TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/7 I413 2128406-1

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Veröffentlicht am 07.12.2018
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Entscheidungsdatum

07.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I413 2128406-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. IRAK, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Vorarlberg vom XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. wie folgt lautet: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 01.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass aufgrund der herrschenden Kämpfe zwischen Sunniten und Schiiten die Sicherheit nicht mehr gegeben gewesen sein. Um einer Rekrutierung durch sunnitische Milizen zu entgehen, sei er geflüchtet. Er möchte weder kämpfen, noch getötet werden. Er sei ein friedfertiger Mensch. Persönlich verfolgt oder bedroht werde er in seiner Heimat nicht. Dies sei sein einziger Flucht- und Asylgrund. Er habe keine anderen religiösen, ethnischen oder politischen Flucht- und Asylgründe.

2. Am 11.03.2016 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen. In dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer, befragt zu seinen Fluchtgründen, an, er sei am 05.01.2014 von Milizen entführt worden. Seine Familie hätte Lösegeld bezahlen müssen, hierdurch habe sein Vater das Haus und das Auto verkaufen müssen, um das Lösegeld zu bezahlen. Als er freigekommen sei, sei er zwei Tage bei seiner Schwester geblieben bis er alles organisiert habe, er habe dann das Land in Richtung Türkei verlassen. In der Türkei habe er um Asyl angesucht, habe aber nicht dortbleiben wollen. Andere Gründe die Heimat verlassen zu haben, habe er nicht.

3. Mit Bescheid vom XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 02.06.2016 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 14.06.2016 (bei der Behörde eingelangt am 15.06.2016). In dieser Beschwerde gab der Beschwerdeführer an, dass er seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung von privater Seite mangels der Fähigkeit seines Heimatstaates ihn vor Übergriffen zu schützen verlassen habe. Im Falle seiner Rückkehr habe er mit unmenschlicher Behandlung zu rechnen und sei sein Leben und seine Unversehrtheit in Gefahr. Seine persönliche Verfolgung gehe auf einen Vorfall aus dem Jahr 2014 zurück, als er von unbekannten Personen entführt worden sei. Seine Familie habe das Verbrechen und seine Entführung unverzüglich bei der Polizei zur Anzeige gebracht, habe aber trotzdem Lösegeld bezahlen müssen, um ihn zu befreien. Im Übrigen verwies die Beschwerde auf eine in arabischer Sprache verfasste Beilage. Der Beschwerdeführer beantragte, "die Rechtsmittelbehörde möge erstens den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 01.07.2015 Folge gegeben und ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, zweitens in eventu den angefochtenen Bescheid der ersten Behörde dahingehend abzuändern, dass ihm gemäß § 8 Abs 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt werde, drittens in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstinstanz zurückzuverweisen, viertens jedenfalls die gegen ihn in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Rückkehrentscheidung in den Irak aufzuheben und fünftens eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuberaumen.

5. Mit Schriftsatz vom 15.06.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, teilte mit, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters aus dienstlichen und personellen Gründen an einer anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht möglich sei und beantragte dessen unbeachtet die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und um Übersendung eines aufgenommenen Verhandlungsprotokolls.

6. Am 22.06.2016 beauftragte das Bundesverwaltungsgericht Martina FAHRHART, MA, mit der Übersetzung der arabischsprachigen Beilage zur Beschwerde. Diese Übersetzung langte am 04.07.2016 ein.

7. Mit Schreiben vom 11.08.2016 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Kursbestätigung der Caritas Flüchtlingshilfe über den Besuch des Kurses "Lesen und Schreiben II" vom 28.07.2016.

8. Am 14.02.2017 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Kursbesuchsbestätigung (Kurs A1.2) der Caritas vom 10.02.2017.

9. Mit E-Mail vom 23.04.2018 informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht, dass für den Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung (Lehre) für die Firma XXXX vom 16.04.2018 bis 15.07.2021 durch das AMS XXXX ausgestellt worden sei. Diese E-Mail hängt die Meldung des AMS vom 13.04.2018 an.

10. Am 02.10.2018 legte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers dem Bundesverwaltungsgericht die Vollmacht vom 02.10.2018, eine Kursbestätigung des Kurses "Deutsch als Fremdsprache" (Kurs B1.1) mit 60 Unterrichtseinheiten vom 12.04.2018, die Prüfungsergebnisse vom 13.02.2018 betreffend Deutsch A2 Grundstufe und den Lehrvertrag vom 24.04.2018 zwischen dem Lehrberechtigten Nimet BAYKA und dem Beschwerdeführer als Lehrling vor.

11. Mit Stellungnahme vom 11.10.2018 nahm die Rechtsvertretung für den Beschwerdeführer zu dem Länderinformationsblatt Irak vom 24.08.2018 Stellung.

