Entscheidungsdatum
14.12.2018Norm
ASVG §410Spruch
W 178 2204346-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch RA Josef WEGROSTEK, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 27.07.2018, Zl: VA-VR 09484892/18-Ed, betreffend Vorschreibung von Beiträgen, Sonderbeiträgen, Umlagen und Beiträgen nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigen-Vorsorgegesetz in der Gesamthöhe von 4.058,54 Euro, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1. Im Betrieb des Beschwerdeführers erfolgte eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2015.
2. Infolge der Überprüfung erließ die Wiener Gebietskrankenkasse (in weiterer Folge: belangte Behörde) am 27.07.2018 einen Bescheid in dem der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet wurde, für die in der Anlage namentlich genannten Dienstnehmer für die dort angeführten Zeiten, Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen sowie Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigen-Vorsorgegesetz in der Gesamthöhe von 4.058,54 Euro zu entrichten.
Im Rahmen dieser GPLA sei festgestellt worden, dass die in der Anlage ersichtlichen Dienstnehmer vom Dienstgeber durchgehend als geringfügig gemeldet worden seien, jedoch in sehr unregelmäßigen Abständen beschäftigt gewesen seien. Als Folge der GPLA sei die Ummeldung der Dienstnehmer veranlasst worden, als Verdienst sei das kollektivvertragliche Entgelt, dieses betrage bei fallweise Beschäftigten 120% des kollektivvertraglichen Mindestlohnes, zuzüglich Trinkgeldpauschale und Nachtzuschlag herangezogen worden. Nach einer Akteneinsicht habe der Beschwerdeführer angegeben, dass die Dienstnehmer um 20.00 Uhr manchmal erst um 21.00 Uhr begonnen hätten und zumeist bis 02.00 Uhr gearbeitet hätten. Daher sei die tägliche Geringfügigkeitsgrenze möglicherweise unterschritten worden.
3. Der Beschwerdeführer erhob im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde. Sämtliche Angestellten seien nur kurzfristig gemeldet gewesen und hätten nur am Wochenende gearbeitet. Diesbezüglich seien alle Beiträge einbezahlt worden.
4. Mit Schreiben vom 17.09.2018 wurde der Beschwerdeführer vom BVwG darauf hingewiesen, dass seine Beschwerdebegründung inhaltlich deckungsgleich mit der Bescheidbegründung der belangten Behörde ist. Er wurde ersucht, mitzuteilen, ob die Höhe der Forderung bekämpft wird.
5. Mit Schreiben vom 25.10.2018 gab der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung bekannt, dass sich die Beschwerde gegen die stundenweise Vorschreibung richte. Nachdem die Stundengrenze gefallen sei, wäre für die damalige Zeit ebenso wenig eines solche Verrechnung vorzunehmen, da sich die Gesetzeslage zu Gunsten des Beschwerdeführers geändert habe.
6. Die belangte Behörde gab am 08.11.2018 eine Stellungnahme ab. Es werde auf die im verfahrensrelevanten Zeitraum gültigen Bestimmungen des ASVG verwiesen. Eine Vorschreibung nach Stunden sei im Bescheid nicht erfolgt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Verfahrensgegenständlich ist der Zeitraum 01.01.2012 bis 31.12.2015.
Der Betrieb des Beschwerdeführers ist der Fachgruppe Gastronomie zugehörig. Das Lokal war lt. Prüfbericht nur bei Bedarf/Buchung geöffnet. Es ist der Kollektivvertrag für das Gastgewerbe in Wien anzuwenden.
In der Anlage zum Bescheid sind 11 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer angeführt, deren Pflichtversicherung im angeführten Zeitraum geprüft wurde. Die Dienstnehmer waren durchgehend als geringfügig gemeldet worden und daher waren nur Beiträge zur Unfallversicherung bezahlt worden.
Je nach Bedarf des Bf wurden mit den Beschäftigten Arbeitseinsätze im Lokal, die jeweils von 20.00 Uhr oder 21.00 Uhr bis 02.00 nachts gingen, für bestimmte Termine vereinbart.
