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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §25 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des GS in T, geboren am 3. August 1951, vertreten durch Schatz & Tröthandl, Rechtsanwälte in 2340 Mödling, Neusiedler Straße 52/24, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. Februar 1999, Zl. Wa-165/98, betreffend Entziehung der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 8. Juni 1998, mit dem dem Beschwerdeführer die ihm am 12. Februar 1979 ausgestellte Waffenbesitzkarte 103602 entzogen worden war, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 8 Abs. 1 Z 2 und 25 Abs. 2 und 3 des Waffengesetzes 1996 (im folgenden: WaffG) bestätigt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, sie habe gemäß § 25 WaffG eine waffenrechtliche Urkunde zu entziehen, wenn der Inhaber nicht mehr als (waffenrechtlich) verlässlich anzusehen sei. Bei der Prüfung dieser Frage sei auf die Wesensmerkmale der Gesamtpersönlichkeit sowie auf konkrete Verhaltensweisen des Betroffenen Bedacht zu nehmen. Die waffenrechtliche Verlässlichkeit sei insbesondere dann nicht mehr gegeben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, der Betroffene werde Waffen nicht sorgfältig verwahren. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei dieser Beurteilung ein strenger Maßstab anzulegen. Mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde sei auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertige, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs. 1 WaffG genannten Voraussetzungen.
Der Beschwerdeführer habe am 22. März 1998 beim Gendarmerieposten Traiskirchen Anzeige erstattet, dass in sein Wohnhaus eingebrochen und dabei seine "Faustfeuerwaffe Smith & Wesson, Kaliber 357 Magnum" gestohlen worden sei. Hinsichtlich des Verwahrungsortes der Waffe habe er angegeben, dass er die Waffe in einem Nachtkästchen ungeladen neben der dazugehörigen Munition aufbewahrt hätte. Mit Schreiben vom 5. Mai 1998 habe er die Behörde in Kenntnis gesetzt, dass diese Waffe wieder aufgefunden worden sei. Die von ihm zunächst erwähnte Munition im Nachtkästchen hätte zu einer anderen Faustfeuerwaffe gehört, die an einem anderen Platz aufbewahrt würde. Die zunächst als gestohlen gemeldete Waffe sei auf einem Kasten im Kinderzimmer seiner Tochter gefunden worden. Der Beschwerdeführer habe anlässlich der Erhebungen aber weiter angegeben, er hätte die Faustfeuerwaffe zum Zeitpunkt des Einbruches "mit Sicherheit im Nachtkästchen verwahrt gehabt und die unbekannten Täter hätten die Faustfeuerwaffe aus dem Nachtkästchen genommen und offenbar anschließend am Auffindungsort zurückgelassen".
Im vorliegenden Fall stehe fest, dass der Beschwerdeführer seine Faustfeuerwaffe in seinem Schlafzimmer in einem unversperrten Nachtkästchen aufbewahrt habe. Es sei im gegenständlichen Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die neben der Waffe befindliche Munition zu der im Nachtkästchen verwahrten oder zu einer anderen Waffe gehört habe. Das geltende Waffengesetz verlange nicht, dass die Munition getrennt von der Waffe aufbewahrt werde. Der Gesetzgeber verlange aber sehr wohl, dass die Waffe versperrt aufbewahrt werde, auch wenn Derartiges aus dem geltenden Gesetzestext nicht ausdrücklich hervorgehe.
Gemäß § 3 Abs. 1 der Zweiten Waffengesetzdurchführungsverordnung sei eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn sie ihr Besitzer in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schütze. Für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen und Munition seien folgende Umstände maßgeblich:
"1.Verwahrung der Waffe an einem mit der Rechtfertigung oder dem Bedarf im Zusammenhang stehenden Ort, in davon nicht betroffenen Wohnräumen oder in Dritträumen (z.B. Banksafe);
2. Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit;
3. Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind;
4. Schutz von Waffen und Munition vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender."
Angewendet auf den vorliegenden Fall lasse sich daraus ableiten, dass der Beschwerdeführer dem zu fordernden Sorgfaltsmaßstab auch gegenüber seiner Ehegattin nicht entsprochen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die Waffe - zwar ungeladen und ohne zugehörige Munition - in einem unversperrten Nachtkästchen aufbewahrt (gehabt) habe. Er bringt dazu vor, dass der Einbruch in sein versperrtes und somit gesichertes Einfamilienhaus stattgefunden habe, in welchem er (lediglich) mit seiner Ehegattin und seiner volljährigen Tochter lebe. Er sei seit fast 20 Jahren Inhaber der Waffenbesitzkarte. Die Einbrecher hätten, da sie die getrennt verwahrte Munition nicht aufgefunden hätten und überrascht worden seien, offenkundig die Waffe im Einfamilienhaus auf dem Kasten im Zimmer seiner Tochter zurückgelassen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die Ehefrau des Beschwerdeführers einzuvernehmen und Ermittlungen darüber anzustellen, ob ein besonderes Sicherheitsbedürfnis und somit ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab gegenüber der Ehegattin erforderlich sei.
