TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/20 W251 2162104-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55
FPG §58

Spruch

W251 2162104-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX alias XXXX , StA. Somalia, vertreten durch RA Edward DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2017 zur Zl. 1058445302-150342685, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 05.04.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 06.04.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er als Eselkarrenfahrer tätig gewesen sei und sein Eselkarren ein kleines Kind überfahren habe. Das Kind sei schwer verletzt gewesen und schließlich gestorben. Die Angehörigen des Kindes hätten ihn ins Gefängnis gebracht, wo er krank geworden sei. Er sei ins Spital gebracht worden, wo ihm die Flucht gelungen sei.

3. Am 07.03.2017 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht.

4. Am 15.05.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er eines Tages mit seinem Eselkarren einem Kunden Wasser geliefert habe. Als er beim Kunden den Wassertank aufgefüllt habe, habe sein Esel ausgeschlagen und ein dort spielendes Kind an der Brust getroffen. Das Kind sei nach 9 Tagen im Krankenhaus an den schweren Verletzungen verstorben. Der Beschwerdeführer sei noch an der Unfallstelle verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden. Er sei nach einer Gerichtsverhandlung zur Zahlung von 100 Kamelen verurteilt worden, wobei festgestellt worden sei, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Die Angehörigen des Kindes seien mit dem Urteil nicht einverstanden gewesen und hätten den Beschwerdeführer noch im Gerichtssaal bedroht, weshalb der Beschwerdeführer zu seinem eigenen Schutz weiterhin im Gefängnis angehalten worden sei. Nach 7 Tagen im Gefängnis sei der Beschwerdeführer ins Koma gefallen und ins Krankenhaus gebracht worden, wo er dann die Flucht ergriffen habe.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Das Bundesamt führte begründend aus, dass das Fluchtvorbringen in seiner Gesamtheit nicht asylrelevant bzw. nicht glaubhaft sei. Trotz der Erkrankung des Beschwerdeführers an Diabetes würden keine Umstände vorliegen, die einer Rückkehr in sein Herkunftsland entgegenstehen würden. Diabetes könne in seinem Herkunftsland ärztlich und medikamentös behandelt werden. Zudem verfüge der Beschwerdeführer dort über Familienangehörige sowie jahrelange Berufserfahrung. Er habe in Österreich kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sich die Behörde nicht umfassend mit dem Strafverfahren in Somalia beschäftigt habe und die Angehörigkeit des Beschwerdeführers zur Minderheit der Gabooye nicht berücksichtigt habe. Das Fluchtvorbringen sei in Zusammenschau mit den Länderberichten glaubhaft.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.09.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch.

8. Mit Stellungnahme vom 03.10.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die medizinische Versorgung in Somalia unzureichend sei und insbesondere Diabetes Typ 1 nicht behandelbar sei. So sei Insulin aufgrund schlechter bis nicht vorhandener Kühlmöglichkeiten in Somalia bzw. Somaliland nicht verfügbar. Da eine rasche und lebensbedrohende Verschlechterung des Beschwerdeführers drohe, sei eine Rückkehr nach Somalia bzw. Somaliland nach Art. 2 und 3 EMRK unzulässig. Seine Arbeitsfähigkeit sei zudem durch sein schweres Stottern eingeschränkt, welches auch zum sozialen Ausschluss führe. Aufgrund der anhaltenden Dürrekatastrophe sei ihm eine Rückkehr nach Somalia bzw. Somaliland nicht zumutbar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX alias XXXX . Er ist somalischer Staatsangehöriger und bekennt sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Der Beschwerdeführer spricht Somali als Muttersprache, er stottert. Er hat keine Kinder (AS 13, 226; Protokoll vom 19.09.2018 - OZ 8, S. 7f, S. 11).

Der Beschwerdeführer wurde in Mogadischu geboren und ist mit seinen Eltern und seinen drei Schwestern aufgewachsen. Im Jahr 1992 ist er gemeinsam mit seiner Familie nach Somaliland, in die Region Woqooyi Galbeed, in die Stadt Hargeysa, in den Bezirk XXXX gezogen. Er lebte dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen drei Schwestern in einem gemieteten Haus (AS 227; OZ 8. S. 9 f). Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht, er hat sich Grundzüge des Lesens und Schreibens selbst beigebracht (AS 13, 227). Er hat als Schuhputzer und danach elf Jahre als "Wasserverteilter" (Transport von Wasser mit einem Eselkarren) gearbeitet (AS 223; OZ 8, S. 8 f).

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 05.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (AS 13 ff).

Die Familie des Beschwerdeführers (bestehend aus seinen Eltern und seinen drei Schwestern) lebt nach wie vor in der Stadt Hargeysa in Somaliland. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie in Somaliland.

Der Beschwerdeführer leidet an Diabetes mellitus Typ 1 (Beilage ./B bis ./E; AS 139-221). Er wurde in Österreich über seine Krankheit aufgeklärt und entsprechend eingeschult (AS 135, 191). Er ist arbeitsfähig.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Weder der Esel noch der Eselkarren des Beschwerdeführers haben ein Kind so schwer verletzt, dass es an den Folgen gestorben ist. Der Beschwerdeführer wurde weder verhaftet noch zu einer Zahlung von 100 Kamelen verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde weder bedroht noch zu seiner eigenen Sicherheit im Gefängnis angehalten. Der Beschwerdeführer ist weder aus einer (Schutz)Haft geflohen noch wird er von staatlichen Organen oder von anderen Personen gesucht.

