TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/15 W217 2202120-1

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Veröffentlicht am 15.11.2018
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Entscheidungsdatum

15.11.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2202120-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle

Niederösterreich, vom 28.06.2018, OB: XXXX , mit welchem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorliegen, in nicht-öffentlicher

Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) verfügt seit 27.04.2015 über einen Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 50%. Hierzu wurde im Sachverständigengutachten vom 21.04.2016 von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Unfallchirurgie, als Funktionseinschränkung eine verzögerte Knochenbruchheilung nach sprunggelenksnahem Unterschenkelbruch links festgestellt und eine Nachuntersuchung 04/2018 empfohlen, da bis dahin eine Heilung wahrscheinlich sei.

Mit Antrag vom 20.09.2017, eingelangt am 21.09.2017, begehrte der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Konvolutes an medizinischen Beweismitteln die Neufestsetzung des Grades der Behinderung sowie die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer Behinderung".

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 12.03.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.01.2018 unter Einbeziehung sämtlicher vorgelegter Befunde lautet wie folgt:

"Anamnese:

Der Knochenbruch ist nun geheilt. Es ist aber eine Nervenschädigung aufgetreten. 06/17 wurde der Verriegelungsbolzen entfernt. Seither kommt es bei Belastung zu massivem Zittern des Unterschenkels. Es kommt dabei auch zu Kraftverlust und Einknicken des Beins. Es kribbelt im Fuß, der Fuß ist taub und gefühllos. Er ist beim niedergelassenen Neurologen in Behandlung. Er erhält seit Juli 2017 Therapien im UK XXXX . Diese bewirken Schmerzlinderung für einige Tage. Seither geht er auch auf Empfehlung der Therapeuten mit 2 Unterarmstützkrücken. Ohne Krücken kann er nur wenige Schritte schmerzfrei gehen. Es soll eine neuerliche Nervenleitgeschwindigkeitsmessung durchgeführt werden. Es besteht keine Schienenversorgung.

Derzeitige Beschwerden:

N. peroneus Läsion links bei Z.n. distaler US- Fraktur links 08/2014 mit Marknagelung und Re-Operation 2015

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Vit D, Calciduran, Gabapentin, Noax, bei Bed. Tramabene

Sozialanamnese:

Schichtfacharbeiter, seit Juni 2017 in Krankenstand

verheiratet, 3 Kinder

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

UK XXXX , Abteilung f. Neurologie, 23.8.17: Neurosonographischer

Befund, Diagnosen:

St. p. Fraktur im Bereich des Ii. USCH; Sonographie des Ii. IM. peronäus.

Zusammenfassung: deutlich proximale Läsion des N. peronäus kurz nach dem Abgang aus dem N. ischiadicus. Nach distal hin lässt sich der oberflächliche N. peronäus bis zum Sprunggelenk sehr gut als unauffälliger Nerv darstellen.

-

Dr. XXXX (Fa f. Neurologie u. Psychiatrie), Befund, 19.6.17:

DIAGNOSE:

N. peroneus Läsion links bei Z.n. distaler US- Fraktur links 08/2014 mit Marknagelung und Re-Operation 2015. ENG 01/2017 zeigt eine axonale Peroneusläsion links,

-

Unfallchirurgisches Sachverständigengutachten, Dr. XXXX , 11.4.16:

verzögerte Knochenbruchheilung nach sprunggelenknahem Unterschenkelbruch li GdB 50%; Nachuntersuchung 04/2018

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: unauffällig

Ernährungszustand: übergewichtig

Größe: 180,00 cm Gewicht: 96,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Atmung: reguläre Atemfreqenz in Ruhe, Lymphknotenstatus: keine vergrößerten Lymphknoten tastbar; Schädel: Augen: Pupillen isokor, mittelweit, prompte Lichtreaktion, Brillenversorgung; Zähne:

saniert; Halsorgane: Arterien: bds. tastbar; Venen: nicht gestaut;

