TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/14 LVwG-AV-591/001-2018

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Veröffentlicht am 14.01.2019
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Entscheidungsdatum

14.01.2019

Norm

WRG 1959 §38
WRG 1959 §138

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A und B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 25.04.2018, ***, betreffend gewässerpolizeilichen Auftrag nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Die Leistungsfrist für die Stellung eines Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 103 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) und für die Beseitigung der Anlage wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 59 Absatz 2 AVG neu festgelegt bis 20. April 2019.

3.   Eine Revision nach Art. 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten verpflichtete die Beschwerdeführer mit Bescheid vom 25.04.2018 gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959, bis spätestens 31.07.2018 hinsichtlich des auf den Grundstücken Nrn. *** und ***, beide KG ***, bestehenden Garagengebäudes entweder einen den Voraussetzungen des § 103 WRG 1959 entsprechenden Antrag auf nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung dieser baulichen Maßnahme im Ufer- und Hochwasserabflussbereich des Mühlbaches zu stellen (unter Vorlage von Projektsunterlagen) oder diese Anlage innerhalb der genannten Frist zu beseitigen. Weiters wurde ausgesprochen, dass für den Fall der nicht fristgerechten Einbringung eines Antrages auf nachträgliche Bewilligung an die Behörde bis spätestens 03.08.2018 eine Meldung samt Fotodokumentation über die Entfernung des Garagengebäudes zu übermitteln ist.

Dagegen erhob A, auch in Vertretung für ihren Mann B, fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass das bestehende Garagengebäude von den Schwiegereltern in den 1990er Jahren errichtet worden sei, ohne dass der Verlauf des *** Mühlbaches dadurch verändert worden wäre. Die Uferverbauung sei im Zeitpunkt der Garagenvergrößerung schon gegeben gewesen. Beim Bau der neuen Garage sei ein Teil der alten erhalten geblieben. Es gäbe einen Baubewilligungsbescheid vom 26.02.1992, wonach der Garagenzubau bewilligt worden wäre. Der Vertreter des Wasserverbandes für den ***unterlauf hätte mitgeteilt, dass gegen die Vergrößerung der Garage kein Einwand bestehe. Das gegenständliche Gebäude würde sich auch teilweise auf öffentlichem Wassergut befinden. Die Beschwerdeführerin sei gegebenenfalls bereit, die überbaute Fläche des öffentlichen Wassergutes zu erwerben. Es hätte seit dem Bau der ersten Garage keine Veränderungen am Bachufer gegeben. Dazu würden die Zeugen C, D und E angeführt. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass die wasserrechtliche Bewilligungspflicht entfallen würde, sobald die Hochwasserschutzmaßnahmen am *** Mühlbach umgesetzt sein würden. Es gäbe eine entsprechende Bewilligung seit 2016 und würde laut telefonischer Auskunft der Stadtgemeinde im nächsten Jahr mit dem Bau begonnen werden. Mit Umsetzung der Maßnahmen würde das gegenständliche Garagengebäude nicht mehr im 30-jährigen Hochwasserabflussbereich sein.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hielt am 14.11.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung ab. Dabei wurde Beweis erhoben durch Befragung der Beschwerdeführerin.

Folgender Sachverhalt wird aufgrund der Aktenlage und der Aussage der Beschwerdeführerin als erwiesen festgestellt:

Auf den Grundstücken *** und ***, beide KG ***, befindet sich ein Garagengebäude, welches in den 1990er Jahren errichtet wurde. Diese Garage stellt einen Umbau und eine Erweiterung einer alten vor dieser Zeit bestandenen Garage dar.

Das Gebäude befindet sich im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich und ist auch teilweise auf öffentlichem Wassergut situiert. Eine wasserrechtliche Bewilligung dafür liegt nicht vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständliche Rechtssache relevanten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lauten auszugsweise:

„§ 38.

(1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(2) ...

(3) Als Hochwasserabflußgebiet (Abs. 1) gilt das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflußgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.

§ 138.

(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)

eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

         b) …

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.“

Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des AVG lauten auszugsweise:

„§ 59.

(1) ...

(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.“

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist der angefochtene gewässer- polizeiliche Alternativauftrag vom 25.04.2018.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines derartigen Auftrages ist, dass eine eigenmächtige Neuerung iSd § 138 WRG 1959 vorliegt und weder das öffentliche Interesse die Beseitigung erfordert noch ein Betroffener sie verlangt.

Nach der Judikatur ist eine eigenmächtige Neuerung iSd § 138 WRG eine Herstellung dann, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist, diese aber nicht erwirkt wurde (vgl. VwGH vom 31.01.1995, 94/07/0078).

Die gegenständliche Garage befindet sich im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich. Dies wird auch in der Beschwerde vom 31.05.2018 festgehalten.

Die nunmehrige, in den 1990er Jahren errichtete, Garage ist nicht identisch mit der in der Beschwerde angeführten alten Garage. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Behördenakt, insbesondere dem Einreichplan vom November 1991. Sie stellt eine andere Sache, ein aliud, dar.

Für die gegenständliche Garage liegt keine wasserrechtliche Bewilligung vor. Eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht ist aber aufgrund der Rechtslage, nämlich nach § 38 WRG 1959, gegeben.

Nach der Judikatur (vgl. VwGH vom 21.1.1999, 98/07/0155 u.a.) tritt eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht iSd § 38 Abs. 1 WRG 1959 für den Altbestand dann ein, wenn die Anlage abgeändert oder neu errichtet worden ist.

