TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/21 G306 2199581-1

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Veröffentlicht am 21.09.2018
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Entscheidungsdatum

21.09.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2199581-1/8E

Schriftliche Ausfertigung des am 21.09.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.:

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch RA Dr. Martin MAHRER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das Aufenthaltsverbot auf 4 Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2018, rk, Zl. XXXX, aufgrund des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 Abs. 1 StGB, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Als mildernd wurde bei der Strafbemessung das reumütige Geständnis und als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Tatwiederholung innerhalb weniger Tage sowie die einschlägige Vorstrafe aus der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) - 04.04.2018 - wurde der BF aufgefordert, zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme, Stellung zu nehmen. Mit schriftlicher Eingabe, gab dieser eine Stellungnahme ab. Am 03.05.2018 langte beim BFA die Vollmachsbekanntgabe samt Stellungnahme des ausgewiesenen Rechtsvertreters (RV).

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 3 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit erteilt (Spruchpunkt II.) sowie der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehrige Beschwerde mit den Anträgen, das angerufene Gericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in evenu der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid beheben und dahingehend abändern, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes deutlich herabgesetzt wird, in eventu der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verfahrensdurchführung und Bescheidfällung an die Erstbehörde verweisen.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 21.06.2018 einlangte.

Am 21.09.2018 fand an der Außenstelle des BvWG Graz eine mündliche Verhandlung statt an der der BF - nach Vorführung durch Vollzugsbeamte - persönlich an der Verhandlung teilnahm. Ebenfalls war der RV sowie die Gattin des BF anwesend. Eine Vertretung der belangten Behörde war trotz Landung nicht anwesend.

Am Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet. Innerhalb offener Frist beantragte die RV die schriftliche Ausfertigung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der BF, ein deutscher Staatsbürger und hält sich seit dem 22.12.2001 durchgehend im Bundesgebiet auf.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er war in Österreich immer wieder bei verschiedenen Dienstgebern als Arbeiter/Angestellter beschäftigt. Zuletzt - vor seiner Inhaftierung - war der BF bei der Firma XXXX beschäftigt und gibt es diesbezüglich wieder eine schriftliche Einstellungszusage, nach Haftentlassung.

Der BF hat in Bundesgebiet eine Lebensgefährtin mit der er seit ca. 12 Jahren zusammenlebt. Im gemeinsamen Haushalt lebte auch die behinderte Tochter der Lebensgefährtin die jedoch seit kurzer Zeit eine eigene Wohnung hat und mit einer Lehre begonnen hat. Der BF hat bis zur Inhaftierung in einem Haus gewohnt, welches aufgrund der Verfahrenskosten (Rechtsanwalt usw.) veräußert werden musste. Seit XXXX.2017 weist der BF eine Wohnsitzmeldung in der Justizanstalt XXXX auf. Sonstige Verwandte leben nicht im Bundesgebiet. Der BF hat keine leiblichen Kinder und ist auch zu niemanden Obsorge verpflichtet.

Der BF befindet sich seit dem XXXX.2017 in Haft und ist mit einem frühesten Entlassungstermin per XXXX.2019 zu rechnen.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint folgende strafgerichtliche Verurteilung auf:

"LG XXXX vom XXXX.2018 RK XXXX.2018

§ 207(1) StGB

§ 208 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2017

Freiheitsstrafe 15 Monate"

Der Verurteilung liegt folgender Tatbestand zu Grunde:

"Es wird zu Recht erkannt, XXXX ist schuldig, er hat in XXXX

I.) am XXXX.2017 außer dem Fall des § 206 eine geschlechtliche Handlung von einer unmündigen Person, nämlich am XXXX.2011 geborenen XXXX, an sich vornehmen zu lassen, indem er dessen Hand ergriff und auf seinen erigierten Penis legte, nachdem er bereits zuvor vor dem Unmündigen Handonanie durchgeführt hatte,

II.) am XXXX.2017 eine Handlung, die geeignet ist, die sittliche oder seelische Entwicklung von Personen unter 16 Jahren zu gefährden, vor unmündigen Personen vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, indem er sein entblößtes Glied vor den am XXXX.2007 geborenen Zwillingen XXXX und XXXX und einem weiteren 10-jährigen Jungen zur Schau stellte."

Strafbare Handlungen:

XXXX hat hiedurch

zu I.) das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und

zu II.) das Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 Abs. 1 StGB begangen.

