TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/13 W162 2184543-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2018
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Entscheidungsdatum

13.11.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W162 2184543-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M als Vorsitzende und durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 20.12.2017, betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am 23.10.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, (in der Folge: belangte Behörde) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) gestellt, welcher von der belangen Behörde als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.

2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Orthopädie, vom 19.12.2017, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 13.12.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass unter Anwendung der Einschätzungsverordnung ein Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. vorliege.

"Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Chronisch venöse Insuffizienz 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da postentzündliche Veränderungen

05.08.01

30

2

Hüftgelenkstotalersatz rechts, moderate muskuläre Glutealinsuffizienz

02.05.09

30

3

Kniegelenkstotalersatz links Oberer Rahmensatz, da eine mäßige funktionelle Einschränkung vorliegt

02.05.18

20

4

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Oberer Rahmensatz, da funktionelle Einschränkung in allen Ebenen ohne neurologische Ausfälle.

02.01.01

20

5

Bluthochdruck

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Das Leiden 1 wird durch das Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da diese maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweist. Keine weitere Erhöhung durch die übrigen Leiden wegen geringer funktioneller Zusatzrelevanz.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Im Vergleich zum VGA werden die ehemaligen Leiden 1 und 2 durch die neuen Leiden 1 und 3 ersetzt. Die übrigen Leiden bleiben unverändert.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt unverändert."

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.12.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung im Fall der Beschwerdeführerin 40 v.H. beträgt.

4. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Sie führte aus, dass sie seit der letzten Untersuchung acht OPs gehabt habe und es ihr nicht möglich sei, mehr als maximal 50m ohne Pause mit Hinsetzen zu gehen, dabei brauche sie auch eine Krücke. Es sei ihr nicht möglich ohne Begleitung Wege/Einkaufen zu erledigen. Sie könne keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen weder mit Hilfe noch ohne Hilfe, da sie nicht einsteigen könne. Sie könne das Knie nicht so weit abwinkeln. Daher bitte sie um neuerliche Begutachtung.

5. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 30.01.2018 unter Anschluss des Verwaltungsakts vorgelegt.

6. Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein weiteres orthopädisches Sachverständigengutachten vom 27.08.2018, aufgrund persönlicher Untersuchung am 20.08.2018, eingeholt. Darin wurde Folgendes festgestellt:

"Gesonderte Einschätzung des GdB für jede festgestellte Gesundheitsschädigung. Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten Gesundheitsschädigung. Gewählte Position, wobei auf die Begründung der Wahl der Position besonders zu achten ist. Zu Grunde gelegter Rahmensatz, wobei auf die Begründung der Einschätzung des GdB innerhalb des Rahmensatzes besonders zu achten ist.

Leiden 1: Hüfttotalendoprothese rechts, Hüftgelenksarthrose links (02.05.08, 40%). Oberer Rahmensatz dieser Position, da mittelgradige Funktionsbehinderung rechts und geringgradige Funktionsbehinderung links mit ausgeprägter Gangbildstörung und Gangleistungsminderung.

Leiden 2: Chronisch venöse Insuffizienz (05.08.01, 30%). Wahl dieser Position mit 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da postentzündliche Veränderungen bestehen.

Leiden 3: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (02.01.02, 30%). Unterer Rahmensatz dieser Position, da Zustand nach Kompressionsbruch am 1 Lendenwirbel mit Gibbus von 25%, ausgeprägter Osteochondrose L2/3, Beweglichkeitseinschränkung in allen Abschnitten und deutlicher Belastungsminderung.

Leiden 4: Knietotalendoprothese links, Kniegelenksarthrose rechts (02.05.19, 30%). Oberer Rahmensatz dieser Position, da gutes operatives Ergebnis links und mäßige Beweglichkeitseinschränkung beidseits.

Leiden 5: Bluthochdruck (05.01.01, 10%). Fixer Rahmensatz

Gesamtgrad der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70%, weil zwischen dem führenden Leiden 1 und Leiden 2, 3 und 4 wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung besteht und Leiden 2 bis 4 das führende Leiden 1 um je 1 Stufe erhöhen. Leiden 5 erhöht wegen zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter.Bild kann nicht dargestellt werden

Stellungnahme, ab wann der GdB anzunehmen ist (ab Antrag - 23.10.2017?) Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antragstellung anzunehmen, da die degenerativen Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat bereits zum damaligen Zeitpunkt in gegenwärtigen Ausmaß bestanden haben.

Ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen der BV vom 26.01.2018 (Abl. 5 Rückseite): Die Einwendungen bezüglich Gehhilfen und auf 50 m eingeschränkte Gehleistung sind auf Grund des heute erhobenen klinischen Status nachvollziehbar. Auch die Bild kann nicht dargestellt werden

Feststellung der BW, sie könne öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen ist glaubhaft, da die BW weder eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von Bild kann nicht dargestellt werden

rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m ohne Pause und ohne übermäßiger Kraftanstrengung zurücklegen kann, noch Niveauunterschiede mit der notwendigen Sicherheit überwinden kann. Auch ist die Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken oder eines Rollmobils für eine halbwegs sichere Fortbewegung unerlässlich.

