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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der 1. der G und 2. der B in K, vertreten durch Dr. Richard Proksch, Rechtsanwalt in Wien III, Am Heumarkt 9/1/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIIA) vom 11. März 1997, Zl. GA 17-95/4248/01, betreffend Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften jeweils für die Jahre 1988 bis 1993,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie die Umsatzsteuer für das Jahr 1993 und die Einkünftefeststellung für die Jahre 1992 und 1993 betrifft, zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid waren die Beschwerdeführerinnen bis zum Jahr 1993 Hälfteeigentümer einer Liegenschaft, "bestehend aus einem Hallenbauwerk mit Verkehrs- und Abstellflächen". Die Liegenschaft sei - so die Ausführungen im angefochtenen Bescheid - im Jahr 1987 im Rahmen der Betriebsaufgabe einer Gesellschaft, an der die beiden Beschwerdeführerinnen ebenfalls je zur Hälfte beteiligt gewesen seien, entnommen worden. Ab 1. Jänner 1988 sei die Liegenschaft von den Beschwerdeführerinnen an eine GmbH um einen monatlichen Mietzins von S 15.000,-- netto vermietet worden, wobei sich folgende steuerliche Ergebnisse ergeben hätten:
"1. Umsatzsteuer: 2. Einkünfte Vermietung:
Werbungskosten- Einnahmen-
überschuss überschuss
Gutschrift Zahllast
S S S S
1988 11.034,00 246.077,00
1989 17.794,00 37.842,00
1990 18.574,00 16.963,00
1991 9.087,00 46.465,00
1992 20.092,00 26.574,00
1993 15.840,00 34.336,00"
Per 1. Oktober 1993 hätten die Beschwerdeführerinnen die Liegenschaft an deren Nichte bzw. Tochter P geschenkt. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung sei der Prüfer zur Ansicht gelangt, mit der Schenkung der Liegenschaft liege eine Beendigung der Vermietungstätigkeit vor. Wegen der Erwirtschaftung eines "Gesamtverlustes" von S 286.437,-- innerhalb des Zeitraumes 1. Jänner 1988 bis 30. September 1993, "des Fehlens einer Mietzinsbegrenzung durch das MRG und der freiwilligen Beendigung der Vermietungstätigkeit" liege eine steuerlich nicht beachtliche Liebhabereitätigkeit vor. Da die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt worden sei, werde diese gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1972 geschuldet, ohne dass ein Vorsteuerabzug für die erhaltenen Leistungen zustünde (§ 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972).
In der Berufung hätten die Beschwerdeführerinnen vorgebracht, die Schenkung der Liegenschaft an P als jeweils nächste Angehörige sei als "vorweggenommene Erbschaften" erfolgt. Somit sei die Gewinnerzielungsabsicht nicht nur auf der Ebene der Geschenkgeberinnen (die 1992 und 1993 bereits Einnahmenüberschüsse erzielt hätten) gegeben, sondern würde "letztlich nahtlos von der nunmehrigen Geschenknehmerin fortgesetzt". Auch in Hinkunft würden durch die nunmehrige Geschenknehmerin bedingt durch den laufenden Abbau des Hypothekardarlehens Einnahmenüberschüsse erzielt.
Zur Abweisung der Berufung ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid von der Überlegung aus, bei Vorliegen eines abgeschlossenen Zeitraumes komme es weder auf eine prognostische Beurteilung der nach Beendigung der Tätigkeit rein abstrakten Aussicht auf Erzielung eines Gesamtüberschusses noch auf die Ursachen der Beendigung an. Im Beschwerdefall habe sich durch die "zwei letzten positiven Jahre" am Ergebnis eines innerhalb eines abgeschlossenen Zeitraumes erwirtschafteten Gesamtwerbungskostenüberschusses nichts geändert. "Nach jüngster Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes" (die belangte Behörde verweist auf das Erkenntnis vom 17. September 1996, 95/14/0052) sei eine Betätigung, die von vornherein nur auf einen bestimmten begrenzten Zeitraum geplant sei, nur dann als Einkunftsquelle anzusehen, wenn die Betätigung objektiv geeignet sei, innerhalb des geplanten Zeitraumes einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften. Auf den Beschwerdefall angewendet bedeute dies, dass eine bereits mit einem Gesamtwerbungskostenüberschuss abgeschlossene Betätigung objektiv "niemals mehr" ein positives Gesamtergebnis bringen könne. Das Verschenken der Liegenschaft mit dem Motiv einer "vorweggenommenen Erbschaft" stelle kein ertragswirtschaftliches Streben zur Erwirtschaftung eines Gesamterfolges dar. Die Beendigung der Vermietungstätigkeit durch die Beschwerdeführerinnen sei auch nicht als Reaktion auf "Unwägbarkeiten des Wirtschaftslebens und die damit verbundene Entwicklung eines Gesamtverlustes" erfolgt. Auch eine allenfalls aus Gesundheits- und Altersgründen (somit aus Motiven der Privatsphäre) erfolgte Beendigung der Vermietungstätigkeit durch die Beschwerdeführerinnen könne an der Liebhabereibeurteilung nichts ändern. Eine Ausdehnung der ertragsteuerlichen Betrachtung auf die Geschenknehmerin sei durch das Gesetz nicht gedeckt und würde überdies dem für jedes Steuersubjekt gesondert zu beurteilenden Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit widersprechen. Sowohl die (erste) Liebhabereiverordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. 