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63/06 Dienstrechtsverfahren;Norm
DVV 1981 §1 idF 1995/540;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des Mag. H in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, u.a. Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 23. Februar 1998, Zl. 55 5110/90-II/15/97, betreffend Bemessung des Ruhegenusses, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1948 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. Juni 1997 in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war eine Schule im Bereich des Landesschulrates für Niederösterreich (in der Folge kurz: LSR).
Mit Erledigung vom 19. Jänner 1996 ersuchte der LSR die Gesundheitsabteilung der für den Wohnort des Beschwerdeführers zuständigen Bezirkshauptmannschaft, bei diesem, "krank seit 4.9.1995" (Anmerkung: der Beschwerdeführer brachte in weiterer Folge vor, er sei bereits seit Ende Mai 1995 "im Krankenstand" gewesen) zwecks Feststellung seiner Dienstfähigkeit eine ärztliche Untersuchung durchzuführen. Das vertrauensärztliche Zeugnis gemäß § 52 Abs. 2 BDG möge dem LSR zur weiteren Veranlassung vorgelegt werden. Hierauf erging ein amtsärztliches Gutachten vom 6. Februar 1996. Es heißt dort, derzeit sei keine Arbeits- und Dienstfähigkeit gegeben. Eine langfristige Prognose könne nicht erstellt werden. Die Wahrscheinlichkeit der Erlangung der vollen Dienstfähigkeit sei sehr gering. Eine Nachuntersuchung für den Monat Juni 1996 werde vorgeschlagen.
Mit Erledigung vom 20. Februar 1996, die unter Verwendung eines internen Formblattes verfasst wurde und in der als Betreff "Ruhestandsversetzung" angegeben ist, übermittelte der LSR dem Beschwerdeführer einen Erhebungsbogen mit dem Ersuchen, diesen vollständig ausgefüllt und unter Beifügung eventuell vorhandener ärztlicher Befunde und Gutachten umgehend wieder vorzulegen. In den Akten des LSR befindet sich eine Ablichtung eines entsprechenden Erhebungsbogens, der vom Beschwerdeführer ausgefüllt und mit 16. März 1996 datiert ist.
Mit Erledigung vom 22. März 1996 (die abermals unter Verwendung eines internen Formblattes erstellt wurde) erteilte der LSR dem Beschwerdeführer gemäß § 52 BDG 1979 den Auftrag, sich den von der PVAng. festgelegten Untersuchungen zu unterziehen, und verfügte zugleich, verschiedene Unterlagen und den Erhebungsbogen an die PVAng. abzufertigen. Was als Folge dieser Erledigung geschah, ist den Akten nicht zu entnehmen.
Mit weiterer Erledigung vom 16. Jänner 1997 erteilte der LSR dem Beschwerdeführer abermals einen solchen Auftrag, berichtete in einem dem Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, dass aufgrund "des Ansuchens um Ruhestandsversetzung" des Beschwerdeführers der PVAng. ein Antrag um Erstellung eines ärztlichen Gutachtens übermittelt worden sei, und verfügte (abermals), bestimmte Unterlagen an die PVAng. abzufertigen. Diesbezüglich befindet sich ein chefärztliches Gutachten mit weiteren Gutachten bei den Verwaltungsakten, das, wie den Akten weiters zu entnehmen ist, dem genannten Ministerium übermittelt wurde.
Mit Erledigung vom 26. März 1997 übermittelte die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten dem LSR das Gutachten der PVAng. (samt dem Konvolut an weiteren medizinischen Unterlagen) mit dem Bemerken, dass aufgrund dieses Gutachtens im Zusammenhalt mit den übrigen vorliegenden Befunden eine Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand gerechtfertigt sei. Um Bekanntgabe der in Aussicht genommenen Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung werde ersucht. Hiezu berichtete der LSR in weiterer Folge, dass der Beschwerdeführer die beabsichtigte Ruhestandsversetzung zur Kenntnis genommen und dagegen keine Einwendungen erhoben habe. Es werde daher vorgeschlagen, ihn mit Ablauf des Monats Mai 1997 in den Ruhestand zu versetzen.
Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 5. Mai 1997 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 31. Mai 1997 in den Ruhestand versetzt. Es heißt in diesem Bescheid weiters, eine Begründung entfalle, weil "seinem Antrag" stattgegeben worden sei.
Dieser Bescheid blieb unbekämpft.
Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 13. Juni 1997 wurde der Ruhegenuss des Beschwerdeführers bemessen, wobei diese Behörde davon ausging, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren nicht vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden war.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er unter anderem darauf verwies, dass laut telefonischer Auskunft des LSR sein "Pensionierungsverfahren" mit 19. Jänner 1996 eingeleitet worden sei. Weiters verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er keinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt habe, wobei diese Unrichtigkeit aber kein Grund gewesen sei, den Ruhestandversetzungsbescheid zu bekämpfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung teilweise stattgegeben und in Abänderung des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ab 1. Juni 1997 ein näher bezifferter (höherer) Ruhegenuss gebühre.
Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Darstellung des Ganges des Ruhestandsversetzungsverfahrens und der Rechtslage aus, eingeleitet werde ein Ruhestandsversetzungsverfahren durch einen entsprechenden Antrag des Beamten auf Ruhestandsversetzung oder von Amts wegen durch die erste nach außen hin erkennbare Maßnahme, die die Dienstbehörde treffe, um den Beamten in den Ruhestand zu versetzen. Eine solche Handlung sei beispielsweise die Mitteilung an den Beamten, dass beabsichtigt sei, ihn in den Ruhestand zu versetzen, oder aber die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung, wobei in Fällen, in denen das Ruhestandsversetzungsverfahren im September 1995 noch nicht anhängig gewesen sei, die Untersuchung durch die Ärzte der PVAng. als entsprechende Untersuchung anzusehen sei. Nicht jede ärztliche Untersuchung, die wegen Überprüfung der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit angeordnet werde, sei daher als Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens anzusehen. So sei es durchaus üblich, bei längeren Krankenständen das Vorliegen einer tatsächlichen Dienstunfähigkeit von Vertrauensärzten überprüfen zu lassen. Als eine solche Untersuchung sei jene vom 6. Februar 1996 anzusehen, zumal der Sachverständige in seiner Beurteilung festgestellt habe, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung zwar keine Arbeits- und Dienstfähigkeit gegeben gewesen sei, jedoch eine Nachuntersuchung für Juni 1996 vorgeschlagen habe. Zwar finde sich in den Personalakten ein Schreiben des LSR vom 22. März 1996, womit dem Beschwerdeführer der Dienstauftrag erteilt worden sei, sich den von der PVAng. festgelegten Untersuchungen zu unterziehen, doch finde sich in der Folge kein ärztliches Gutachten im Akt, das auf dieses Schreiben zurückzuführen wäre. Im Übrigen stamme dieses Schreiben, das zweifellos als Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens gewertet werden könne, aus der Zeit nach dem 16. Februar 1996. Dazu komme noch, dass aufgrund dieses Ermittlungsverfahrens keine Ruhestandsversetzung ausgesprochen worden sei. Vielmehr sei dem Beschwerdeführer in der Folge neuerlich der Dienstauftrag erteilt worden, sich einer Untersuchung durch die Ärzte der PVAng. zu unterziehen, nämlich mit Schreiben vom 16. Jänner 1997. Daraufhin hätten auch die Untersuchungen stattgefunden, auf deren Grundlage der Beschwerdeführer mit Ablauf des 31. Mai 1997 in den Ruhestand versetzt worden sei. Demnach habe die erstinstanzliche Behörde völlig zu Recht gemäß § 4 Abs. 3 PG 1965 eine Kürzung der Ruhestandsbemessungsgrundlage vorgenommen (wurde näher ausgeführt). Diesbezüglich habe daher der Berufung nicht stattgegeben werden können. Allerdings sei zu berücksichtigen gewesen, dass mit Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 