TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/28 W153 1308162-6

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Veröffentlicht am 28.12.2018
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Entscheidungsdatum

28.12.2018

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §53

Spruch

W153 1308162-6/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Senegal alias Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2018, Zl. 304993902-151320448, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird dahingehend stattgegeben, dass der Antrag gem. § 57 AsylG abzuweisen und nicht als unzulässig zurückzuweisen war.

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II., IV und V. wird als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 24.08.2004 unter der Identität XXXX , geb. XXXX , StA Mauretanien, einen Asylantrag in Österreich, welcher mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 29.11.2006 gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Zugleich wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach Mauretanien gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt und der BF gem. § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mauretanien ausgewiesen. Es wurde versucht, ein Heimreisezertifikat von der Botschaft der Islamischen Republik Mauretanien zu bekommen. Aus einem Antwortschreiben der Botschaft vom August 2007 geht hervor, dass kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könne, da der BF über keine Identitätsdokumente verfüge (AS 216). In weiterer Folge kontaktierte das Fremdenpolizeiliche Büro vier Mal (am 09.06.2010, 11.02.2011, 04.07.2011 und 05.09.2011, vgl. AS 276, 288, 290, 292) erneut die Botschaft von Mauretanien, jedoch blieben alle weiteren Anfragen unbeantwortet. Am 12.12.2011, 16.01.2012 sowie am 26.09.2012 wandte sich das Fremdenpolizeiliche Büro mit dem Ersuchen um Unterstützung bei der Erlangung eines Heimreisezertifikats an das Bundesministerium für Inneres. Daraufhin wandte sich das BMI mit Schreiben vom 27.09.2012 an die Botschaft der Islamischen Republik Mauretanien. Es wurde um die ehestmögliche Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF ersucht bzw. gebeten, etwaige Hinderungsgründe, die einer Erledigung entgegenstehen würden, bekannt zu geben (AS 316).

Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2006 erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.03.2007 und nach Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den Verwaltungsgerichtshof vom 13.11.2009 rechtskräftig negativ entschieden.

Das gegen den BF mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 13.07.2005 erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot (u.a. wegen seiner rechtskräftigen Verurteilungen nach dem SMG) wurde letztlich mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2015 gem. § 69 Abs. 2 FPG von Amts wegen aufgrund der zwischenzeitig geänderten Rechtslage aufgehoben.

Dem BF wurde nach einer entsprechenden Antragstellung vom 06.03.2013 bis zum 05.03.2014 sowie vom 10.04.2014 bis zum 09.04.2015 eine Karte für Geduldete gem. § 46a Abs. 4 FPG ausgestellt.

Am 26.05.2014 beantragte der BF die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG. Begründend führte er in seinem Begleitschreiben aus, dass sein Aufenthalt für ein Jahr geduldet und eine neue Duldungskarte bereits ausgestellt worden sei. Er verfüge über ein Deutsch-Sprach-Zertifikat auf dem Niveau A2 (dieses wurde beigelegt) und eine ortsübliche Unterkunft.

Mit Verfahrensanordnung vom 03.11.2014 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Beschwerdeführer, dass in Ermangelung identitätsbezeugender Dokumente seine Verfahrensidentität nicht als seine Originalidentität angesehen werden könne. Ebenso würden der Nachweis einer Krankenversicherung und eines Anspruches auf eine ortsübliche Unterkunft fehlen. Unter Hinweis auf die Zurückweisung des Antrages gemäß § 58 Abs. 11 AsylG wurde dem BF für die Nachreichung der erforderlichen Unterlagen eine entsprechende Frist eingeräumt.

In seiner Stellungnahme vom 02.12.2014 durch seinen damaligen Rechtsvertreter verwies der BF im Wesentlichen darauf, dass ihm die Karte für Geduldete bereits verlängert worden sei, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Aufenthaltstitels "besonderer Schutz" vorliegen würden. Zwingende Versagungsgründe gebe es keine. Des Weiteren übersehe die belangte Behörde, dass die Vorlage eines identitätsbezeugenden Dokumentes keine gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels "besonderer Schutz" sei und die Verfahrensidentität reiche. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 03.12.2014 verwies der BF darauf, dass ihm aus der Grundversorgungsvereinbarung die gesetzliche Gewähr auf eine Unterkunft zustehe. Dokumente aus seinem Herkunftsstaat gebe es keine. Ein A2-Deutsch-Zertifikat sei bereits nachgewiesen worden.