12. Am 29.11.2018 fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. In dieser mündlichen Verhandlung wurden der Beschwerdeführer als Partei und die Zeugin Eveline XXXX </nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>einvernommen und die allgemeine Lage, sowie die in Bezug auf den Beschwerdeführer relevanten Teile des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation für den Irak vom 20.11.2018 erörtert wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger des Irak, stammt aus Samarra und bekennt sich zum muslimischen Glauben, sunnitisches Bekenntnis. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal mit gültigem Reisedokument aus dem Irak in die Türkei aus und gelangte schlepperunterstützt nach Österreich. Er hält sich mindestens seit 01.07.2015 in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus dem Vater XXXX, lebt im Irak. Ein Bruder, Omar, lebt derzeit in der Bundesrepublik Deutschland.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Lebensgefährtin hat.

Der Beschwerdeführer besuchte die Schule bis zur fünften Schulstufe. Er arbeitete anschließend als Verkäufer in einem Kleidergeschäft. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung im Irak und den in Österreich nunmehr erlernten Fertigkeiten hat er eine Chance auch hinkünftig im irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, und zwar gegenwärtig die Unterbringung. Bis 30.04.2018 bezog er zudem aus der staatlichen Grundversorgung in Form von Taschengeld, Verpflegung, Krankenversicherung und Unterbringung. Zudem erhielt er auch Bekleidungshilfe. Aufgrund der Beschäftigungsbewilligung (Lehre) für die Firma XXXX vom 16.04.2018 bis 15.07.2021 befindet sich der Beschwerdeführer aktuell in einer Lehre für Friseur und Perückenmacher. Der Beschwerdeführer bringt im Rahmen der Lehre Euro 431,00 an Lehrlingsentschädigung ins Verdienen. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende maßgebliche Integrationsmerkmale auf: Er spricht gut Deutsch auf dem Sprachniveau A2, steht in einem Lehrverhältnis betreffend den Lehrberuf Friseur und Perückenmacher und ging in der Vergangenheit dreimal gemeinnützigen Tätigkeiten nach. Im Zeitraum 11.08. bis 13.08.2017 nahm er bei der Wolfurttrophy 2017 als freiwilliger Helfer teil, wo er während der Veranstaltung Getränke für die Spieler geholt, aufgeräumt und sonst mitgeholfen hatte. Er beteiligte sich ehrenamtlich beim Projekt "Umbau des Pfarrhauses", indem er über zwei Tage Bauschutt aus dem Pfarrhaus hinausschaffte, und - ebenfalls 2018 - einen freiwilligen Helferdienst im Rahmen des Wolfurter Pfadfinderflohmarktes 2018 zugunsten einer Organisation für Behinderte vom 01. Bis 10.03.2018 teilgenommen hat. Der Beschwerdeführer konnte einen Freundes- bzw Bekanntenkreis in XXXX aufbauen, wobei nicht festgestellt werden kann, dass diese persönlichen Beziehungen über die Intensität von Grußbekanntschaften hinausgehen. Zu Eveline

XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> hat der Beschwerdeführer eine besondere persönliche Beziehung. Sie unterstützt den Beschwerdeführer und ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Beschwerdeführer die vorgenannten Integrationsschritte vorgenommen hat. Sie ermutigte ihn auch dazu, eine Lehre zu beginnen. Eine maßgebliche Integration in sozialer und beruflicher Hinsicht des Beschwerdeführers in Österreich besteht nicht.

1.2. Zu den Fluchtgründen

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat durch Milizen entführt und bedroht worden wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer hat den Irak aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Irak

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, zB den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt MOSUL, Hauptstadt der Provinz NINAWA, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von MOSUL.

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei. Seitdem befindet sich der IS in einem taktischen Wandel, indem er sich auf die ländlichen Regionen des Landes fokussiert und dort versucht die Kontrolle zurückzuerlangen. Zugleich verstärkt er seine Konfrontation mit Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden IS-Angriffe vermehrt in Bagdad statt, wobei eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben festzustellen ist (Joel Wing 6.10.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren irakische Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang, mit dem Ziel, eine Etablierung des IS zu verhindern und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Betreffend vormals von IS kontrollierte ländliche Gebiete, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu IS-Angriffen (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018) und zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. In vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen.

Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.09.2017 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Die zentral-irakische Armee hat nunmehr die zwischen Kurden und Zentralregierung umstrittenen Gebiete größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht (AA 12.2.2018).

Im Zentralirak stehen Städten und größere städtische Agglomerationen unter staatlicher Kontrolle, während in ländlichen Gebieten - obwohl nicht mehr unter Kontrolle des IS - mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Der Zentralirak ist nach wie vor ein Stützpunkt für den IS. In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta'mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018). Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stützpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz Diyala, in Süd-Kirkuk, Nord- und Zentral-Salah-al-Din tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entführt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Dennoch blieb die Sicherheitslage im November 2018 relativ stabil (Joel Wing 16.11.2018). Nach jüngsten Berichten nahm die Gewalt in der letzten Novemberwoche 2018 deutlich ab. Auch im Zentralirak nahm die Zahl der Vorfälle signifikant ab (Joel Wing 30.11.2018).