Der Beschwerdeführer hat Somaliland weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Im Falle der Rückkehr nach Somaliland droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch staatliche Organe oder durch andere Personen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer ist kein Angehöriger des Clans der Gabooye oder eines anderen Minderheitenclans. Es kann nicht festgestellt werden, welchem Clan der Beschwerdeführer tatsächlich angehört.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Somaliland in die Stadt Hargeysa kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Der Beschwerdeführer kann dort auch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer hat keine Unterhaltsverpflichtungen. Er kann bei seiner Familie in Hargeysa wohnen und von seinen Familienangehörigen - insbesondere bei der Arbeitssuche und der medizinischen Versorgung - unterstützt werden und dann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es ist dem Beschwerdeführer daher möglich nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Somaliland in Hargeysa wieder Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragsstellung am 05.04.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht (AS 131-133; Beilage ./G und ./J), er verfügt über durchschnittliche Deutschkenntnisse. Er hat an einem Vortrag über Präventive Werte-, Verhaltens- und Rechtsvermittlung für AsylwerberInnen teilgenommen (AS 127).

Er geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung. Er hat gemeinnützige Tätigkeiten für die Gemeinde erbracht (Beilage ./H [ident mit AS 129]) und arbeitet derzeit gemeinnützig in seiner Unterkunft (Beilage ./i).

Der Beschwerdeführer hat nach der Antragstellung auf internationalen Schutz eine Lebensgemeinschaft in Österreich begründet. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin nicht im gemeinsamen Haushalt (OZ 8, S. 13). Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin beabsichtigen nicht in absehbarer Zeit gemeinsam in einem Haushalt zu leben oder zu heiraten. Der Beschwerdeführer steht zu seiner Lebensgefährtin in keinem Abhängigkeitsverhältnis.

Darüber hinaus verfügt er weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somaliland:

Politische Lage Somaliland:

Das Gebiet von Somalia ist in drei unterschiedliche administrative

Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - LIB Somalia 17.09.2018 - S. 14).

Somaliland hat beachtliche demokratische Erfolge erzielt. Somaliland ist es gelungen, eine Wahldemokratie aufzubauen. Die demokratischen Institutionen Somalilands arbeiten gut, ihre Arbeit wird aber durch einen Mangel an Ressourcen und geringe Kapazitäten des öffentlichen Dienstes erschwert. Außerdem kommt es zu Bevorzugungen auf Basis des Clans. Während Somaliland bei der Wiederherstellung staatlicher Strukturen und demokratischer Reformen erfolgreich war, kämpft das Land mit massiven strukturellen Restriktionen. Der Staatsapparat bleibt schwach und unterfinanziert und das Land ist von einem sehr hohen Maß an Armut geprägt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somaliland vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 12 f).

Sicherheitslage Somaliland:

Hinsichtlich Somaliland ist kein essentielles Sicherheitsproblem bekannt, es herrscht Frieden. Die somaliländische Regierung übt über das ihr unterstehende Gebiet Kontrolle aus. In Hargeysa und auch in den ländlichen Gebieten - mit Ausnahme der umstrittenen Teile - sind lebensbedrohliche Zwischenfälle eine Seltenheit. Politische Konflikte und Machtkämpfe werden gewaltlos ausgetragen (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 14 f).

Somaliland war in der Lage, die Bedrohung durch al Shabaab einzudämmen. Anschläge oder Kampfhandlungen der al Shabaab gab es keine, die Terrorgruppe kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Seit 2008 hat es in Somaliland keine terroristischen Aktivitäten der al Shabaab mehr gegeben. Trotzdem bleibt die Gruppe für Somaliland eine Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass die al Shabaab in Hargeysa über eine Präsenz verfügt. Die Kapazitäten der al Shabaab in Hargeysa sind jedoch gering (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 15).

Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, und es kann zu Auseinandersetzungen und Racheakten kommen, die zivile Opfer fordern. Clankonflikte stellen aber kein Sicherheitsproblem dar, das die politische Stabilität der Region gefährde. Somaliland hat Regierungsstrukturen aufgebaut, die das Machtstreben der verschiedenen Clans ausbalancieren. Das ganze politische System beruht auf Kompromissen zwischen den Clans (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 15).

Hinsichtlich Hargeysa gibt es keine Sicherheitsprobleme. Die Kriminalitätsrate ist relativ niedrig. Wenn es zu einem Mord kommt, dann handelt es sich üblicherweise um einen gezielten Rachemord auf der Basis eines Clan-Konflikts. Hargeysa und Burco sind relativ ruhig (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 15).

Rechtsschutz/Justizwesen in Somaliland:

In Somaliland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. Richter sind einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 19).

In Somaliland gibt es zwar funktionierende Gerichte, allerdings gibt es gleichzeitig Kapazitätsprobleme. Es fehlt an ausgebildeten Richtern und Juristen sowie an einer nachvollziehbaren Rechtsdokumentation. Mit internationaler Hilfe ist aber in die Gerichte investiert worden. Die sogenannten mobile courts funktionieren relativ gut und haben den Zugang der Bürger zur formellen Justiz verbessert (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 19 f).

Das Justizsystem in Somaliland ist eine Mischung aus traditionellem Recht (xeer), Scharia und formellem Recht. Die Scharia wird in erster Linie in Familienangelegenheiten herangezogen. Das formelle Recht wird oft dem traditionellen Recht untergeordnet, da die Kapazitäten ordentlicher Gerichte eingeschränkt sind. Zwar sind die drei Rechtsformen nicht gut integriert, doch selbst wenn sich das formelle Recht und das traditionelle Recht in manchen Punkten widersprechen, so werden die Rechtssysteme nicht als konkurrierend, sondern vielmehr als komplementär erachtet. Generell können sich die Menschen aussuchen, ob sie sich an formelle, traditionelle oder religiöse Institutionen wenden. Allerdings richtet sich der Bürger im Fall des Falles zuerst an seinen Clan. Auch wenn ein Mord passiert, wird vorerst im traditionellen System Blutgeld verhandelt. Kommt man zu keiner Lösung, richtet man sich an die Gerichte. In Somaliland kommt das traditionelle Recht bei 80% der Rechtsstreitigkeiten zur Anwendung. Gerichte anerkennen xeer-Entscheidungen (traditionelles Recht) (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 20).