Am 11.02.2015 beantragte der BF erneut die Ausstellung einer Karte für Geduldete nach § 46a Abs. 1a FPG.

Mit Schreiben vom 19.02.2015 verständigte die belangte Behörde den BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme und teilte ihm im Wesentlichen mit, dass er trotz Aufforderung bislang keine Personaldokumente in Vorlage gebracht habe. Aufgrund seiner Weigerung zum eigenständigen Nachweis seiner angeblichen Nationalität und Identität gehe die belangte Behörde davon aus, dass er kein Interesse an seiner Identitätsfeststellung habe. Die belangte Behörde wies den BF zudem darauf hin, dass er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit verpflichtet sei, seinen freiwilligen Ausreiseverpflichtungen nachzukommen. Zu Österreich habe er weder familiäre noch berufliche Beziehungen und bestreite seinen Unterhalt aus der Grundversorgung. Zur Beurteilung seiner persönlichen Verhältnisse wurde dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Fragenkatalog beigegeben.

In seiner Stellungnahme vom 05.03.2015 verwies der BF im Wesentlichen darauf, dass ihn gemäß § 58 Abs. 11 AsylG eine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der erkennungsdienstlichen Behandlung und der Bekanntgabe einer Zustelladresse treffe. Die gesetzliche Bestimmung weise jedoch nicht explizit darauf hin, dass er sich selbst um die Beibringung eines Identitätsdokumentes bemühen müsse. Hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung verwies er auf seine soziale und integrative Verfestigung in Österreich und führte aus, dass er über sehr gute Deutschkenntnisse verfüge, in Österreich viele Freunde gefunden habe und hier immer wieder verschiedene Sportvereine besuche. Er sei seit über einem Jahr verlobt und plane eine gemeinsame Zukunft mit seiner Freundin. Der BF legte zum Nachweis einen Integrationsbericht sowie Deutschkursbestätigungen vor. In zwei Ergänzungsschreiben übermittelte er zudem Unterstützungserklärungen und einen Arbeitsvorvertrag (ausgestellt am 25.03.2015; für eine Beschäftigung als Hilfskraft bei einer Wochenarbeitszeit von 38,3 Stunden).

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 05.05.2015 den Antrag des BF auf Feststellung der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung gem. § 46a Abs. 1 Z 1 FPG und auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gem. § 46a Abs. 1 FPG ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der BF mit seiner Weigerung, selbstständig Schritte zur Erlangung eines Ersatzdokumentes zu setzen, erkennen lasse, dass er weder ein Interesse an der Feststellung seiner Identität habe noch am Verfahren zum Nachweis seiner Identität mitwirke.

Mit Bescheid vom selben Tag, dem 05.05.2015, wies die belangte Behörde auch den Antrag des BF auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG ab und erließ gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG gegen ihn. Zugleich stellte die belangte Behörde gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Bf nach Mauretanien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Des Weiteren sprach die belangte Behörde im Bescheid aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der BF alles unternehme, um seine tatsächliche Identität zu verschleiern und dass er an der Erlangung eines Ersatzdokumentes nicht mitgewirkt habe.

Am 11.09.2015 stellte der BF einen neuen Antrag gem. § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG.

Nachdem der BF gegen beide Bescheide fristgerechte Beschwerde eingebracht hat, hat das Bundesverwaltungsgericht zum einen mit Erkenntnis vom 08.09.2016 der Beschwerde gegen den im Verfahrensgang zuerst genannten Bescheid der belangten Behörde vom 05.05.2015 gem. § 46a FPG stattgegeben und ausgesprochen, dass der Aufenthalt des BF geduldet sei. Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 08.09.2016 den Antrag des BF gem. § 57 AsylG wegen mangelnder Mitwirkung zurückgewiesen und zugleich die Rückkehrentscheidung des BFA ersatzlos behoben, da im Fall des BF bereits eine rechtskräftige aufrechte Ausweisung hinsichtlich seiner Person existent sei und sohin als Rückkehrentscheidung gelte.

Nachdem Zweifel bezüglich der Herkunft des BF aufgekommen sind, wurde am 16.11.2016 eine linguistische und landeskundliche Befundaufnahme durchgeführt.