Eine Bewilligungsfähigkeit ist anhand der Aktenlage grundsätzlich gegeben.

Ein Antrag des öffentlichen Wassergutes als Betroffener auf Beseitigung der gegenständlichen Garage, soweit sie sich auf öffentlichem Wassergut befindet, ist anhand der Aktenlage derzeit nicht zu erkennen. Ein solcher würde der Erlassung eines Alternativauftrages nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 entgegenstehen (vgl. VwGH vom 23.10.2014, Ro 2014/07/0086).

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Vertreter des öffentlichen Wassergutes mit Schreiben vom 02.05.2017 den „Antrag“ stellte, die Behörde möge gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 vorgehen.

Zum Vorbringen, der Verlauf des *** Mühlbaches sei nicht verändert worden, ist festzuhalten, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Garage ist.

Die Ausführungen, es gäbe eine Baubewilligung und auch die Zustimmung des Vertreters des Wasserverbandes für gegenständliche Garage, können keinen Ersatz für eine erforderliche wasserrechtliche Bewilligung bieten.

Auch das Vorbringen, es sei zu keinem Zeitpunkt ein Einwand oder ein Hinweis auf eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht erfolgt, kann nicht helfen, der Umstand der Bewilligungspflicht ist von der Wasserrechtsbehörde stets und zu jeder Zeit zu prüfen.

Die langjährige Aufrechterhaltung eines konsenslosen Zustandes vermittelt nicht das Recht zu dessen Beibehaltung und der Umstand, dass die Wasserrechtsbehörde nicht sofort gegen einen konsenslosen Zustand einschreitet, macht ein späteres Einschreiten der Behörde nicht unzulässig, da es eine „Verjährung“ bezüglich konsensloser Zustände nicht gibt (vgl. VwGH vom 09.03.2000, 99/07/0136).

Die namhaft gemachten Zeugen, welche Angaben zur alten Garage machen hätten können und zur damals üblichen Vorgehensweise des Wasserverbandes für den ***unterlauf, waren nicht zu befragen, da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens die umgebaute Garage, welche ein aliud darstellt, ist, und auch Gepflogenheiten des Wasserverbandes keinen Einfluss auf eine gesetzlich geregelte Bewilligungspflicht haben.

Zum Hochwasserschutzprojekt am *** und am *** Mühlbach, welches der Stadtgemeinde *** mit Bescheid vom 12.01.2016 wasserrechtlich bewilligt wurde, ist festzuhalten, dass dessen Umsetzung schon im Jahr 2015 (Beilage B zur Verhandlungsschrift am 14.11.2018, Zeitungsartikel) angekündigt, aber bis dato noch nicht einmal mit der Umsetzung begonnen wurde. Auch aus der Beilage A zur Verhandlungsschrift vom 14.11.2018 (E-Mail der Stadtgemeinde *** vom 11.09.2018) ergibt sich kein konkretes Datum für eine Verwirklichung des bewilligten Hochwasserschutzprojektes der Stadtgemeinde ***, nicht einmal ein Zeitpunkt des Beginns der Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen ist dem E-Mail zu entnehmen.

Es wird im E-Mail vom 11.09.2018 von der Stadtgemeinde lediglich mitgeteilt, dass eine Budgeterstellung für das gegenständliche Hochwasserschutzprojekt im Herbst erfolgen würde und erst danach eine Zusage für die Umsetzung gemacht werden könne.

Nebenbei wird angemerkt, dass nach schriftlicher Auskunft der belangten Behörde vom 02.08.2018 die Bauvollendungsfrist für das Projekt bis 31.12.2020 festgelegt ist.

Eine Befragung des namhaft gemachten F von der Stadtgemeinde *** als Zeuge zur Bestätigung, dass in absehbarer Zeit der Hochwasserschutz umgesetzt werden würde, konnte unterbleiben, da mit der Umsetzung noch nicht einmal begonnen wurde und auch dessen Aussage keinen konkreten Zeitpunkt des Beginnes der Projektsverwirklichung ergeben würde. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, ebenso wie die belangte Behörde, seine Entscheidung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Fällung der Entscheidung zu richten hat.

Die Erlassung eines gewässerpolizeilichen Alternativauftrages war nach der Sach- und Rechtslage zulässig. Die Beschwerdeführerin und der von ihr vertretene Ehemann sind grundbücherliche Eigentümer des Grundstückes Nr. ***, KG ***, auf welchem sich die gegenständliche umgebaute Garage befindet, und welche auch auf öffentliches Wassergut (Grundstück Nr. ***, KG ***) reicht. Die Beschwerdeführer konnten daher als Adressaten des gewässerpolizeilichen Alternativauftrages herangezogen werden.

Mit der Erlassung des gegenständlichen Auftrages konnte nicht bis zur Umsetzung des Hochwasserschutzprojektes der Stadtgemeinde *** zugewartet werden, da die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes maßgeblich ist und derzeit die gegenständliche Garage sich im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich befindet und bewilligungspflichtig ist. Anzumerken ist, dass der Zeitpunkt der tatsächlichen Umsetzung des Hochwasserschutzprojektes nicht absehbar ist.

Die Erfüllungsfrist war aufgrund der Dauer des Beschwerdeverfahrens neu festzulegen gewesen.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, es fehlt auch keine Rechtsprechung.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; eigenmächtige Neuerung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.591.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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