Entscheidungsdatum
24.10.2018Norm
BBG §40Spruch
W133 2156553-1/4E
W133 2156966-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen
1.) den als Bescheid geltenden Behindertenpass des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 13.04.2017, betreffend den festgestellten Grad der Behinderung sowie
2.) den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.04.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass
zu Recht erkannt:
A) Die beide Bescheide betreffende Beschwerde wird als unbegründet
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG in beiden Fällen
nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin stellte am 27.02.2017 einen Antrag auf (Neu-)Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet), und legte medizinische Unterlagen vor.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.04.2017 ein. In diesem wurde nach einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat mit ausgeprägten Fingerpolyarthrosen und Zustand nach Hüftgelenksersatz links und nach Kompressionsbruch des 10 und 11. Brustwirbelkörpers. Zustand nach mehrmaliger operativer Entfernung von Leiomyomen am linken Sitzbeinhöcker. Bekanntes Leiomyom am rechten Sitzbeinhöcker ohne Wachstumstendenz. Unterer Rahmensatz dieser Position bei mittelgradiger Funktionseinschränkung ohne motorische Defizite aber anhaltenden Schmerzen in der rechten Hüfte und der Wirbelsäule.
02.02.03
50
2
Koronare Herzkrankheit ohne höhergradige Stenosen Unterer Rahmensatz, bei erhaltener Belastbarkeit
05.05.01
10
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v. H.) medizinisch eingeschätzt. Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel sei aus medizinischer Sicht in allen Qualitäten zumutbar, weil eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft mit ausreichender Sicherheit zurückgelegt werden und das Ein- und Aussteigen sowie der Transport sicher durchgeführt werden könnten.
Am 13.04.2017 stellte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen, als Bescheid geltenden Behindertenpass mit einem festgestellten Gesamtgrad der Behinderung von 50% und der Zusatzeintragung "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" aus.
Mit dem nunmehr ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 19.04.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.
Die belangte Behörde stützte beide Bescheide auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Als Beilage wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 05.04.2017 übermittelt.
Mit Schreiben vom 02.05.2017 erhob die Beschwerdeführerin gegen den als Bescheid geltenden Behindertenpass und gegen den Bescheid vom 19.04.2017, womit die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen hatte, fristgerecht die nunmehr zu beurteilende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, bei der Beschwerdeführerin sei im November 1999 unter anderem wegen einer Herzattacke im Sommer 1999 von einem Amtsarzt eine dauernde Behinderung von 40% festgestellt worden. Im Februar 2004 sei von einer anderen Amtsärztin für den Zeitraum 1999 bis 2003 eine dauernde Behinderung von 70% festgestellt worden. Nunmehr habe die Beschwerdeführerin in dem Wissen, dass ihr eine dauernde Behinderung von 70% konstatiert worden sei, um Ausstellung eines Behindertenpasses und Ergänzung betreffend die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ersucht. Die Begutachtung beim Sachverständigen habe 20 Minuten gedauert und die Beschwerdeführerin habe auf ihre Plage beim Gehen hingewiesen. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, dass ihr nunmehr ein Behindertenpass zugesandt worden sei, in dem lediglich 50% Behinderung und der Hinweis "Prothese" eingetragen seien. Der Grad ihrer Behinderung sei jedoch im Jahr 2003 mit "70%" und "Diätverpflegung" bestätigt worden. Bedingt durch ihren Gesundheitszustand, insbesondere die Osteoporose und Gelenks- und Wirbelsäulenprobleme, sehe sich die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden. Sie ersuche daher um Korrektur der Bescheide. Der Beschwerde legte die Beschwerdeführerin Bestätigungen für das Finanzamt über die Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit vom 09.11.1999 und vom Februar 2004 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Am 27.02.2017 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass.
Die eingebrachte Beschwerde vom 02.05.2017 richtet sich gegen den im Behindertenpass vom 13.04.2017 festgestellten Grad der Behinderung von 50% und gegen die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Diagnose und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.04.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat mit ausgeprägten Fingerpolyarthrosen und Zustand nach Hüftgelenksersatz links und nach Kompressionsbruch des 10 und 11. Brustwirbelkörpers. Zustand nach mehrmaliger operativer Entfernung von Leiomyomen am linken Sitzbeinhöcker. Bekanntes Leiomyom am rechten Sitzbeinhöcker ohne Wachstumstendenz. Es liegt eine mittelgradige Funktionseinschränkung ohne motorische Defizite aber anhaltenden Schmerzen in der rechten Hüfte und der Wirbelsäule vor.
2) Koronare Herzkrankheit ohne höhergradige Stenosen bei erhaltener Belastbarkeit.
Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da dieses von zu geringer funktioneller Auswirkung ist.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt 50%.
Die Beschwerdeführerin begründet ihre Beschwerde im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass ihr in der Vergangenheit für den Zeitraum 1999 bis 2003 von einer Amtsärztin einer Bezirkshauptmannschaft ein dauerhafter Grad der Behinderung von 70% bescheinigt worden sei. Bezüglich der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass führte die Beschwerdeführerin Osteoporose und Gelenks- und Wirbelsäulenprobleme ins Treffen.
Diese Einwendungen vermögen der Beschwerde vor dem Hintergrund des vorliegenden Gutachtens und der medizinischen Befunde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen; diesbezüglich wird auch auf die noch folgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Bei der Beschwerdeführerin liegt keine entscheidungserhebliche Einschränkung in der Mobilität durch Defizite am Stütz- und Bewegungsapparat vor. Eine kardiopulmonale Belastbarkeit ist gegeben. Somit ist das Bewältigen einer kurzen Wegstrecke (300 bis 400 Meter) aus eigener Kraft frei und sicher möglich. Das Zu- und Aussteigen in und aus einem öffentlichen Verkehrsmittel sowie den Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel kann sie gefahrlos bewerkstelligen. Es besteht darüber hinaus keine intellektuelle oder erhebliche psychische oder neurologische Einschränkung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses und über das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass basieren, ebenso wie die Feststellungen zum Beschwerdegegenstand, auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.04.2017.
Führendes Leiden der Beschwerdeführerin sind Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat mit ausgeprägten Fingerpolyarthrosen und Zustand nach Hüftgelenksersatz links und nach Kompressionsbruch des 10 und 11. Brustwirbelkörpers. Darunter mitberücksichtigt sind der Zustand nach mehrmaliger operativer Entfernung von Leiomyomen am linken Sitzbeinhöcker sowie ein bekanntes Leiomyom am rechten Sitzbeinhöcker ohne Wachstumstendenz. Der Sachverständige ordnete diese Funktionseinschränkungen nachvollziehbar und korrekt dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu, welche generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen fortgeschrittenen Grades betrifft. Der vom Sachverständigen gewählte untere Rahmensatz erweist sich als ohnehin sehr großzügige Zuordnung, zumal dauernde erhebliche Funktionseinschränkungen vorliegen müssen, der Gutachter jedoch nur mittelgradige Funktionseinschränkungen ohne motorische Defizite feststellen konnte. Trotz dieses Umstandes, konnte die getroffene Einschätzung jedoch vom Bundesverwaltungsgericht als noch gerechtfertigt erachtet werden, da dabei auch anhaltende Schmerzen in der rechten Hüfte und der Wirbelsäule berücksichtigt wurden. Keinesfalls liegen aber die Voraussetzungen für eine Zuordnung zum oberen Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vor, zumal dauernde erhebliche Funktionseinschränkungen mit maßgeblichen Einschränkungen im Alltag, therapeutisch schwer beeinflussbarer Krankheitsaktivität und ebenfalls maßgeblicher Gehbehinderung im Beschwerdefall nicht objektiviert sind.
Unter dem Leiden Nr. 2 berücksichtigte der Sachverständige die Koronare Herzkrankheit ohne höhergradige Stenosen. Da in den vorliegenden Befunden keine signifikanten Herzkranzgefäßverengungen objektiviert sind, aber eine klinische Symptomatik besteht, erweist sich auch die medizinische Beurteilung und Zuordnung zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung als nachvollziehbar und richtig.
Eine höhere Einstufung der vorliegenden Funktionseinschränkungen erweist sich vor dem Hintergrund der vorliegenden Befunde und des Untersuchungsergebnisses bei der Begutachtung als nicht möglich.
Der Einwand, dass die Beschwerdeführerin ja bereits im Jahr 2004 eine amtsärztliche Beurteilung mit einem Grad der Behinderung von 70% erhalten habe, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Maßgeblich für die Beurteilung der Höhe des Grades der Behinderung in einem Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz sind die aktuell vorliegenden und objektivierten dauernden Funktionseinschränkungen. Diese wurden im Gutachten nachvollziehbar erhoben und dokumentiert. Auch die Einschätzung ist im Gutachten nach den anzuwendenden Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt vorgenommen worden.
Auch die gutachterliche Beurteilung betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erweist sich als nachvollziehbar und richtig:
Der Gutachter erhob folgenden Status:
"Klinischer Status - Fachstatus:
Rechtshänderin,
Herz und Lungen auskultatorisch frei,
HWS: F 20-0-20, R 65-0-55
übrige WS: lotrecht, Seitneigen 2/3, Rotation endlagig eingeschränkt, FBA 12cm, PL links ab 50°, re ab 60°.
