TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/13 W173 2187444-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2018
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Entscheidungsdatum

13.09.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W173 2187444-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, NÖ und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 4.1.2018, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Bescheid vom 4.1.2018 zur Abweisung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wird behoben. Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Auf Grund des Antrages von XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) auf Ausstellung eines Behindertenpasses wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten, von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 17.3.2015 eingeholt. In diesem wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% ermittelt. Dieser beruhte auf folgenden Leiden: 1. Depressives Syndrom, Persönlichkeitsakzentuierung ED 04/2012 (Pos.Nr. 03.06.01 - 40% GdB), 2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Blockwirbelbildung, Cervikobrachialgie re>li (Pos.Nr. 02.01.02 - 30% GdB) und 3. Gelenksbeschwerden (Pos.Nr. 02.02.02. - 30% GdB). Die Leiden 2 und 3 erhöhten den GdB von Leiden 1 um eine Stufe wegen gemeinsamen Schwerwiegens. Eine Nachuntersuchung wurde für 08/2016 wegen der Verlaufskontrolle vorgesehen. In der Folge wurde dem BF ein befristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% ausgestellt.

2. Am 14.10.2016 wurde die Verlängerung des befristeten Behindertenpasses beantragt. Die belangte Behörde holte ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten ein. Im Gutachten vom 18.12.2016 führte Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung Nachfolgendes aus:

"...............................

Anamnese:

Depressionen und Angstzustände seit 2011, ohne besonderen Anlass. Zweimal war er deshalb in Gars am Kamp stationär, die Angstzustände hat er immer noch. Panikattacken kommen ohne Anlass, die treten alle paar Wochen auf.

Angst vor Bus, Zug, nicht aber im Lift, nicht im Auto, wegen des Kontrollverlustes, weil er nicht jederzeit aussteigen kann. Wenn er selber fährt, keine Probleme. Wenn er mitfährt, ist das auch sehr unangenehm.

Die Zeit verbringt er meist zuhause, lebt alleine, Kontakte hat er zu den Eltern und Freundin, die Eltern wohnen 7 km entfernt, die Freundin wohnt in Wiener Neudorf, mit der trifft er sich nur gelegentlich. Keine Freundschaften für Unternehmungen.

Wegen Schmerzen der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Hände war er stationär in Mauer, analgetische und physikalische Therapien, Besserung.

Blockwirbel C3/C4, Bandscheibenvorwölbung oberhalb und unterhalb. Verbogene Wirbelsäule, Keilwirbel in der Lendenwirbelsäule.

Zysten in den Hüftgelenken.

Arthrosen der Hand- und Fingergelenke und der Kniegelenke, beginnender Fersensporn. Viele Stellen, die schmerzen.

Derzeitige Beschwerden: siehe oben

Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:

Wellbutrin, Oleovit, Zoldem, Novalgin Tropfen bei Bedarf, Calciduran

Psychotherapie alle paar Wochen bei Dr. XXXX (Kassenplatz)

Sozialanamnese: geschieden, 1 erw. Tochter, gelernter Stahlbauschlosser, Umschulung auf

Betriebselektriker; diverse Arbeiten - Montage, Lastwagenfahren, ... seit 2012 AMS

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Röntgenbefund von Dr. XXXX vom 02.02.2015: Blockwirbelbildung des C3 und C4. Mäßig degenerative Veränderungen der unteren HWS

MRT der HWS des Institut Frühwald vom 11.03.2015: Blockwirbel C3/C4.

Mäßiggradige Osteochondrosen, Spondylosen und Uncovertebralarthrosen mit Protrusionen, geringer Vertebrostenose der Rec. laterales und auch der Neuroforamina, weitgehend stationär im Vgl. zur VU 2012; Kein Hinweis auf höhergradige Vertebrostenose mit Kompression neuraler Strukturen oder rez. DP.