Dieses Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen:
Gemäß § 25 Abs. 2 WaffG hat die Behörde insbesondere die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht (mehr) waffenrechtlich verlässlich ist. Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht (mehr) verlässlich ist, so hat die Behörde gemäß § 25 Abs. 3 leg. cit. die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der (waffenrechtlichen) Verlässlichkeit auszugehen hat und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 8 WaffG. Ein Mensch ist danach als verlässlich im Sinne des Waffengesetzes anzusehen, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird (§ 8 Abs. 1 Z 2 WaffG).
Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1998, Zl. 98/20/0083).
Die belangte Behörde hat unter Bedachtnahme auf § 3 Abs. 2 der Zweiten Waffengesetzdurchführungsverordnung, BGBl. Nr. 313/1998 (2. WaffV), angenommen, die Verwahrung einer Waffe in einem unversperrten Nachtkästchen in einer ungehindert zugänglichen Räumlichkeit entspreche nicht dem von einer zum Besitz und Führen von Waffen berechtigten Person anzuwendenden Sorgfaltsgrad, weil diese Art der Verwahrung nicht die nötige Sicherheit dafür biete, dass die an einem solchen Ort aufbewahrte Waffe nicht in die Hände unberufener Personen gelange. Dies kann im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden:
§ 3 Abs. 2 Z 2 der 2.WaffV weist gerade für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen als wesentlich darauf hin, dass es einer entsprechenden Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit, wo die Waffe aufbewahrt wird, bedürfe.
Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffe besteht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch gegenüber dem Ehegatten und einer im gemeinsamen Haushalt lebenden (hier volljährigen) Tochter. Demgemäß unterscheidet § 3 Abs. 2 Z 3 der zitierten Verordnung zum WaffG 1996 für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen grundsätzlich nicht zwischen Ehegatten und sonstigen Mitbewohnern, sondern fordert allgemein einen geeigneten Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind. Allerdings ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass gerade in Bezug auf Personen im privaten Nahebereich (hier Ehegattin und volljährige Tochter) die Anwendung überspitzter Maßstäbe für die erforderliche Sicherung der Waffe gegenüber einem möglichen Zugriff nicht in Betracht kommen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hält aber grundsätzlich daran fest, dass die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung auch gegenüber solchen Personen im privaten Nahebereich besteht, wobei darauf abzustellen ist, ob diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1997, Zl. 95/20/0421, und die dort zitierte Judikatur). In Bezug auf die Ehegattin des Beschwerdeführers, von der nach der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden kann, dass sie von der Waffe im unversperrten Nachtkästchen wusste, ist im vorliegenden Fall von einem völlig ungehinderten Zugriff auf die Waffe auszugehen. Gegenteiliges lässt sich auch den Beschwerdeausführungen nicht entnehmen. Es kommt - anders als der Beschwerdeführer meint - in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer aufgrund besonderer Anzeichen gegenüber seiner Ehegattin einen "höheren Sorgfaltsmaßstab" hätte einhalten müssen. Der Beschwerdeführer hat vielmehr den von ihm zu fordernden allgemeinen Sorgfaltsmaßstab für die Verwahrung seiner Waffe gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht erfüllt. Es ist auch nicht maßgeblich, ob die Waffe geladen oder ungeladen, mit oder ohne zugehörige Munition auf eine derartige Weise aufbewahrt wurde. Nach dem Inhalt des Bescheides und den Beschwerdeausführungen ist überdies davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Waffe nicht nur kurzfristig aufgrund besonderer Umstände in einem nicht gesicherten Verwahrungsort aufbewahrte, sondern allgemein der Auffassung war und (nach wie vor) ist, ein solcher entspreche einer ordentlichen Verwahrung.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend die vom Beschwerdeführer gewählte Verwahrungsart, die die jederzeitige Entnahme aus dem unversperrten Nachtkästchen zuließ, als nicht ordnungsgemäß qualifiziert. Damit lagen die Voraussetzungen für eine Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde des Beschwerdeführers gemäß den §§ 25 Abs. 3, 8 Abs. 1 Z 2 WaffG vor, was sich bereits aus dem Inhalt der Beschwerde in Verbindung mit dem vorgelegten Bescheid ergibt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Wien, am 17. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999200158.X00Im RIS seit
22.11.2001Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009