Strafe:

Er wird hiefür nach § 207 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten

sowie weiters gem. § 389 Abs. 1 stopp auch zu Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird die von XXXX.2017, 13:25 Uhr bis XXXX.2018, 11:00 Uhr erlittene Vorhaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Strafbemessung:

als mildernd wurde gewertet:

reumütiges Geständnis

als erschwerend wurde gewertet:

-Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen

-Tatwiederholung innerhalb weniger Tage

-Einschlägige Vorstrafen in der Bundesrepublik Deutschland"

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte und des Gerichtsakts des BVwG in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen.

Die Feststellungen zur Identität des BF und zu seinen persönlichen, familiären und finanziellen Verhältnissen beruhen auf den entsprechenden Angaben in diversen Stellungnahmen sowie Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass sich die BF seit 22.12.2000 kontinuierlich in Österreich aufhält, beruht darauf, dass laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) hervorgeht, dass der BF seit dieser Zeit mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet ist. Hinweise auf eine längere Abwesenheit aus dem Bundesgebiet, liegen nicht vor.

Die Feststellung, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, beruht darauf, dass er im gesamten Verfahren nichts Gegenteiliges behauptete und immer wieder einer Beschäftigung nachgegangen ist sowie das gegenständlich eine Einstellungszusage nach Haftentlassung vorliegt.

Die Erwerbstätigkeiten des BF in Österreich ergeben sich aus dem Versicherungsdatenauszug.

Die Feststellung zu der vom BF begangenen Straftat beruht auf einen aktuellen Strafregisterauszug sowie aus den im Verwaltungsakt einliegenden Urteilsausführung des Strafgerichts.

Die Feststellung über die vom BF zu verbüßende Strafhaft sowie das die gesamte Freiheitsstrafe unbedingt ausgesprochen wurde, ergibt sich aus dem genannten Strafurteil des Landesgericht XXXX sowie aus der Eintragung im Strafregister.

Die Feststellung, dass der BF über keinerlei Besitz mehr verfügt ergibt sich aus den eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass der BF eine Lebensgefährtin hat, er mit dieser und deren behinderten Tochter bis zur Verhaftung zusammengelebt hat, ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung.

Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Hinsichtlich eines etwaigen Gesinnungswandels wurde vom BF bzw. seiner RV in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass der BF nächstes Jahr 60 Jahre wird, er hier seine Lebensgefährtin hat und seine Straftat eingesehen habe und darüber hinaus sich auch einer Therapie unterziehe ist festzuhalten, dass der ständigen Judikatur des VwGH zufolge, der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu prüfen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa die VwGH Erkenntnisse vom 19. April 2012, Zl. 2010/21/0507, und vom 25. April 2013, Zl. 2013/18/0056, jeweils mwN). Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen kann, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens - regelmäßig in Freiheit - bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (Hinweis E 22. Jänner 2013, 2012/18/0185; E 22. Mai 2013, 2013/18/0041); ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009; 28.01.2016, Ra 20015/21/0013).

Im gegenständlichen Fall bereut der BF seine Taten im Stande der Strafhaft und vermeint sein Unrecht der Taten einzusehen. Diese Einsicht wird er in Freiheit beweisen müssen. Darüber hinaus kommt hinzu, dass der BF bereits in Deutschland einschlägig vorbestraft ist - auch wenn diese Straftat schon lange zurückliegt.

Die belangte Behörde wiederum hat das Vorbringen des BF sowie die in Vorlage gebrachten Beweismittel ihrerseits beweisgewürdigt und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt. Ein vom BF behauptete Fehlentscheidung seitens der belangten Behörde, kann nicht erkannt werden.

Eine allfällige Änderung der Sachlage oder einen von der belangten Behörde nicht erhobenen Sachverhalt brachte der BF selbst in der gegenständlichen mündlichen Verhandlung nicht vor und ließ darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür erkennen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF ist auf Grund seiner deutschen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs.

4 Z 8 FPG.

Die entsprechenden Bestimmungen des FPG hinsichtlich des Aufenthaltsverbotes lauten wie folgt:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde des BF nicht begründet und daher abzuweisen war.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Der BF hält sich seit dem 22.12.2000 durchgehend im Bundesgebiet auf und musste daher der anzuwendende Gefährdungsmaßstab ermittelt werden.

Dazu war es nötig festzustellen, ob ein zehnjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet vorliegt oder nicht. Unbestritten hält sich die BF seit 12/2000 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er überschreitet daher die im § 53a NAG (fünf Jahre durchgehender rechtmäßiger Aufenthalt) relevante Frist. Der BF kommt jedoch nicht in die Gunst des im vorletzten Satzes des § 67 Abs. 1 FPG (seit zehn Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet) anzuwendenden Maßstabes für die Erstellung der Gefahrenprognose.

