TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/7 LVwG-AV-1219/001-2018

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Veröffentlicht am 07.01.2019
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Entscheidungsdatum

07.01.2019

Norm

ZustG §26 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des A, wohnhaft in ***, ***, vom 7. November 2018 gegen einen Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 16. Oktober 2018, Kundennummer: ***, mit welchem eine Berufung vom 10. Juli 2018 gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 9. Februar 2018, betreffend die Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr ab 1. April 2018 für die Liegenschaft ***, als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde, zu Recht:

1. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 279 iVm 288 Abs. 1 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 9. Februar 2018, Kundennummer: ***, wurde Herrn A (in der Folge: Beschwerdeführer) für die Liegenschaft *** eine jährliche Kanalbenützungsgebühr ab 1. April 2018 im Betrag von € 332,96 vorgeschrieben. Ein Nachweis der Zustellung dieses Abgabenbescheides an den Beschwerdeführer ist im vorgelegten Abgabenakt nicht dokumentiert.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Abgabenbescheid das ordentliche Rechtsmittel der Berufung. Der Bescheid sei ihm anlässlich einer Vorsprache nach einer Abgabenmahnung am 5. Juli 2018 persönlich übergeben worden. Da auf der Liegenschaft keine Änderungen eingetreten seien, werde die Aufhebung des Abgabenbescheides beantragt.

Der nunmehr angefochtene Bescheid wurde unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Gemeindevorstandes vom 16. Oktober 2018 ausgefertigt.

Mit dieser Berufungsentscheidung wurde die Berufung vom 10. Juli 2018 „wegen Verspätung zurückgewiesen“. Der bekämpfte Abgabenbescheid sei dem Beschwerdeführer am 12. Februar 2018 zugestellt worden, weshalb die Berufung vom 10. Juli 2018 wegen Verspätung zurückzuweisen sei.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die nunmehrige Beschwerde vom 7. November 2018. Am 12. Februar 2018 sei ein Bescheid über eine Kanalergänzungsabgabe zugestellt worden, der Bescheid über die Kanalbenützungsgebühr sei dem Beschwerdeführer am 5. Juli 2018 von einem Gemeindebediensteten übergeben worden. Da auf der Liegenschaft *** keine Änderung stattgefunden habe, habe er die gegenständliche Berufung vom 10. Juli 2018 erhoben. Da der angefochtene Abgabenbescheid ihm erst am 5. Juli 2018 zugestellt worden sei, stelle er den Antrag, den angefochtenen Berufungsbescheid, mit welchem die Berufung wegen Verspätung zurückgewiesen wurde, aufzuheben.

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angeschlossenen Abgabenakt der Marktgemeinde *** am 21. November 2018 zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die seitens der belangten Behörde vorgelegten Aktenunterlagen. Im Wesentlichen ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aus dem Inhalt des vorgelegten unbedenklichen Aktes. Insbesondere bestehen auch keinerlei Zweifel an der Vollständigkeit des vorgelegten Abgabenaktes.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung – BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit dem angefochtenen Berufungsbescheid wurde über die Berufung gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 9. Februar 2018 abgesprochen.

Die Berufung vom 10. Juli 2018 wurde als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Für die Annahme der Berufungsbehörde, der Abgabenbescheid sei dem Beschwerdeführer bereits am 12. Februar 2018 zugestellt worden, findet sich im vorgelegten Gemeindeakt jedoch kein Nachweis. Zwar gibt es RSb-Zustellnachweise für die Zustellung anderer Bescheide (Wasseranschlussergänzungsabgabe, Kanalergänzungsabgabe) an diesem Tag, aus der Beschriftung der Rückscheine ergeben sich jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass in einem der Kuverts auch eine Ausfertigung des Abgabenbescheides vom 9. Februar 2018 enthalten gewesen sein könnte.

Demgegenüber bringt der Beschwerdeführer vor, der Abgabenbescheid sei ihm am 5. Juli 2018 durch persönliche Übergabe zugestellt worden.

Die aus § 26 Abs. 2 Zustellgesetz folgende Zustellvermutung bei Zustellung ohne Zustellnachweis, wonach eine Zustellung am dritten Werktag nach Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt, ist widerlegbar.

Dafür reicht bereits eine gegenteilige Behauptung des Empfängers, sofern die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung nicht beweisen kann.

Die Beweislast trifft somit die Behörde (VwGH 85/14/0047; 94/04/0061; 2001/13/0302; 2007/16/0175; 2007/17/0202 u.a.).

Mangels eines Nachweises für den von der Behörde angenommenen Zustellzeitpunkt ist daher entsprechend der Behauptung des Beschwerdeführers im Zweifel von einer erstmaligen Zustellung des Abgabenbescheides am 5. Juli 2018 auszugehen.

Demzufolge war die Einbringung der Berufung vom 10. Juli 2018 auch nicht verspätet. Aufgrund der Beschwerde war der angefochtene Berufungsbescheid daher spruchgemäß aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Insbesondere liegt der Entscheidung gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde.

3.3. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache – soweit dies für die Entscheidung wesentlich wäre - nicht erwarten lässt.

3.4. Ergänzendes:

Aufgrund der gegenständlichen Entscheidung ist die Berufung vom 10. Juli 2018 gegen den Abgabenbescheid vom 9. Februar 2018 wieder unerledigt und wird in weiterer Folge vom Gemeindevorstand als zuständiger Berufungsbehörde inhaltlich zu erledigen sein.

Schlagworte

Finanzrecht; Verfahrensrecht; Zustellung; Zustellmangel;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1219.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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