OE: frei beweglich bis auf höhergradige deformierende Fingerpolyarthrosen, bes. DIP II links und die PIP II bis V rechts (teilweise geringe endlagige Streckdefizite von ca. 5° in den PIP-Gelenken).
UE: beide Hüften: S 0-0-100, R 40-0-10, F 40-0-10. blande OP-Narbe links.
Senk-Spreizfüße beidseits, geringe Hallux valgus-Fehlstellung beidseits.
Fußpulse bds. tastbar, keine Ödeme.
Abdomen weich, kein DS, keine Resistenzen.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Gangbild diskret hinkend, jedoch flüssig und raumgreifend, Einbein-, Zehen- und Fersenstand bds. sicher durchführbar.
Status Psychicus:
allseits voll orientiert, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit nicht beeinträchtigt, Stimmung ausgeglichen, Gedankengang geordnet und zielführend, Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen ausreichend gegeben."
Bereits dieser Befund zur Gesamtmobilität dokumentiert keinen gesundheitlichen Zustand, der eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nahelegen würde.
Auch aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Befunden ergibt sich kein Hinweis auf eine erhebliche Funktionseinschränkung, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde. Der Gutachter gelangte somit nachvollziehbar und richtig zur Beurteilung, dass das Bewältigen einer kurzen Wegstrecke (300 bis 400 Meter) aus eigener Kraft frei und sicher möglich ist. Das Zu- und Aussteigen in und aus einem öffentlichen Verkehrsmittel sowie den Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel kann die Beschwerdeführerin ebenfalls gefahrlos bewerkstelligen. Es besteht darüber hinaus keine intellektuelle oder erhebliche psychische oder neurologische Einschränkung.
Bezüglich des Antragsvorbringens der Beschwerdeführerin, bedingt durch ihren Hauptwohnsitz in XXXX und ihren Zweitwohnsitz in Kärtnen (laut Beilage 1 liegt dieser in XXXX ) sei für die Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sehr mühsam und in ihrem Alter letztlich nicht zumutbar, ist festzuhalten, dass es nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel (Hinweis E des VwGH vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0258).
Im vorliegenden Gutachten vom 05.04.2017 wird somit auf die Art der Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin und dessen Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden und entsprechen auch der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in dem Gutachten verwiesen).
Die Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Funktionseinschränkungen berücksichtigt. Dass der Gutachter die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Der Beschwerdeführerin ist somit ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich und zumutbar.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende medizinische Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.04.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die beiden zu beurteilenden Verfahren werden gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) BGBl. Nr. 283/1990, idF des BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:
"§ 1 ....
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.
b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.
...
d) taubblind ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen
...
2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) einer Begleitperson bedarf;
diese Eintragung ist vorzunehmen bei
-
Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z.1 lit. a verfügen;
-
Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d verfügen;
-
bewegungseingeschränkten Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr, die zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig der Hilfe einer zweiten Person bedürfen;
-
Kindern ab dem vollendeten 6. Lebensjahr und Jugendlichen mit deutlicher Entwicklungsverzögerung und/oder ausgeprägten Verhaltensveränderungen;
-
Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr mit kognitiven Einschränkungen, die im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständiger Hilfe einer zweiten Person bedürfen, und
-
schwerst behinderten Kindern ab Geburt bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, die dauernd überwacht werden müssen (z. B. Aspirationsgefahr).
b) die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen kann;
diese Eintragung ist bei Menschen mit Behinderung, die dem Personenkreis des § 48 des Bundesbehindertengesetzes angehören, bei Vorliegen eines festgestellten Grades der Behinderung/einer festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 70% bzw. bei Bezug von Pflegegeld oder anderen vergleichbaren Leistungen nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften vorzunehmen.
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)......"
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) - (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):
"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
..........
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
.........
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.
.........
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
-
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
-
schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
.........."
Gemäß § 45 Abs.2 BBG kommt auch dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zu.
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten vom 05.04.2017 zu Grunde gelegt, wonach zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% vorliegt und der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Weder bestehen entscheidungserhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen. Auch liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit vor sowie auch keine anhaltende Erkrankung des Immunsystems. Eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen ist ebenfalls nicht belegt.
Wie auch bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden von der Beschwerdeführerin keine Beweismittel vorgelegt, die geeignet wären, das Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften.
Da somit festzustellen war, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50% beträgt, und die dauernden Gesundheitsschädigungen aktuell kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren objektivierten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung des Grades der Behinderung bzw der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Im gegenständlichen Fall wurden die Fragen des Gesamtgrades der Behinderung und der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W133.2156553.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.02.2019