In Somaliland sind ansatzweise rechtsstaatliche Grundsätze im Strafrecht zu beobachten. Dazu gehört das Bemühen, eine diskriminierende Strafverfolgung und -zumessung möglichst zu vermeiden. Auch Bürgerrechte sind in Somaliland formell garantiert. Eine grundlegende Rechtstaatlichkeit konnte etabliert werden. Die Polizei und andere Regierungsinstitutionen arbeiten ausreichend gut (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 20).

Bei Sachverhalten, die mehrere Clans betreffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden ("Sippenhaft") spielen dabei eine wichtige Rolle (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 20).

Vor somaliländischen Gerichten gilt generell die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf rechtliche Vertretung. Verteidiger dürfen Zeugen befragen und einberufen. Für Angeklagte, die einer schweren Straftat bezichtigt werden, gibt es eine kostenlose Rechtsvertretung. Außerdem gibt es im Land eine funktionierende Legal Aid Clinic. Es gibt zwar einen Instanzenzug, allerdings werden manchmal Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend beigebracht. Insgesamt werden die Verfahrensrechte in Somaliland aber eher eingehalten, als in anderen Landesteilen (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 21).

Haftbedingungen in Somaliland

Das 2011 fertiggestellte Hargeysa Prison entspricht internationalen Standards und wird gut geführt. UNODC und andere UN-Agenturen unterstützen Somaliland bei der Verbesserung der Haftbedingungen. Das Gesetz gestattet es Häftlingen, bei den Justizbehörden Beschwerden vorzubringen, und dies geschieht auch. Ein Monitoring durch unabhängige Beobachter ist gestattet (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 28).

Clanstruktur

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalier üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 94; Beilage ./IV, S. 8). Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf (bottom-up-Aufzählung). Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt. Kinder ab dem Alter von acht bis elf Jahren können diese üblicherweise auswendig (Beilage ./IV, S. 22).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 95). Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene, die sogenannte Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe (Jilib), die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt (Beilage ./IV, S. 8 f; LIB Somalia 17.09.2018 - S. 58). Die somalische Gesellschaft kennt zudem ethnische Minderheiten und Berufsgruppen (Beilage ./IV, S. 11).

Clanschutz bedeutet für eine Einzelperson die Möglichkeit vom eigenen Clan gegenüber einem Aggressor von außerhalb des Clans geschützt zu werden. Die Rechte einer Gruppe werden durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt geschützt. Ein Jilib oder Clan muss in der Lage sein, Kompensation zu zahlen - oder zu kämpfen. Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson sind deshalb eng verbunden mit der Macht ihres Clans. Die Mitglieder eines Jilib sind verpflichtet, einander bei politischen und rechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen, die im Xeer-Vertrag festgelegt sind - insbesondere bei Kompensations-zahlungen (Mag/Diya). Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 57 f).

Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie unterscheiden sich in ethnischer, sprachlicher und kultureller Hinsicht nicht von der Mehrheitsbevölkerung, sind aber traditionell in Berufen tätig, die von den Mehrheitsclans als "unrein" oder "unehrenhaft" angesehen werden. Diese Berufe und andere ihrer Praktiken (z.B. Fleischverzehr) gelten darüber hinaus als unislamisch (Beilage ./IV, S. 14).

Die Clans der berufsständischen Gruppen sind gleich strukturiert wie die Mehrheitsclans, mit dem einzigen Unterschied, dass sie ihre Abstammung nicht auf die Gründerväter Samaale bzw. Saab zurückverfolgen können, sondern "nur" auf den "Vater" ihres Clans. Gleich wie die Mehrheitsclans haben das Aufzählen der Väter (Abtirsiimo) und die Zugehörigkeit zu einem Clan eine große Bedeutung (Beilage ./IV, S. 15 f).

Für die Berufsgruppen gibt es zahlreiche somalische Bezeichnungen, bei denen regionale Unterschiede bestehen. Häufig genannt werden Waable, Sab, Madhibaan und Boon. Die landesweit geläufige Bezeichnung Midgaan ist negativ konnotiert (er bedeutet "unberührbar" oder "ausgestoßen") und wird von den Berufsgruppen-Angehörigen als Beleidigung empfunden; sie bevorzugen Begriffe wie Madhibaan oder Gabooye. Der Ausdruck Gabooye wird besonders im Norden des somalischen Kulturraums als Dachbegriff benutzt. Der Begriff umfasst nicht alle Berufsgruppen, aber zumindest vier untereinander nicht verwandte Clans berufsständischer Gruppen: Tumaal, Madhibaan, Muse Dheriyo und Yibir. Der Begriff Gabooye kann auch als Begriff für einen eigenen Clan der berufsständischen Gruppen unter vielen gebraucht werden. Ursprünglich bezeichnete Gabooye nur einen Clan aus dem Süden, dessen Angehörige sich als Jäger betätigten. Madhibaan sind ursprünglich Jäger, heute aber als Färber, Gerber, Schuhmacher und in anderen Berufen tätig. Sie leben im ganzen somalischen Kulturraum (Beilage ./IV, S. 16 f).

