TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W201 2205870-1

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W201 2205870-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom XXXX, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Herr XXXX (in der Folge: BF) begehrte mit Schreiben vom 10.04.2018 beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) die Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b STVO 1960 (Parkausweis).

2. In der Folge gab die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Neurologie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. Im auf einer persönlichen Untersuchung des BF basierenden neurologischen Gutachten vom 17.07.2018 wurde vom Sachverständigen im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Anamnese:

Seit einem Arbeitsunfall (wurde von einem Bagger in eine Grube gestoßen) bestehen Restzustände mit Parese re Ue und N rad. Parese li nach LWK 2,3,5 Fraktur mit Cauda Symptomatik

Lebt mit Frau, pensioniert, kein Pflegegeld.

Derzeitige Beschwerden:

Schwäche re Ue und li OE.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Lyrica 300mg, Neurontin 2400mg 1

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

1/17 Weisser Hof: Unfall-/Erkrankungsanamnese

Unfallhergang.....

Diagnosen

Aufnahmediagnosen

Paraplegie sub L1 ASIA D-Caudasyndrom

Läsion des Nervus radialis superficialis sin.

Fract. Corp. Vert. LH. Uli et LV operat.sanat. (21.09.2016)

Fract. Proc. transversi. LI et LII

Fract. Radii I. t. sin. oss. sanat.

Fract. Calcanei dext. fixat.

Klinischer Status - Fachstatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen re keine Paresen li Dorsalflexion, Fingerstrecken endlagig eingeschränkt.

Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen li keine Paresen, re distal betonte Paresen Fersenstand/Zehenspitzenstand Einbeinstand re nicht möglich

Die Muskeleigenreflexe sind re nicht auslösbar

Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird im Bereich der re UE als hochgradig vermindert angegeben. Das Gangbild ist hinkend mit 1 Krücke, am Gang relativ flüssigf

Gesamtmobilität - Gangbild:

Unauffällig

Status Psychicus:

allseits orientiert, Auffassung regelrecht, Stimmung dysthem, Schlaf schlecht

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Zustand nach Caudaläsion mit Restparese re Ue Oberer Rahmensatz, da distal betonte Parese mit hinkendem Gangbild

04.05.11

40

2

Restparese N, radialis li 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da Feinmotorik mäßig eingeschränkt

04.05.04

20

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der führende GdB wird nicht erhöht, da keine wechselseitig ungünstige Leidensbeeinflussung besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

----

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

---

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

---

X Dauerzustand

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde der Antrag vom 10.04.2018 abgewiesen. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten betrage der Grad der Behinderung 40%.

3. Gegen diesen Bescheid wurde vom BF fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte er aus, Aufgrund der Unfallfolgen könne er kurze Wegstrecken lediglich mit Sitzpausen zurücklegen. Er habe starke Schmerzen im rechten Bein, Fuß und im Rücken. Er könne sich mit der linken Hand in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr anhalten und habe Probleme mit der Blase. Seit dem Unfall sei er auf den PKW angewiesen. Neue Befunde wurden keine vorgelegt.

4. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 18.09.2018 von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen füe die Ausstellung eines Behindertenpasses waren der Grad der Behinderung sowie das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF ist am XXXX geboren, hat seinen Wohnsitz im Inland und besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft.

Bem BF liegen aktuell folgende Gesundheitsschädigungen vor, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Zustand nach Caudaläsion mit Restparese re Ue

2. Restparese N, radialis li

Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 40 v.H.

Der BF erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem darin enthaltenen fachärztlichen Gutachten.

Die Feststellungen hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung des BF in der Höhe von 40 v.H. beruhen auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 17.07.2018.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Im konkreten Fall hat der BF kein konkretes Vorbringen gegen die vom medizinischen Sachverständigen festgestellten Funktionseinschränkungen bzw. deren Einstufung nach der Einschätzungsverordnung erstattet. Auch wurden keine neuen Befunde vorgelegt. Dem Beschwerdevorbringen war auch kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen bzw. dessen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Der BF begehrte lediglich die Überprüfung der Einstufung des Grades der Behinderung sowie der Zumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel.

Im von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten wird auf die Art der Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Sachverständige setzt sich auf Grundlage von persönlicher Begutachtung sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden objektivierten Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Der neurologische Sachverständige nahm eine umfassende Untersuchung des BF vor und schätzt den Grad der Behinderung nach Einsicht in sämtliche vorgelegte Befunde nunmehr unter Heranziehung der anzuwendenden Einschätzungsverordnung mit 40 v.H. ein. Als Funktionseinschränkungen wurden ein "Zustand nach Caudaläsion mit Restparese re Ue" festgestellt, dieser wurde mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. bemessen, weil eine distal betonte Parese mit hinkendem Gangbild vorliegt. Weiters wurden als Funktionseinschränkungen "Restparese N, radialis Li mit einem Grad der Behinderung von jeweils 20 v.H., festgestellt. Der Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 vH wurde nachvollziehbar damit begründet, dass keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung gegeben ist.

Das medizinische Gutachten setzt sich nachvollziehbar und widerspruchsfrei mit den vom BF vorgelegten Bericht des Rehabilitationszentrums Weißer Hof vom 24.01.2017, sowie auch mit den Fragen, welche Gesundheitsschädigung - in welchem Ausmaß - durch die vorgelegten Befunde dokumentiert werden, auseinander. Die getroffene Einschätzung entspricht den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Weitere Befunde wurden durch den BF nicht vorgelegt.

Soweit in der Beschwerde, in welcher keine neuen Befunde vorgelegt wurden, darum ersucht wurde, eine Überprüfung der Einstufung des Grades der Behinderung sowie der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorzunehmen, ist dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörden iZm der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Diese Gutachten wurden bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingeholt. Das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar. Der BF ist dem Gutachten auch nicht entgegengetreten. Er hat auch keine neuen Befunde vorgelegt, die einem Sachverständigen zur Beurteilung vorzulegen wären.

Das Bundesverwaltungsgericht findet keinen Anlass zur Annahme, dass das ärztliche Sachverständigengutachten vom 17.07.2018 mit den Erfahrungen des Lebens oder den Denkgesetzen in Widerspruch steht und wird es daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Da der BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten ist wegen Entscheidungsreife der Sache nicht erforderlich.

Dem BF steht es jedoch frei, allenfalls neue Befunde, sollte er daraus ein anderes Verfahrensergebnis (etwa einen höheren Grad der Behinderung) ableiten wollen - im Wege eines neuen Antrags bei der belangten Behörde geltend zu machen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall war zu klären, ob die BF aufgrund ihrer Gesundheitsschädigungen dem Personenkreis der begünstigten Behinderten zugehörig ist und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2205870.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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