Quelle:

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Joel Wing, 30.11.2018, Security In Iraq Nov 22-28, 2018, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/11/security-in-iraq-nov-22-28-2018.html

-

Joel Wing, 16.11.2018, Security In Iraq Nov 8-14, 2018, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/11/security-in-iraq-nov-8-14-2018.html

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CIA Factbook, Iraq,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html

Länderinformationsblatt für den Irak

Samarra ist die wichtigste Stadt innerhalb des Salah al-Din-Gouvernements, welches nördlich von Bagdad liegt. Dieses Gouvernement liegt im sog Sunniten-Dreieck, einer dicht bevölkerten Region nördlich von Bagdad, in welchem überwiegend Araber sunnitisch-muslimischen Glaubens leben. Die Stadt Samarra liegt innerhalb dieses Gebiets. Die Region war das Zentrum der Unterstützung des früheren irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein, welcher, wie zahlreiche politische und militärische Führer dieses Regimes aus dieser Gegend stammte. Nach 2003 wurde diese Gegend bekannt als Gebiet der bewaffneten sunnitischen Opposition gegen die internationale Koalition. Obwohl Samarra für seine schiitischen Heiligtümer bekannt ist - die Stadt beherbergt die Grabstätten einiger schiitischer Imame - wird die Stadt traditionell und auch heute noch von sunnitischen Arabern dominiert. Während des irakischen Krieges entstanden Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten. Am 22.02.2006 wurde die goldene Kuppel der al-Askari Moschee bombardiert, welche zu einer Periode der Repression und der Plünderungen führte, die mutmaßlich zu hunderten Todesopfern führte. Am 13.06.2007 wurde die Moschee erneut attackiert und die Minarette zerstört. Am 12.07.2007 wurde schließlich auch der Uhrturm dieser Moschee zerstört. Todesopfer wurden keine verzeichnet. Der schiitische Führer Muqtada al Sadr rief zu friedlichen Demonstrationen und zu einer dreitägigen Trauer auf. Er gab öffentlich seine Meinung bekannt, dass kein arabischer Sunnit hinter diesen Anschlägen stehe, obwohl Hinweise auf sunnitische Attentäter von Al-Quaida gemäß der New York Times bestanden. Seit diesen Anschlägen ist die Moschee geschlossen. In der Stadt wurde von der irakischen Polizei eine Ausgangssperre verhängt. Seit dem Ende des irakischen Bürgerkrieges im Jahr 2007, wuchs die schiitische Bevölkerung in der heiligen Stadt überproportional. Gewalttätigkeiten, mit Bombenattentaten in den Jahren 2011 und 2013, setzten sich fort. Im Juni 2014 wurde die Stadt vom Islamischen Staat des Iraks und der Levante (ISIL, später IS) als Teil seiner Nordirakoffensive angegriffen. Die ISIL Kräfte bemächtigten sich des Rathauses und der Universität, wurden aber später zurückgeschlagen. Es existieren keine Berichte, die eine Rückkehr des IS nach Samarra belegen würden. Staatliche Kräfte sind in Samarra fähig und willens Bürger vor Übergriffen zu schützen.

Quellen:

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CIA Factbook Iraq, Karte,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html

-

Thomas E. Ricks (6 January 2010). The Gamble: General Petraeus and the American Military Adventure in Iraq. Penguin Publishing Group.

         p.       228. ISBN 978-1-101-19206-1

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Radio Free Europe, Explosion Destroy Minarets At Iraqui Sh'ite Schrine, 13.06.2007, https://www.rferl.org/a/1077098.html

-

J. Burns, J. Elsen, Several Mosques Attacked, but Iraq Is Mostly Calm, Teh New York Times 14.06.2007.

https://www.nytimes.com/2007/06/14/world/middleeast/14cnd-iraq.html?pagewanted=all

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BBC, 13.06.2007, Blast hits key Iraq Shia shrine, news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/6747419.stm

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G. Hassan, Iraq dislodges insurgents from city of Samarra with airstrikes, Reuters, 05.06.2014, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraq-dislodges-insurgents-from-city-of-samarra-with-airstrikes-idUSKBN0EG1RG20140605

Die Verfassung des Iraks gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande. Bestimmte Berufsgruppen sind im Irak einem hohen Risiko, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden, ausgesetzt. Zu diesen Berufsgruppen zählen Künstler, Schriftsteller, Musiker und Poeten. Der Beschwerdeführer übt keinen Beruf aus, der ihm einem Risiko aussetzen würde, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden

Quelle: Länderinformationsblatt zu Irak

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren.

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort.

Quelle: Länderinformationablatt Irak

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die Beschwerde und den angefochtenen Bescheid, in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere in die Protokolle der Einvernahmen vom 02.07.2015 und vom 11.03.2016. Weiters wurde Einsicht genommen in die vorgelegten Urkunden und vor der Verhandlung eingelangten Bestätigungen und Stellungnahmen, sowie in das aktuelle Länderinformationsblatt für den Irak vom 20.11.2018. Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Beschwerdeführers und der Zeugin Eveline XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellung zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Nationalität, Religion und zu seinem Familienstand basieren auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2018. Dass die Identität des Beschwerdeführers feststeht, ergibt sich aus dem im Original vorgelegten Reisepass des Beschwerdeführers am 29.11.2018 im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Bereits die belangte Behörde hat in ihrem Bescheid die Identität als erwiesen angesehen, wobei die belangte Behörde sich nicht auf den von ihm vorgelegten Reisepass stützen konnte.

Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 29.11.2018. In dieser mündlichen Verhandlung gab er unmissverständlich an, gesund zu sein und keiner Medikamente zu bedürfen. Zudem legte der Beschwerdeführer mit den Urkunden G, H und I Bestätigungen und Fotographien vor, die klar aufzeigen, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist. Zudem steht er in einem Lehrverhältnis, woraus sich ebenfalls die Arbeitsfähigkeit unmissverständlich ergibt.

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers zu Beginn seines Aufenthaltes in Österreich beruhen auf seinen diesbezüglichen Angaben im Zuge der Erstbefragung am 02.07.2015, vor der belangten Behörde am 11.03.2016 und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018. Dass der Beschwerdeführer seit 01.07.2015 in Österreich weilt, ergibt sich aufgrund der im Akt einliegenden Meldung der LPD Wien vom 01.07.2015 betreffend die Anhaltung des Schlepperfahrzeuges, mit dem unter anderem auch der Beschwerdeführer nach Österreich gebracht wurde.

Die Feststellungen zur Familie des Beschwerdeführers basieren auf seinen diesbezüglich glaubhaften Aussagen im Rahmen der Erstbefragung am 02.07.2015, sowie vor der belangten Behörde am 11.03.2016 und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018. Danach steht zweifelsfrei fest, dass die Familie in Gestalt seiner Eltern und seiner Schwestern nach wie vor im Irak in Samarra lebt. Dass sein Bruder Osmar in Europa lebt, sagte der Beschwerdeführer bereits im Rahmen der Erstbefragung am 02.07.2015 aus. Nach glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 lebt dieser nunmehr in der Nähe von Stuttgart, BRD.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen verfügt, geht aus seiner diesbezüglichen Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 hervor. In dieser Verhandlung gibt er zwar an, dass er eine Lebensgefährtin mit dem Namen XXXX hätte. Das Bundesverwaltungsgericht ist allerdings aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 und des daraus gewonnenen persönlichen Eindruckes zur Überzeugung gelangt, dass diese Beziehung keineswegs eng sein kann, und daher auch nicht als eine über die Intensität einer Bekannt- oder Freundschaft hinausgehende Lebensgemeinschaft begriffen werden kann. So lebt die Frau in Bludenz, sohin knapp 52 km vom Wohnort des Beschwerdeführers entfernt

(http://at.entfernungberechnen.com/suchen?from=Bludenz&to=Wolfurt; Ortskunde des erkennenden Richters). Zudem konnte auch der Beschwerdeführer nicht einmal die exakte Adresse seiner vermeintlichen Lebensgefährtin mitteilen. Auch die Frage, wie der Beschwerdeführer seine Freundin kennengelernt habe, beantwortete dieser die Frage sehr kurz und detailarm. Überdies gab er auch an, dass sie sich höchstens am Wochenende, meistens sonntags, treffen würden. Hieraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht zwingend, dass der Beschwerdeführer keine Lebensgemeinschaft, welche eine umfassende Beziehung und nicht nur eine oberflächliche Bekanntschaft sein kann, zu dieser Person pflegt. Daher war die entsprechende Negativfeststellung zu treffen. Dass der Beschwerdeführer auch nicht über maßgebliche private Beziehungen verfügt, ergibt sich daraus, dass er wohl einige lose Freundschaften geknüpft haben dürfte, welche jedoch - so der persönliche Eindruck, den der erkennende Richter vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat - nicht über Grußbekanntschaften hinausgehen. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnen persönlichen Eindrucks ist aber das Bundesverwaltungsgericht davon überzeugt, dass die Beziehung zu Frau XXXX für den Beschwerdeführer tatsächlich über einen bloßen Bekanntschaftsgrad hinausgeht und als eng zu bezeichnen ist. So ist es glaubhaft, wenn die Zeugin angibt, den Beschwerdeführer zu sich nach Hause eingeladen zu haben. Aus der im Rahmen der Einvernahme der Zeugin XXXX gewonnen persönlichen Eindruck kann das Bundesverwaltungsgericht aber auch nicht umhin festzustellen, dass diese Beziehung des Beschwerdeführers zur Zeugin XXXX mehr vom Eifer einer Integrationshelferin geprägt ist, als von einer echten, gleichberechtigten freundschaftlichen Beziehung. Frau XXXX verdeutlichte in ihrer Zeugenaussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass sie den Beschwerdeführer in Hinblick auf seine Integration in Österreich unterstützt, ihn auch an ihren Familienleben teilhaben lässt und auch nichts dagegen hätte, wenn er in ihrem Haus wohne. Hieraus kann aber noch nicht eine persönliche Freundschaft im Sinne einer freundschaftlichen Verbundenheit abgeleitet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte aufgrund der Aussagen der Zeugin BURGER-FELLACHER vielmehr den persönlichen Eindruck gewonnen, dass es sich eher um ein professionelles Beziehungsgeflecht handelt, welches dem Beschwerdeführer die Integration in Österreich erleichtern soll und von einer Dichtonomie im Sinne des Verhältnisses von Lehrer zu Schüler geprägt ist. Keinesfalls vermag das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des persönlichen Eindruckes und im Lichte der Aussagen der Zeugin XXXX und des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung davon ausgehen, dass Frau XXXX eine - wie es die Rechtsvertretung in der mündlichen Verhandlung ausdrückte - "mutterähnliche" Beziehung zu dem Beschwerdeführer pflegt. Diese von der Rechtsvertreterin im Eingang der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Eigenschaft ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes übertrieben und nicht nachweisbar.