Am 20.09.2017 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab er an, über keine Personaldokumente zu verfügen; seine Geburtsurkunde sei zuletzt bei seinem Vater gewesen, der 2011/2012 verstorben sei. Er habe seine Mutter bereits öfter darum gebeten, die Geburtsurkunde aus dem Haus des Vaters zu holen, aber sie sei Analphabetin und könne nichts für ihn tun. Seine Mutter habe erneut geheiratet und reise mit ihrem neuen Ehemann, der Geschäftsmann sei, zwischen Senegal, Gambia und Mauretanien. Letztes Monat habe er zuletzt Kontakt mit ihr gehabt. Seine Schwester lebe an der Grenze von Senegal und Mauretanien; der BF habe nur über die Mutter Kontakt zu ihr. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass abgesehen von seiner Mutter und seiner Schwester noch Onkeln und Tanten in der Heimat leben würden, er zu diesen aber keinen Kontakt habe. In Österreich habe der BF keine Familienangehörigen. Er halte sich hier seit 2004 durchgehend auf. Über Nachfrage gab er an, hier bislang keine Ausbildungen gemacht und auch nicht gearbeitet zu haben. Er habe nur bei der Diakonie geholfen und er "lebe von der Diakonie" (AS 639). Er sei ledig und habe keine Kinder. Die Frage, ob der Beschwerdeführer Mitglied in einem Verein oder einer Organisation in Österreich sei, wurde von ihm verneint. In der Einvernahme korrigierte der BF auch seinen Antrag gem. § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG auf § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG.

Am 03.01.2018 langte schließlich das Ergebnis des linguistischen und landeskundlichen Gutachtens bei der belangten Behörde ein, welches zusammenfassend eine Hauptsozialisierung des BF in Mauretanien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließt und mit gleicher Sicherheit feststellt, dass er in Senegal oder in Gambia hauptsozialisiert bzw. dass er eventuell in beiden Ländern teilsozialisiert worden sei. Zudem wurde festgehalten, dass es keine tragfähigen Hinweise auf eine etwaige Hauptsozialisierung des BF außerhalb des Senegal und/oder Gambias gebe.

In weiterer Folge wurde dem BF mit Schreiben vom 17.01.2018 mitgeteilt, dass in seinem Fall eine Beweisaufnahme stattgefunden habe. Es sei beabsichtigt, seinen Antrag gem. § 58 Abs. 11 Z 2 FPG, verbunden mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG nach Gambia und Senegal, zurückzuweisen. Die Gründe für die Duldung, nämlich die Unmöglichkeit der Abschiebung bzw. das Bestehen einer Duldungskarte, würden nicht mehr vorliegen, weshalb ihm daher kein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG erteilt werden könne. Aufgrund seiner fehlenden Mitwirkung bzw. seiner offensichtlich unrichtigen Angaben hinsichtlich seiner Identität in den bisherigen Verfahren hätten die erforderlichen Identitätsnachweise bisher nicht erbracht werden können. Gem. § 52 Abs. 9 FPG sei festzustellen, dass seine Abschiebung nach Gambia und Senegal zulässig sei. Weiters wurde dem BF mitgeteilt, dass gegen ihn ein Einreiseverbot wegen der nicht fristgerechten Ausreise und mangelnder Unterhaltsmittel erlassen werde.

Erst nach Einschreiten der rechtsfreundlichen Vertretung des BF wurde diesem mit Eingabe vom 05.02.2018 das Gutachten übermittelt, sodass dieser letztlich mit Schreiben vom 19.02.2018 eine Stellungnahme hierzu einbrachte. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das Gutachten unschlüssig und derzeit nicht ausgeschlossen sei, dass der BF ein identitätsbezeugendes Dokument vorlegen könne. Er habe mittlerweile erneut Kontakt mit seiner Mutter aufgenommen und sie gebeten, durch Hilfe von Dritten seine Geburtsurkunde oder ein anderes Dokument zum Nachweis seiner Herkunft zu übermitteln. Im vorliegenden Fall sei die in der Verständigung angeführte beabsichtigte Zurückweisung des Antrages gem. § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG nicht zulässig, da der BF seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei. Nachdem ihm bereits eine Duldungskarte ausgestellt worden sei, sei die Frage seiner Identität von der Behörde bereits hinreichend geklärt worden.