Als typisches Beispiel sei Frau XXXX angeführt, die am 27.01.2012, am 24.02.2012, am 02.03.2012, am 14.04.2012 und 04.05. 2012, (jeweils in den nächstfolgenden Tag hinein), im Jahr 2015 am 24. und 25.04.2015, am 08. und 09.05.2015, am 29.05.2015, am 05. 06. und 06.06.2015, am 27.06.2015., für das Jahr 2013 sei Frau XXXX angeführt, die am 10.05.2013, am 14.06.2013, am 25.10. 2013, am 09.11.2013 und am 27.12.2013 tätig wurde, im Jahr 2014 am 03.01., am 10.01., am 07. und 08.02, am 07. und 08.03., am 11. Und 12.04., am 09.05., am 30.05., am 07.06., am 28.06 und am 04. und 05.07.2014.
Der Stundenlohn betrug € 10,--netto.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Akts der WGKK, insbesondere aus den Unterlagen, in die im Rahmen der Beitragsprüfung Einsicht genommen wurde (Kalender mit Diensteinteilung, Aufzeichnungen des Bf über die Einsätze der Beschäftigten) und auch aus dem Beschwerdevorbringen.
Die Feststellungen zum Unternehmen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Firmenbuch. Der festgestellte Sachverhalt wird vom Bf ausdrücklich, auch nach Vorhalt, nicht bestritten, nur die versicherungsrechtlichen Konsequenzen sind strittig.
Der Bf bestätigt in der Beschwerde, dass es sich um "kurzfristige Anmeldungen" handelte, da die Bediensteten nur am Wochenende gearbeitet haben; in der ergänzenden Stellungnahme wendet er sich gegen die stundenweise Vorschreibung und fordert die Anwendung der nunmehr geltenden Rechtlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1 Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung - ausgenommen, Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen);
Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung der gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es
1) für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens EUR 28,89 (2012) bzw. EUR 29,79 (2013) bzw. EUR 30,35 (2014) bzw. EUR 31,17 (2015) insgesamt jedoch von höchstens EUR 376,26 (2012) bzw. EUR 386,80 (2013) bzw. EUR 395,31 (2014) bzw. EUR 405,98 (2015) gebührt oder
2) für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als. EUR 395,31 (2014) gebührt.
Gemäß § 471b ASVG in der Fassung vor dem 01.01.2016 (vor der Novelle BGBl. Nr. I 79/2015) sind unter fallweise Beschäftigten Personen zu verstehen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist.
Gemäß S 471c ASVG in der in der Fassung vor dem 01.01.2016 (vor der Novelle BGBl. Nr. I 79/2015 iVm dem SVÄG 2017, BGBl. I Nr. 29/2017) tritt die Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht bei fallweise beschäftigten Personen dann ein, wenn das dem Dienstnehmer im betreffenden Zeitraum für einen Arbeitstag gebührende Entgelt den nach § 5 Abs. 2 Z. 1 ASVG geltenden Betrag übersteigt.
Unter fallweise Beschäftigten versteht man Personen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist.
Vgl. dazu Mosler in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg), Der SV-KOMM § 471c ASVG Rz 3:
Die Sonderbestimmungen für fallweise beschäftigte Personen gelten nach § 471 b nur, wenn diese in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben DG beschäftigt werden und die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist. Daraus ergibt sich zunächst, dass die Vereinbarung eines Beschäftigungsverhältnisses für eine Woche oder länger eine fallweise Beschäftigung ausschließt, auch wenn die Tätigkeit nur an einem Tag bzw einzelnen Tagen ausgeübt wird. Eine Vereinbarung auf zwei Wochen, jeweils einen Tag pro Woche, ist daher keine fallweise Beschäftigung. Auch periodisch wiederkehrende Arbeitseinsätze (zB jeden Montag von 8.00 bis 12.00 Uhr) fallen nicht darunter. Erst recht sind über eine Woche durchgängig beschäftigte DN nicht als fallweise beschäftigt anzusehen (VwGH 2006/08/0285, SVSlg 56.370). Aus dem Wort "tageweise" ist ferner zu schließen, dass eine Beschäftigung von mehreren Tagen hintereinander auch dann nicht unter die §§ 471 a ff fällt, wenn das Beschäftigungsverhältnis weniger als eine Woche dauert.
