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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des AJ, geboren am 1. Dezember 1976, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Februar 1999, Zl. 201.317/0-XI/33/99, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzleramt) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste am 29. September 1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 1. Oktober 1997 Asyl. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er an, der Sohn eines bestimmten gambischen Oppositionspolitikers zu sein und in seinem Heimatland wegen politischer Aktivitäten verfolgt zu werden.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 20. Oktober 1997 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, sein Vorbringen sei völlig unglaubwürdig und es sei davon auszugehen, dass er auch seine wahre Identität verschleiern wolle.
In seiner Berufung gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer im Einzelnen dar, weshalb sein Vorbringen seines Erachtens glaubwürdig sei, wobei er seine Darstellung in Erwiderung auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid zum Teil ergänzte, Urkunden vorlegte und u.a. den Antrag stellte, ihn neuerlich zu vernehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sie traf folgende Feststellungen zum Sachverhalt:
"Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Gambia. Er reiste am 29.9.1997 ohne Reisedokumente illegal nach Österreich ein. Am 30.11.1998 wurde der Asylwerber vom Landesgericht Wien wegen gewerbsmäßig bzw. bandenmäßigen Suchtmittelhandels zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten bedingt auf drei Jahre Probezeit rechtskräftig verurteilt. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 02.12.1998 wurde gegen den Asylwerber ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen und ist dieses rechtskräftig.
Festgestellt werden konnte weiters, dass der Asylwerber nicht der Sohn des L.W.J., des Propagandachefs der United Democratic Party von Gambia, ist."
In der weiteren Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, das Asylvorbringen des Beschwerdeführers stütze sich im Wesentlichen darauf, dass sein Vater L.W.J. einer der Führer der United Democratic Party und mehrmals grundlos inhaftiert gewesen sei und auch der Beschwerdeführer "als Sohn" asylrelevante Verfolgung zu befürchten habe. Die Ermittlungen der belangten Behörde hätten jedoch ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht der Sohn des L.W.J. sei. Unter der vom Beschwerdeführer angegebenen Telefonnummer in Gambia habe die belangte Behörde zwar - nach mehrmaligen Versuchen - einen Herrn erreicht, der sich als L.W.J. ausgegeben habe, der Verlauf des Gespräches habe aber aus näher dargestellten Gründen gezeigt, dass es sich nicht wirklich um L.W.J. gehandelt habe. Dies werde auch durch die Ergebnisse des Telefaxverkehrs zwischen der belangten Behörde und der österreichischen Botschaft in Dakar bekräftigt. Da der Beschwerdeführer bereits in den Kernaussagen seines Vorbringens vorsätzlich und wissentlich gegenüber den Asylbehörden ein falsches Vorbringen erstattet habe, sei seinem gesamten Vorbringen die Glaubwürdigkeit abzusprechen. In dieses Bild füge sich auch die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Suchtmittelhandels, welche ein bezeichnendes Licht auf einen Menschen werfe, der nicht einmal davor zurückschrecke, in seinem Gastland die dortige Gesellschaft durch Suchtmittelhandel zu gefährden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet sich mit Recht dagegen, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die Ergebnisse eigener Ermittlungen gestützt, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Beschwerdeführer aber abgesehen hat. Ein solches Vorgehen entspricht aus den etwa im Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0567, dargestellten Gründen nicht dem Gesetz. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf das genannte Erkenntnis verwiesen. In der Beschwerde wird auch dargelegt, was der Beschwerdeführer den Ermittlungsergebnissen der belangten Behörde im Rahmen einer mündlichen Verhandlung entgegengehalten hätte.
Dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu den von ihr herangezogenen, erst im Berufungsverfahren zustande gekommenen Ermittlungsergebnissen auch nicht in anderer Weise als durch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung Gehör gewährte, ist ein zusätzlicher Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, auf den es im Ergebnis aber nicht mehr ankommt.
Da dem (u.a. auch auf die angebliche Verfolgung wegen eigener politischer Aktivitäten gestützten) Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem sich die belangte Behörde bisher nicht inhaltlich auseinander gesetzt hat, im Falle seiner Glaubwürdigkeit nicht von vornherein die Asylrelevanz abzusprechen wäre, ist es nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Hinsichtlich des zitierten Vorerkenntnisses wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 17. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999200140.X00Im RIS seit
20.11.2000