Schilddrüse: unauff. Tastbefund; Thorax: symmetrisch, Lunge:

vesikuläre Atmung, Basen gut atemverschieblich; Herz: Herztöne rein, rhythmisch; Abdomen: über Thoraxniveau, Bauchdecken: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen; Leber: nicht tastbar Nierenlager:

frei; Wirbelsäule: WS nicht klopfempfindlich, ISG bds. frei, HWS:

frei beweglich, Seitneigen Rumpf: symmetrisch frei,

Finger-Boden-Versuch: Unterrand der Patella, Zehenspitzen-, Fersen- und Einbeinstand re durchführbar, li. nicht durchführbar;

Extremitäten: Obere Extremitäten: Grobe Kraft: seitengleich,

Faustschluß: beidseits komplett, Spitzgriff und Fingerspreizen bds frei, Gelenke äußerlich unauffällig , Gelenke frei beweglich,

Sensibilität: beidseits gleich, Schürzen-und Nackengriff beidseits durchführbar, Keine signifikante Umfangdifferenz, Narbenbildungen:

keine

Untere Extremitäten: blande Narbe li. Knöchelbereich, geringe Muskelverschmächtigung li. Unterschenkel, Aktives Heben re frei, li. endlagig eingeschränkt; Hüftgelenke: Beweglichkeit beidseits nicht eingeschränkt; Kniegelenke: re frei beweglich, li. Beugen 90°, kein Streckdefizit; Sprunggelenke: re ohne Einschränkung, li. endlagig eingeschränkt in allen Ebenen; Knie anheben beidseits über 20cm möglich: ja; Kraft: grobe Kraft beidseits vorhanden; Zittern des li. Unterschenkels bei aktiven Bewegungen, geringe Fußheberschwäche li. sonst grob neurologisch unauffällig, periphere Pulse bds tastbar, keine trophischen Störungen, Beschwielung: seitengleich typisch

Gesamtmobilität - Gangbild:

Trägt weite Konfektionsschuhe, selbständiges An-/Ausziehen möglich, Aufstehen aus dem Sitzen mit Aufstützen, Transfer Untersuchungsliege selbständig, Bücken aus dem Sitzen möglich, wohnt in einem 2- Familienhaus mit 1 Stockwerk, Stiegen Steigen mit Anhalten und einer Krücke im Nachstellschritt, im Alltag selbständig; Gangbild mit 2 Unterarmstützkrücken sicher

Status Psychicus:

orientiert, Gedächtnis, Auffassung und Aufmerksamkeit unauffällig, Stimmung ausgeglichen

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Peronaeuslähmung links 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da beeinträchtigte Fußhebung und geringe Muskelverschmächtigung der Wadenmuskulatur mit Erfordernis der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken; verzögerte, aber nun abgeschlossene heilung des Knochenbruchs im Knöchelbereich wird mitberücksichtigt

04.05.13

30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Nach abgeschlossener Heilung des Knochenbruchs entfällt Leiden 1 des Vorgutachtens. Die nun bestätigte Peroaeuslähmung links wird als Leiden 1 neu aufgenommen. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt nunmehr 30%."

Die medizinische Sachverständige diagnostizierte "Dauerzustand".

2. Im Rahmen des hierzu erteilten Parteiengehörs führte der Beschwerdeführer aus, dass durch den Bruch und die darauffolgenden OP's trotz Knochenheilung im Bereich des Sprunggelenkes eine Steifigkeit (Sperre) vorliege und der Nervenschaden ein Gehen ohne mindestens einer Krücke nicht mehr zulasset. Im Knie und Fuß ab Bruch hinunter bis zu den Zehen bestehe ein Taubheitsgefühl sowie ein Koordinationsproblem beim Fußheben und Steigen, ebenso könne er die Zehen zwar bewegen, aber nicht gezielt steuern. Der Nervenschaden lasse ein Gehen ohne Krücken nicht zu, da er sonst stürze. Mit Krücken könne er maximal ca. 200 m gehen, mit Pausen. Da er Schmerzmitteln wegen Knochenschmerzen und Nervenschmerzen dauerhaft einnehmen müsse, werde er sehr müde bzw. leide die Konzentration stark darunter. Um Autofahren (Automatik) zu können, nehme er die Medikamente abends. Sein Arbeitgeber könne und dürfe die Sicherheit des Beschwerdeführers bei der Arbeit nicht mehr übernehmen. Ebenso habe er seine Tätigkeit nach 25 Jahren bei der Betriebsfeuerwehr beenden müssen, was auch seine Psyche stark belaste. Leider habe er auch schon Antidepressiva einnehmen müssen.