Die Feststellungen zu seinem Bildungs- und Berufswerdegang basieren auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.03.2016, sowie in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2018. Danach steht zweifelsfrei fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Verkäufer im Irak Erfahrungen am Arbeitsmarkt sammeln konnte, sowie aufgrund seiner nunmehrigen Ausbildung zum Friseur und Perückenmacher Fertigkeiten erlernt hat, die ihm eine Chance geben, auch hinkünftig im irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht vorbestraft ist, beruht auf dem vom Bundesverwaltungsgericht erhobenen Strafregisterauszug.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich. Hieraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer aktuell die Leistung der Unterbringung erhält. Bis zu seinem Antritt seiner Lehre im Mai 2018 erhielt er bis zum 30.04.2018 auch Leistungen in Bezug auf Taschengeld, Verpflegung und Krankenversicherung. Ferner erhielt er - zuletzt am 31.05.2018- Bekleidungshilfe. Die Feststellung bezüglich seiner Lehrlingsentschädigung basiert auf der diesbezüglichen glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nach wie vor Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und lediglich eine geringe Lehrlingsentschädigung erhält, ergibt sich zweifelsfrei die Feststellung seiner mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit.

Die Feststellung zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich beruht auf den diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers und dem vom Bundesverwaltungsgericht gewonnenen persönlichen Eindruck im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018. Aus den vorgelegten Urkunden G, H und I ist jedenfalls zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in der jüngeren Vergangenheit gemeinnützige Dienste verrichtet hat. Dass der Beschwerdeführer zudem eine Lehre aufgenommen hat, ist aufgrund des vorgelegten Lehrvertrages und der Bestätigung der Landesberufsschule Vorarlberg ebenfalls erwiesen. Der Beschwerdeführer hat auch am 07.11.2018 -also kürzlich- am Werte- und Orientierungskurs teilgenommen (Urkunde B). Dass der Beschwerdeführer jedoch über keine vertieften Freundschaften verfügt, erweist sich aus der vorgelegten Unterschriftenliste (Beilage F). Anlässlich eines Pfarrcafés hatte die Gruppe um Evelyne XXXX die diesbezüglichen Unterschriften gesammelt. Das Bundesverwaltungsgericht kam aufgrund der Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die überwiegende Zahl dieser Personen nicht kennt. Es sollte also offensichtlich der Eindruck vermittelt werden, dass der Beschwerdeführer zahlreiche Unterstützer in der Gemeinde XXXX hat. Hiermit wird jedoch keine Integration nachgewiesen. Auch ist festzuhalten, dass es für die Beurteilung einer Integration in sozialer Hinsicht nicht auf "Unterstützter" oder "Befürworter" eines weiteren Verbleibes des Beschwerdeführers in Österreich ankommt, sondern darauf, in welchem Ausmaß sich der Beschwerdeführer in die Gemeinschaft eingefügt hat. Hierbei spielen persönliche Kontakte eine Rolle, nicht aber Unterschriften von Personen, die sich mit einem Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich identifizieren. Eine solche Liste vermag daher keinerlei Nachweis einer Integration des Beschwerdeführers zu erbringen. Im Gegenteil: Sie erweckt vielmehr den Eindruck, dass hiermit eine wenig vertiefte Integration kaschiert werden soll. Dieser Eindruck wird durch die Aussagen des Beschwerdeführers zu den stichprobenartigen Fragen des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung zu auf der Liste stehenden Namen verstärkt. Zudem sind die übrigen Angaben des Beschwerdeführers zu jenen Personen, die er tatsächlich kennt, sehr allgemein und vermitteln nicht einen Grad einer Vertrautheit, die mit typischen Freundschaften einhergeht. Dass der Beschwerdeführer aufgrund seines angenehmen Wesens in Wolfurt wohlgelitten ist, stellt das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des gewonnen persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht in Frage. Dieser Umstand vermag jedoch nicht eine maßgebliche Integration in sozialer Hinsicht aufzuzeigen. Ebenso verhält es sich mit den beiden Empfehlungsschreiben, Urkunden E und D, welche in keiner Weise erkennen lassen, dass der Beschwerdeführer in der Gesellschaft Vorarlbergs integriert ist. Dagegen spricht auch der Umstand, dass selbst sein Lehrherr nicht aus Österreich stammt, sondern aus Deutschland stammt. Daher kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass eine überragende Integration des Beschwerdeführers in sozialer Hinsicht in Österreich nicht gegeben ist, sondern diese schwach ausgeprägt ist. Auch die im Mai 2018 begonnene Lehre, welche einen Ansatz einer beruflichen Integration darzustellen vermag und die drei nachgewiesenen gemeinnützigen Tätigkeiten - weitere wurden auch nicht behauptet - können nicht ausreichen, um eine über Ansätze hinausgehende berufliche Integration des Beschwerdeführers festzustellen. Selbst wenn der Beschwerdeführer seine Lehre abschließen wird, wird er jedenfalls bis zum Ende der Lehre in mehreren Jahren nicht selbsterhaltungsfähig sein, sodass auch aus diesem Grund die begonnene Lehre keine maßgebliche berufliche Integration zu belegen vermag.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Im Rahmen der Erstbefragung am 02.07.2015 teilte der Beschwerdeführer als Fluchtgrund mit: "Aufgrund der herrschenden Kämpfe zwischen Sunniten und Schiiten war die Sicherheit nicht mehr gegeben. Um einer Rekrutierung durch sunnitische Milizen zu entgehen bin ich geflüchtet. Ich möchte weder kämpfen, noch getötet werden. Ich bin ein friedfertiger Mensch. Persönlich verfolgt oder bedroht werde ich in meiner Heimat nicht. Das ist mein einziger Flucht- und Asylgrund. Sonst habe ich keine anderen religiösen oder ethnischen oder politischen Flucht- und Asylgründe."