Mit Bescheid des BFA vom 21.02.2018 wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG gem. § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gem. § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Gambia und Senegal zulässig sei. Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Zuletzt wurde gegen ihn gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Begründend wurde hierzu ausgeführt, dass der BF weder einen Reisepass noch eine Geburtsurkunde vorgelegt habe und dadurch seiner Mitwirkungspflicht gem. § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 der AsylG-DV nicht nachgekommen sei. Trotz entsprechender Belehrung habe er auch keinen Mängelheilungsantrag nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV gestellt. Dementsprechend sei sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG-DV zurückzuweisen. Die behauptete Staatsangehörigkeit Mauretanien habe mittels Sprachanalyse-Gutachten vom 31.12.2017 widerlegt werden können. Der BF stamme offensichtlich aus Gambia und/oder Senegal und habe die Behörden jahrelang über seine Identität im Unklaren gelassen. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wurde festgehalten, dass sich der BF seit 2004 in Österreich aufhalte, sein Aufenthalt jedoch nur von 2004 bis 2005 durch einen letztlich unbegründeten Asylantrag rechtmäßig gewesen sei. Ab 2005 habe wegen Straffälligkeit ein Aufenthaltsverbot gegen den BF bestanden und sei er daher von 2005 bis 2009 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Seit 2009 sei er aufgrund der Ausweisungsentscheidung zur Ausreise verpflichtet. Der BF habe die Behörden offensichtlich jahrelang über seine Identität getäuscht und es sei allein diesem Verhalten geschuldet, dass er so lange in Österreich sei. Er habe in Österreich weder Angehörige noch eine Lebensgefährtin und sei hier weder familiär, beruflich noch anderweitig integriert. Er habe trotz 14-jährigem Aufenthalt lediglich ein A2-Deutschzeugnis. Im Fall des BF habe daher kein schützenswertes Familien- und Privatleben festgestellt werden können. Es sei ihm zumutbar, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren und seinen Aufenthalt über das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu legalisieren. Weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des BF ergebe sich eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG. Der BF sei offensichtlich in Gambia oder Senegal oder vielleicht sogar in beiden Ländern aufgewachsen; eine Rückkehr dorthin sei möglich und zumutbar. Mangels gegenteiliger Hinweise betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides. Da der BF seit 2009 seiner Ausreise- und Rückkehrverpflichtung beharrlich nicht nachgekommen und rechtswidrig in Österreich verblieben sei, falle er unter den Anwendungsbereich des Art. 11 der Rückführungsrichtlinie, wonach Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einhergehen, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen worden sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 21.02.2018 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid des BFA vom 21.02.2018 richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird bestritten, dass der BF hinsichtlich der beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages und der Möglichkeit eines Mängelheilungsantrages belehrt worden sei. Hätte die belangte Behörde eine gesetzeskonforme Interessenabwägung vorgenommen, hätte sie festgestellt, dass in Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts und das Ausmaß der Integration des BF eine Rückkehrentscheidung nicht zulässig sei. Soweit die belangte Behörde das Gutachten zur Entscheidungsfindung herangezogen habe, sei festzuhalten, dass dieses derart unpräzise sei, dass es keine abschließende Beurteilung des Herkunftslandes treffen könne. Somit sei aber offenkundig, dass das Gutachten keine ausreichende Grundlage für die Feststellung bilden könne, dass der BF nicht aus Mauretanien stamme. Ebenso wenig wie dieses Gutachten die Herkunft des BF aus Mauretanien ausschließen könne, könne es als Grundlage für die Feststellung der Herkunft des BF herangezogen werden. In der Bestimmung des § 52 Abs. 9 FPG sei keine Grundlage für eine bescheidmäßige Feststellung unterschiedlicher Herkunftsstaaten zu erblicken. Die Bestimmung solle erforderlichenfalls eine Abschiebung auch durch Transitländer ermöglichen; es sei aber eine bescheidmäßige Festlegung auf das Zielland erforderlich. Der BF könne auch allfällige Bedenken gegen die Abschiebung in einen bestimmten Staat nur vorbringen, wenn ihm zur Kenntnis gebracht werde, in welchen Staat er abgeschoben werden solle. Hinsichtlich des ausgesprochenen Einreiseverbotes wurde noch festgehalten, dass dieses in Hinblick auf die bestehenden privaten Interessen des BF unzulässig sei. Zudem übersehe die belangte Behörde in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls für jene Zeiten, in denen der Aufenthalt des BF geduldet gewesen sei, auch keine Ausreiseverpflichtung bestanden habe. Darüber hinaus verfüge der BF aus Gründen, die nicht von ihm zu verantworten seien, über keine Reisedokumente.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF stellte am 24.08.2004 einen Asylantrag in Österreich, welcher rechtskräftig negativ entschieden wurde und gab im Zuge seines Asylverfahrens an, ein Staatsangehöriger aus Mauretanien zu sein. Seine genaue Identität steht bis dato nicht fest.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 13.07.2005 wurde ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, nicht zuletzt wegen zwei rechtkräftigen Verurteilungen nach dem SMG vom 01.03.2005 sowie vom 21.06.2005 (diese sind mittlerweile getilgt), gegen den BF erlassen. Das Aufenthaltsverbot wurde am 29.04.2015 aufgehoben.

