TE Bvwg Beschluss 2018/8/31 W168 2204545-1

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Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §17
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W168 2204545-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. MACALKA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2018, Zl. 1184100003 / 180249372 -EAST Ost beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet am 13.03.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab hierzu die oben angeführten Personalien an.

Eine EURODAC- Abfrage ergab keinen Eurodac Treffer. In der Visa Datenbank konnte das Vorliegen eines Visas der Kategorie C für Polen im Gültigkeitszeitraum vom 09.09.2017 bis zum 23.09.2017 festgestellt werden.

Bei der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer (BF) befragt zur Reiseroute an, dass er aus Armenien kommend über unbekannte Länder schlepperunterstützt am 12.03.2018 nach Österreich gekommen wäre. Die Reise hätte rund 3,5 Tage gedauert. Er wäre mit einen Fahrzeug gereist, bzw. hätte während der Fahrt das Auto nicht verlassen dürfen. Weitere Angaben betreffen der Reiseroute könnten nicht erstattet werden. Betreffend des Fluchtgrundes wurde ausgeführt, dass der BF am 07.03.2018 wäre er am Nachhauseweg von zwei Männern in Zivil angegriffen worden und mit dem Auto entführt und mit dem Umbringen bedroht worden. Am 08.03.2018 wäre er dann mit der Hilfe seines Onkels aus Armenien ausgereist.

Aufgrund der vorliegenden Daten der Visa Datenbank richtete das BFA ein auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO gestütztes Ersuchen an Polen. Polen stimmte daraufhin der Aufnahme des BF gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO mit 19.03.2018 ausdrücklich zu.

Bei der am 09.05.2018 durchgeführten Erstbefragung führte der BF aus, dass er aus Armenien gekommen wäre. Er hätte nicht in Polen gelebt. Er wäre vor 8 Monaten in Polen gewesen und wäre anschließend wieder nach Armenien ausgereist. Danach wäre er direkt von dort nach Österreich gereist. Österreich wäre sein Zielland gewesen. Insgesamt hätte er sich nur für rund 2 Tage in Polen zum Besuch eines Begräbnisses in Polen aufgehalten. Ansonsten hätte er nichts mit Polen zu tun.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Polen zulässig sei.

Gegenständlicher Bescheid enthält zum damaligen Zeitpunkt aktuelle und umfassende Feststellungen zur Lage im Mitgliedstaat. Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen die Zuständigkeit Polen betreffend ausgeführt, dass der BF aus Polen kommend illegal nach Österreich weitergereist wäre. Aufgrund des durchgeführten Konsultationsverfahrens mit Polen stehe fest, dass Polen gem. Art. 12 Abs. 4 der Dublin III VO für das materielle Verfahren zuständig wäre.

Der Beschwerdeführer bekämpfte die Entscheidung des Bundesamtes mit einer fristgerecht eingebrachten Beschwerde. In dieser wurde zusammenfassend ausgeführt, dass Art. 12 Abs. 4 voraussetzen würde, dass der BF das Gebiet der Mitgliedsstaaten nicht verlassen hätte. (Filzwieser / Sprung, Dublin III VO, Stand 1.1.14, S. 140 ff K24)

Eine Mindestdauer des Verlassens der Mitgliedsstaaten wäre bei Art. 12 im Unterschied zu Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 5 zweiter Untersatz die diesbezüglich eine Mindestdauer von 3 Monaten vorsehen würden, hier nicht gegeben. Auch eine kurzfristige Ausreise würde genügen, dass abgelaufene Visa und Aufenthaltstitel keinen zuständigkeitsbegründenden Charakter mehr besitzen würden. Der BF hätte dargelegt, dass er das Visum nur für den Besuch eines Begräbnisses benutzt hätte, bzw. nach 2 Tagen Polen wieder verlassen hätte und nach Armenien zurückgekehrt wäre. Diesbezüglich könnten mehrere der Beschwerde beigefügte Bescheinigungsmittel, wie ein Arztbrief vom 20.11.2017, und eine Pfandleihbestätigung vom 23.11.2017 in Kopie vorgelegt, bzw. diese auch im Original jederzeit vorgelegt werden. Im angefochtenen Bescheid wäre das Vorbringen hinsichtlich des Verlassens des BF zwar rezitiert worden und nicht in Absprache gestellt worden. Es wäre, begründet auf die erfolgte Zustimmung jedoch seitens des BFA offensichtlich davon ausgegangen worden, dass sämtliche Aussagen des BF (betreffend des Verlassens der Mitgliedsstaaten) in Folge hinfällig wären. Auf die Rsp. des VwGH (RA 2016/19/0078 vom 14.12.2016 wäre zu verwiesen, der mit Verwies auf das Urteil des EuGH zu RS C-63/15 (Ghezelbash), sowie C-155/15 (Karim) vom 07.06.2016 die fehlende Anwendung der Kriterien der Dublin III VO vom Antragsteller (bzw. BF) mittels Rechtsbehelf geltend gemacht werden können und es sich hierbei um ein subjektives Recht handle. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte die belangte Behörde somit nicht von einer Zuständigkeit Polens ausgehen dürfen. Demgemäß wird der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verfahren in Österreich zuzulassen sein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

§ 17 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

"(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen."

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes gegenwärtig nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung der beschwerdeführenden Partei eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W168.2204545.1.01

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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