Entscheidungsdatum
26.11.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W201 2207826-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ, vom 13.09.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Einlangend am 01.06.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Ein Konvolut an medizinischen Unterlagen legte sie dem Antrag bei.
2. Es erfolgte eine persönliche Untersuchung der Beschwerdeführerin durch einen Facharzt für Orthopädie. Das mit 10.08.2018 datierte Sachverständigengutachten enthält auszugsweise:
"Derzeitige Beschwerden:
? " Der rechte Fuß macht nicht so wie ich will, das Abrollen ist nicht gut möglich. Hilfsmittel beim Gehen verwende ich nicht. Ich habe wechselnde Schmerzen, manchmal bis zum Gesäß, manchmal bis zur Wade."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
? Pregabalin,Duloxetin,Pantoloc,Tramal gtt, Novalgin gtt. bei Bedarf. Manchmal Saroten.
Klinischer Status - Fachstatus:
? Caput unauffällig,Collum o.B., HWS in R 60-0-60, F 20-0-20, KJA 1 cm, Reklination 14 cm. BWS-drehung 30-0-30, normale Lendenlordose, Schober 10/14 cm, FKBA 25 cm,
Seitneigung bis 10 cm ober Patella. Kein Beckenschiefstand. Thorax symmetrisch, Abdomen adipös.
? Beide Schultern in S 40-0-180, F 180-0-50, R bei F90 70-0-70, Ellbögen 0-0-135, Handgelenke 60-0-60, Faustschluß beidseits frei. Nacken-und Kreuzgriff möglich. Hüftgelenke in S 0-0-110, F 40-0-30, R 35-0-20, Kniegelenke beidseits 0-0-130, Sprunggelenke 10-0-45 zu links 20-0-50.
Gesamtmobilität - Gangbild:
? Gang in Sandalen ohne Gehbehelf frei und sicher durchführbar
? Zehenspitzenstand beidseits ungestört, Fersenstand links gut möglich, rechts erschwert, aber möglich.
Status Psychicus:
Normale Vigilanz, adäquate Fragenbeantwortung.
Ausgeglichene Stimmungslage.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
2
Zustand nach Fundoplicatio und Gastritis
Stellungnahme
zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Wirbelsäulenleiden im Vergleich zu VGA 2/2018 gebessert
?
Dauerzustand
1
Nachuntersuchung 02/2019 - weil noch weitere Besserung zu erwarten
1. Zumutbarkeit
der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein-und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet. Es bestehen keine dauerhaften Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder neurologischer Funktionen.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Bei der klinischen Untersuchung ergaben sich keine relevanten, dauerhaften Einschränkungen der Sensomotorik. Alle Haltegriffe können erbracht werden.
Gehbehelfe werden auch nach den eigenen Angaben der Probandin nicht verwendet. "
3. Mit Stellungnahme vom 02.09.2018 zum Ergebnis des Gutachtens erklärte die Beschwerdeführerin grundsätzlich die öffentlichen Verkehrsmittel benützen zu können, jedoch müsste sie bis zur nächsten Einstiegsstelle einer Buslinie einen Fußweg von 900 Metern zurücklegen. Darüber hinaus habe sich im Gegensatz zu den Feststellungen im Gutachten ihr Wirbelsäulenleiden nicht gebessert.
4. Mit Ergänzung des Gutachtens vom 13.09.2018 stellte der Sachverständige fest, dass sich aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin nach nochmaliger Durchsicht der Befunde keine Änderung des Kalküls ergebe.
5. Mit Bescheid vom 13.09.2018 wies das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ (in weiterer Folge: belangte Behörde) den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab.
Begründet wurde die Abweisung mit dem Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.
6. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 11.10.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 16.10.2018) Beschwerde. Begründend verwies die Beschwerdeführerin auf ihr Vorbringen in der Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sowie auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts betreffend ihren Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten. Sie wiederholte, dass sie grundsätzlich öffentliche Verkehrsmittel benützen könnte, dass jedoch der Fußweg zur nächsten Bushaltestelle etwa 900 Meter sei.
6. Mit Schreiben vom 17.10.2018 übermittelte die belangte Behörde den Beschwerdeakt an das Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und stellte einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Die Beschwerdeführerin gehört aufgrund der Feststellung eines Grades der Behinderung von 60 v.H. dem Personenkreis der begünstigten Behinderten nach dem BEinstG an.
1.2. Die Beschwerdeführerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die begehrte Eintragung in den Behindertenpass. Im Rahmen des Gutachtens wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin frei und sicher ohne Gehbehelf in Sandalen gehen kann. Es besteht auch keine Mobilitätseinschränkung. Der sichere Transport sowie das Aus- und Einsteigen sind möglich. Es liegen keine dauerhaften Einschränkungen der unteren Extremitäten oder neurologischer Funktionen vor. Gehbehelfe werden von der Beschwerdeführerin nicht verwendet, sämtliche Haltegriffe können erbracht werden. Es liegen keine dauerhaften relevanten Einschränkungen vor.
2. Beweiswürdigung:
Die österreichische Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin keine dauerhaften Beeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten vorliegen, gründet sich auf die seitens der belangten Behörde eingeholten ärztlichen auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin basierenden Sachverständigengutachten vom 10.08.2018 sowie vom 13.09.2018.
In den Gutachten wird auf die Art der aktuellen Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.
Die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Beschwerdeführerin ist den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Von der Beschwerdeführerin wurden vielmehr die vorliegenden Gutachten bestätigt, da die Beschwerdeführerin wiederholt vorbrachte, dass es ihr grundsätzlich möglich ist öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Lediglich der Fußweg zur nächsten Bushaltestelle von 900 Metern sei ihr zu weit.
Das Beschwerdevorbringen war somit nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin zumutbar ist, zu entkräften. Von der Beschwerdeführerin sind keine Beweismittel vorgelegt worden, welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens hätten begründen können.
Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Die vorgelegten Befunde wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Im Beschwerdefall liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
§ 46 BBG lautet:
Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen.
In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).
Zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird auf die obigen Erörterungen verwiesen.
Im vorliegenden Fall wurde in den eingeholten Sachverständigengutachten festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, da keine erhebliche Einschränkung der Mobilität vorliegt und unter Berücksichtigung der vorhandenen Befunde eine erhebliche Einschränkung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Ausmaß und Art der vorgebrachten Leiden ebenfalls nicht begründbar ist. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin selbst wiederholt bestätigt.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin nicht ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der eingeholten, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen Sachverständigengutachten geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen, zumal ein solcher Antrag weder in der Beschwerde noch von der belangten Behörde gestellt wurde.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2207826.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.02.2019