Aufgrund der großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedeutung der Clans ist es auch heute für Somalier im somalischen Kulturraum essentiell und in der Diaspora zumindest nicht irrelevant, sich in diesem System verorten zu können (Beilage ./VI, S. 20). Jüngere Somalier im urbanen Raum oder in der Diaspora sind heute häufig nur noch in der Lage, ihre Clanzugehörigkeit bis zur Stufe Sub-Clan sowie vier oder fünf Generationen im Abtirsiimo (Abstammungslinie) aufzuzählen. Es kommt aber selbst bei jungen Somalier in der Diaspora nicht vor, dass sie gar keine Ahnung von ihrem Clan und ihrem Abtirsiimo haben. Sogar wenn sie sich für das Clansystem nicht interessieren, können sie zumindest ihren Clan und Sub-Clan sowie den Abtirsiimo bis zum Urgroßvater nennen. Fast alle Somalier kennen zumindest ihren Clan-Ältesten (Beilage ./IV, S. 24).

Aufgrund der wahrgenommenen Bevorzugung der berufsständischen Gruppen im Asylverfahren in westlichen Staaten sind andere Somalier dazu übergegangen, sich als Angehörige von Berufsgruppen auszugeben. Da andere Somalier aber im Durchschnitt gebildeter sind als die Angehörigen berufsständischer Gruppen, sind sie in der Lage, sich mehr Wissen über die berufsständischen Gruppen anzueignen, als diese selbst haben (Beilage ./IV, S. 25).

Minderheiten/Clans in Somaliland

In den Regionen Woqooyi Galbeed und Togdheer wohnen v.a. Angehörige der Isaaq/Habr Jeelo, Isaaq/Habr Yonis, Isaaq/Idagala und Isaaq/Habr Awal. Die Minderheiten der Berufskasten in Somaliland werden unter dem Begriff "Gabooye" zusammengefasst (Musa Dheriyo, Tumal, Madhiban, Yibir) (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 29).

Wie in den restlichen Landesteilen bekennt sich die Verfassung zum Gebot der Nichtdiskriminierung. Clan-Zugehörigkeit spielt jedoch eine große Rolle, Minderheitenschutz besteht offiziell nicht. Das bedeutet, dass Angehörige v.a. der Gabooye weiterhin marginalisiert bleiben. Auch weiterhin kommt es zur Diskriminierung bzw. Marginalisierung der Angehörigen ethnischer Minderheiten. Eine aktive Verfolgung findet allerdings nicht statt. Die Gabooye leiden unter sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung und werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Dabei kommt es zu keiner systematischen Benachteiligung durch Polizei und Gerichte, wiewohl es vorkommt, dass Vergehen gegenüber Minderheiten-Angehörigen seitens der Polizei nicht nachgegangen wird (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 30; Beilage ./VI, S. 38 f). Die offizielle Anerkennung von Gabooye-Suldaans hat zu einer Aufwertung der berufsständischen Gruppen geführt. Ihr gesellschaftlicher Ruf hat sich dadurch generell verbessert. Damit geht auch soziale Sicherheit einher. Die Gabooye haben im xeer (traditionelles Recht) ihre Rechte. Zusätzlich sind Verfahren im xeer meist nicht korrumpierbar und fairer. Auch von den somaliländischen Gerichten werden die Minderheiten in den letzten Jahren mehrheitlich fair behandelt (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 30).

Von Blutrache können selbst Personen betroffen sein, die nach Jahren in der Diaspora nach Hause zurückkehren. Während Sicherheitskräfte in größere Clankonflikte eingreifen, tun sie dies bei Blutfehden nur selten bzw. ist ein Eingreifen nicht möglich. Gleichzeitig sind Polizisten selbst Angehörige eines Clans, was die Sache erschwert (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 31).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Madhibaan oder der Gabooye in Somaliland allein aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft bzw. weist sie zahlreiche Schwächen auf. Die medizinische Versorgung hat sich im Laufe der letzten Jahre aber substantiell verbessert. Das öffentliche Gesundheitsnetz ist nur schwach reguliert. Die meisten Gesundheitsdienste werden von den UN und NGOs geleistet. Der Zugang zu medizinischer Versorgung variiert in ganz Somalia, ist aber in Somaliland (und Mogadischu) am besten (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 39).

Die Gesundheitsversorgung ist in den Städten konzentriert, die Organisation liegt meist bei Privaten oder bei internationalen Organisationen. Es gibt sieben öffentliche Spitäler in Somaliland, darunter das Hargeysa Group Hospital und das Berbera General Hospital. Im somaliländischen Gesundheitssystem gibt es vier Ebenen:

Die Primary Health Care Units; die Health Centers; die Referral Health Centers; und die regionalen Spitäler (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 39).

Seit dem Jahr 2010 sind in Hargeysa viele neue Gesundheitseinrichtungen - ganze Spitäler, Zahnarztpraxen, Kliniken - eröffnet worden, viele davon privat. Es gibt in Somaliland mindestens 1.000 Apotheken, diese sind aber nicht reguliert (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 40).

Patienten mit Diabetes Typ 1 benötigen tägliche Insulininjektionen. An Diabetes Typ 1 sind bereits Personen in Somalia gestorben, weil sie ärztliche Anordnungen oder Behandlungspläne nicht befolgt haben und mit der Krankheit nicht umgehen konnten. Diabetes-Fälle ohne Komplikationen können in Krankenhäusern in Somalia behandelt werden, komplexe Fälle mit zusätzlichen Komplikationen jedoch nicht (Beilage ./VI, S. 77; Beilage ./VII, S. 14).