3. Die bereits befasste Allgemeinmedizinerin führt in ihrer Stellungnahme vom 08.06.2018 aus:

"Es wird festgehalten, dass, nach neuerlicher Durchsicht des Akteninhaltes, keine Änderung der getroffenen Einschätzung vorgeschlagen wird, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen in der Beurteilung entsprechend berücksichtigt und bewertet wurden. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung" Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" liegen nicht vor.

Eine kurze Wegstrecke ist aus eigener Kraft und allenfalls mit Hilfe von Unterarmstützkrücken zu bewältigen möglich. Die Belastbarkeit ist nach abgeschlossener Knochenheilung wiederhergestellt. Ein- und Aussteigen sind unter Berücksichtigung der Einschränkung der Gelenksfunktionen möglich. Der sichere Transport ist aufgrund der ausreichenden Greiffunktion und Kraft in den oberen Extremitäten gegeben. Ebenso läßt der psychische Zustand die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar erscheinen."

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28.06.2018 stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30% nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle.

Begründend stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten sowie auf die Stellungnahme vom 08.06.2018 und führte dazu aus, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses beim Beschwerdeführer aufgrund des sachverständig festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 30 v.H. nicht mehr vorliegen würden.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass er - entgegen der Begutachtung - nach wie vor einen fast 40 cm langen Marknagel in linken Unterschenkel habe, der nicht entfernt werde, weil der Bruch an einer ungünstigen Stelle gewesen sei. Auch seien Folgeschäden, wie angehender Wirbelschaden, beginnende Arthrose auf Sprunggelenk, hinzugekommen.

6. Am 30.07.2018 langte die Beschwerde samt Fremdakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Im hierauf vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Aktengutachten führt Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, Arzt für Allgemeinmedizin, wie folgt aus:

" (...)

Zur Gutachtenserstellung wurden herangezogen:

• Sachverständigengutachten Dr. XXXX , 9.1.2018 und Stellungnahme zu den Einwendungen des Beschwerdeführers 8.6.2018.

* Eigenes Vorgutachten für das Sozialministeriumservice am 11.4.2016.

* Neurologischer Befund Dr. XXXX , 19.6.2017.

• Röntgenbefund Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, Beckenübersicht, beide Knie, Unterschenkel und Sprunggelenke, Institut Böck, XXXX , 7.2.2018.

• Stellungnahme von Herrn XXXX , 12.7.2018.

l. ANAMNESE

Aktenlage:

XXXX wurde am 11.4.2016 von mir untersucht, nachdem er am 3.8.2014 einen Bruch des linken Unterschenkels erlitten hatte. Es waren Komplikationen eingetreten, es waren mehrere Operationen und Behandlungen erforderlich gewesen. Bei der Begutachtung war der Bruch noch nicht abgeheilt, eine Invalidität von 50 % wurde damals festgestellt und eine Nachuntersuchung 2018 empfohlen.

Dr. XXXX untersuchte Herrn XXXX am 9.1.2018, beschrieb eine endlagige Einschränkung der Beweglichkeit des linken Sprunggelenkes, eine geringe Fußheberschwäche links und dass er mit 2 Krücken ging. Sie stellte aufgrund der vorliegenden Befunde eine Peroneuslähmung links fest und schätzte mit 30 % Behinderungsgrad ein. Die Nutzbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel war aus ihrer Sicht nicht beeinträchtigt.