Entlassungsbericht der Neurologie des KH Mauer vom 16.4.2015:

Cervicobrachialgie rechts bei deg. WS-Veränderung, Depressio; Aufnahme bei therapieresistenter Cervicobrachialgie rechts seit 2 Monaten; CVS mit Schmerzausstrahlung fraglich C5 rechts ohne motorisches Defizit, Motilität und Reflexe sgl. normal; Cymbalta weiter, analget. Th. nicht gewünscht, div. physikalische Therapien, zufriedenstellende anhaltende Schmerzlinderung

Röntgenbefund der BWS und LWS des Institut Frühwald vom 04.05.2015:

Fehlhaltung. Deformierende Spondylose. Bandscheibenschädigungen wie beschrieben. Keilwirbel in der mittleren BWS, wie bei osteoporotischen Einbrüchen

Entlassungsbericht der Rehabklinik Gars am Kamp vom 28.10.2015: rez. depress. Störung, ggw. mittelgradige Episode, Angststörung, sechswöchiger Rehabaufenthalt; diverse Therapien, Sozialkontakte, Erkennen und Ausdrücken eigener Gefühle, Stimmung gebessert; Saroten und Cymbalta ex, Wellbutrin neu; Weiterführung amb. Psychotherapie, Vorstellung FA für Psychiatrie

Knochenstoffwechseldiagnostikbefund des KH St. Pölten vom 24.11.2015:

Keilwirbelbildung der mittl. BWS; T-Score -1,8 bzw. -2,3; Knochenstoffwechselparameter im Normbereich; Osteopenie des ges. Achsenskeletts; Genese der Keilwirbelbildung unklar; Calciduran und Oleovit D3

Befundbericht der Orthopädin Dr. XXXX vom 21.12.2015:

Zu Beginn klagte er über einen rezidivierend auftretenden und über Stunden

andauernden Schwindel mit Übelkeit seit 14 Tagen. Zu einer Besserung käme

es durch ausreichend Schlaf....

Schmerzen in der HWS, rechts mehr als links, Bamstigkeitsgefühl

in allen 5 Finger an beiden Händen. Taubheitsgefühl im Gesicht

Schmerzen in beiden Knien..., Kurz-Reha in Mauer...

Nach Besserung der Beschwerden in der HWS kam es zu zunehmenden Schmerzen in der BWS und LWS.

geringe Bewegungseinschränkungen

Blockwirbel C3/4 und degenerative Veränderungen der übrigen HWS

Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule bei Z.n. abgelaufenen Morbus

Scheuermann

incipiente Arthrosen der Fingergelenke

Incipiente Gonarthrose bds

Fersensporn bds bei Fußfehlstellung

Osteopenie bei Vitamin D-Insuffizienz (eine Blutkontrolle in 02/16 beim FIA und

Kontrolle der Densitometrie in 2 Jahren empfohlen)

Hypophosphatämie

Die Therapie erfolgte mit Einleitung einer Therapie mit Caiciduran und Oleovit

Überweisung zur Physikalischen Therapie

Überweisung zur Rheuma-Ambulanz Stockerau

Röntgenbefund der Hände des Institut Frühwald vom 30.5.2016: Kleiner metallischer Fremdkörper im Bereich des Metacarpale III rechts

Diskrete Arthrosen im Radiocarpalgelenk und Rhizarthrose.

Sonst keine Auffälligkeiten.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: normal, Ernährungszustand: leicht adipös

Größe: 175,00 cm, Gewicht: 80,00 kg, Blutdruck: -----

Klinischer Status - Fachstatus:

Haut: Rosiges Kolorit, Sichtbare Schleimhäute: feucht, gut durchblutet

Kopf: Capilitium unauffällig, Augen: unauffällig, Gehör:

unauffällig, Hals: Schilddrüse palpatorisch unauffällig, schluckverschieblich, keine Lymphknoten palpabel

Thorax: symmetrisch, Herz: normofrequent, Herztöne rein und rhythmisch, Lunge: Vesikuläratmen

Abdomen: über Thoraxniveau, weich, kein Druckschmerz, Leber am Rippenbogen, Milz nicht palpabel, Darmgeräusche unauffällig

