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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BDG 1979 §50 Abs3;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/12/0001 B 30. Januar 2019Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Maga. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die außerordentliche Revision des G D in L, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. August 2018, W129 2130865-1/4E, betreffend Bereitschaftsentschädigung gemäß § 17b Gehaltsgesetz 1956 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kommando Luftstreitkräfte), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht als Berufsunteroffizier in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er versieht seinen Dienst bei einer Transporthubschrauberstaffel am Fliegerhorst in Linz/Hörsching.
2 Mit Wirkung vom 1. April 2015 wurde für die eingeteilten Besatzungen der Luftfahrzeuge eine dreistündige Rufbereitschaft - "Readiness Status 180 Minuten" - außerhalb der Normaldienstzeit angeordnet. Der Aufenthalt an einem bestimmten Ort während dieser Bereitschaft wurde nicht vorgeschrieben. Die Entfernung zwischen Dienstort und Wohnsitz des Revisionswerbers beträgt 14 Minuten mit dem Auto und 31 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
3 Mit Bescheid vom 27. Juni 2016 sprach die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde über Antrag des Revisionswerbers aus, dass ihm für die Rufbereitschaftsdienste während der "Einsatzbereitschaft Luftunterstützung" ab 1. April 2015 keine finanzielle Abgeltung nach § 17b Abs. 1 oder 2 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, in Verbindung mit § 50 Abs. 1 oder 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, gebühre.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab; die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
5 Das Verwaltungsgericht begründete sein Erkenntnis zusammengefasst damit, dass dem Revisionswerber der Aufenthalt an einem bestimmten Ort während seiner Bereitschaft nicht vorgeschrieben worden sei. Durch die Vorgabe zum Dienstantritt binnen drei Stunden werde er auch nicht in einem Ausmaß eingeschränkt, durch das der Bereitschaftsdienst als Dienststellen- oder Wohnungsbereitschaft zu qualifizieren wäre.
6 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen.
8 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision allein in der Frage gelegen, wie die im Zuge der "Einsatzbereitschaft Luftunterstützung" angeordneten Bereitschaftsstunden rechtlich zu qualifizieren und in weiterer Folge abzugelten seien. Während das Bundesverwaltungsgericht vermeine, dass es sich um eine Rufbereitschaft im Sinn des § 50 Abs. 3 BDG 1979 handle, qualifiziere er die Bereitschaftsdienste in Anbetracht der dienstlichen Vorgabe "spätestens 180 Minuten nach der Alarmierung am Militär-Flugplatz zu sein", analog den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 BDG 1979 als eine Form der Dienststellenbereitschaft. Letztere liege vor, wenn der Beamte aus dienstlichen Gründen verpflichtet sei, sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten und bei Bedarf oder auf Anordnung seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen. Die Voraussetzung, sich "an einem bestimmten Ort" aufhalten zu müssen, dürfe nach Ansicht des Revisionswerbers nicht "allzu restriktiv" ausgelegt werden, sodass auch die Einschränkung auf Orte im Umkreis von drei Stunden darunter falle. Demgegenüber sei für die bloße Rufbereitschaft charakteristisch, dass der Arbeitnehmer den Ort des Bereitseins selbst wählen könne (Hinweis auf VwGH 15.12.1995, 93/11/0276). Durch die zeitliche Vorgabe von drei Stunden werde er in der Wahl seines Aufenthaltsorts erheblich eingeschränkt. Die zusätzliche Auflage sich jederzeit für einen möglichen Einsatz bereitzuhalten, ergäbe wiederum gewisse Einschränkungen für sein Verhalten während der Bereitschaftszeit, sodass ein weiteres wesentliches Kriterium für das Vorliegen bloßer Rufbereitschaft fehle.
9 Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 § 50 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, in der Fassung BGBl. I Nr. 61/1997, lautet:
"Bereitschaft und Journaldienst
§ 50. (1) Der Beamte kann aus dienstlichen Gründen verpflichtet werden, sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten und bei Bedarf oder auf Anordnung seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen (Dienststellenbereitschaft, Journaldienst).
(2) Der Beamte kann aus dienstlichen Gründen weiters verpflichtet werden, sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden in seiner Wohnung erreichbar zu halten und von sich aus bei Eintritt von ihm zu beobachtender Umstände seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen (Wohnungsbereitschaft).
(3) Soweit es dienstliche Rücksichten zwingend erfordern, kann der Beamte fallweise verpflichtet werden, in seiner dienstfreien Zeit seinen Aufenthalt so zu wählen, dass er jederzeit erreichbar und binnen kürzester Zeit zum Antritt seines Dienstes bereit ist (Rufbereitschaft). Rufbereitschaft gilt nicht als Dienstzeit."
11 § 17b Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018, lautet:
"Bereitschaftsentschädigung
§ 17b. (1) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden auf Anordnung in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten hat, um bei Bedarf auf der Stelle seine dienstliche Tätigkeit aufnehmen zu können, gebührt hiefür an Stelle der in den §§ 16 bis 17a bestimmten Nebengebühren eine Bereitschaftsentschädigung, bei deren Bemessung auf die Dauer der Bereitschaft Bedacht zu nehmen ist.
(2) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden sowohl in seiner Wohnung erreichbar zu halten, als auch von sich aus bei Eintritt von ihm zu beobachtender Umstände seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen hat, gebührt hiefür an Stelle der in den §§ 16 bis 17a bestimmten Nebengebühren eine Bereitschaftsentschädigung, bei deren Bemessung auf die Dauer der Bereitschaft und die Häufigkeit allenfalls vorgeschriebener Beobachtungen Bedacht zu nehmen ist.
(3) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden erreichbar zu halten hat (Rufbereitschaft), gebührt hiefür an Stelle der in den §§ 16 bis 17a bestimmten Nebengebühren eine Bereitschaftsentschädigung, deren Höhe nach der Dauer der Bereitschaft zu bemessen ist.
(4) Die Bemessung der Bereitschaftsentschädigungen nach den Abs. 1 bis 3 bedarf der Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport."
12 Zunächst ist festzuhalten, dass dem Revisionswerber die von ihm geleisteten Bereitschaftsdienste unstrittig - als Rufbereitschaft - nach § 17b Abs. 3 GehG iVm § 50 Abs. 3 BDG 1979 abgegolten wurden. Der Revisionswerber meint jedoch, dass eine Bereitschaft im Sinn des § 50 Abs. 1 oder 2 BDG 1979 vorliege, die nach § 17b Abs. 1 bzw. Abs. 2 GehG abzugelten wäre.
13 Vorweg ist ferner auszuführen, dass der vom Revisionswerber zuletzt hervorgehobene Umstand, dass er sich während seiner Bereitschaftszeit einsatzbereit zu halten habe, entgegen seiner Ansicht nicht gegen das Vorliegen einer Rufbereitschaft spricht. So ergibt sich bereits aus dem unzweideutigen Wortlaut des § 50 Abs. 3 BDG 1979, dass der Beamte während der Rufbereitschaft nicht nur jederzeit erreichbar sein muss, sondern sich überdies zum Antritt seines Dienstes "binnen kürzester Zeit" bereitzuhalten hat. Es ist auch nicht zu erkennen, welchen Wert es für den Dienstgeber hätte, den Beamten zwar erreichen zu können, wenn eine Aufnahme des Dienstes durch diesen sodann aber nicht möglich wäre.
14 Bereits aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 50 BDG 1979 ergibt sich für den vorliegenden Fall jedoch ferner, dass - wie das Bundesverwaltungsgericht rechtsrichtig erkannte - dem Revisionswerber bloß Rufbereitschaft angeordnet wurde (siehe zum Fehlen der Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0079; 25.1.2017, Ra 2016/12/0117). Weder hatte sich der Revisionswerber während seiner Bereitschaftszeit an seiner Dienststelle oder einem bestimmten anderen Ort, noch hatte er sich in seiner Wohnung aufzuhalten. Durch die Festlegung einer maximalen Zeitspanne von drei Stunden nach der Alarmierung bis zum Eintreffen an der Dienststelle wurde ihm keineswegs der Aufenthalt an einem bestimmten Ort vorgeschrieben. Die Wahl des Aufenthaltsorts bleibt auch in einem solchen Fall beim Beamten.
15 Das Bundesverwaltungsgericht ist darüber hinaus aber auch nicht von der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen (siehe zur Rufbereitschaft nach der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 VwGH 11.10.2007, 2006/12/0121; sowie zum Gehaltsgesetz 1956 VwGH 19.4.2016, Ra 2016/12/0024, uvam). Auch nach der Judikatur zum Arbeitszeitgesetz (vgl. grundlegend VwGH 2.12.1991, 91/19/0248, u.a.; 30.9.1993, 92/18/0118) handelt es sich bei der Arbeitsbereitschaft - in Abgrenzung zur bloßen Rufbereitschaft - um jene Zeit, während der sich der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber an einer von diesem bestimmten Stelle zur jederzeitigen Verfügung zu halten hat, auch wenn der Arbeitnehmer während dieser Zeit keine Arbeit verrichtet. Wesentlich für die Arbeitsbereitschaft ist demnach die Verpflichtung des Arbeitnehmers zum Aufenthalt an einem bestimmten Ort (Aufenthaltspflicht), wobei diese Bestimmung dem Arbeitgeber zukommt, sowie die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich zur jederzeitigen Arbeitsaufnahme bereitzuhalten (Bereitschaftspflicht). Demgegenüber ist die Rufbereitschaft dadurch charakterisiert, dass der Arbeitnehmer den Ort des Bereitseins selbst wählen kann und über die Verwendung der von der Bereitschaft erfassten Zeit im Großen und Ganzen auch selbst befinden kann. Er muss für den Arbeitgeber lediglich erreichbar sein (vgl. auch dazu VwGH 11.10.2007, 2006/12/0121; in diesem Sinn ebenso RIS-Justiz RS0051403, insbesondere T6 - OGH 30.5.2007, 9 ObA 74/07h - mit einer Zeit zum Dienstantritt von maximal einer halben Stunde).
16 Aus dem vom Revisionswerber zitierten Erkenntnis (VwGH 15.12.1995, 93/11/0276), ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, war in jenem Fall dem Arbeitnehmer das Verlassen des Grundstücks der Dienststelle nicht gestattet, was bereits zur Verneinung des Vorliegens einer bloßen Rufbereitschaft führt (siehe in diesem Sinn auch VwGH 11.3.1993, 92/18/0446 - Aufenthalt in einem bestimmten Raum eines zu bewachenden Objekts; sowie VwGH 29.6.1992, 92/18/0169 - Aufenthalt im "Chauffeurzimmer").
17 Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG somit nicht vorliegen, war die Revision ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 30. Jänner 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120050.L00Im RIS seit
20.02.2019Zuletzt aktualisiert am
12.03.2019