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 11.03.2016 teilte der Beschwerdeführer als Grund für seine Ausreise mit: "Am 05.01.2014 wurde ich entführt und zwar von Milizen. Lösegeld wurde von meiner Familie verlangt. Mein Vater verkaufte das Haus und das Auto und bezahlte das Lösegeld. Als ich freikam, blieb ich zwei Tage bei meiner Schwester, bis ich alles organisiert habe. Ich verließ das Land Richtung Türkei. Ich suchte um Asyl an. Ich wollte aber nicht dortbleiben." Über die Frage, ob er noch weitere Gründe gehabt hätte, seine Heimat zu verlassen, antwortete der Beschwerdeführer mit: "Nein".

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er im Rahmen seiner Erstbefragung bei der Polizei gebeten worden sei sich kurz zu fassen. Er sei damals neu gewesen und habe sich nicht ausgekannt. Der Dolmetscher habe ihm gesagt, dass er selbst was schreiben werde. Er habe ihn nur den Namen seiner Mutter und deren Alter gefragt. Aufgrund dieser Aussage hielt der erkennende Richter dem Beschwerdeführer die Niederschrift vom 02.07.2015 vor. Der Beschwerdeführer behauptete sodann, dass ihm die Niederschrift, entgegen dem dortigen Vermerk, nicht rückübersetzt worden sei. Weiters behauptete er, dass er nichts über Asyl gewusst hätte. Damit vermag der Beschwerdeführer in keiner Weise darzulegen, weshalb seine - wenn auch kursorisch geschilderte Fluchtgeschichte im Rahmen der Erstbefragung nicht einmal im Kern mit jener übereinstimmt, die er im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde mitgeteilt hat. Auch konnte sich das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 den persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, dass die nunmehr vorgetragene Fluchtgeschichte strukturiert und wie auswendig gelernt geschildert wurde. Diese Schilderung war äußerst detailarm und ließ alle Realkriterien vermissen. So erzählte der Beschwerdeführer auch seine Fluchtmotive nur über mehrmaliges Nachfragen des Richters, konnte aber keine detaillierten Angaben zu seinen angeblichen Entführern machen. Er gab lediglich an, dass Milizen ihn entführt hätten. Welche Milizen dies gewesen seien, bleibt auch über Nachfrage, ungeklärt. Weshalb der Beschwerdeführer davon ausgegangen ist, dass diese Personen Milizen gewesen seien, konnte er dem erkennenden Richter über Nachfrage ebenfalls nicht erklären. Auf die Frage, ob dies nicht einfach Kriminelle gewesen seien, oder Mitglieder der Mafia, teilte der Beschwerdeführer ausweichend etwa mit: "Es gibt nur Milizen im Irak. Jede Partei hat eine eigene Miliz, jeder Minister hat seine eigene Miliz. Sie sind gleichzustellen wie die Mafia, aber es sind Milizen". Diese Angaben widerspricht den diesbezüglichen Feststellungen des Länderinformationsblattes für den Irak (vgl Seite 31 ff betreffend Milizen und S 18, wonach eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten ist - hieraus ist klar ersichtlich, dass nicht jede Gewalttat zwingend einen Miliz-Hintergrund haben muss). Anschließend teilte er über Frage des Richters mit, dass die Milizen ein Partei- oder Milizsymbol gehabt hätten und daher jeder gewusst habe, wer zu welcher Miliz gehöre. Die Personen, die den Beschwerdeführer jedoch entführt haben sollen, hätten kein Symbol getragen. Bereits dies erscheint insofern wenig glaubhaft, als der Beschwerdeführer zumindest andere Merkmale dieser Personen, die ihn entführt hätten, angeben hätte können. Hierzu konnte er aber keine Mitteilungen machen. Die ihn nach seinen Angaben entführenden und über mehrere Tage festhaltenden Personen werden in keiner Weise beschrieben. Sie erscheinen als abstrakte Schachfiguren ohne jegliches Realkriterium. Auch konnte der Beschwerdeführer nicht plausibel erklären, wie sein Vater innerhalb von wenigen Tagen den Verkauf des Hauses und des Fahrzeuges zur Finanzierung des Lösegeldes durchführen könnte. Über entsprechende Frage teilte er zunächst mit, sein Vater hätte eine Woche und nicht drei Tage Zeit gehabt, wobei dies mit seiner Aussage im Widerspruch steht, dass sich die Entführer erst eine Woche nach der Entführung überhaupt erst bei seiner Familie gemeldet hätten. Somit hatte nach der Schilderung des Beschwerdeführers der Vater nur wenige Tage Zeit das Geld auftreiben, wobei er das Auto und das Haus habe verkaufen müssen. Seine Erklärung, dass der Vater ein Immobilienbüro und viele Freunde gehabt hätte, und es so geschafft habe, das Haus schnell zu verkaufen, erscheint unplausibel und daher nicht glaubhaft. Selbst ein Immobilienmakler mit einem Büro ist gewöhnlich nicht in der Lage, binnen weniger Tage - nach der Schilderung des Beschwerdeführers sind es lediglich maximal vier Tage - ein Haus zu verkaufen. Dies reicht nach der Lebenserfahrung selbst im günstigsten Fall nicht dazu aus, eine Liegenschaft zu verkaufen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint das Vorbringen unglaubhaft. In weiterer Folge befragte der erkennende Richter den Beschwerdeführer zur Zeit seiner Anhaltung bei den Entführern.