In einem neurologischen Befund vom 19.6.2017 bestätigt sich die Peroneusläsion links, dies auch nach Neurosonographie.

Röntgenbefunde vom 7.2.2018 zeigen am linken Unterschenkel konsolidierte Frakturen bei liegendem Marknagel. Die Skelettanteile sind porotisch, es besteht eine geringe Arthrose am oberen und unteren Sprunggelenk.

Am Knie- und Beckenröntgen besteht ein unauffälliger Befund, an der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule zeigen sich beginnende bzw. geringe Abnützungen.

Il. STELLUNGNAHME

Den Unterlagen und auch dem Untersuchungsbefund der Dr. XXXX zufolge hat sich die Situation gegenüber dem Vorgutachten 2016 insofern geändert, als der Unterschenkelbruch geheilt ist. Es besteht als Folge der Verletzung nun eine Schädigung des Peroneusnervs - Peroneusläsion. Diese wurde von Dr. XXXX korrekt mit 30 % Behinderungsgrad eingeschätzt, entsprechend der Symptomatik und der damit verbundenen Schmerzen.

Die von Herrn XXXX vorgelegten Röntgenbefunde der Wirbelsäule zeigen einen altersgemäßen Befund, allein daraus lässt sich kein einschätzungsrelevanter Behinderungsgrad ableiten. Im Gutachten von Dr. XXXX wird die Wirbelsäule auch als gut beweglich beschrieben.

Zusammenfassend kann ich keine abweichende Einschätzung zum Gutachten Dr. XXXX treffen."

8. Das Gutachten von Dr. XXXX wurde den Parteien des Verfahrens mit Schreiben vom 01.10.2018 als Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Kenntnis und zur Stellungnahme übermittelt. Diese Frist verstrich ungenutzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1 Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren, österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz im Inland inne.

1.2 Der Beschwerdeführer ist seit 27.04.2015 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50%. Mit Antrag vom 20.09.2017, eingelangt am 21.09.2017, begehrte der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Konvolutes an medizinischen Beweismitteln die Neufestsetzung des Grades der Behinderung sowie die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer Behinderung".

Aufgrund des sachverständig festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 30 v.H. wurde mit Bescheid vom 28.06.2018 festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorliegen.

1.3 Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:

Lfd.Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

1

Peronaeuslähmung links

04.05.13

30

1.4 Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v.H.

1.5 Beim Beschwerdeführer liegen zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG nicht mehr vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zu 1.1 bis 1.2) Die Feststellungen gründen sich auf den diesbezüglich widerspruchsfreien Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdaktes.

2.2 Zu 1.3 bis 1.5) Die Feststellungen zur Höhe des Gesamtgrades der Behinderung und der Art und dem Ausmaß der Funktionseinschränkung gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführten Umfang auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 12.03.2018 sowie auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte ergänzende Gutachten von Dr. XXXX .

In diesen Sachverständigengutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinischen Sachverständigen setzen sich mit den vorgelegten Befunden, die in den Gutachten angeführt sind, auseinander. Die getroffene Einschätzung entspricht den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX basiert auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und nimmt darin umfassend Bezug auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde, welche inhaltlich als Ergänzung in die medizinische Beweisaufnahme einfließen.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers wurde gegenüber dem im bei der belangten Behörde geführten Vorverfahren und des im Zuge dieses Vorverfahrens eingeholten Sachverständigengutachtens vom 21.04.2016 niedriger eingestuft. Insgesamt ergibt der Gesamtgrad der Behinderung nunmehr 30 v.H.

Dr. XXXX begründete diese Änderung damit, dass nach abgeschlossener Heilung des Knochenbruchs Leiden 1 des Vorgutachtens (verzögerte Knochenbruchheilung nach sprunggelenksnahem Unterschenkelbruch links) entfällt, die nun bestätigte Peroaeuslähmung links jedoch als Leiden 1 neu aufgenommen wird.