Im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 16.01.2014, Rs C-400/12, wurde ausgeführt das der Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss und vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung des Betroffenen an zurückzurechnen ist.

Weiters wurde im Rahmen der Auslegung des Art. 16 Abs 2 der Richtlinie 2004/38 festgestellt, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung durch ein nationales Gericht dazu angetan ist, deutlich zu machen, dass der Betroffene die von der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Strafrecht zum Ausdruck gebrachten Werte nicht beachtet. Da der Grad der Integration der Betroffenen die wesentliche Grundlage sowohl für das Daueraufenthaltsrecht als auch für die Regelung zum Schutz vor Ausweisungsmaßnahmen, die beide in der Richtlinie 2004/38 vorgesehen sind, bildet, sind die Gründe, die es rechtfertigen, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts nicht berücksichtigt werden, oder dass sie die Kontinuität des Aufenthalts für die Zwecke dieses Rechtserwerbs unterbrechen, auch bei der Auslegung des Art. 28 Abs 3 Buchst. a dieser Richtlinie heranzuziehen.

Daraus folgt, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke der Gewährung des verstärkten Schutzes nach Art. 28 Abs 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 keine Berücksichtigung finden können und dass diese Zeiten die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich unterbrechen.

Der BF wurde am XXXX.2017 (rk) vom Landesgericht XXXX unter der Zl.:

XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt. Sie wird derzeit vom BF verbüßt. Folglich weist der BF von jetzt an zehn Jahre zurückgerechnet, keinen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet auf und ist daher nicht der Gefährdungsmaßstab gem. § 67 Abs 1 5. Satz anzuwenden.

Unbestritten kommt dem BF jedoch - aufgrund des langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts - das Recht auf Daueraufenthalt zu.

Im Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2012, 2012/21/0181, wird dazu ausgeführt, dass bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, Art. 28 Abs 2 der Unionsbürgerrichtlinie bestimmt, dass eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden" Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Und es muss angenommen werden, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern (arg. a minori ad maius) auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs 2 der Unionsbürgerrichtlinie und § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen ist.

Folglich darf gegen den BF nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Diese liegen beim BF auch vor.

Aus der schriftlichen Urteilsausfertigung vom Landesgericht XXXX kann folgende entnommen werden:

"Es wird zu Recht erkannt, XXXX ist schuldig, er hat in XXXX

I.) am XXXX.2017 außer dem Fall des § 206 eine geschlechtliche Handlung von einer unmündigen Person, nämlich am XXXX.2011 geborenen XXXX, an sich vornehmen zu lassen, indem er dessen Hand ergriff und auf seinen erigierten Penis legte, nachdem er bereits zuvor vor dem Unmündigen Handonanie durchgeführt hatte,

II.) am XXXX.2017 eine Handlung, die geeignet ist, die sittliche oder seelische Entwicklung von Personen unter 16 Jahren zu gefährden, vor unmündigen Personen vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, indem er sein entblößtes Glied vor den am XXXX.2007 geborenen Zwillingen XXXX und XXXX und einem weiteren 10-jährigen Jungen zur Schau stellte."

Strafbare Handlungen:

XXXX hat hiedurch

zu I.) das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und

zu II.) das Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 Abs. 1 StGB begangen.

Strafe:

Er wird hiefür nach § 207 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten

sowie weiters gem. § 389 Abs. 1 stopp auch zu Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird die von XXXX.2017, 13:25 Uhr bis XXXX.2018, 11:00 Uhr erlittene Vorhaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Strafbemessung:

als mildernd wurde gewertet:

reumütiges Geständnis

als erschwerend wurde gewertet:

-Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen

-Tatwiederholung innerhalb weniger Tage

-Einschlägige Vorstrafen in der Bundesrepublik Deutschland"

Die Straftaten lassen sich auch nicht als "einmalige Dummheit" oder "Kurzschlusshandlung" abtun. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung selbst zu "Pädophilie" Probleme zu haben. Der BF wurde bereits zuvor in Deutschland einschlägig strafrechtlich verurteilt. Der BF wurde vor seiner Inhaftierung schon wiederholt auf Spielplätzen gesichtet.

Erschwerend kommt hinzu, dass der BF zwar die Taten zugibt und auch erkennt, dass er offensichtlich pädophile Neigungen hat, sich jedoch mit keinem Wort dazu äußert, dass er die Taten bereue.

Dies indiziert jedenfalls, dass vom BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 67Abs. 1 FPG ausgeht.