Mangels Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde der Aufenthalt des BF gem. § 46a FPG geduldet. Zuletzt wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 eine solche Duldung ausgesprochen.

Am 11.09.2015 stellte der BF einen Antrag gem. § 57 Abs. 1 Z3 AsylG und korrigierte diesen am 20.09.2017 auf § 57 Abs. 1 Z1 AsylG.

Da Zweifel an der Herkunft des BF bestanden, wurde eine sprachliche- und länderkundliche Analyse beauftragt. Im Gutachten vom 31.12.2017 wurde eine Hauptsozialisierung des BF in Mauretanien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Mit gleicher Sicherheit wurde festgestellt, dass er in Senegal oder in Gambia hauptsozialisiert bzw. eventuell in beiden Ländern teilsozialisiert wurde.

In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des BF.

Nicht festgestellt wird das Vorliegen einer ausgeprägten und verfestigten entscheidungserheblichen individuellen Integration des BF in Österreich. Er verfügt über Deutschkenntnisse (welche er bis zum Niveau A2 nachgewiesen hat) und einen (österreichischen) Freundeskreis, besucht verschiedene Sportvereine und hat einen Arbeitsvorvertrag vom März 2015 für eine Tätigkeit als Hilfskraft vorgelegt. Der BF bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des BFA, insbesondere den Niederschriften.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) I. Stattgabe und Abweisung

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der BF befindet sich seit seiner Antragstellung im August 2004 durchgehend im Bundesgebiet. Durch das sprachliche- und länderkundliche Gutachten vom 31.12.2017 ist hervorgekommen, dass er die Behörden offenbar jahrelang über seine wahre Identität getäuscht hat, weshalb er auch das Erlangen eines Heimreisezertifikates letztlich verhindert hat und im österreichischen Bundesgebiet im Sinne der Bestimmung des § 46a FPG geduldet wurde. Sein Aufenthalt ist jedoch nicht mehr im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet, nachdem er seine Abschiebung - wie soeben erwähnt - offenbar aus in seinem Verantwortungsbereich liegenden Gründen (nämlich durch die Täuschung der Behörden über seine Identität/Herkunft) bislang verhindert hat. Er ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht gibt der Beschwerde jedoch dahingehend Recht, dass ein Zurückweisungsgrund gem. § 58 Abs. 11 Z 2 nicht vorliegt. § 58 Abs. 11 Z 2 lautet nämlich, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen ist, wenn der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nachkommt und der Drittstaatsangehörige über diesen Umstand belehrt wurde. Der BF wurde jedoch über die beabsichtigte Zurückweisung und über die Möglichkeit eines Mängelheilungsantrages gem. § 4 Abs. 1 AsylG-DV nicht in geeigneter Weise belehrt. Der Hinweis auf die Beabsichtigung einer Zurückweisung des Antrages gem. § 58 Abs. 11 Z. 2 FPG (richtig AsylG) in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17.01.2018 alleine, ohne nähere Belehrung, ist nicht ausreichend. Daher war diesbezüglich der Beschwerde stattzugeben. Da, wie oben dargelegt, die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gem. § 57 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen, war der Antrag des BF jedoch abzuweisen.

II. Abweisung der Beschwerde

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gemäß § 52 Absatz 1 Z 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Beim sogenannten "erweiterten Familienleben", zu Geschwistern, Onkeln, Tanten, usw. wird ein "effektives Familienleben" gefordert, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder speziell engen, tatsächlich gelebten Banden zu äußern hat (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 343 f).

In Österreich leben keine Angehörigen der Kernfamilie des Beschwerdeführers. Darüber hinaus bestehen keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich oder dem Gebiet der EU. Es gibt auch keine Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer aktuell eine Lebensgemeinschaft führen würde.

Es wird weiters zu prüfen sein, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist

(Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof ? unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen ? darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gericht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).

Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, S. 282ff).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

Aufgrund der langjährigen Aufenthaltsdauer ist zwar davon auszugehen, dass der BF private Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet aufweist, doch fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit dem BFA, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten des Beschwerdeführers aus und stellt die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der BF im vorliegenden Fall bereits im Jahr 2004 in das österreichische Bundesgebiet einreiste, jedoch wurde der im Zuge dessen eingebrachte Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2006 abgewiesen und die dagegen erhobene Berufung mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.03.2007 und nach Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den Verwaltungsgerichtshof vom 13.11.2009 rechtskräftig negativ entschieden. Zudem wurde bereits im Juli 2005 ein (unbefristetes) Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (welches letztlich aufgrund geänderter Rechtslage aufgehoben wurde; dies jedoch erst im April 2015). In der Zwischenzeit verblieb der BF - trotz des mehrere Jahre gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes - beharrlich weiterhin im Bundesgebiet.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls - ein großes Gewicht verleihen bzw. eine Ausweisung als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, können Ausweisungen ausnahmsweise auch nach einem mehr als zehn Jahre dauernden Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (VwGH, 10.5.2011, 2011/18/0100; 22.1.2013, 2011/18/0036).

Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Rechtsprechung zu jenen Fällen, in denen ein mehr als zehnjähriger (nicht auf einer genehmigten Niederlassung gegründeter) Aufenthalt zugrunde lag, im Erkenntnis vom 17. Oktober 2016, Ro 2016/22/0005, zusammengefasst und darin für den gegenständlichen Fall entscheidungswesentlich angeführt, dass ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch einige Umstände gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels bestehen können, wobei hierzu u.a. unrichtige Identitätsangaben zählen, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal gewesen seien (vgl. VwGH vom 04.08.2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie VwGH vom 30.06.2016, Ra 2016/21/0165).

In der Entscheidung vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0183 hat der Verwaltungsgerichtshof im Fall eines mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthaltes eine Rückkehrentscheidung infolge einer Abwägung nach § 9 BFA-VG für zulässig erachtet, da dieser langjährige Aufenthalt nur auf Grund der festgestellten Täuschungshandlungen des Revisionswerbers durch absichtlichen Gebrauch einer - die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vereitelnden - Aliasidentität ermöglich worden war (vgl. zur Bedeutung unrichtiger Identitätsangaben zuletzt etwa den Beschluss des VwGH vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0009, Rz 15, mwN).

In der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.02.2017 zu Ra 2016/21/0340, bei der es um eine Entscheidung gegen einen über 10 Jahre in Österreich aufhältigen Fremden ging, der zwei negative Entscheidungen und eine daraus resultierende Ausreiseverpflichtung über Jahre hinweg unbeachtet gelassen hat, wurde auch unter Verweis auf früher ergangene Entscheidungen (Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005 und vom 26.01.2017, Ra 2016/21/0168) festgehalten, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewissen integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen sei, wenn dem Umstände entgegenstehen würden, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren würden.

In seiner Entscheidung vom 22.03.2017, Ra 2017/19/0028, erachtete der Verwaltungsgerichtshof zuletzt eine gegen einen seit 17 Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Fremden erlassene Rückkehrentscheidung als zulässig, wobei dessen Aufenthaltsdauer maßgeblich auf der Stellung von vier unbegründeten Anträgen auf internationalen Schutz beruhte, er ein gegen ihn verhängtes Aufenthaltsverbot missachtete, zwei rechtskräftige Verurteilungen wegen versuchten Diebstahls aufgewiesen und die Behörden während seines Aufenthalts mehrfach über seine Identität und Herkunft durch Angabe unterschiedlicher Daten zu seiner Person getäuscht hat, wobei er dies gerade deswegen getan hätte, um seine Außerlandesbringung zu verhindern.