3.2. Auf den Beschwerdefall bezogen:
Strittig ist hier, ob die Beschäftigung nur der Unfallversicherungspflicht unterlag oder der Vollversicherung, mit den entsprechenden Folgen für die Höhe der Beiträge.
Nach den obigen Feststellungen handelt es sich bei den zur Beurteilung stehenden Beschäftigungen um solche. Sie wurden für unregelmäßige Einsätze im Gastronomiebereich jeweils für einen Arbeitseinsatz, der jedenfalls kürzer als eine Woche war, engagiert.
Die Einsätze waren zwischen 2 Tagen (Beginn am 1.Tag, bis 02.00 Uhr früh=2.tag) und 4 Tagen (eine weitere Schicht am Abend/Nacht)
Aus den oben beispielsweise angeführten typischen Beschäftigungsverläufen lassen sich keine periodischen Elemente des Engagements ableiten. Die Beschäftigung fand nicht regelmäßig an vorher bestimmten Tagen statt.
Keine fallweise Beschäftigung läge vor, wenn sich z. B. eine Person verpflichtet, nur einmal wöchentlich an einem im Voraus bereits fixierten Tag (z. B. jeden Montag) oder einmal monatlich (z. B. jeden 15. oder jeden letzten Freitag im Monat) eine bestimmte Arbeitsleistung zu erbringen. Durch die im Voraus bestimmte periodisch wiederkehrende Arbeitsleistung liegt in einem solchen Fall ein durchlaufendes Beschäftigungsverhältnis vor.
Diese rechtliche Einordnung des unbestrittenen Sachverhaltes hat auch der Bf getroffen und darauf scheint auch die Beschwerde hinauszulaufen.
Für die gegenständliche Tätigkeit ist daher die einzelne Beschäftigung zu beurteilen und auf Basis der tätlichen Geringfügigkeitsgrenze zu prüfen, ob sie überschritten wurde, wodurch durch den Wegfall des Ausnahmegrundes nach § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG Vollversicherung nach § 4 ASVG eingetreten ist, auf die auch die §§ 471 ff. anzuwenden sind.
Die ab 01.01.2017 geltende Fassung des § 5 Abs. 2 ASVG idF des BGBl. I Nr. 79/2015 (Meldepflicht -Änderungsgesetz) für den Beschwerdefall heranzuziehen, wäre rechtswidrig.
Mangels einer gesetzlichen Rückwirkung der mit 01.01.2017 in Kraft getretenen Novelle, BGBl. I Nr. 79/2015 zu § 5 Abs 2 ASVG iVm § 471c ASVG (vgl. auch SVÄG 2016, BGBl. I Nr. 29/2017) auf einen in den Jahren 2012 bis 2015 verwirklichten Sachverhalt ist ausgeschlossen, die Fassung ab 01.01.2017 wirkt pro futuro.
Die Höhe der Beitragsvorschreibung war von der Beschwerde nicht umfasst.
Rechnerisch wurde der sich ergebende Nachverrechnungsbetrag in der Anlage zum Bescheid in einer Tabelle gegliedert dargestellt und legt der Bescheid somit ganz konkret dar, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Betrages errechnet. Es ergaben sich von Amts wegen keine Anhaltspunkte für eine unrichtige Berechnung.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
4.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht beantragt.
Es wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da sich im gegenständlichen Fall klar aus der Aktenlage ergab, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war und sich der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von Abgaben aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte.
Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
4.4. Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung, Geringfügigkeitsgrenze, ZeitraumbezogenheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2204346.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.02.2019