Insulin (in Form von Tabletten und Injektionen) ist in Somalia verfügbar. Insulin sollte im Kühlschrank aufbewahrt werden. In Geschäften kann es sein, dass das Insulin nicht fachgerecht aufbewahrt wird, weshalb es überhitzt (Beilage ./VII, S. 14; Beilage ./VI, S. 77). Es gibt auch Probleme mit gefälschten und abgelaufenen Medikamenten (Beilage ./VI, S. 77). Auch das Medikament XXXX ist in Somalia grundsätzlich verfügbar (Beilage ./V, S. 2; Beilage ./F).

Aktuelle Preise für Insulin in Mogadischu und anderen Städten sind nicht bekannt, aber das Preislevel soll niedriger sein als in Norwegen (Beilage ./VII, S. 15). Die Kosten von XXXX Tabletten lagen 2012 bei zwei US-$ pro Tablette (Beilage ./V, S. 3).

Sowohl Insulin als auch das Medikament XXXX ist in Hargeysa verfügbar.

Grundversorgung/Wirtschaft in Somaliland

In Somaliland ist es den Menschen aufgrund der besseren Sicherheitslage und der grundsätzlich besseren Organisation der staatlichen Stellen und besseren staatlichen Interventionen im Krisenfalle rascher möglich, den Lebensunterhalt wieder aus eigener Kraft zu bestreiten (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 36).

Die Arbeitslosigkeit in Somaliland beträgt bei jungen Menschen rund 60%. Die Suche nach Arbeitsmöglichkeiten gehört zu den Hauptgründen für Migration. Die Regierung hat gemeinsam mit der Weltbank im November 2017 ein Programm gestartet, das rund 3.500 Jobs schaffen soll. Dabei wird in hunderte Betriebe investiert. Der Privatsektor trägt 90% zum BIP bei. Im Land herrscht noch immer ein großes Maß an Armut. Die fehlende Anerkennung hindert das Land vor allem daran, wirtschaftlich voranzukommen. Keine internationale Bank lässt sich nieder. Äthiopien ist der einzige treue Handelspartner. Viele Familien sind abhängig vom Geld der Diaspora (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 36).

Somaliländer, die im Ausland an Geld und materielle Ressourcen gekommen sind, kehren zunehmend aus der Diaspora zurück und sind vor allem am wirtschaftlichen Vorankommen des Landes interessiert. Der Handel und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt. Der somaliländische Shilling ist verhältnismäßig stabil. Der Bildungssektor in Somaliland verbessert sich ständig (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 36).

Versorgungslage in Somaliland:

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert, dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen. Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen, rotes Sorghum und Mais. Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs. Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen. Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 4).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland. Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. Die Region Woqooyi Galbeed wird dabei nicht genannt. In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 4 f).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert. Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen. Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 6).

Die Stadt Hargeysa wird als IPC-2 Kategorie eingestuft, IDPs in dieser Stadt werden als IPC-3 Kategorie eingestuft (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 5). IPC-Kategorie 2 wird wie folgt definiert: "Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer: Sie haben gerade ausreichend Lebensmittel, können sich aber keine sonstigen Ausgaben leisten ohne unwiderrufliche Bewältigungsstrategien einschalten zu müssen - Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have the following or worse: Minimally adequate food consumption but are unable to afford some essential non-food expenditures without engaging in irreversible coping strategies" (Beilage ./VIII).

Rückkehrer:

Viele Angehörige der somalischen Diaspora wagen in diesen Tagen die Rückkehr. Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration hängt in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person ab. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren. Ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen ist für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist. Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 136).

Dies gilt entsprechend auch für eine Rückkehr in die Stadt Hergeysa in Somaliland, zumal sich die Versorgungs- und Sicherheitslage in Somaliland besser darstellt als in Südsomalia.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VIII (Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem - Beilage ./I;

Länderinformations-blatt der Staatendokumentation, Somaliland vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - Beilage ./II;

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - Beilage ./III; Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017 - Beilage ./IV;

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Diabetes und Medikamente in Mogadischu vom 20.09.2012 - Beilage - ./V; Landinfo, Update on security and protection Issues in Mogadishu and South-Central Somalia aus März 2014 - Beilage ./VI; Landinfo, Somalia: Medical treatment and medication vom 14.08.2017 - Beilage ./VII; FEWS NET, Overview of the Integrated Phase Classification [IPC] aus Mai 2017 - Beilage ./VIII) und Beilage ./A bis ./J (Vollmacht vom 17.09.2018 - Beilage ./A; Ambulanzbericht vom 21.08.2018 - Beilage ./B; Ambulanzbericht vom 24.07.2018 - Beilage ./C; Ambulanzbericht vom 12.07.2018 - Beilage ./D; Ambulanzbericht vom 28.06.2018 - Beilage ./E; Bericht der WHO aus 2016 betreffend Diabetes-Erkrankungen - Beilage ./F; Teilnahmebestätigung Deutsch A2 vom 11.05.2017 - Beilage ./G; Arbeitsbestätigung vom 15.03.2017 - Beilage ./H; Bestätigung gemeinnützige Tätigkeit vom 12.09.2018 - Beilage ./i; Bestätigung Deutschkurs A1/A2 vom 03.09.2018 - Beilage

./J).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Religions-zugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Somalia und Somaliland, seine jahrelange Berufserfahrung und fehlende Schulausbildung) gründen sich auf seine diesbezüglich stringenten Angaben. Die erkennende Richterin hat keine Veranlassung, an diesen im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellungen zur Einreise sowie das Datum der Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.1.2. Da die Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtvorbringen einerseits nicht glaubhaft sind und keine Verfolgung des Beschwerdeführers festgestellt wurde (siehe Punkt II.2.2.1.) ist es für das Gericht unplausibel, dass die Familie des Beschwerdeführers ihre Heimatstadt verlassen sollte. Es war daher die Feststellung zu treffen, dass die Familie des Beschwerdeführers (bestehend aus seinen Eltern und seinen drei Schwestern) nach wie vor in der Stadt Hargeysa in Somaliland lebt.

