Entscheidungsdatum
15.11.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W217 2196849-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 03.05.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätsbeschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (in der Folge: BF) ist seit 16.02.2015 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 60%.
Am 01.02.2018 beantragte der BF die Anerkennung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.
Im hierzu vom Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten hält Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 09.04.2018 unter Anamnese wie folgt fest:
"Anamnese:
Siehe auch VGA vom 21.11.2014: Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung 50%, Koronare Herzerkrankung 40%, Hormonelle Störung nach Hypophysen-OP 20%, GesamtGdB 60%"
Folgende Funktionseinschränkungen wurden von der Sachverständigen bei der Untersuchung festgestellt:
1
Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung
2
Koronare Herzerkrankung
3
Hormonelle Störung nach Hypophysen-OP
Ebenfalls wurde ein Dauerzustand festgestellt. Weiters wurde auf die Frage, welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen, festgehalten:
"1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich.
Von pulmonaler Seite her besteht keine maßgebliche Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven, als dass die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar wäre."
2. Im Rahmen des hierzu erteilten Parteiengehörs legte der BF der belangten Behörde ein neues medizinisches Beweismittel vor und erwiderte, dass er zwar keine Funktionsstörungen der Extremitäten habe, aber Luftprobleme beim Gehen, da seine Lungenfunktion zwischen 17 und 27%, je nach Gesundheitszustand, betrage. Es sei ihm nicht möglich, Wege über 50 Meter zu Fuß zu bewältigen.
Hierzu führte die bereits befasste Sachverständige in ihrer Stellungnahme vom 02.05.2018 aus:
"Antwort(en):
(...)
Es besteht zwar eine eingeschränkte Lungenfunktionsleistung, diese ist jedoch fu¿r leichte Belastungen ausreichend kompensiert.
Somit ist der öffentliche Transport möglich.
Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zuru¿cklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter u¿blichen Transportbedingungen möglich."
3. Mit Bescheid vom 03.05.2018 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das ärztliche Begutachtungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
4. Mit Schreiben vom 25.05.2018 erhob der BF Beschwerde und brachte darin vor, dass es ihm nicht möglich sei, 300-400 Meter zu bewältigen. Seine Atemluft reiche dafür nicht aus, da seine Lungenfunktion oft auf 17% sinke - eine Folgeerscheinung seiner TBC-Erkrankung, wonach ein Teil seiner Lunge vernarbt sei, zusätzlich zum COPD und Herzinfarkt.
5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 30.05.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6. In der Folge holte dieses ein ergänzendes Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage ein.
Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Lungenkrankheiten, führt in seinem lungenfachärztlichen und allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 21.08.2018 Folgendes aus:
"(...)
Der endgefertigte SV nimmt Einsicht in folgende Unterlagen und Befunde:
Beschwerde Abl. 33 vom 25.05.2018: es sei nicht möglich, eine Wegstrecke von 300-400 Metern zurückzulegen. Die Atemluft reiche dafür nicht aus. Die Lungenfunktion sei oft auf nur 17% des Sollwertes abgesunken. Es bestünde Folgeerscheinungen einer durchgemachten Lungentuberkulose mit Vernarbung mit Teilen der Lunge, zusätzlich bestünden COPD und Zustand nach Herzinfarkt.
Stellungnahme Dr. XXXX Abl. 16 vom 02.05.2018: Die Lungenfunktion sei für leichte Belastungen ausreichend kompensiert, keine erheblichen Funktionsstörungen der Extremitäten und Wirbelsäule. Kurze Wegstrecken können selbstständig zurückgelegt werden. Die Kraftverhältnisse an Armen und Beinen sei für Ein- und Aussteigen ausreichend, ebenso das sichere Festhalten während des Transportes.
Lungenärztlicher Befund Dr. XXXX Abl. 18 vom 18.04.2018: Zustand nach Lungenentzündung, COPD IV, inhalative Behandlung, der FEV 1 wird mit 24% = 0,96 Liter angegeben. Die Blutgase zeigen eine mittelgradige Hypoxämie (Sauerstoff 59 mmHg bei normalen C02). Die Lungenfunktion unverändert zu den Vorbefunden
Allgemeinmedizinisches Gutachten Dr. XXXX Abl. 11 vom 09.04.2018:
Zitiert wird ein lungenärztlicher Befund Dr. XXXX vom 02.10.2017:
COPD III-IV, in der Lungenfunktion der FEV1 25% = 1,01 Liter, nach Lyse 29%, die Blutgase leichtgradig eingeschränkt (Sauerstoffdruck 66 mmHg). Als Diagnosen werden COPD, koronare Herzkrankheit und hormonelle Störung nach Operation der Hypophyse angegeben.
Abl. 7 entspricht Abl. 18 gleichlautend.
Lungenfunktionsmessung 02.10.2017 Abl. 6 Dr. XXXX : hochgradige Obstruktion, der FEV 1 nach Lyse 28,9%, Hinweise auf Überblähung. In der Blutgasanalyse leichte Hypoxämie.