Hierzu teilte er mit: "Verlassen. Ich habe so etwas noch nie gesehen gehabt. Das war nicht in der Stadt." (Protokoll vom 29.11.2018, Seite 15). Wie der Raum, in dem er festgehalten worden sei, ausgesehen habe, schilderte der Beschwerde nicht und kann sein Aussehen aus der vorzitierten Aussage auch nicht erschlossen werden. Abstrakt und detailarm wird nur mitgeteilt, der Platz sei verlassen gewesen. Wer über Tage an einem Ort festgehalten wird, prägt sich diesen ein - Gerüche, Geräusche und Aussehen des Ortes müssen einem über Tage gefangen gehaltenen Menschen auffallen und einprägen. Es ist gänzlich unplausibel, wenn der Beschwerdeführe hierzu keine Wahrnehmungen gemacht haben sollte. Daher kann das Geschilderte nicht vom Beschwerdeführer erlebt und wahrgenommen worden sein. Über weitere Frage des Bundesverwaltungsgerichts, wie die Bedrohung konkret ausgesehen habe, teilte er mit: "Wie schon gesagt, sie haben mich mit Waffen bedroht und mich beschimpft und wiederholt gesagt, dass sie mich töten wollen. Sie haben mich beschimpft, weil ich Othman heiße. In dem Bezirk haben schiitische Milizen das Sagen. Das können Sie überprüfen." (Protokoll vom 29.11.2018, Seite 15). Über weitere Nachfragen seitens der Behördenvertreterin in der mündlichen Verhandlung teilte der Beschwerdeführer sodann zu seiner Entführung mit, er sei an den Händen gefesselt gewesen (Protokoll vom 29.11.2018, Seite 18). Über Nachfrage des Richters hierzu, weshalb zur Befragung der Rahmenbedingungen der Entführung er zwar gesagt habe, dass er beschimpft worden sei, nicht aber, dass er gefesselt und die Augen verbunden hätte und weshalb er diese Details, die sicherlich prägend waren, nicht erwähnt habe, teilte der Beschwerdeführer mit, er habe dies jetzt erwähnt. (Protokoll vom 29.11.2018, Seite 19). Sodann forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer auf, zu erklären, weshalb er diese wesentliche Einschränkung der persönlichen Freiheit nicht vorhin erwähnt habe.