Der Beschwerdeführer hat beim Bundesamt angegeben, dass er zuletzt im Oktober 2014 von der Türkei aus Kontakt mit seiner Familie gehabt habe. Nachgefragt verneinte der Beschwerdeführer die Frage, ob es eine Telefonnummer gäbe unter der seine Familie erreichbar sei. Auch auf die Frage, wie sich der Kontakt mit seiner Familie äußere und ob er über soziale Netzwerke und andere Medien kommuniziere, führte der Beschwerdeführer lediglich aus, dass er seit seinem Aufenthalt in der Türkei keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe (AS 228). Da der Beschwerdeführer jedoch in der Türkei Kontakt zu seiner Familie gehabt hat, ist es nicht nachvollziehbar, dass seine Familie weder telefonisch noch über soziale Netzwerke erreichbar sei. Der Beschwerdeführer muss daher entweder über das Telefon oder über soziale Netzwerke in der Türkei mit seiner Familie in Kontakt gestanden sein. Es ist somit nicht nachvollziehbar, dass dieser Kontakt abgerissen sein soll. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer versucht seinen aufrechten Kontakt zu seiner Familie zu verschleiern. Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner Familie in Somaliland hat.

2.1.3. Die Feststellung zur Erkrankung des Beschwerdeführers an Diabetes mellitus Typ 1, ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen (Beilage ./B bis ./E; AS 139-221). Dass der Beschwerdeführer in Österreich über seine Krankheit aufgeklärt und entsprechend eingeschult wurde, ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten Informationsblätter betreffend Diabetes (AS 135, 191).

Die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer gemeinnützige Tätigkeiten in Österreich leistet. Soweit der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass er bei der gemeinnützigen Arbeit öfters umgefallen sei, weil der Zuckerwert schlecht gewesen sei (OZ 8, S. 12), ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer dennoch nach wie vor gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet und der Beschwerdeführer nunmehr über seine Krankheit aufgeklärt und entsprechend eingeschult worden ist. Weder wurden Unterlagen vorgelegt noch haben sich sonstige Hinweise ergeben, denen zu entnehmen wäre, dass der Beschwerdeführer nicht arbeitsfähig sei. Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Das Hauptvorbringen des Beschwerdeführers lautet, sein Esel bzw. Eselkarren habe ein Kind so schwer verletzt, dass es im Krankenhaus an den Folgen gestorben sei. Der Beschwerdeführer sei noch an der Unfallstelle verhaftet worden. Er sei schließlich zur Zahlung von 100 Kamelen verurteilt worden, wobei festgestellt worden sei, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Die Angehörigen des verstorbenen Kindes hätten den Beschwerdeführer noch im Gerichtssaal bedroht, weil sie mit dem Urteil nicht einverstanden gewesen seien. Der Beschwerdeführer sei deshalb zu seiner eigenen Sicherheit weiterhin im Gefängnis angehalten worden. Nach sieben Tagen sei der Beschwerdeführer im Gefängnis ins Koma gefallen. Er sei ins Krankenhaus gebracht worden. Bevor man ihn zurück ins Gefängnis gebracht habe, sei er aufgefordert worden die Krankenhausrechnung zu zahlen. Der Beschwerdeführer sei daraufhin aus dem Krankenhaus geflohen.

2.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht worden. Obwohl er ein ausführliches Vorbringen zu seiner Fluchtgeschichte erstattete, ist dies wenig detailreich und sind in den wesentlichen Angaben auch erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche enthalten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen, widersprüchlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.

Das Gericht geht aufgrund nachstehender Widersprüche und Ungereimtheiten davon aus, dass es sich bei den Angaben des Beschwerdeführers betreffend seine Fluchtgeschichte nicht um tatsächlich Erlebtes handelt:

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er mit seinem Eselkarren Wasser zu einem Kunden gebracht habe. Als er den Wassertank aufgefüllt habe, habe sein Esel ausgeschlagen und ein in der Nähe spielendes Kind an der Brust getroffen (AS 230). In der Beschwerdeverhandlung führte der Beschwerdeführer hingegen aus, dass ein Kind von einer Metallstange des Eselkarrens an der Brust getroffen und verletzt worden sei (OZ 8, S. 14).

Nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer nicht gleichbleibend angeben konnte, wie das Kind verletzt worden sei, zumal es sich dabei um wesentliche Umstände handelt, die wohl auch im Gerichtsverfahren in Somaliland thematisiert worden wären. So hätten die Familie, die die Wasserlieferung erhalten habe, und Nachbaren den Unfall gesehen und als Zeugen bei der Gerichtsverhandlung ausgesagt (AS 230 f; OZ 8, S. 16).

Während er beim Bundesamt auch angegeben hat, dass das Kind bewusstlos am Boden gelegen sei, als er aus dem Haus gekommen sei (AS 230), gab er in der Beschwerdeverhandlung an, dass das Kind Blut erbrochen habe als er herausgekommen sei (OZ 8, S. 14).