Die langjährige Aufenthaltsdauer des BF liegt im vorliegenden Fall nicht in einer überlangen Verfahrensdauer begründet, sondern ausschließlich auf dem bewussten beharrlichen Verbleib im Bundesgebiet trotz Vorliegens einer seinen Asylantrag rechtskräftig abweisenden Entscheidung sowie eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbots. Da die Erlangung eines Heimreisezertifikates scheiterte, wurde der BF vom 06.03.2013 bis zum 05.03.2014, vom 10.04.2014 bis zum 09.04.2015 sowie zuletzt nach der Entscheidung vom Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 im Sinne des § 46a FPG geduldet. Erst durch ein sprach- und länderkundliches Gutachten vom 31.12.2017 stellte sich heraus, dass die vom BF durchwegs angeführte Staatsangehörigkeit von Mauretanien - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - nicht stimmt und er somit von Anfang unwahre Angaben zu seiner Identität gemacht hat, die letztlich zu seinem langen Aufenthalt in Österreich geführt haben. Die lange Aufenthaltsdauer des BF im Inland von über 14 Jahren resultiert demnach aus dem Umstand, dass der BF offenbar verschiedene Identitäten benutzt und es über Jahre erfolgreich bewerkstelligt hat, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu vereiteln. Im vorliegenden Fall liegt der bisherige Aufenthalt des BF im Bundesgebiet demnach nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen, sondern in seinem Verantwortungsbereich.

Der Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die derart erfolgte beharrliche Weigerung der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts sowie die falschen Identitätsangaben des BF zu Lasten des Beschwerdeführers wertet und ist der zu beurteilende Sachverhalt sohin nicht mit Konstellationen vergleichbar, in welchen sich eine über zehnjährige Aufenthaltsdauer als überwiegend rechtmäßig bzw. als auf eine vom Fremden nicht zu vertretende überlange Verfahrensdauer rückführbar erweist. Der BF trat gegenüber österreichischen Behörden langjährig bewusst unter einer falschen Identität auf, welche erst durch das Sprachgutachten widerlegt werden konnte.

Der BF musste sich infolge Erhalts der seinen Asylantrag abweisenden behördlichen Entscheidung sowie des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes der im hohen Maße unsicheren Natur seines Aufenthalts jedenfalls bewusst sein. Gegenständlich kann sohin in der ca. vierzehnjährigen Aufenthaltsdauer für sich genommen kein einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehender Umstand erkannt werden.

Trotz seines bereits vierzehnjährigen Aufenthaltes in Österreich hat der BF keine nachhaltige Integration aufgezeigt. Er eignete sich im Zuge seines Aufenthalts im Bundesgebiet naturgemäß gewisse Deutschkenntnisse an (diese wurden bis zum Niveau A2 nachgewiesen). Er ist am Arbeitsmarkt nicht integriert und bestreitet seinen Lebensunterhalt durch die Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Dem vorgelegten Arbeitsvorvertrag aus dem Jahr 2015 kommt mangels Aufenthaltsberechtigung und Arbeitserlaubnis des Beschwerdeführers keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 21.01.2010, 2009/18/0523). Weiters gibt es keine Hinweise für ehrenamtliche Tätigkeiten oder die Absolvierung einer (abseits von Sprachkursen anderweitigen) Ausbildung.

Unter Bedachtnahme auf den langjährigen (illegalen) Aufenthalt des BF kann der Erlernung der deutschen Sprache (bis zum A2 Niveau), dem gewonnenen Freundeskreis des BF und seinem Besuch von verschiedenen Sportvereinen im Bundesgebiet sowie den aufliegenden Unterstützungsschreiben gesamtbetrachtend kein entscheidungsmaßgebliches Gewicht beigemessen werden.

Insofern kann auch vor dem Hintergrund der bereits vierzehnjährigen Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet von keiner die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegenden Schutzwürdigkeit der privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet erkannt werden.

Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und des wirtschaftlichen Wohls des Landes wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.

Zur Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige besondere Umstände vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zum Einreiseverbot:

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Laut Artikel 11 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 (Rückführungsrichtlinie) gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde (lit. a) oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde (lit. b). In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

Gemäß Artikel 11 Abs. 2 Rückführungsrichtlinie wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.

Gemäß Artikel 11 Abs. 3 Rückführungsrichtlinie prüfen die Mitgliedstaaten die Aufhebung oder Aussetzung eines Einreiseverbots, wenn Drittstaatsangehörige, gegen die ein Einreiseverbot nach Absatz 1 Unterabsatz 2 verhängt wurde, nachweisen können, dass sie das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter uneingeschränkter Einhaltung einer Rückkehrentscheidung verlassen haben.

Die Verhängung des Einreiseverbotes wurde seitens des BFA auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gestützt, ohne eine der weiteren Ziffern des Abs. 2 zu nennen oder zu zitieren.