Nierenlager: nicht klopfdolent

Wirbelsäule: Becken- und Schulterstand gerade, Halswirbelsäule:

Nacken-Trapezius- Hartspann, Kinn-Jugulum-Abstand 2 QF, Rotation bds. 50°, Seitneigen bds. 40°, Brustwirbelsäule: Seitneigen bds. bis knapp über die Kniegelenke

Lendenwirbelsäule: nicht klopfdolent, Vorbeugen: FBA 25 cm bei durchgestreckten Kniegelenken, 0 bei gebeugten, Rückbeugen: 20°

Obere Extremitäten: Schultergelenke: Arme vorhalten und seitlich 160°, Nacken- und Schürzengriff bds. möglich, Ellenbogengelenke:

Beugung, Streckung und Unterarmdrehung unauffällig, Handgelenke und Finger: unauffällig, Grob- und Spitzgriff bds. durchführbar, Faustschluss bds. vollständig möglich, Kraftgrad 5 bds.

Untere Extremitäten: Keine Beinödeme, Fußpulse gut palpabel, Beinlänge seitengleich

Hüftgelenke: bds. S 0-0-130, R 40-0-20

Kniegelenke: bds. S 0-0-140

Sprunggelenke: bds. S 30-0-40, Zehen- und Fersenstand bds. möglich, Kraftgrad 5 bds.

Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt alleine, selbst gehend mit normalen Schuhen ohne Gehhilfe zur Untersuchung, kann sich alleine aus- und ankleiden.

Gangbild: unauffälliger, sicherer Gang

Status Psychicus: wach, voll orientiert, gut kontaktfähig, Stimmung gedrückt, Affekt negativ getönt, Antrieb vermindert, Ductus kohärent, Gedächtnis unauffällig, emotionale Kontrolle gut, soziale Funktionsfähigkeit gut

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

01

Somatisierende Depressio, Angststörung Wahl dieser Richtsatzposition bei affektiver und Angststörung mit sozialem Rückzug, bei Beeinträchtigung von Stimmung, Affekt und Antrieb, chronischem Schmerzsyndrom bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates, unterer Rahmensatz bei gutem Allgemeinzustand und Selbständigkeit im Alltag.

03.06.02

50%

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Erhöhung der führenden funktionellen Einschränkung um 1 Stufe bei Einbeziehung der funktionellen Einschränkung die sekundär erscheinen und durchwegs dem altersentsprechenden Normalbefund entsprechen, der Gesamt-Grad der Behinderung bleibt unverändert.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

-------

X Dauerzustand

......................."

Mit Schreiben vom 11.1.2017 wurde dem BF wurde dem ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% ausgestellt.

3. Am 11.8.2017 beantragte der BF die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sowie die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Dazu legte er medizinische Unterlagen vor.

4. Von der belangen Behörde wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Im Gutachten vom 21.12.2017 führte Dr. XXXX , FÄ für Neurologie und Psychiatrie, führte auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF im Wesentlichen aus:

".................................

Anamnese:

VGA 14 12 2016:

somatisierende Depressio, Angststörung.... chronisches

Schmerzsyndrom bei altersentsprechenden degenerativen

Veränderungen...... GdB 50%

Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung

Seit dem VGA 12/ 2016:

Psych Rehabilitation in Gars 4/2017

Wechsel Psychotherapeuten

keine zwischenzeitlichen anderen Spitalsaufenhalte oder Operationen

Derzeitige Beschwerden:

Er habe Depressionen und Panikattacken, die Stimmung ist schlecht, traurig, kurz ‚vor dem Weinen'. Die Panikattacken kommen völlig unvermittelt 2-3x/ Monat ohne Auslöser, es komme einfach- die Attacken halten von 1 Stunde bis 6 Stunden an.

Er habe Dauerschmerzen in der HWS und den Fingerspitzen, Handgelenken, Knie, Hüfte und LWS. Von Zeit zu Zeit lasse das rechte Bein aus und knicke weg. Es gäbe ihm einen Stich im Bein und dann lasse es aus.