Zudem fällt auf, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt nicht angeben konnte bei welchem Gericht sein Fall verhandelt worden sei, sondern er nur ausweichend schilderte, dass ihm ein Richter Fragen gestellt habe und die Staatsanwaltschaft anwesend gewesen sei (AS 231). In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer auch erst auf mehrfache Nachfrage an, dass sein Urteil von einem staatlichen Shariagericht gefällt worden sei (OZ 8, S. 16).

Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer bisher im Verfahren nicht einmal ansatzweise eine Blutgeldverhandlung mit dem Clan der Isaaq erwähnt, sondern erst auf ausdrückliche Frage, ob sein Clan für ihn das Blutgeld (MAG) ausgehandelt habe, in der Beschwerdeverhandlung ausführte, dass sein Vater und ein älterer Madhiban mit den Angehörigen der Isaaq verhandelt hätten. Die Isaaq hätten nicht mit seinem Vater und dem älteren Madhiban sprechen wollen, weil sie der Meinung gewesen seien, dass er sich als Angehöriger der Madhiban keine Kamele leisten könne. Es sei deshalb zur Gerichtsverhandlung gekommen (OZ 8, S. 16). Dass der Beschwerdeführer dies beim Bundesamt jedoch nicht einmal ansatzweise erwähnte, ist nicht nachvollziehbar.

Sowohl aus den vom Bundesamt eingebrachten Länderberichten (AS 121) als auch aus der Aussage des Beschwerdeführers ergibt sich (AS 231; OZ 8, S. 16), dass das Blutgeld (MAG) für einen Mord an einem Mann 100 Kamele beträgt. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdeverhandlung selber auch ausgeführt, dass der Schlichtungspreis (MAG) für eine Frau bei 50 Kamelen liegt (OZ 8, S. 16). Nicht nachvollziehbar ist daher, dass der Beschwerdeführer für einen Unfall bei dem ein Kind gestorben ist zur Zahlung von 100 Kamelen verurteilt worden ist, zumal dies vor dem Hintergrund der Länderberichte unglaubhaft hoch ist. Soweit der Beschwerdeführer beim Bundesamt diesbezüglich jedoch ausgeführt hat, dass es in der somalischen Kultur nur darum gehe, dass ein Leben verloren gegangen sei und bei der Schadenersatzleistung nicht berücksichtigt werde, ob es ein Unfall oder ein Mord gewesen sei (AS 231), ist anzumerken, dass es bei der Schadenersatzzahlung sogar einen Unterschied macht, ob ein erwachsener Mann oder eine erwachsene Frau gestorben ist, sodass wohl auch für Kinder ein von einem erwachsenen Mann verschiedener Betrag an Blutgeld (MAG) zur Anwendung kommt. Dass der Beschwerdeführer für den fahrlässigen Tod eines Kindes zur Zahlung von 100 Kamelen - sozusagen zur "Höchststrafe" an Blutgeld - verurteilt worden sei, ist daher lebensfremd und nicht mit den Länderberichten in Einklang zu bringen.

Darüber hinaus scheint es unplausibel, dass der Beschwerdeführer zu seinem eigenen Schutz vor den Angehörigen des angeblich gestorbenen Kindes im Gefängnis angehalten worden sei. Dies ist insbesondere deshalb unplausibel, weil auch die Angehörigen des angeblich getöteten Kindes verhaftet worden seien (AS 232; OZ 8, S. 14). Zudem scheint es lebensfremd, dass obwohl vom Richter im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers festgestellt worden sei, dass es sich lediglich um einen Unfall gehandelt habe, gegenüber dem Beschwerdeführer eine Schutzhaft verhängt worden sei, zumal dies für den Beschwerdeführer eine zusätzliche Strafe darstellt. So hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben, dass er so lange im Gefängnis hätte bleiben sollen, bis sich die Angehörigen des angeblich getöteten Kindes beruhigt und das Urteil akzeptiert hätten (AS 232), womit diese es in der Hand gehabt hätten den Beschwerdeführer im Gefängnis zu belassen.

In einer Gesamtschau des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass es tatsächlich zu einem Unfall, bei dem ein Kind schwer verletzt und schließlich gestorben sei, sowie zur Verurteilung des Beschwerdeführers gekommen ist und ein Interesse der Familienangehörigen des angeblich getöteten Kindes daran bestehe dem Beschwerdeführer psychische oder physische Schäden zuzufügen. Der Beschwerdeführer ist auch nicht aus einer (Schutz)Haft entflohen, weshalb staatliche Organe nicht nach ihm suchen. Im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Somaliland droht diesem daher weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Familie des angeblich getöteten Kindes, durch staatliche Organe oder durch andere Personen.

Aus den oben genannten Gründen geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer Somaliland weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen hat.

2.2.2. Die Clan- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung an zur Volksgruppe der Madhiban zu gehören (AS 13). Beim Bundesamt führte er aus dem Clan der Gabooye, Sub-Clan Madhiban, Sub-Sub-Clan XXXX anzugehören (AS 227). Hingegen gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass er zum Clan der Gabooye, Sub-Clan Madhiban, Sub-Sub-Clan XXXX und Sub-Sub-Sub-Clan XXXX gehöre (OZ 8, S. 8). Aus den Länderberichten geht hervor, dass die Zugehörigkeit zu einem Clan der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier ist. Somalier kennen üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem und beschreiben ihre Herkunft, indem sie bei sich selbst anfangen und dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinaufsteigen (bottom-up-Aufzählung). Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt. Kinder ab dem Alter von acht bis elf Jahren können diese üblicherweise auswendig (vgl. Punkt II.1.5.). Es ist daher absolut nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer einmal angibt dem Sub-Sub-Clan mit Hufane Mahamed anzugehören und diesen ein anderes Mal in seinen Sub-Sub-Clan und seinen Sub-Sub-Sub-Clan aufteilt und somit nicht gleichbleibend seine Clanstruktur aufzählen konnte. Soweit aus den Länderberichten auch hervorgeht, dass Somalier im urbanen Raum oder in der Diaspora heute häufig nur noch in der Lage sind, ihre Clanzugehörigkeit bis zur Stufe Sub-Clan sowie vier oder fünf Generationen im Abtirsiimo (Abstammungslinie) aufzuzählen (vgl. Punkt II.1.5.), ist jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer sich offenkundig mit seiner Clanstruktur beschäftigt hat, zumal er diesen bis zum Sub-Sub-Clan aufgezählt hat. Da er sich damit scheinbar beschäftigt hat, ist eben nicht nachvollziehbar, dass er seine Clanstruktur nicht gleichbleibend angeben konnte.