Hierauf antwortete der Beschwerdeführer: "Ich habe vor dem BFA es erwähnt und habe heute gesagt, als ich entführt wurde, hat man mir einen Sack über den Kopf gezogen." (Protokoll vom 29.11.2018, Seite 19). Damit beantwortete der Beschwerdeführer die Frage nicht. Es ist nicht zwingend so, dass ein Entführungsopfer über Tage hindurch gefesselt und mit einem Sack über dem Kopf festgehalten wird. Zudem wäre eine solche Behandlung derart prägend, dass der Beschwerdeführer allem Voran eine solche Dauermisshandlung durch seine Entführer geschildert hätte. Beschimpfungen und Bedrohungen erscheinen demgegenüber geradezu nichtig zu sein, dennoch sind sie es, die der Beschwerdeführer erwähnt, nicht aber, dass er während seiner Entführung dauernd gefesselt und mit einem Sack über dem Kopf festgehalten worden sei. Hieraus zeigt sich deutlich, dass die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers konstruiert klingt. Niemand, der eine Entführung erlebt hat, bei der er gefesselt und mit einem Sack über den Kopf mehrere Tage angehalten wird, würde ein solches Detail unerwähnt lassen und erst nach eingehender Befragung angeben. Dagegen würden Beschimpfungen deutlich verblassen. Auch vermochte der Beschwerdeführer in keiner Weise darzutun, welcher Gestalt diese Beschimpfungen waren. Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich eine solche Entführung erlebt, hätte er wohl reale Details schildern können, etwa wie er konkret beschimpft wurde und von wem. Indem er dies in keiner Weise und auch nicht über weitere Nachfrage konnte, muss von einer konstruierten, nicht selbst erlebten Fluchtgeschichte ausgegangen werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die bei der Erstbefragung erzählte Fluchtgeschichte in keiner Weise im Kern mit der später geschilderten Geschichte übereinstimmt. Es erscheint unplausibel, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung nicht einmal stichwortartig eine solche Entführung angegeben hätte und stattdessen die allgemeine schlechte Lage angegeben hat. Es wäre zu erwarten, dass der Beschwerdeführer bei erster Gelegenheit - also bei Antragstellung - alle relevanten Gründe im Kern angegeben hatte, zumal er sich ja in Österreich in Sicherheit wähnen durfte. Aus diesem Grund gelangte das Bundesverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die vorgebrachte Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers nicht der Wahrheit entspricht und daher kein Fluchtmotiv glaubhaft gemacht werden konnte. Überdies ist es unplausibel, dass der Beschwerdeführer die Türkei verlassen hatte, in der er bereits vor jeder Verfolgung sicher war. Das wahre Fluchtmotiv zeigt sich daher aus seiner Aussage, er habe - obwohl er in der Türkei sicher gewesen sei - die Türkei verlassen, weil er dort keine Zukunft gesehen hätte. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer den Irak aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat. Daher war die entsprechende Feststellung zu treffen.

2.3. Zu den Feststellungen der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Irak samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat im Irak ergeben sich zweifelsfrei aus den im Rahmen der Feststellungen zitierten Meldungen und Berichten sowie dem in der mündlichen Verhandlung erörterte Länderinformationsblatt für den Irak.

Auf Basis der vorzitierten, unbestrittenen Quellen und Berichten ergibt sich eine deutliche Entspannung der Sicherheitslage und der allgemeinen Lage im Irak. Es ist von einem Konsolidierungsprozess der Ordnung im Irak nach Ausschaltung des IS und Etablierung erster Schritte einer politisch wie ethnisch ausgewogeneren Regierung im Irak auszugehen, sodass die allgemeine Lage, die Sicherheitslage, aber auch die humanitäre und wirtschaftliche Lage im Irak nicht mehr mit der Situation zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vergleichbar ist. Zwar ist der IS in der Region, aus der der Beschwerdeführer stammt, nicht gänzlich verschwunden. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich aber, dass der IS im dünn besiedelten, ländlichen Raum operiert, wo keine oder wenige staatliche Kräfte bestehen. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus aber für städtische Regionen, dass die vom IS ausgehende Gefahr für die Beeinträchtigung der Sicherheit nicht erheblich ist. Ebenso zeigten selbst die Anschläge auf Heiligtümer der Schiiten nicht die offenkundig intendierte Wirkung, eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten in Samarra herbeizuführen. Es bestehen keine Quellen, die auf eine solche Spannung hindeuten würde. Insgesamt ergibt sich daher aus einer Zusammenschau der Quellen eine Sicherheitslage, die es auch im Zentralirak Personen erlaubt, relativ unbehelligt in den dortigen Städten zu leben, ohne damit zwingend rechnen zu müssen, Opfer von Verfolgung, Willkür oder kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden. Daher ist daher davon auszugehen, dass eine in den Irak zurückkehrende Person nicht aufgrund der Lage im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, der Todesstrafe oder einem bewaffneten innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt ausgesetzt ist. Es war daher die diesbezügliche Feststellung zu treffen.

Aufgrund der festgestellten allgemeinen Situation im Irak steht fest, dass der Beschwerdeführer, wenn er in den Irak bzw nach Samarra zurückkehrt, nicht in einen bewaffneten innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt zurückkehrt und daher aufgrund eines solchen Ereignisses nicht in seiner persönlichen Integrität gefährdet würde. Mangels glaubhaften Vorbringens einer politischen, religiösen oder rassischen Verfolgung oder der Verfolgung aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe ist der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr aufgrund der festgestellten Situation im Irak keiner realen Gefahr ausgesetzt, der Folter, der Todesstrafe oder der unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung im Irak ausgesetzt zu sein, weshalb die entsprechenden Feststellungen zu treffen waren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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