Er habe auch Panikattacken und Kontrollverlust in den ÖVM

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Wellbutrin 300 1-0-0, Zoldem b. Bed.: manchmal wochenlang nicht, dann wieder jeden Tag, Novalgin Tropfen b. Bed: 20-30gtt ca. 2-3x/ Woche, Oleovit gtt., Calciduran , Lisinopril

Nervenfachärztliche Behandlung 1x/ Monat bis 1x alle 3 Monate

Psychotherapie bis Sommer 17 regelmäßig, dann nur mehr sporadisch

Sozialanamnese:

VS, HS, Stahlbauschlosser, Elektriker, Elektroinstallateur mit LAP, dann verschiedene

Tätigkeiten, großteils kurze Arbeitsverhältnisse, zuletzt 4 a bei einer Firma

(Netzwerkverkabelung) tätig. Letzte Tätigkeit 2012, dann Krankenstand und AMS.

Krankheitsbedingte Pension wurde 2x abgelehnt

Geschieden, alleine lebend, 1 Tochter (21a) - sporadischer Kontakt.

Hobbys: Motorradfahren - er versuche es

soziale Kontakte: "ein paar"

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Arztbrief Psych Rehab Gars am Kamp 11 04- 06 06 2017:

Diagnosen:

F33.1 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode F41.9 Angststörung, nicht näher bezeichnet, Angst o.n.A.

F40.2.Spezifische (isolierte) Phobien, Akrophobie, Einfache Phobie, Klaustrophobie, Tierphobien Bestätigung Psychologin Dr. XXXX : Herr XXXX war vom 8.2.2013 bis 15.5.2017 mein Klient (Abschluss wegen einer schweren Erkrankung meinerseits). Er war von Frau Dr. XXXX an mich überwiesen worden. Die Krankengeschichte ist aufgrund mehrerer Krankenhausaufenthalte, Rehab- Aufenthalte und ambulanten Behandlungsversuchen mit entsprechenden Befunden belegbar.

Die Panikattacken sowohl beim Zugfahren, Busfahren und Mitfahren im Auto waren in dieser Zeit nicht behandelbar - lediglich Selbstfahren, auch über weite Strecken und auch in die Arbeit nach Schiltern konnten erreicht werden!

Befund Orthopädin Dr. XXXX 20 01 2016: Blockwirbel C3/4 und degenerative Veränderungen der übrigen HWS, Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule bei Z.n. abgelaufenen Morbus Scheuermann, Incipiente Arthrosen der Fingergelenke, Incipiente Gonarthrose bds, Fersensporn bds bei Fußfehlstellung, Osteopenie bei Vitamin D-Insuffizienz (eine Blutkontrolle in 02/16 beim HA und Kontrolle der Densitometrie in 2 Jahren empfohlen), Hvpophosphatämie

Arztbrief Psych Rehab Gars 16 09- 28 10 2015: Diagnose:

Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Angststörung

Kochenstoffwechsel 2. Med. Uk St. Pölten 16 11 2015: Densitometrisch ergibt sich eine Osteopenie des gesamten Achsenskeletts. Die radiologisch festgestellten

Keilwirbelbildungen im mittleren BWS-Bereich unklarer Genese (porotisch, St. p. Morbus Scheuermann), Vitamin D-insuffizienz, Hypophosphatämie, Leicht erhöhter Testosteronwert.

BWS und LWS Röntgen 04 05 2015: Fehlhaltung. Deformierende Spondylose.

Bandscheibenschädigungen wie beschrieben. Keilwirbel in der mittleren BWS, wie bei osteoporotischen Einbrüchen.

Arztbrief LK Mauer Neurologie 26 03- 09 04 2015: Cervicobrachialgie rechts bei degenerativer Wirbelsäulenveränderung, Depressio

MRT HWS 11 03 2015: Blockwirbelbildung C3/4, mäßige Spodylose,

Ostechondrose, .... Protrusionen geringe Vertebrostenose..... kein

Hinweis auch höhergradige Vertebrostenose mit Kompression neuraler Strukturen oder Prolaps

HWS Röntgen 02 02 2015: Blockwirbelbildung des C3 und C4. Mäßig degenerative Veränderungen der unteren HWS.