Auch die Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Verfolgung wegen seiner Clanzugehörigkeit waren vage und ausweichend. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung lediglich pauschal an, wegen seines Clans beleidigt (AS 228, 234) bzw. diskriminiert und schlecht behandelt worden zu sein (OZ 8, S. 15). Lebensnahe Beispiele oder Details hat der Beschwerdeführer jedoch keine genannt. Da das Fluchtvorbringen bezüglich des Unfalls und der Verurteilung des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist, gehen auch die Ausführungen, wonach man das Urteil aufgrund seiner Clan-Zugehörigkeit nicht akzeptiert habe, ins Leere. Wäre der Beschwerdeführer jedoch Angehöriger einer Minderheit, so wäre es während seines Aufenthaltes in Somalia bzw. Somaliland, wohl zu Diskriminierungen gekommen. Es wäre daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer konkrete lebensnahe Vorfälle hätte nennen können müssen, wäre dieser tatsächlich ein Angehöriger eines Minderheitenclans.

Aufgrund der wahrgenommenen Bevorzugung der berufsständischen Gruppen im Asylverfahren in westlichen Staaten sind andere Somalier dazu übergegangen, sich als Angehörige von Berufsgruppen auszugeben. Da andere Somalier aber im Durchschnitt gebildeter sind als die Angehörigen berufsständischer Gruppen, sind sie in der Lage, sich mehr Wissen über die berufsständischen Gruppen anzueignen, als diese selbst haben (vgl. Punkt II.1.5.).

Der Beschwerdeführer konnte daher insgesamt nicht glaubhaft darlegen ein Angehöriger der Madhibaan, der Gabooye oder einer anderen Minderheit zu sein. Es kann nicht festgestellt werden welchem Clan der Beschwerdeführer tatsächlich angehört.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundes-verwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Der Beschwerdeführer ist diesen Berichten nicht substantiiert entgegengetreten.

Das Gericht hat hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Kosten von Diabetesmedikamenten eine Anfrage an die Staatendokumentation gerichtet. Dem Gericht wurde von der Staatendokumentation mitgeteilt, dass medizinische Detailfragen weder für Somalia noch für Somaliland ermittelbar sind (OZ 3). Das Gericht stützt sich daher hinsichtlich der medizinischen Versorgung, insbesondere hinsichtlich der Versorgung mit Insulin und Diabetes-Medikamenten, auf die in der mündlichen Verhandlung zum Akt genommenen Länderberichte sowie auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation.

Da sich die Situation betreffend die medizinische Versorgung für Somaliland - insbesondere in Hargeysa als Hauptstadt Somalilands - besser als in Somalia bzw. entsprechend Mogadischu darstellt und in Hargeysa die medizinische Versorgung laufend ausgebaut und verbessert wird, ist davon auszugehen, dass Insulin und das Medikament XXXX in Hargeysa verfügbar ist.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Hargeysa in Somaliland ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und aus den o.a. Länderberichten.

Es ergibt sich aus den Länderberichten, dass es aufgrund der überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 bei der Getreideernte zu den größten Erträgen seit 2010 kommen wird. Die Nahrungsmittelversorgung, die Marktbedingungen und die Einkommensmöglichkeiten haben sich erholt. Auch die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert, so sind nur noch IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland von akuter Unterernährung betroffen.

In Nordsomalia (Somaliland) werden aus einigen Gebieten zwar immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Die Region Woqooyi Galbeed (Somaliland) ist davon jedoch nicht betroffen. Die Hauptstadt Hargeysa wird in der Kategorie IPC-2 eingestuft.

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert. Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit sowie Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen. Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen.

Die Feststellung zu den fehlenden Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer nie verheiratet war und keine Kinder hat (AS 13, 226; OZ 8, S. 8).

Dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Hargeysa bei seinen Eltern wohnen kann, ergibt sich aus der Feststellung, dass diese nach wie vor in Hargeysa aufhältig sind. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdeverhandlung selber angegeben, dass er gemeinsam mit seinen Eltern und seinen drei Schwestern in einem Haus gewohnt hat (OZ 8, S. 10). Es ist daher davon auszugehen, dass für den Beschwerdeführer diese Wohnmöglichkeit nach wie vor besteht. Zudem geht aus den Länderberichten hervor, dass die Clans bzw. die Familie die zentrale soziale Institution in Somalia bilden und zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder beiträgt (vgl. Punkt II.1.5.). Der Beschwerdeführer kann daher mit Unterstützung durch seine Familie rechnen. So könnte sein Vater den Beschwerdeführer bei der Arbeitssuche helfen und ihn anfänglich verpflegen. Der Beschwerdeführer kann daher im Falle seiner Rückkehr nach Hargeysa mit Unterstützung seiner Famil

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten