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L92054 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Oberösterreich;Norm
ASVG §330a idF 2017/I/125;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Perg gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 9. Mai 2018, Zl. LVwG-350422/3/Py/PP, betreffend Vorschreibung eines Kostenersatzes nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (mitbeteiligte Partei: L R, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Am Kirchenplatz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht (der nunmehrigen Revisionswerberin) vom 4. Oktober 2017 wurde die Mitbeteiligte unter Berufung auf §§ 45 Z 1, 46 Abs. 1 Z 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 idF vor der Novelle LGBl. Nr. 39/2018 (Oö. SHG) verpflichtet, dem Sozialhilfeverband Perg für die von diesem geleisteten Kosten für Leistungen sozialer Hilfe durch Unterbringung in stationären Einrichtungen Kostenersatz in der Höhe von EUR 30.616,57 binnen sieben Tagen ab Rechtskraft zu leisten. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Mitbeteiligte zur Erfüllung der Kostenersatzverpflichtung, sofern "die notwendigen finanziellen Mittel nicht aufgebracht werden können", näher genannte Liegenschaftsanteile (wahlweise) zu veräußern und "den allenfalls
restlichen Verkaufserlös ... als Haftungsfonds für künftige
Heimunterbringungskosten anzulegen und sicherzustellen" und künftig diese Kosten zur Gänze selbst zu übernehmen habe.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 9. Mai 2018 wurde - in Stattgebung der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde - der Bescheid der belangten Behörde vom 4. Oktober 2017 ersatzlos behoben und das diesem zugrunde liegende Verfahren zum Ersatz von Kosten von Leistungen sozialer Hilfe eingestellt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei unstrittig, dass dem begehrten Kostenersatz die Unterbringung der Mitbeteiligten in einer näher genannten Pflegeeinrichtung zugrunde liege. Damit gelange § 330a iVm § 707a ASVG zur Anwendung, weshalb das laufende Verfahren zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs für die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung einzustellen sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zu ihrer Zulässigkeit macht die vorliegende Revision geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es sich bei einem Kostenersatzverfahren wie dem vorliegenden, das sich auf den Rückersatz von Kosten beziehe, die bis zum 30. September 2017 und sohin vor dem 1. Jänner 2018 entstanden seien und für die es eine Sicherstellung durch ein gesetzliches Pfandrecht nach § 9 Abs. 6 iVm § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und §§ 45 und 46 Oö. SHG gebe, um ein laufendes Verfahren im Sinne des § 707a Abs. 2 ASVG handle. Ferner sei zu klären, ob Kosten, die vor dem 1. Jänner 2018 angefallen seien und die nach § 9 Abs. 6 Oö. SHG sichergestellt worden seien, noch "einem Kostenersatzbescheid oder auch einer Anmeldung im Verlassenschaftsverfahren" zugänglich gemacht werden könnten oder ob es sich in allen diesen Fällen um laufende Verfahren iSd genannten Bestimmung handle, unabhängig davon, in welchem Zeitraum die Unterbringung in einer stationären Einrichtung und die daraus angefallenen Kosten lägen.
8 Mit diesem Vorbringen wird keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt:
9 Was die Zulässigkeit der Anmeldung einer Kostenersatzforderung im Verlassenschaftsverfahren betrifft, so war ein solches - in die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit fallendes - Verfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Von der Lösung der Frage der Zulässigkeit von Forderungsanmeldungen im Verlassenschaftsverfahren hängt die Entscheidung über die Revision daher nicht ab (vgl. zu dieser Frage OGH 30.10.2018, 2 Ob 94/18i).
10 Zur Frage, ob Verfahren zur Geltendmachung eines Ersatzes der vor 1. Jänner 2018 entstandenen Kosten für die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung auch nach diesem Stichtag fortgeführt werden dürfen, hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 8. August 2018, Ra 2018/10/0076, bereits Folgendes ausgeführt:
"Die in der Zulassungsbegründung gestellte Frage, ob sich die Anordnung des § 707a Abs. 2 ASVG auch auf den Rückersatz von Kosten beziehe, die vor dem 1. Jänner 2018 entstanden seien, lässt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung klären. § 707a Abs. 2 ASVG knüpft seine Wirkungen unmissverständlich an den Zeitpunkt des Vermögenszugriffs und nicht an jenen der Entstehung der zu ersetzenden Kosten. Ab 1. Jänner 2018 darf ein Vermögenszugriff iSd § 330a ASVG nicht mehr stattfinden. Daraus ergibt sich, dass alle am 1. Jänner 2018 in einer solchen Angelegenheit anhängigen Verfahren der neuen Rechtslage unterliegen sollen. Dies folgt auch aus der weiteren Anordnung des § 707a Abs. 2 3. Satz ASVG, wonach, insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft treten.