Bei diesen Delikten handelt es sich nämlich ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten des BF (vgl. VwGH 15.06.1988, 87/01/0351; 02.09.2008, 2006/18/0333; 23.03.2010, 2010/18/0041). So begnügte sich der BF nicht allein damit, sich an dem, unmündigen Opfer sexuell zu vergehen, sondern setze einige Tage nach dieser Tat sofort wieder eine Handlung, die geeignet ist, die sittliche oder seelische Entwicklung von Personen unter 16 Jahren zu gefährden indem er sei Glied entblößte und den minderjährigen Opfer zeigte. Der BF war offensichtlich darauf aus, sich durch sein Verhalten eine nachhaltige Befriedigung seiner niederen Gelüste, ohne dabei Rücksicht auf das Befinden des Opfers und der damit einhergehenden diesbezüglichen allfälligen psychischen Schädigungen und Entwicklungsstörungen dieser zu nehmen, zu finden.

Sohin ist das vom BF begangene Verhalten nicht nur als schwerwiegend verwerflich anzusehen, sondern hat der BF damit auch wesentliche Interessen des betroffenen Opfers aber auch der Gesellschaft an sich, nämlich Sicherheit für die Person und ihrer Interessen sowie des sozialen Friedens, zuwidergehandelt. Das vom BF gezeigte Verhalten weist sohin auf eine hohe Bereitschaft der Negierung schützender Gesetze und gesellschaftlicher Regeln sowie auf einen auf die Befriedigung sexueller Gelüste ausgerichteten labilen Charakter des BF hin. Dem nicht genug, hat der BF durch sein Verhalten aufgezeigt, gesellschaftlich nicht akzeptable ausgeprägte sexuelle Neigungen in Bezug auf unmündig minderjährige Personen gepaart mit einer niederen bis gar nicht vorhandenen Hemmschwelle in Bezug auf den Willen diese Gelüste einer Befriedigung zuzuführen, aufzuweisen. Wenn auch schon "pädophile" Neigungen - welche dem BF aufgrund seiner Tat jedenfalls vorgehalten werden können - allein ein großes Gefahrenpotential in sich bergen, sofern es um das sittliche Empfinden der Gesellschaft und den Schutz unmündig minderjähriger Personen geht, so stellt der Umstand des erfolgten Nachgebens derartiger Neigungen, eine Potenzierung der von einer solchen Person ausgehenden Gefährlichkeit dar; Weist dies nämlich auf einen derartig labilen Charakter hin, welcher nicht in der Lage ist für eine geordnete Triebsteuerung zu sorgen.

Das bisher nicht wahrnehmbare Bereuen der Tat seitens des BF sowie des in der mündlichen Verhandlung fehlenden Ausdruckes einer allfälligen Einsicht in das Unrecht der Taten und einer erfolgt habenden Auseinandersetzung mit diesen, kann, vor dem Hintergrund des oben Ausgeführten dem BF gegenwärtig keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Der ledigliche Verweis darauf, dass sich der BF sich seit der Inhaftierung einer Therapie unterziehe, wo die Taten bereits bekannt waren und er strafrechtlich verurteilt wurde, genügt bei fehlender glaubwürdiger Vermittlung einer ersthaften Aufarbeitung der vom BF begangenen sexuellen Strafhandlungen und Taten allein nicht hin um eine positive Zukunftsprognose im Hinblick auf den BF zu stützen.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei einer fehlenden Bereitschaft sich seinen Taten und Neigungen samt der damit zusammenhängenden potentiellen Gefährdung öffentlicher und privater Interessen zu stellen, in absehbarer Zeit kein Eintritt einer Änderung dieser erkannt und angenommen werden kann.

Wenn den BF schon nicht einmal die rationale Vernunft sowie die Fürsorge- und Hilfsbedürftigkeit von unmündig minderjährigen Kindern davon abzuhalten vermochte, sexuell zu vergehen und sohin selbst diesem keine Verantwortung zeigte, muss von einem gänzlichen Fehlen sozialer Kompetenzen und sexueller Hemmschwellen ausgegangen werden, weshalb der BF als schwerwiegend gefährlich im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit einzustufen ist.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen. Vielmehr weist der BF aufgrund seiner - gegenwärtig andauernden Inhaftierung seit XXXX.2017 kein aufrechtes Familienleben mehr auf. So konnten den BF weder seine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet sowie der allfällige damit aufgrund des möglichen Entzuges der Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet in Verbindung gestanden habende Verlust dieser von der Begehung von Straftaten abzuhalten. Vielmehr hat der BF dies bewusst in Kauf genommen und mit seinen Taten seiner Lebensgefährtin und deren Tochter einen großen Schaden zugefügt, wenn nicht sogar diese unwiederbringlich zerstört.