24. Juli 1997 eine Anrechnung von Jahren gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 vorgenommen worden sei, was zur spruchgemäßen Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides zu führen gehabt habe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Ruhegenussbemessungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ergänzend vom LSR die Personalakten des Beschwerdeführers und vom Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten die Akten betreffend die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers beigeschafft (letztere setzen im Jahr 1997 ein).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist vor allem und zunächst strittig, zu welchem Zeitpunkt das Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet wurde. Der Beschwerdeführer behauptet, wie schon im Verwaltungsverfahren, dieses Verfahren sei von Amts wegen vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden (in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren findet sich in den Personalakten kein entsprechender Antrag des Beschwerdeführers, obwohl darin verschiedentlich, auch im Ruhestandsversetzungsbescheid, von einem solchen Antrag gesprochen wird).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der vorliegendenfalls maßgeblichen Frage des Zeitpunktes der amtswegigen Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62c PG 1965 bereits mehrfach befasst; hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/12/0400, vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0315, und vom 26. Mai 1999, Zl. 98/12/0042, denen insbesondere auch die maßgebliche Rechtslage zu entnehmen ist, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.
Demnach setzt die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62c PG 1965 a) einen entsprechenden Willensakt voraus, der b) der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen sein muss.
Den vorliegenden Personalakten ist ein entsprechender Willensakt vor dem 19. Jänner 1996 (Erledigung des LSR, die zur Untersuchung des Beschwerdeführers am 6. Februar 1996 geführt hat) nicht zu entnehmen. Zu prüfen ist aber, ob diese Erledigung vom 19. Jänner 1996 einen solchen Willensakt darstellt (siehe das Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, laut telefonischer Auskunft des LSR sei sein "Pensionierungsverfahren" mit diesem Tag eingeleitet worden). Im Beschwerdefall besteht ein enger zeitlicher Konnex zwischen dieser Erledigung vom 19. Jänner 1996 und der weiteren Erledigung des LSR vom 20. Februar 1996, die als Betreff ausdrücklich "Ruhestandsversetzung" angibt (so zumindest in der Urschrift in den Verwaltungsakten), und die zum Auftrag vom 22. März 1996 (Untersuchung durch die PVAng.) geführt hat). Bei der gegebenen Verfahrenslage erscheint es daher nicht jedenfalls ausgeschlossen, dass bereits die Erledigung vom 19. Jänner 1996 ein Verfahrensschritt in einem amtswegig eingeleiteten Ruhestandsversetzungsverfahren im obgenannten Sinn war. Dieser Möglichkeit steht vorweg auch nicht entgegen, dass das prozessuale Schicksal dieser Erledigung vom 22. März 1996 nicht feststellbar ist und in der Folge eine weitere, ähnliche Erledigung vom 16. Jänner 1997 erging.
Da aber der LSR als nachgeordnete Dienstbehörde ab dem 1. September 1995 (siehe die Novelle der DVV 1981, BGBl. Nr. 540/1995) nicht mehr die für Ruhestandsversetzungsverfahren zuständige Dienstbehörde war, wäre für den Beschwerdeführer nur dann etwas zu gewinnen, wenn der LSR bei der zuvor genannten Erledigung vom 19. Jänner 1996 im Sinne einer mittelbaren Beweisaufnahme in einem Verfahren zur Ruhestandsversetzung im Auftrag der obersten Aktivdienstbehörde tätig geworden wäre (siehe dazu die bereits genannten hg. Erkenntnisse Zlen. 97/12/0315 und 98/12/0042). Dies blieb aber ungeklärt, sodass das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben ist.
Der angefochtene Bescheid war daher - schon deshalb - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998120084.X00Im RIS seit
22.02.2002