TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/28 W164 2150222-1

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Veröffentlicht am 28.12.2018
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Entscheidungsdatum

28.12.2018

Norm

ASVG §18b
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W164 2150222-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 03.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Antrag vom 19.12.2016 beantragte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) bei der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehemanns XXXX , VSNR XXXX , (im Folgenden: A) gemäß § 18b ASVG ab 18.07.2008. Dem Antrag angefügt wurde eine Kopie des Behindertenpasses ihres Ehemannes, die Heiratsurkunde, ZMR-Auszüge und ihre Geburtsurkunde.

2. Mit Bescheid vom 03.02.2017 wurde der Anspruch auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des nahen Angehörigen A ab 01.12.2015 anerkannt und ausgesprochen, dass die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Zeit von 18.07.2008 bis 30.11.2015 nicht gegeben sei. Begründend wurde ausgeführt, dass Beiträge zur Selbstversicherung nur für Beitragszeiträume entrichtet würden, die nicht mehr als 12 Monate vor der Antragstellung liegen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde. Darin schildert sie, dass sich der Zustand ihres Mannes im Jahr 2008 dramatisch verschlechtert habe. Sie habe daher ihre Arbeit aufgeben müssen und einen Antrag auf Pension bei der PVA gestellt. Ihr sei daraufhin von der PVA die Auskunft gegeben worden, dass das Pensionsamt Vilnius für ihren Pensionsanspruch zuständig sei, da sie litauische Staatsbürgerin sei. Dass die PVA diese komplizierte Lage damals unrichtig interpretiert habe, sei der BF und ihrem Mann erst im Jahr 2016 klar geworden. Die Voraussetzungen des § 18b ASVG seien auch nach Ansicht der PVA erfüllt. Es sei der Behörde auch bekannt gewesen, dass die BF ihren Mann seit 2008 pflege. Damals sei seine Wirbelsäule steif, schief und unbeweglich geworden. Seitdem pflege sie ihren Mann Tag und Nacht, ohne Urlaub und ohne Vertretung. Sie besuche mit ihm alle 2-3 Monate einen auf Morbus Bechterew spezialisierten Arzt. Aufgrund der Einhaltung eines strikten Pflegeprogramms habe sich der Zustand ihres Mannes seither nicht mehr verschlechtert. Der Zustand sei aber unverändert schlecht. Die BF stellte daher den Antrag, das Verwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag vollinhaltlich stattgegeben werde oder den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

4. Die PVA legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor und verwies in ihrem Begleitschreiben vom 10.03.2017 auf §§ 18b Abs 2 sowie 255 Abs 1 Z 3 ASVG. Inklusive des Monats der Antragstellung sei eine Selbstversicherung nur maximal 13 Monate rückwirkend möglich. Im Jahr 2008 habe die BF bei der PVA einen Antrag auf Alterspension gestellt. Dieser Antrag habe sich auf eine Leistung aus Litauen bezogen. Die PVA habe daraufhin ein zwischenstaatliches Verfahren eingeleitet. Ein vor dem 19.12.2016 gestellter Antrag der BF auf Selbstversicherung nach § 18b ASVG finde sich nicht im Akt der PVA, auch keine Niederschrift über ein diesbezügliches Gespräch oder über eine entsprechende Auskunft der PVA.

5. Mit Schreiben vom 29.10.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der BF das Begleitschreiben der PVA zur Beschwerdevorlage und gab der BF die Gelegenheit sich überdies dazu zu äußern, dass sich im Akt kein Antrag auf Selbstversicherung aus den Jahr 2008 befinde.

Es erfolgte keine Stellungnahme der BF binnen der angeführten Frist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF stellte am 19.12.2016 gegenständlichen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehemanns A gemäß § 18b ASVG ab 18.07.2008.

Der Ehemann der BF bezieht seit 01.03.2008 ein Pflegegeld in der Höhe der Stufe 3 und wird von der BF in häuslicher Umgebung gepflegt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem übermittelten Verwaltungsakt insbesondere aus dem gegenständlichen Antrag vom 19.12.2009, den vorgelegten Melderegisterauskünften und dem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt über die Zuerkennung des Pflegegeldes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch Senat.

Die vorliegende Angelegenheit ist nicht von § 414 Abs. 2 ASVG umfasst. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 18b Abs. 1 ASVG können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

Gemäß § 18b Abs. 1a ASVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2013, Inkrafttreten mit 01.01.2014) ist die Selbstversicherung für die Zeit einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. j ASVG auf Grund des Bezuges eines aliquoten Pflegekarenzgeldes ausgeschlossen.

