die (vorsätzliche) Bereitstellung der Ausrüstung zur Erzeugung des zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existenten Suchtgifts das Risiko zu dessen Erzeugung in großen Mengen (und nachfolgendem Besitz zum Zweck des Verkaufs) in keiner Weise erhöht worden sein soll.

Die zu I./A./ und I./C./1./ (iVm I./B./1./) gegen die Annahme der Qualifikation des Handelns als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) geht von der (nicht näher begründeten) Prämisse aus, dass die (zumindest) drei von der Vereinigung geplanten – auch nach dem Tatplan insgesamt jeweils die Grenzmenge übersteigende Suchtgiftmengen betreffenden – Anbau- (und Verkaufs-)Zyklen (US 6) bloß eine einzige (von der kriminellen Vereinigung in Aussicht genommene) „Tat“ (im vorliegenden Kontext offenbar gemeint: bloß ein einziges „Verbrechen“) darstellen würden. Sie erklärt allerdings nicht, weshalb (geplante) Erzeugung (§ 28a Abs 1 erster Fall) und (geplanter) Verkauf von Suchtgift (§ 28a Abs 1 fünfter Fall) in jeweils entsprechenden Mengen (§ 28b SMG) – noch dazu in mehreren Zyklen – bloß das Tatbild eines (einzigen) Verbrechens iSd § 28a Abs 1 SMG erfüllen sollten (vgl dagegen RIS-Justiz RS0116676). Im Übrigen würde nach der Definition des § 278 Abs 2 StGB (seit der grundlegenden Neufassung durch das StRÄG 2002; BGBl I 2002/134) auch die Ausrichtung auf die Begehung eines (einzigen) Verbrechens für die Annahme einer kriminellen Vereinigung reichen, sofern der Zusammenschluss auf längere Zeit angelegt ist, um – wie hier bei der (arbeitsteiligen) Planung, Installation und mehrmonatigen Betreibung einer Aufzuchtanlage zur Erzeugung großer Mengen an für den nachfolgenden Verkauf bestimmten, suchtgifthältigen Cannabispflanzen (US 6 ff) – das in Aussicht genommene Verbrechen zu vollenden (vgl ErläutRV 1166 BlgNR 21. GP 34 f; Leukauf/Steininger/
Tipold, StGB4 § 278 Rz 6 und 7 [am Ende]; Plöchl, WK2 StGB § 278 Rz 13), sodass die Berufung auf die frühere Rechtslage betreffende Judikatur zu § 278 StGB aF („Bandenbildung“ – RIS-Justiz RS0088067; 9 Os 59/86) ins Leere ginge.

Da die Diversionsrüge (Z 10a) – wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht – unter der Prämisse des Wegfalls der (mit Subsumtionsrüge bekämpften, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedrohten) Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG steht (vgl § 198 Abs 2 Z 1 StPO und § 35 Abs 2 Z 1 SMG), erübrigt sich ein Eingehen auf deren Vorbringen zu angeblichem Fehlen von schwerer Schuld und zur Spezialprävention. Im Übrigen vernachlässigt sie den (inhaltlich unbekämpft gebliebenen) Schuldspruch zu I./C./2./ (iVm I./B./2./) wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz (zweiter Fall) und Abs 3 SMG.

Der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider liegt im Gegenstand in der erschwerenden Wertung der „mehrfachen Überschreitung der Grenzmenge“ (US 13) kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (RIS-Justiz RS0131986). Bei – wie vorliegend – (jeweils) bloß einfacher Verwirklichung von Tatbeständen, die das Übersteigen bloß einer Grenzmenge voraussetzen, durch Taten, die in Bezug auf ein Mehrfaches der Grenzmenge übersteigende Suchtgiftmengen begangen wurden (hier US 2, 7 f), bestimmt dieser Umstand nämlich gerade nicht schon die Strafdrohung (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB; dazu im gegebenen Zusammenhang 11 Os 13/18y).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass dem Erstgericht – wie schon der Staatsanwaltschaft (ON 60) – bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts Subsumtionsfehler unterlaufen sind:

Zu Unrecht wurden nämlich die zu I./A./ und I./C./1./ (bzw I./A./ und I./B./1./ beim Angeklagten S*****) beschriebenen Taten jeweils unter „ein Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster und fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG; 12 dritter Fall StGB“ und jene zu I./C./2./ und III./ (bzw I./C./2./ und II./ beim Angeklagten Mag. P***** und I./B./2./ und II./ beim Angeklagten S*****) jeweils unter „ein Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Satz, Abs 3 SMG“ zusammengefasst, obwohl einerseits der erste Fall (Erzeugen) und der fünfte Fall (Überlassen) des § 28a Abs 1 SMG und andererseits der zweite Fall des ersten Satzes (Besitz mit erweitertem Vorsatz) und der zweite Satz (Anbau mit erweitertem Vorsatz) des § 28 Abs 1 SMG untereinander nicht austauschbare Tatbilder im Sinn von kumulativen Mischdelikten normieren (vgl RIS-Justiz RS0116676).

Zu amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) in der unrichtigen Subsumtion gelegener Nichtigkeit (Z 10) sah sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht veranlasst, weil die aufgezeigten Rechtsfehler die Angeklagten durch die Zusammenfassung unterschiedlicher Tatbilder zu jeweils bloß einem Verbrechen ausschließlich begünstigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO).

Textnummer

E124100

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00134.18T.0129.000

Im RIS seit

21.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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