Röntgen Hand und Handgelenk bds. 15 10 2014: Geringe Radiocarpalarthrose, diskrete Rhizarthrose. Minimale Arthrosen im Bereich einzelner Fingergelenke.

Ulnaplusvariante. Sonst nativradiologisch keine Auffälligkeiten im untersuchten Bereich.

Befund Physikal. FA Dr. XXXX 09 09 2014: Diagnose: akutes Thorakalsyndrom Ii., - chron.

Cervikalsyndrom, Osteochondrosen C4-C6, Protrusionen und Neuroforamenstenosen C4-

C6, starker Rundrücken, chron. Lumboischialgie, NB: Susp, femoroacetabulares

Impingement bds., geringe Coxarthrosen bds., Fersensporn bds. susp., incip. Gonarthrosis bds., Depressio seit 05/2012

MRT Hüfte 09 10 2013: Abgeflachter Femurkopf und geringe Randzacken beidseits als Hinweis auf sekundär geringes CAM-Impingement. Cystische Labrumdegeneration rechts mehr als links. Äußerst diskreter Gelenkserguss beidseits, rechts etwas mehr als links. Zeichen einer Bursitis trochanterica beidseits.

LWS; Becken, Fuß, Handröntgen 02 08 2013: Achsendeviation der linken Wirbelsäule, geringe Spondylosen sowie Spondylarthrosen.

Geringe bilaterale Coxarthrose, deutliche CAM-Konfiguration des Hüftkopfes,

kleiner herniation pit am Schenkelhals rechts. Dorsale

Fersenspornbildungen beidseits, sonst keine Auffälligkeiten. Hände:

Altersgemäßer, unauffälliger Befund.

Knie- und Handröntgen 25 09 2012: Geringe Rhizarthrose. Geringe Radiocarpalarthrose. Sonst nativradiologisch unauffälliger Befund.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: 48-jähriger in gutem AZ, Ernährungszustand: gut,

Größe: 175,00 cm, Gewicht: 80,00 kg, Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Stuhl: eher weich, Miktion: nachtröpfeln, Händigkeit: rechts

Neurologisch: Hirnnerven:

Geruch: anamnestisch unauffällig

Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung

Visus: Brille

Pupillen mittelweit, rund isocor

Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner

Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit

Sensibilität: unauffällig

Hörvermögen anamnestisch unauffällig,

Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich

Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch

Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig

OE: Rechtshänder, Kraft: seitengleich unauffällig, Trophik:

unauffällig, Tonus: unauffällig

Motilität: Nacken und Schürzengriff: nicht eingeschränkt

Seitabduktion bds. knapp bis zur Senkrechten

Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar

Pinzettengriff: bds. möglich

Feinmotorik: ungestört

MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich, mittellebhaft,

Pyramidenbahnzeichen: negativ, Hypodiadochokinese bds.

AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation, FNV:

zielsicher bds.

Sensibilität: wird bds. an den Fingerspitzen etwas reduziert angegeben

UE: Kraft: seitengleich unauffällig,Trophik: unauffällig, Tonus:

unauffällig

Motilität: nicht eingeschränkt

PSR: seitengleich mittellebhaft, ASR: seitengleich mittellebhaft,

Pyramidenbahnzeichen: negativ, Laseque: negativ,

Beinvorhalteversuch: kein Absinken, Knie-Hacke-Versuch: zielsicher bds., Sensibilität: seitengleich unauffällig, Stand und Gang:

unauffällig

Romberg: unauffällig, Unterberger Tretversuch: unauffällig, sicher, kein Abweichen, keine Falltendenz, Zehen- und Fersenstand:

unauffällig

Sprache und Sprechen: unauffällig

Gesamtmobilität - Gangbild: kommt alleine, frei gehend zur Untersuchung, hinkend in wechselnder Ausprägung, Bewegungen langsam und vorsichtig, bedächtig, stützt sich beim Aufstehen ab.