Ausführliche Begründung einer eventuell vom angefochtenen Gutachten vom 19.12.2017 (Abl. 34-36) abweichenden Beurteilung: Dem Vorgutachter haben die heute vorgelegten Röntgenbilder nicht vorgelegen. Allerdings bestehen die in den Röntgen ersichtlichen hochgradigen degenerativen Veränderungen mit Sicherheit schon deutlich länger als 1 Jahr. Daher waren heute die Leiden 1, 3 und 4 unter Berücksichtigung der Hüftgelenksarthrose links und der Kniegelenksarthrose rechts, jeweils um 1 Stufe höher einzuschätzen, woraus sich auch der um 3 Stufen erhöhte gesamt GdB ergibt. In wieweit dem Vorgutachter Röntgenbefunde im Akt zur Verfügung standen, entzieht sich der Kenntnis des Endgefertigten. Die Angaben der Gehstrecke im Vorgutachten von 500 m ergaben sich lt. BW dadurch, dass sie keine Vorstellung hatte wie weit 500 m sind und dies auch nie in irgendeiner Form gemessen hätte. Dies habe sie in der Zwischenzeit getan, wodurch sich die glaubhaften und auf Grund des klinischen Befundes nachvollziehbaren 40 bis 50 m ergeben. Der Sturz im April 2018 hat zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt. Die Folgen sind zwischenzeitlich abgeklungen, es ist heute von einem Zustand auszugehen, wie er vor dem Sturz und auch schon zum Zeitpunkt des Vorgutachtens bestanden hat."

7. Mit Schreiben vom 30.08.2018 wurden der Beschwerdeführerin, nachweislich zugestellt am 04.09.2018, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen dazu eine Stellungnahme abzugeben.

8. Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde gaben keine Stellungnahmen ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 23.10.2017 bei der belangten Behörde eingelangt.

Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift und den dieser beigelegten Beweismittel am 16.01.2018 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Hüfttotalendoprothese rechts, Hüftgelenksarthrose links; Oberer Rahmensatz dieser Position, da mittelgradige Funktionsbehinderung rechts und geringgradige Funktionsbehinderung links mit ausgeprägter Gangbildstörung und Gangleistungsminderung

02.05.08

40

2

Chronisch venöse Insuffizienz; Wahl dieser Position mit 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da postentzündliche Veränderungen bestehen

05.08.01

30

3

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule; Unterer Rahmensatz dieser Position, da Zustand nach Kompressionsbruch am 1 Lendenwirbel mit Gibbus von 25%, ausgeprägter Osteochondrose L2/3, Beweglichkeitseinschränkung in allen Abschnitten und deutlicher Belastungsminderung

02.01.02

30

4

Knietotalendoprothese links, Kniegelenksarthrose rechts; Oberer Rahmensatz dieser Position, da gutes operatives Ergebnis links und mäßige Beweglichkeitseinschränkung beidseits

02.05.19

30

5

Bluthochdruck; Fixer Rahmensatz

05.01.01

10

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 v.H.

Gesamtgrad der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70%, weil zwischen dem führenden Leiden 1 und Leiden 2, 3 und 4 wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung besteht und Leiden 2 bis 4 das führende Leiden 1 um je 1 Stufe erhöhen. Leiden 5 erhöht wegen zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter.Bild kann nicht dargestellt werden

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 27.08.2018 ist vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.08.2018 erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt. Es wurden keine Beweismittel vorgelegt, welche im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises stehen, weder wird ein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde noch liegen Anhaltspunkte vor, dass Aspekte des Gesamtleidenszustandes unberücksichtigt geblieben sind.

Das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten vom 27.08.2018 weicht im Ergebnis vom Vorgutachten, welches von der belangten Behörde eingeholt wurde, ab und begründet widerspruchsfrei und schlüssig die nunmehr höhere Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung. Dem Vorgutachter lagen neue Röntgenbilder nicht vor, allerdings bestanden die in den Röntgen ersichtlichen hochgradigen degenerativen Veränderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon deutlich länger als ein Jahr. Aufgrund dessen waren die Leiden 1, 3 und 4 unter Berücksichtigung der Hüftgelenksarthrose links und Kniegelenksarthrose rechts, jeweils um eine Stufe höher einzuschätzen, woraus sich der um 3 Stufen erhöhte Gesamtgrad der Behinderung ergibt.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Der Sachverständige führte überzeugend aus, dass das Leiden 1 "Hüfttotalendoprothese rechts, Hüftgelenksarthrose links" beim oberen Rahmensatz unter 02.05.08 mit einem Grad der Behinderung von 40 v. H. eingestuft wurde, da mittelgradige Funktionseinschränkung rechts und geringgradige Funktionseinschränkung links mit ausgeprägter Gangbildstörung und Gangleistungsminderung besteht. Das Leiden 2 "chronisch venöse Insuffizienz" wurde unter der Positionsnummer 05.08.01 mit einem Grad der Behinderung von 30 v. H. nachvollziehbar mit 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz eingestuft, da postentzündliche Veränderungen bestehen. Das Leiden 3 "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" wurde unter der Positionsnummer 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 v. H. eingestuft, da ein Zustand nach Kompressionsbruch am 1 Lendenwirbel mit Gibbus 25°, ausgeprägter Osteochondrise L2/3, Beweglichkeitseinschränkung in allen Abschnitten und deutlicher Belastungsminderung besteht. Das Leiden 4 "Knietotalendroprothese links, Kniegelenksarthrose rechts" wurde unter der Positionsnummer 02.05.19 mit einem Grad der Behinderung 30 v.H. eingestuft, da gutes operatives Ergebnis links und mäßige Beweglichkeitseinschränkungen beidseits vorhanden sind. Das Leiden 5 "Bluthochdruck" wurde unter der Positionsnummer 05.01.01 mit einem fixen Rahmensatz eingestuft.