1990/322 (anwendbar auf die Veranlagungen ab 1990), als auch die (zweite) Liebhabereiverordnung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993/33 (anwendbar auf die Veranlagungen ab dem Jahr 1993) enthielten Kriterien für die Liebhabereibeurteilung bei Betätigungen, die noch nicht abgeschlossen seien. Da im Beschwerdefall eine bereits abgeschlossene wirtschaftliche Betätigung vorliege, seien die Kriterien der genannten Verordnungen auf den Beschwerdefall nicht anzuwenden. Der für das Einkommensteuerrecht entwickelte Begriff der Liebhaberei habe auch im Umsatzsteuerrecht seine Gültigkeit. Da eine mit Gesamtwerbungskostenüberschuss eingestellte Tätigkeit endgültig keine Einnahmenüberschüsse "erwarten lassen kann", liege im umsatzsteuerlichen Sinn ebenfalls Liebhaberei vor (§ 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972). Nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 sei die Umsatzsteuer festzusetzen gewesen. Für 1993 sei diesbezüglich anzumerken, dass sich hier in der Umsatzsteuerschuld gegenüber der Steuererklärung in Höhe von S 15.840,-- keine Änderung ergebe, weil für dieses Jahr keine Vorsteuerbeträge erklärt worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zurückweisung der Beschwerde:
Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde zur Umsatzsteuer für das Jahr 1993 darauf hingewiesen, dass selbst eine stattgebende Berufungserledigung zu keiner Änderung der Umsatzsteuervorschreibung geführt hätte. Insoweit sind die Beschwerdeführerinnen daher durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert. Eine Beschwer fehlt auch hinsichtlich der Einkünftefeststellung für die Jahre 1992 und 1993, weil diesbezüglich mit positiven Beträgen erklärte Einkünfte nicht zum Ansatz kamen (Einkünftefeststellung jeweils mit "0"). Die Beschwerde war daher betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1993 und Einkünftefeststellung 1992 sowie 1993 nach § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
2. Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides:
In dem auch im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1996, 93/13/0171, wird ausgeführt, dass die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu betrachten ist, ob die geprüfte Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv Aussicht hat, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen wirtschaftlichen Gesamterfolg abzuwerfen. Nicht ein tatsächlicher erwirtschafteter Gesamterfolg, sondern die objektive Eignung der Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines solchen, subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben des Tätigen nach einem solchen Erfolg, hat demnach als Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens von Einkünften zu gelten.
Die belangte Behörde argumentiert bei ihrer Liebhabereibeurteilung nicht damit, dass die Vermietungstätigkeit an sich objektiv keine Aussicht gehabt hätte, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen wirtschaftlichen Gesamterfolg abzuwerfen, glaubt aber deshalb für die Beschwerdeführerinnen von einer steuerlich unbeachtlichen Betätigung ausgehen zu müssen, weil diese das Mietobjekt nach einem Zeitraum von rund sechs Jahren schenkungsweise übertragen und damit innerhalb dieses (abgeschlossenen) Zeitraumes nur einen negativen Gesamterfolg erwirtschaftet haben. Soweit die belangte Behörde weiters dazu ins Treffen führt, eine Betätigung, die von vornherein nur auf einen bestimmten begrenzten Zeitraum geplant sei, sei nur dann als Einkunftsquelle anzusehen, wenn die Betätigung objektiv geeignet sei, innerhalb des geplanten Zeitraumes einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde in keiner Weise Feststellungen dahin getroffen hat, die in Rede stehende Vermietungstätigkeit sei von den Beschwerdeführerinnen von vornherein nur für eine bestimmte begrenzte Zeit geplant gewesen.
Mit ihrer Ansicht, mit der erfolgten schenkungsweisen Übertragung einer an sich ertragbringenden Einkunftsquelle allein sei für die Beschwerdeführerinnen - auf die Vergangenheit bezogen - der Verlust der Einkunftsquelleneigenschaft verbunden, hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Es ist der belangten Behörde zwar einzuräumen, dass grundsätzlich für den einzelnen Steuerpflichtigen zu untersuchen ist, ob eine von ihm entfaltete Tätigkeit als Einkunftsquelle anzusehen ist. Die Übertragung der "Einkunftsquelle" hat allerdings für sich allein keinen Einfluss auf die für den vorhergegangenen Zeitraum vorzunehmende Beurteilung, ob die Tätigkeit in der betriebenen Weise geeignet ist, einen wirtschaftlichen Gesamterfolg abzuwerfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1990, 87/14/0038, sowie Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 23 zu § 2 EStG 1988). Damit erweist sich die von der belangten Behörde ihrer Beurteilung zu Grunde gelegte Annahme eines "abgeschlossenen Zeitraumes" als rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er nicht die Umsatzsteuer für das Jahr 1993 und die Einkünftefeststellung für die Jahre 1992 und 1993 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150082.X00Im RIS seit
19.02.2002