Führerschein: ja

kommt mit eigenem PKW

An/ Auskleiden der Schuhe und Socken selbstständig

Status Psychicus:

Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus:

geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage leicht gedrückt, stabil, in beiden Bereichen affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

01

Chronisches Schmerzsyndrom, depressive Störung, Somatisierungsstörung, Neigung zu Panikattacken, Abnützungen des Bewegungsapparates

 

 

Stellungnahme zu gesundheitliche Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Keine Änderung zum VGA 12/2016

X Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind zumutbar, der sichere Transport ist möglich. Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Funktionen vor. Insbesondere ist auch eine spezifische erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die angegebenen auch situationsunabhängigen Panikattacken nicht nachvollziehbar.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

......................................."

5. Mit Bescheid vom 4.1.2018 wurde beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Bescheidbegründung darstelle. Hingewiesen wurde darauf, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nicht abgesprochen werde, da dafür die grundsätzliche Voraussetzung der Gewährung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würde.

6. Mit Schriftsatz vom 20.2.2018 erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 4.1.2018 zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Unter Bezugnahme auf die Verordnung des Bundesministeriums für Arbeits-Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpassen und Parkausweisen wurde auf die bestehenden Diagnosen phobische Angststörung mit Klaustrophobie und Soziophobie verwiesen. Der BF stehe bereits seit zumindest Februar 2013 in fachärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung und erhalte dort fachkompetente therapeutische Behandlung unter Medikamentation. Der BF erfülle die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung wegen psychischer, neurologischer und intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen in Sinne des Gesetzes. Es sei der angefochtene Bescheid zu beheben in eventu nach Bescheidbehebung die Sache zur neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen.

7. Am 28.2.2018 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Auf Grund des Beschwerdevorbringens wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Gutachten eingeholt. Basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF wurde im Gutachten von Dr. XXXX , Nervenfachärztin, vom 28.5.2018 Nachfolgendes ausgeführt:

"............................................

Vorgutachten:

Dr. XXXX . FA für Neurologie, 21.12.2017: chronisches Schmerzsyndrom, depressive Störung, Somatisierungsstörung Panikattacken, Abnützungen des Bewegungsapparates gleichbleibend zum Vorgutachten 12/2016. Die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht gegeben, da keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vorlagen, die angegebenen situationsunabhängigen Panikattacken nicht nachvollziehbar waren.

Dr. XXXX , Allgemeinmedizin, 14.12.2016: somatisierende Depressio Angststörung mit

50% GdB bewertet.

Subjektive Angaben bezüglich Einspruch:

Es liege unter anderem als Diagnose eine phobische Angststörung mit Klaustrophobie und Soziophobie vor. Er sei seit zumindest Februar 2013 in fachärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung.

Anamnese:

Er habe auch situationsunabhängige Panikattacken, aber auch im Zug, Bus und seit 2 Jahren auch im Lift. Im Prinzip sei es alles, was er nicht selbst in der Hand hat. Auch im Auto mitfahren könne er nur mit ganz wenigen Leuten. Depressionen habe er sowieso. Es gäbe auch manische Phasen, die man aber meistens übersehen hat, wenn es ihm gut geht, gehe er zu keinem Doktor. Er habe einen großen Grund und in der Zeit muss alles dann an einem Tag passieren was sonst eine Woche dauert. Dann bringe er wieder gar nichts zusammen. Auch nicht, wenn er sich einen Plan macht. Menschenmassen vermeidet er, wenn es sein muss, dann nur neben der Tür, ohne dass etwas im Weg steht, sodass er flüchten kann. Konzerte und solche Sachen meide er. Er habe es schon versucht, aber es gehe jedes Mal schief, er flüchte blitzartig. Einkaufen gehe er nur dann, wenn nicht viele Leute sind, zum Beispiel kurz vor dem Zusperren. Es gibt ein paar Leute, mit denen er was unternimmt, aber auch nur

Motorradfahren. Er sei Spezialist für im Kreis denken, das sei beim Motorradfahren weg. Er wache nicht erholt auf und schlafe jetzt fast schon zu viel.