Den insoweit geminderten persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, steht sohin zum einen der Umstand die aufgrund seines in mehreren wiederholten Straftaten gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von strafbaren Delikten - insbesondere jene des BF (vgl. VwGH 15.06.1988, 87/01/0351; 02.09.2008, 2006/18/0333; 23.03.2010, 2010/18/0041) -, sohin den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt. Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen ist zur Auffassung zu gelangen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des BF überwiegen.

Die belangte Behörde hat angesichts der Dauer seines Aufenthalts und seiner im angefochtenen Bescheid festgestellten persönlichen Interessen zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf diese familiären und privaten Interessen - entgegen der Beschwerde ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass die vorliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme dringend geboten sei.

Unter Zugrundelegung des großen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des BF erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Wenngleich die für seinen Verbleib in Österreich sprechenden persönlichen Interessen durchaus beachtlich sind, kommt ihnen - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - doch kein größeres Gewicht zu als dem durch sein Fehlverhalten nachhaltig beeinträchtigten Allgemeininteresse.

Vor dem Hintergrund des Gesagten, insbesondere davor, dass der BF - die begründete Annahme einer Tatwiederholung rechtfertigend - eine verwerfliche sexuelle Neigung bei fehlender innerer Hemmschwelle aufweist und er sich selbst durch die im Raum gestandene Gefahr des Verlustes seines Aufenthaltsrechtes in Österreich von der Begehung strafbarer Handlungen nicht abgehalten gefühlt hat, ist davon auszugehen, dass ein Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 67 Abs. 1 FPG jedenfalls verwirklicht ist.

Angesichts der vom BF begangenen Verbrechen und Vergehen, der Ausführung der Tat, der Strafhöhe seiner letzten Verurteilung, der Tatwiederholungen, der sexuellen Neigung des BF, der möglichen Auswirkungen auf die Opfer und der nicht gegebenen positiven Zukunftsprognose, ist im Sinne der bezughabenden Judikatur des VwGH - wonach die Dauer des Aufenthaltsverbotes sich am Bestehen der für den Ausspruch eines solchen maßgeblichen Gründe zu orientieren hat ( vgl. VwGH 24.09.2009, 2007/18/0396) - davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbotsdauer einer Reduktion zugänglich sein muss. Die belangte Behörde sprach ein befristetes Aufenthaltsverbot in der Höhe von 10 Jahren aus - dies ist der höchstmöglich zur Verfügung stehende Rahmen. Wie oben ausgeführt sind die Taten des BF schwer verwerflich und muss mit einem Aufenthaltsverbot vorgegangen werden. Der Strafrahmen des Strafgerichtes bewegte sich von 6 Monaten bis 5 Jahre. Der BF wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass ein befristetes Aufenthaltsverbot in der Höhe von 4 Jahren ausreicht um sagen zu können, dass vom BF keine gegenwärtige Gefahr mehr ausgeht. Dies wird der BF durch sein Wohlverhalten unter Beweis stellen müssen.

Aufgrund des Ausgeführten war der Beschwerde - so wie auch in der mündlichen Verhandlung durch den RA beantragt - nur insofern stattzugeben, dass das Aufenthaltsverbot von 10 Jahren auf 4 Jahre herabgesetzt wurde.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70

FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese aufgrund der fehlenden positiven Zukunftsprognose in Bezug auf den BF und der dem BF zu attestierenden Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Republik Österreich keinen Durchsetzungsaufschub gewährt hat.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Was die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde betrifft, bestimmt § 18 Abs. 3 BFA-VG, dass bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden kann, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

In Anlehnung an das oben Ausgeführte ist eine Änderung des gesetzwidrigen Verhaltens des BF aus aktueller Sicht nicht zu erwarten, weshalb der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann wenn diese von einer Notwendigkeit einer Effektuierung des Ausreiseverbotes iSd. § 18 Abs. 3 BFA-VG ausgeht und der gegenständliche Beschwerde sohin die aufschiebende Wirkung aberkannt hat.

Ein die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen iSd. § 18 Abs. 5 BFA-VG rechtfertigender Sachverhalt ist weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren substantiiert vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen.

Aus diesem Grund war der Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen und die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, EU-Bürger,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, öffentliche Sicherheit,
Wiederholungstaten, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2199581.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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