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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der S in L als Erbin nach S, vertreten durch Dr. Götz Schattenberg und Dr. Ernst Moser, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Spittelwiese 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Juni 1994, GA 5 - 1832/90, betreffend Jahresausgleich für 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Erbin nach ihrem am 24. Jänner 1990 verstorbenen Ehemann (idF: Erblasser).
Der Erblasser, der bis zum Jahr 1974 als Rechtsanwalt tätig war, leistete ab dem Jahr 1947 bis zu seiner Emeritierung Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung.
Der Erblasser bezog im Jahr 1988 sowohl eine Pension von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten als auch von der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich.
Strittig ist, ob die von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zur Gänze dem Lohnsteuerabzug unterworfene Pension iSd § 25 Abs 1 Z 3 letzter Satz EStG 1972 idF BGBl Nr 251/1985 nur mit 25 % steuerlich zu erfassen sei.
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass der Erblasser einerseits Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung anderseits Pflichtbeiträge zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich geleistet habe, weswegen er zwei Pensionen bezogen habe, die im Jahresausgleich zu berücksichtigen seien.
Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf die erwähnte Bestimmung die Ansicht, die von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bezogene Pension sei zur Gänze steuerlich zu erfassen. Denn bei dieser Pension handle es sich nicht um eine
solche aus einer freiwilligen Höherversicherung, sondern um eine
solche aus einer freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung.
Hingegen meint die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1984, G 101/84-11, eine Pension aus einer freiwilligen Weiterversicherung könne steuerlich nicht anders behandelt werden als eine solche aus einer freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung. Die freiwillige Weiterversicherung stelle nämlich einen Extremfall der freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung dar. Auf den Umstand, dass Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung seit dem Jahr 1985 zur Gänze steuerlich absetzbar seien, komme es nicht an. Überdies habe der Erblasser die Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung bereits in den Jahren 1947 bis 1974 aus seinem besteuerten Einkommen geleistet. Die Regelung in § 25 Abs 1 Z 3 letzter Satz EStG 1972 idF BGBl Nr 251/1985 sei daher im Sinn einer planwidrigen Lücke unvollständig, weswegen diese Lücke derart zu schließen wäre, dass auch eine Pension aus einer freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung nur mit 25 % steuerlich erfasst werde.
Über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheides erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 25 Abs 1 Z 3 letzter Satz EStG 1972 idF BGBl Nr 251/1985 wurde im Hinblick auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1984, G 101/84-11 in das EStG 1972 mit Wirkung ab 1. Juli 1985 aufgenommen. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, es ist verfassungswidrig, eine Pension aus einer freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung ab Beginn der Pensionszahlung steuerlich zur Gänze zu erfassen, weil hiebei keine Rücksicht darauf genommen wird, dass die hiefür aufgewendeten Beiträge aus bereits besteuertem Einkommen geleistet worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, einerseits im Sinn der Anregung der Beschwerdeführerin nach Art 140 Abs 1 B-VG einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 25 Abs 1 Z 3 letzter Satz EStG 1972 idF BGBl Nr 251/1985 zu stellen, anderseits diese Bestimmung im Weg der Analogie auf eine Pension aus einer freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung auszudehnen. Denn mit der Regelung des § 25 Abs 1 Z 3 letzter Satz EStG 1972 in Abschn I Art I des BGBl Nr 312/1985 wurde in dessen Art II die Übergangsbestimmung geschaffen, dass Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung, die in den Jahren 1978 bis 1984 nachweislich allein oder zusammen mit anderen Sonderausgaben im Sinn des § 18 Abs 1 Z 2 leg cit geleistet worden sind und den Höchstbetrag gemäß § 18 Abs 2 Z 4 leg cit überstiegen haben, im Jahr 1985 als Sonderausgabe zu berücksichtigen sind, wobei auf Antrag ab dem Jahr 1985 ein Zehntel dieses Betrages durch zehn aufeinander folgende Jahre als Sonderausgabe in Anspruch genommen werden kann. Damit hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung bis zum Jahr 1985 nicht in unbeschränkter Höhe steuerlich zu berücksichtigen waren. Zu einer weiter gehenden Übergangsregelung war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht gebunden.
In Ausführung der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt die Beschwerdeführerin vor, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde Erhebungen in Richtung freiwilliger Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung durchführen müssen.
Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Wie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war auch im Administrativverfahren unbestritten, dass der Erblasser Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung geleistet hat. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig war, liegt die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 24. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994150207.X00Im RIS seit
20.11.2000