Das BFA stützt seine Entscheidung im Wesentlichen auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreise- bzw. Rückkehrverpflichtung seit 2009 beharrlich nicht nachgekommen und rechtswidrig in Österreich verblieben sei. Sein Fehlverhalten, nämlich die Nichteinhaltung der behördlichen bzw. gerichtlichen Anweisung in der gewährten Frist das Bundesgebiet bzw. Schengen Gebiet zu verlassen, habe unter keine der genannten Ziffern des § 53 FPG subsumiert werden können, sei jedoch geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und widerlaufe auch den Interessen des Art. 8 EMRK. Umgehungen der Vorschriften des FPG und der aus diesen Bundesgesetzen ableitenden Bescheide seien keinesfalls als mindere oder geringfügige Fehlverhalten einzustufen, da auch beispielsweise die unrechtmäßige Einreise oder der unrechtmäßige Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflusse. Im Fall des BF sei bereits geprüft und festgestellt worden, dass seine familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt seien, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletze in seinem Fall Art. 8 EMRK daher nicht. Es müsse daher nun, unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit gegenüber seinem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiege. Die in Art. 11 Abs. 3 der Rückführungs-RL normierten humanitären Gründe für ein Absehen von einem Einreiseverbot würden sich nach Ansicht der belangten Behörde mit den Gründen für die Zuerkennung des humanitären Aufenthaltsrechts im Sinne des AsylG decken. Nachdem derartige Gründe nicht vorliegen würden, sei Art. 11 Abs. 3 der Rückführungs-RL nicht anzuwenden.

Da der BF in Österreich wiederholt Fehlverhalten gesetzt und mit Wissentlichkeit und Absicht agiert habe, seine Ausreiseverpflichtung seit Jahren beharrlich ignoriere und auch in Zukunft nicht gewillt sein werde, Österreich freiwillig zu verlassen, sei davon auszugehen, dass er nicht nur gegenwärtig, sondern auch zukünftig eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung sei und daher mit dem gegenständlichen Einreiseverbot von drei Jahren gegen ihn vorgegangen werden müsse. Mildernd seien im vorliegenden Fall u.a. die Integrationsbemühungen des BF zu verzeichnen. Erschwerend sei jedoch zu berücksichtigen, dass er ein Fehlverhalten seit einem sehr langen Zeitraum (seit 2009) zeige und weiterhin nicht ausreisewillig sei. Er habe die Behörden offensichtlich von Anfang an über seine Herkunft und Identität belogen. Zudem habe gegen ihn schon von 2005 bis 2015 ein Aufenthaltsverbot wegen Straffälligkeit bestanden. Er habe also schon in der Vergangenheit massives Fehlverhalten in Österreich gesetzt. Demnach sei das Einreiseverbot im festgesetzten Rahmen zu bemessen gewesen; der Höchstrahmen von fünf Jahren sei unter Berücksichtigung der Milderungsgründe nicht ausgeschöpft worden.

Im vorliegenden Fall ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht, dass das in der Begründung zur Erlassung des Einreisverbotes im Bescheid dargetane Fehlverhalten des BF über den bloßen Tatbestand des illegalen Aufenthalts deutlich hinausreicht. Das vom BFA aufgezeigte Verhalten ist unter keinen der im dritten Satz des § 53 Abs. 2 FPG aufgezählten Tatbestände zuordenbar. Unabhängig davon ist aber grundsätzlich anzumerken, dass die Ziffern 1 bis 9 laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 einen Katalog darstellen, der lediglich "demonstrativ" Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (vgl. RV 1078 BlgNR XXIV GP, 30).

Die bereits oben beschriebenen Verstöße des BF lassen ungeachtet dessen zweifelsfrei ein bisheriges (Fehl-)Verhalten des Beschwerdeführers erkennen, das die Schlussfolgerung zulässt, dass sein Aufenthalt im Sinne des § 53 Abs. 2 zweiter Satz zumindest die öffentliche Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderung unkontrollierter und illegaler Zuwanderung jedenfalls gefährdet (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/21/0026, VwGH 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237).

In der Regierungsvorlage zu § 53 Abs. 1 1a und 2 erster Satz idF BGBl. I Nr. 68/2013 (2144 BlgNR XXIV. GP, 23) wird unter anderem ausgeführt: " Des Weiteren wird durch den Entfall des Abs. 1a und der vorgeschlagenen Änderung in Abs. 2 erster Satz deutlich, dass die bisher vorgesehene, zwingende Mindestdauer eines Einreiseverbotes behoben wird. Somit soll es künftig dem BFA möglich sein, in Entsprechung der Vorgabe des Art. 11 A

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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