Jetzige Beschwerden:

Er habe einen Blockwirbel C4, und Bandscheibenvorwölbungen im Halswirbelbereich, Ameisenkribbeln strahle verschieden bis in die Fingerspitzen beidseits aus und eine Skoliose und Keilwirbel in der Lendenwirbelsäule, Zysten in den Hüftgelenken, Arthrosen in den Finger. Er könne gar nicht sagen, wann er zuletzt schmerzfrei war. Im Herbst und Frühjahr sei es ganz schlimm.

Therapie

Depakine ab heute, Zoldem bei Bedarf, Novalgin Tropfen bei Bedarf, Calciduran, Oleovit D3, Lisinopril 5mg, Einzelpsychotherapie

Sozialanamnese:

Geschieden, alleine lebend, 1 Tochter, Elektriker seit 2012 zu Hause jetzt AMS

Befunde:

Dr. XXXX , Bestätigung über Betreuung von 8.2.2013-15.5 2017 (Abschluss wegen einer schweren Erkrankung ihrerseits), Panikattacken beim Zugfahren, Busfahren und Mitfahren im Auto, nicht behandelbar

Dr. XXXX , FA für Neurologie und Psychiatrie, 02.02.2018: chronische Major Depression,

Dysthymie, affektive Instabilität, Phobien (starke Sozialphobie) und Panikstörung. Die Benützung öffentlicher Räume einschließlich Verkehrsmittel ist zunehmend und stark beeinträchtigt.

Gars am Kamp, Reha, 10.07.2017: rezidivierende depressive Störung, Angststörung, spezifische Phobien, Klaustrophobie Mitgebrachter

Befund:

Dr. XXXX , FA für Neurologie und Psychiatrie, 30.04.2018:

psychiatrisch multimorbid bipolar affektive vorwiegend depressive Störung Angst-/Panikstörung und schwere Sozialphobie sowie kombinierte PES, Psychophysische Beeinträchtigung, Discopathie der HWS und LWS, radikuläre Schmerzen Coxalgie, längeres Stehen oder Gehen beschwerlich

Status: 48-jähriger Mann kommt allein gehend,

SCHÄDEL/WS: Keine äußeren Auffälligkeiten, Schädel frei beweglich, kein

Meningismus, Finger-Bodenabstande 40cm, Carotiden unauffällig,

HIRNNERVEN:

Geruchsempfinden wird als normal angegeben,

Gesichtsfeld fingerperimetrisch frei, Pupillen rund, isocor,

Lichtreaktion direkt und indirekt prompt auslösbar,

Bulbusmotilität ungestört, kein pathologischer Nystagmus,

Gesichtssensibilität ungestört, mimische Muskulatur seitengleich normal innerviert,

Fingerreiben und Normalsprache wird seitengleich verstanden.

OBERE EXTREMITÄTEN:

Keine pathologische Tonunssteigerung

Die grobe Kraft ist seitengleich normal. Beim Armvorhalteversuch kein Absinken.

Der MER sind seitengleich auslösbar. Pyramidenzeichen sind nicht auslösbar.

Untere EXTREMITÄTEN:

Keine pathologische Tonussteigerung

Beim Positionsversuch kein Absinken, Kraft seitengleich normal

Die PSR und ASR sind seitengleich auslösbar. Pyramidenzeichen sind nicht auslösbar.

SENSIBILITÄT: zeitweise Ameisenkribbeln beider Arme bis in die Fingerspitzen

KOORDINATION:

Keine Ataxie beim FNV und KHV. Eudiadochokinese, Feinmotilität unauffällig.

Freies Sitzen möglich.