Die Beschwerdeführerin brachte in der Beschwerde vor, dass die angegebene Wegstrecke, die sie zurücklegen könne, maximal bei 50m liege und bei der Untersuchung im Ermittlungsverfahren falsch von ihr angegeben wurde, da sie dies nicht richtig einschätzen habe können. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin bei der persönlichen Untersuchung vor dem vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Sachverständigen glaubhaft darlegen konnte, dass sie nur eine Gehstrecke von 40 bis 50m zurücklegen kann. Zudem moniert die Beschwerdeführerin, dass sie keine öffentlichen Verkehrsmittel verwenden könne, da sie ihre Kniegelenke nicht abwinkeln könne. Diesbezüglich ist anzumerken, dass diese Schilderungen der Beschwerdeführerin glaubhaft und nachvollziehbar sind. Der ärztliche Sachverständige hat ebenfalls in seinem Gutachten festgestellt, dass ein freies Gehen nicht möglich ist, das Gangbild ist, obwohl an der Hand der Tochter geführt, ausgesprochen unsicher und kleinschrittig. Die Schrittlänge liegt unter der Fußlänge. Zehenballenstand, Fersenstand, Einbeinstand sind nicht möglich, Anhocken ist nur ansatzweiße möglich. Zudem ist es der Beschwerdeführerin nicht möglich, Niveauunterschiede mit der notwendigen Sicherheit überwinden zu können. Zu diesen Vorbringen ist jedoch anzuführen, dass verfahrensgegenständlich die Ausstellung eines Behindertenpasses ist.

Es wurden alle einschätzungsrelevanten Gesundheitsschädigungen bei der Beurteilung durch den medizinischen Sachverständigen berücksichtigt. Sämtliche im Verfahren vorgelegten Befunde wurden bei der Beurteilung berücksichtigt.

Insgesamt kam es aufgrund der Verschlimmerung des führenden Leidens 1 sowie der Leiden 3 und 4 zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung um drei Stufen auf 70 v.H. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde im Gutachten vom 27.08.2018 insbesondere damit schlüssig begründet, dass eine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung des führenden Leiden 1 mit den Leiden 2, 3 und 4 besteht und das Leiden 2 bis 4 das führende Leiden 1 um je eine Stufe erhöhen.

Das Sachverständigengutachten wurde auch im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs von der belangten Behörde unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 27.08.2018. Es wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Die Bestimmung des § 41 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 ist auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nicht anzuwenden. Diese Verfahren sind unter Zugrundelegung der bis zum 31. August 2010 geltenden Vorschriften zu Ende zu führen. Dies gilt bis 31. August 2013 auch für Verfahren nach §§ 40ff, sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein rechtskräftiger Bescheid nach §§ 40ff oder auf Grund der Bestimmungen des § 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes vorliegt. (§ 55 Abs. 4 BBG)

Da der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 23.10.2017 gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015)

Die Gesamteinschätzung vollzieht die Verwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis, den sie im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung zu beurteilen hat (vgl. VwGH vom 01.06.1999, Zl. 94/08/0088 mit Hinweis auf E 19.11.1997, 95/09/0232, 0233).

Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. (§ 3 Abs. 1 Einschätzungsverordnung)

Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen. (§ 3 Abs. 2 Einschätzungsverordnung)

Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

--sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

--zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(§ 3 Abs. 3 Einschätzungsverordnung)

Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine. (§ 3 Abs. 4 Einschätzungsverordnung)

Da in dem gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachten, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, ein Grad der Behinderung von 70 v. H. festgestellt wurde, sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.

Wie unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 27.08.2018 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin - entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid - 70 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, wurde das vorliegende Gutachten von den Verfahrensparteien nicht bestritten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.

Der Beschwerde war daher stattzugeben. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin folglich einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v. H. auszustellen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.

2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Zur Klärung des Sachverhaltes hat das Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt - geeignet, relevante Bedenken an den Feststellungen der belangten Behörde hervorzurufen. Die vorgebrachten Argumente wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und resultiert daraus die geänderte Beurteilung. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2184543.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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