Gemäß § 18b Abs. 2 ASVG beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

Gemäß § 18b Abs. 3 ASVG endet die Selbstversicherung mit dem Ende des Kalendermonats, in dem entweder die Pflegetätigkeit oder eine sonstige Voraussetzung nach Abs. 1 weggefallen ist oder in dem die pflegende Person den Austritt aus dieser Versicherung erklärt hat.

Gemäß § 18b Abs. 4 ASVG hat der Versicherungsträger ab dem Beginn der Selbstversicherung folgenden Kalenderjahr regelmäßig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung noch gegeben sind. Die selbstversicherte Person ist verpflichtet, das Ende der Pflegetätigkeit innerhalb von zwei Wochen dem Versicherungsträger zu melden.

Gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG sind Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind, als Beitragszeiten anzusehen.

Da der Anspruch der BF auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für den Zeitraum ab 01.12.2015 bereits durch die belangte Behörde anerkannt wurde, ist im vorliegenden Verfahren - unter Zugrundelegung des entsprechenden Beschwerdevorbringens - nur noch strittig, ob dieser Anspruch auch für den Zeitraum vor dem 01.12.2015 besteht.

Zur Frage der zeitlichen Begrenzung der rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten hat der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, Folgendes ausgesprochen:

"Die Berechtigung einer Person, sich nach § 18b Abs. 1 und 2 ASVG für bestimmte Zeiten in der Pensionsversicherung selbst zu versichern, ist zwar nicht ident mit der Frage, ob die Zeit, die zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt hat bzw. hätte, als Beitragszeit im Sinne des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG anzusehen ist. Unter der Berechtigung, sich gemäß § 18b ASVG für bestimmte Zeiten selbst zu versichern, ist aber, wie sich sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung im Zusammenhalt mit § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG als auch aus ihrem daraus erhellenden Zweck ergibt, nichts anderes gemeint als die Berechtigung, für bestimmte, in § 18b ASVG genannte Zeiten durch Beitragsentrichtung wirksam Beitragszeiten in der Pensionsversicherung zu erwerben. Steht daher im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde fest, dass der (die) Antragsteller (Antragstellerin) für die von ihm (ihr) entsprechend § 18b ASVG gewählte oder danach begrenzte Zeit nach § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG Beitragszeiten nicht mehr wirksam erwerben kann, so ist seine (ihre) Berechtigung zur Selbstversicherung zu verneinen. Auch wenn der Versicherte als Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Versicherung auch einen bereits verstrichenen Zeitpunkt wählen kann, ergibt sich aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann" (Verweis auf VwGH 22. 11.1994, Zl. 93/08/0226, sowie 15. 05 2013, Zl. 2011/08/0012).

Im vorliegenden Fall hat die BF ihren verfahrensgegenständlichen Antrag am 19.12.2016 gestellt. Dies bedeutet unter Zugrundelegung der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass der frühestmögliche Zeitpunkt für den Beginn der Selbstversicherung der 01.12.2015 ist. Die Behörde hat daher zu Recht den Anspruch auf Selbstversicherung erst ab diesem Zeitpunkt anerkannt.

Abgesehen von dem Antrag vom 19.12.2015 befindet sich im Akt lediglich ein Antrag auf Alterspension vom 13.05.2008, der aufgrund des klaren Wortlautes jedoch nicht in einen Antrag auf Selbstversicherung umgedeutet werden kann. Der BF wurde zudem vorgehalten, dass dem Akteninhalt kein früherer Antrag auf Selbstversicherung entnommen werden kann, und sie trat diesem Umstand nicht entgegen.

Das Beschwerdevorbringen, wonach der BF von der belangten Behörde im Jahr 2008 eine falsche Auskunft erteilt worden sei, geht im gegenständlichen Verfahren ins Leere, da kein öffentlich-rechtlicher Anspruch besteht, so behandelt zu werden, als wäre eine Auskunft erteilt worden ("Herstellungsanspruch") (VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022 mwN). Betreffend die Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche ist die BF daher auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und war nicht erforderlich, da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt (Antragszeitpunkt) bereits aus der Aktenlage eindeutig ergibt und darüber hinaus lediglich rechtliche Fragen aufgeworfen wurden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Vielmehr sind die im gegenständlichen Verfahren aufgeworfenen Fragen bereits in dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, unter Verweis auf seine vorangehende Judikatur entschieden worden. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Pensionsversicherung, Selbstversicherung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W164.2150222.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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