Romberg und Unterberger Versuch: keine Auffälligkeiten

BLASE: unauffällig

Gesamteindruck- Gangbild

Unauffälllig, beobachterer Weg zum eigenen PKW: unauffälliges Gangbild

Status Psychicus:

Allgemeintempo unauffälllig,

Konzentration, Aufmerksamkeit und Auffassungsvermögen unauffälllig,

Spontan- und Konversationssprache unauffällig

Alt- und Kurzgedächtnis sind ungestört, Stimmungslage gedrückt Ductus kohärent, Gedankenkreisen die Affektlage ist flach, Affizierbarkeit gegeben

Beurteilung bzw: Stellungnahme zu Vorschreibung

1. bipolar affektive vorwiegend depressive Störung Angst-/Panikstörung und schwere

Sozialphobie sowie kombinierte PES, Psychophysische Beeinträchtigung,

2. Discopathie der Hals- und Lendenwirbelsäule mit radikulären Schmerzen, Coxalgie

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten vor, die Gehstrecken ist nicht eingeschränkt.

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

Es liegen keine anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems vor.

Es liegen erhebliche psychische Einschränkungen im Sinn einer Klaustrophobie und

Sozialphobie mit jahrelanger Behandlung vor. Diese Einschränkungen werden in der Anamnese glaubhaft geschildert und mit Befunden (Dr. XXXX , Bestätigung über Betreuung von 8.2.2013-15.5., Dr. XXXX , FA für Neurologie und Psychiatrie, 02.02.2018, 30.04.2018: schwere Sozialphobie, Gars am Kamp, Reha, 10.07.2017: Klaustrophobie) untermauert.

Aus diesem Grund ergibt sich abweichend zum SV-Gutachten Dr. XXXX 21.12.2017, in dem die situationsunabhängigen Panikattacken nicht nachvollziehbar waren folgende Einschätzung:

Auf Grund der psychischen Einschränkungen sind die medizinischen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erfüllt.

..........................................."

8. Die Parteien wurden mit Schreiben vom 4.6.2018 über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung zum Gutachten schriftlich Stellung zu nehmen. Die Parteien sahen von einer Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF hat seinen Wohnsitz im Inland. Der BF verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

1.2. Mit Antrag vom 11.8.2017 beantragte der BF die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Dazu wurde von der belangten Behörde das oben wiedergegebene ergänzende Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , vom 21.12.2017 eingeholt. Gestützt auf das eingeholte medizinische Gutachten, in dem die Gesundheitsschädigungen des BF aus medizinischer Sicht als keine erheblichen Einschränkungen des BF im Hinblick auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel bewertet wurden, wies die belangte Behörde die beantragte Zusatzeintragung des BF zur "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" mit Bescheid vom 4.1.2018 ab.

1.3. Mit Beschwerde vom 20.2.2018 bekämpfte der BF die Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Das Bundesverwaltungsgericht hat im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen des BF das oben wiedergegebene medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Nervenfachärztin, vom 28.5.2018, das auf einer persönlichen Untersuchung des BF beruhte, eingeholt. Die genannte Sachverständige stellte im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmitteln fest, dass beim BF erhebliche psychische Einschränkungen auf Grund seiner Klaustrophobie und Sozialphobie mit jahrelanger Behandlung vorliegen.

1.4. Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen des BF im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde in dem oben wiedergegebenen, schlüssigen Sachverständigengutachten vom 28.5.2018 von Dr. XXXX , Nervenfachärztin, das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholt wurde, ausführlich und nachvollziehbar Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die medizinische Sachverständige, Dr. XXXX , Nervenärztin, hat im Gutachten vom 28.5.2018 nachvollziehbar dargelegt, dass beim BF erhebliche psychischen Einschränkungen im Sinne einer Klaustrophobie und Sozialphobie mit jahrelanger Behandlung vorliegen. Diese erheblichen Einschränkungen wurden vom BF nachvollziehbar dargestellt und konnten mit den vorgelegten Befunden objektiviert werden. Auf Grund dieser Ergebnisse bei der persönlichen Untersuchung des BF ist dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Gegen die schlüssigen und ausführlichen Erörterungen der Gutachterin Dr. XXXX , Nervenfachärztin, vom 28.5.2018 wurden auch im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen erhoben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

3.1. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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