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21/01 Handelsrecht;Norm
BAO §188;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 in 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 28. März 2017, Zl. RV/7102874/2010, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde hinsichtlich Feststellung von Einkünften für das Jahr 2005 (mitbeteiligte Partei: W GmbH in Wien, vertreten durch Roland Wagerer, Steuerberater in 1220 Wien, Pappelweg 1/10), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Der Betrieb der X OEG, an der im Streitjahr 2005 Christine W mit 40% und Robert W mit 60% beteiligt waren, wurde mit Einbringungsvertrag vom 29. März 2006 in die Y GmbH eingebracht, deren Firma in weiterer Folge in X GmbH geändert wurde. Die Einbringung erfolgte rückwirkend zum 30. Juni 2005 gemäß Art. III Umgründungssteuergesetz (UmgrStG).
2 Mit Bescheid vom 11. Februar 2008 stellte das Finanzamt die von der X OEG im Zeitraum Jänner bis Juni 2005 erzielten Einkünfte gemäß § 188 BAO fest. Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen erfolgte wegen Nichtabgabe der Steuererklärung im Schätzungswege (§ 184 BAO). Der Feststellungsbescheid war an die X OEG gerichtet und wurde Robert W zugestellt.
3 Die X OEG brachte gegen den Feststellungsbescheid vom 11. Februar 2008 Berufung ein und legte gleichzeitig mit der Berufung einen Jahresabschluss zum 30. Juni 2005 sowie eine den Zeitraum Jänner bis Juni 2005 betreffende Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften vor.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht die Berufung (nunmehr Beschwerde) gemäß § 260 Abs. 1 BAO als unzulässig zurück. Die Beschwerdeführerin sei im Jahr 1997 als X OEG gegründet worden. Mit Einbringungsvertrag vom 29. März 2006 sei die X OEG in die Y GmbH eingebracht worden, deren Firmenwortlaut in weiterer Folge in X GmbH geändert worden sei. Über Antrag vom 30. März 2006 sei am 19. April 2006 die Auflösung und Löschung der X OEG im Firmenbuch eingetragen worden. Der Feststellungsbescheid vom 11. Februar 2008 weise als Adressat die X OEG aus. "Im Zeitpunkt der intendierten Bescheiderledigung existierte die (X OEG) zufolge Einbringung in die (Y GmbH) und spätere (X GmbH) im Jahr 2006 nicht mehr." Der vermeintliche Feststellungsbescheid sei daher ins Leere gegangen (Hinweis auf VwGH 19.6.2002, 99/15/0144, 21.12.1999, 95/14/0095, und 5.2.1992, 90/13/0041). Mangels eines wirksamen Feststellungsbescheides fehle es der Beschwerde an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand, weshalb sie als unzulässig zurückzuweisen sei (Hinweis auf VwGH 11.11.2010, 2010/17/0066, 22.3.2006, 2006/13/0001, und 15.2.2006, 2005/13/0179).
5 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil die Entscheidung der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folge.
6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision des Finanzamtes, in der zur Zulässigkeit ausgeführt wird, der bekämpfte Beschluss stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Einbringungsvorgänge nach Art. III UmgrStG keine Gesamtrechtsnachfolge bewirkten und Personengesellschaften des Unternehmensrechts ihre Parteifähigkeit - abgesehen von Fällen einer hier nicht vorliegenden Gesamtrechtsnachfolge - erst nach vollständiger Abwicklung aller Rechtsverhältnisse, wozu auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO gehöre, verlieren.
7 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, auf die das Finanzamt replizierte.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist zulässig und begründet.
10 Gemäß § 188 Abs. 1 BAO werden u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Der Feststellungsbescheid ergeht gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid gemäß § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen zu ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.
11 Nach § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
12 Die Personenumschreibung ist notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. z.B. VwGH 16.2.2006, 2006/14/0011, mwN).
13 Die Auflösung einer Personengesellschaft des Unternehmensrechtes und ihre Löschung im Firmenbuch beeinträchtigt ihre Parteifähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO jedenfalls so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - zu denen auch der Bund als Abgabengläubiger zählt - noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. - eine OEG betreffend - VwGH 25.4.2013, 2012/15/0161). Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO (vgl. z.B. VwGH 25.4.2013, 2010/15/0131, VwSlg 8806/F, mwN).
14 Von einem Verlust der Parteifähigkeit ist dann auszugehen wenn die Personengesellschaft des Unternehmensrechtes beendet wird und ein Gesamtrechtsnachfolger vorhanden ist, wie dies etwa nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einer - hier im Gegensatz zur Annahme in der Revisionsbeantwortung nicht vorliegenden - Vermögensübernahme nach § 142 UGB (vgl. etwa den Beschluss VwGH 28.6.2012, 2008/15/0332) der Fall ist, oder im Falle einer Verschmelzung (vgl. etwa die Beschlüsse/Erkenntnisse VwGH 19.6.2002, 99/15/0144; 21.12.1999, 95/14/0095; 5.2.1992, 90/13/0041, die vom Bundesfinanzgericht im hier angefochtenen Beschluss zitiert worden sind) gegeben ist. Bei Einbringungsvorgängen (auch unter Anwendung des Art. III UmgrStG) wird die aufnehmende Kapitalgesellschaft jedoch nicht Gesamtrechtsnachfolgerin des bisherigen Betriebsinhabers (vgl. z.B. VwGH 29.3.2006, 2001/14/0210, mwN).
15 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundesfinanzgericht eine Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Bescheid, gegen den sich die Beschwerde wendet (Gewinnfeststellung 2005), die X OEG als Adressaten ausweise, die im Zeitpunkt der intendierten Bescheiderledigung "zufolge Einbringung in die (Y GmbH) und spätere (X GmbH) im Jahr 2006" nicht mehr existiert habe. Damit hat das Bundesfinanzgericht im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung die Rechtslage verkannt.
16 Der angefochtene Beschluss war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 23. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017130033.L00Im RIS seit
19.02.2019Zuletzt aktualisiert am
10.04.2019