Wenn § 707a Abs. 2 leg. cit. als Stichtag für das Verbot des Vermögenszugriffs den 1. Jänner 2018 festlegt und von zu diesem Zeitpunkt ¿anhängigen Verfahren' spricht, so können solchen zum Stichtag 1. Jänner 2018 denkmöglich nur Kosten zugrunde liegen, die bereits zuvor entstanden sind, könnten doch für nach dem Stichtag entstandene Kosten am Stichtag noch keine Kostenersatzverfahren eingeleitet sein.
Demnach umfasst das in § 330a ASVG enthaltene Verbot des Pflegeregresses nach § 707a Abs. 2 leg. cit. auch Kosten, die vor dem 1. Jänner 2018 angefallen sind (so auch jüngst OGH 30.4.2018, 1 Ob 62/18a).
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. VwGH 29.10.2007, 2006/10/0108; 28.2.2018, Ra 2016/10/0055) ist im Kostenersatzverfahren die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich (vgl. allgemein zur Ausrichtung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 19.5.2015, Ra 2015/05/0017; 30.3.2017, Ro 2015/03/0036).
Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass sich der Kostenersatz auf Pflegekosten im Rahmen der Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung bezieht. Das Verfahren zur Geltendmachung des Kostenersatzes befand sich zum Stichtag 1. Jänner 2018 im Stadium der Anhängigkeit vor dem Verwaltungsgericht. Nach dem nicht nach dem Verfahrensstadium differenzierenden Gesetzeswortlaut handelt es sich daher um ein laufendes Verfahren zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs iSd § 330a ASVG, sodass das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtslage den Kostenersatzbescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen hatte.
Trotz Fehlens von Rechtsprechung liegt dann keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 8.2.2018, Ra 2017/11/0292; 11.12.2017, Ra 2015/11/0102; 22.11.2017, Ra 2017/10/0174; 26.2.2015, Ra 2015/11/0008). Dies ist - wie gezeigt - hier der Fall."
11 Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht vermag der Umstand einer Sicherstellung gemäß § 9 Abs. 6 Oö. SHG daran nichts zu ändern. Soweit die Amtsrevisionswerberin die Ansicht vertritt, es liege deshalb kein Anwendungsfall der §§ 330a und 707a Abs. 2 ASVG vor, weil der Vermögenszugriff "im Jahr 2016
begonnen ... und mit Ablauf des 30.09.2017 ... bereits
abgeschlossen" gewesen sei (dies - den weiteren Revisionsausführungen zufolge - nach Ansicht der Amtsrevisionswerberin offenbar deshalb, weil dieser durch eine "permanent anwachsende Sicherstellung" bzw. durch die Einleitung des Kostenersatzverfahrens bzw. den behördlichen Bescheid vom 4. Oktober 2017 erfolgt sei), ist dem zu erwidern, dass erst mit dem zuletzt genannten Bescheid - ungeachtet einer zuvor erfolgten Sicherstellung gemäß § 9 Abs. 6 Oö. SHG - eine Kostenersatzpflicht auferlegt wurde (vgl. etwa das zum NÖ SHG ergangene, insoweit aber übertragbare Erkenntnis VwGH 27.11.2012, 2012/10/0098, VwSlg. 18531 A) und das diesbezügliche Verfahren am 1. Jänner 2018 nicht rechtskräftig abgeschlossen, sondern vor dem Verwaltungsgericht anhängig war. Es kann daher keine Rede davon sein, dass dieses Verfahren nicht (mehr) als ein solches anzusehen ist, mit dem auf das Vermögen einer Person im Sinne des § 330a ASVG zugegriffen wird.
12 Die von der Amtsrevisionswerberin offenbar vertretene Ansicht, bei erstmaliger (behördlicher) Geltendmachung eines Ersatzanspruches vor dem 1. Jänner 2018 könnten diesbezügliche Verfahren auch nach diesem Datum fortgeführt werden, steht mit den genannten Verfassungsbestimmungen nicht im Einklang. Entgegen den Revisionsausführungen kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass das gegenständliche Kostenersatzverfahren den Zugriff auf das Vermögen "im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten" im Sinne des § 330a ASVG betrifft. Es trifft demnach nicht zu, dass kein Anwendungsfall der §§ 330a und 707a Abs. 2 ASVG vorgelegen wäre (vgl. im Übrigen VfGH 10.10.2018, E 229/2018, wonach gemäß § 330a ASVG ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeinrichtungen aufgenommenen Personen selbst bei Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung, die vor dem 1. Jänner 2018 ergangen ist, jedenfalls unzulässig ist; siehe zur Einstellung des Exekutionsverfahrens und Löschung eines im Grundbuch einverleibten Pfandrechts OGH 24.10.2018, 3 Ob 168/18d).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. Jänner 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100101.L00Im RIS seit
20.02.2019Zuletzt aktualisiert am
04.03.2019