Die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung "Peroaeuslähmung links" (Leiden1), fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012 unter die Positionsnummer 04.05.13 (Teillähmung bis Ausfall des Nervus peronaeus), für welche die Einschätzungsverordnung folgende Rahmensätze vorsieht: 10%: Kraftdefizit bei der Untersuchung; 20%:

Fußhebung beeinträchtigt keine Stürze; 30%: Fußhebung deutlich beeinträchtigt, Stürze objektivierbar; 40%: Fallfuß - Peronaeusschiene. Die medizinische Sachverständige schöpfte bei der Festsetzung des Grades der Behinderung den Rahmensatz der Positionsnummer 04.05.13 mit 30% aus und begründete die Wahl von 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz damit, dass eine beeinträchtigte Fußhebung und geringe Muskelverschmächtigung der Wadenmuskulatur mit Erfordernis der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken vorliegt, die verzögerte, aber nun abgeschlossene Heilung des Knochenbruchs im Knöchelbereich mitberücksichtigt wurde. So beschrieb die Sachverständige eine endlagige Einschränkung der Beweglichkeit des linken Sprunggelenkes, eine geringe Fußheberschwäche links und dass der Beschwerdeführer mit 2 Unterarmstützkrücken ging.

Diese Einstufung wird auch durch die Stellungnahme von Dr. XXXX bestätigt (Arg.: "Den Unterlagen und auch dem Untersuchungsbefund der Dr. XXXX zufolge hat sich die Situation gegenüber dem Vorgutachten 2016 insofern geändert, als der Unterschenkelbruch geheilt ist. Es besteht als Folge der Verletzung nun eine Schädigung des Peroneusnervs - Peroneusläsion. Diese wurde von Dr. XXXX korrekt mit 30 % Behinderungsgrad eingeschätzt, entsprechend der Symptomatik und der damit verbundenen Schmerzen. Die von Herrn XXXX vorgelegten Röntgenbefunde der Wirbelsäule zeigen einen altersgemäßen Befund, allein daraus lässt sich kein einschätzungsrelevanter Behinderungsgrad ableiten. Im Gutachten von Dr. XXXX wird die Wirbelsäule auch als gut beweglich beschrieben.")

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Sachverständigenbeweise, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Der Beschwerdeführer ist den eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Die Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Zur Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz (BBG) ist gemäß dessen § 1 Abs 2 leg.cit. Die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs. 1 BBG normiert, dass behinderte Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sieht vor, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen sind. Eine solche zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger für Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40ff des BBG in negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG sind die Gesetzesstellen § 1, §41 Abs.1 und 2, § 55 Abs 4 und 5 idF BGBl 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft getreten.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 leg.cit.) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung:

§ 2 Abs. 1 Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Abs. 2 Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Abs. 3 Der Grad der Behinderung ist nach durch den zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit diese durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Wie oben eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung die schlüssigen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX und von Dr. XXXX zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 30 v.H. beträgt. Die Einwendungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind nicht geeignet, die vorliegenden Gutachten zu entkräften.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht mehr erfüllt.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Eine Verhandlung ist demnach in jenen Fällen durchzuführen, wenn ‚civil rights' oder ‚strafrechtliche Anklagen' iSd Art. 6 MRK oder die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte betroffen sind und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten.

Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Funktionseinschränkung im Hinblick auf deren Einschätzung des durch sie bedingten Grades der Behinderung.

Im gegenständlichen Fall bilden medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX und von Dr. XXXX die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses noch erfüllt sind. In diesen werden die Funktionsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers, wie oben bereits ausgeführt, nachvollziehbar, vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei mit einem Grad der Behinderung 30 v.H. festgestellt.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten als geklärt anzusehen. Da die Klärung der Rechtssache durch eine eingehende Auseinandersetzung mit den Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers durch medizinische Sachverständigengutachten erfolgte und bedingt durch die dort nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen bedurfte es keiner weiteren Klärung der Rechtssache. Überdies wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Beschwerdeführer nicht beantragt.

Daher wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2202120.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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