Lungenärztlicher Befund Abl. 5 Dr. XXXX 02.10.2017:
Hypophysen-Operation geplant, COPD III-IV, FEV1 25%, Sauerstoff 66 mmHg in der Blutgasanalyse. Lungenfunktion unverändert zum Vorbefund
Vorgutachten des BSB Abl. 3 vom 21.11.2014: COPD seit 1995 bekannt, Atemnot bei Belastung, 2014 Stent-lmplantation. Kein Infarkt. Bulllöses Emphysem. Die COPD wurde mit 50%, koronare Herzkrankheit mit 40% und Hormonstörung mit 20% Grad der Behinderung. Gesamtgrad der Behinderung war 60%. Öffentliche Verkehrsmittel waren zumutbar.
In keinen der zitierten und eingesehenen Unterlagen und Befunde ist zu erkennen, dass der BF einer Langzeitsauerstofftherapie bedarf, eine Herzinsuffizienz oder ein Herzinfarkt vorgelegen hätten oder eine akute Exazerbation der COPD. Zu jedem Zeitpunkt der erstellten Befunde bestanden offensichtlich kardiorespiratorisch stabile, kompensierte Verhältnisse. Einschränkungen am Stütz- und Bewegungsapparat sind aktenmäßig nicht erkennbar.
Stellungnahme zu den Anfragen des Gerichtes
ad1) Auf Basis der vorliegenden Unterlagen und Befunde, insbesondere Messungen der Blutgase, Lungenfunktion und klinischen Untersuchung, sowie der bekannten Diagnosen, ergibt sich, dass bei kardiorespiratorisch stabilen und kompensierten Verhältnissen, sowie fehlenden Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat bzw. ebenso fehlenden kognitiven Defiziten, Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig und ohne Pause möglich sind.
Es bestehen keine Hinweise für kardiopulmonale Folgeerscheinungen wie sekundärer Lungenhochdruck oder Cor pulmonale.
Zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung besteht keine erkennbare Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie oder sonstige therapeutische Option.
ad2)
1) 06.06.03
chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung mit sekundärem bullösem Lungenemphysem (COPD III-IV)
2) 05.05.02
koronare Herzkrankheit mit Zustand nach Stent-lmplantation
3) 09.01.01
Zustand nach Hypophysen-Operation mit medikamentös substituierter Hormonstörung
Das Ausmaß der oben genannten Leiden bzw. Funktionsstörungen erreicht kein Ausmaß, welches kurze Anmarschwege verhindern würde. Der BF war bei mehreren Untersuchungen kardiorespiratorisch kompensiert und stabil, benötigt keine Langzeitsauerstofftherapie und es bestehen keine kardiovaskulären Folgeerscheinungen wie Cor pulmonale oder sekundärer Lungenhochdruck. Die koronare Herzkrankheit wurde durch Intervention erfolgreich behandelt. Somit wirkt sich weder die Herz- noch die Lungenerkrankung relevant auf die Anmarschwege aus.
Die Hormonstörung ist medikamentös kompensiert und beeinflusst nicht die Mobilität.
ad3) Es liegt keine in der Anfrage genannten Diagnosen vor. Weder besteht eine arterielle Verschlusskrankheit, noch eine Herzinsuffizienz, es liegt keine Rechtsherz-lnsuffizienz, Langzeitsauerstofftherapie oder eine COPD IV im Sinne einer hochgradigen Lungenfunktionsstörung mit sekundären Folgeerscheinungen vor. Eine Langzeitsauerstofftherapie ist medizinisch auf Aktenbasis nicht indiziert.
ad4) Der BF wird durch die angeführten Diagnosen und die angegeben Beeinträchtigungen nicht am Gehen von 300-400 Metern mit eigener Kraft gehindert (Begründung wie oben ausführlich dargestellt), bei fehlenden Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates sind Ein- und Aussteigen, sowie das Stehen innerhalb des öffentlichen Verkehrsmittels ungehindert möglich.
ad5) Zum Beschwerdevorbringen Abl. 33 wurde oben ausführlich Stellung genommen. Das Ausmaß der Lungenfunktionsstörung erreicht kein derartiges Ausmaß, als das nicht kurze Gehstrecken selbsttätig zurückgelegt werden könnten. Die in der Beschwerde angegebenen Lungenfunktionseinschränkungen sind mitberücksichtigt und im Gutachtentext auch zitiert, dies gilt auch für die Unterlagen Abl. 5-7.
ad6) Es besteht keine abweichende Beurteilung.
ad7) Es liegt ein Dauerzustand vor, eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."
7. Mit Schreiben vom 06.09.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem BF und der belangten Behörde das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme binnen zweier Wochen. Diese Frist verstrich ungenützt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H.
Der BF brachte am 01.02.2018 bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.
Der BF ist österreichischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet.
Beim BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen:
-
chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung mit sekundärem bullösem Lungenemphysem (COPD III-IV)
-
koronare Herzkrankheit mit Zustand nach Stent-lmplantation
-
Zustand nach Hypophysen-Operation mit medikamentös substituierter Hormonstörung
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem BF zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zur gegenständlichen Antragstellung gründet sich auf den Akteninhalt.
Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit beruht auf dem Eintrag im zentralen Melderegister. Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des BF im Inland ergibt sich ebenfalls aus der Einsichtnahme im zentralen Melderegister.
Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafte Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, beruht auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachten vom 21.08.2018 eines Arztes für Allgemeinmedizin, Facharzt für Lungenkrankheiten.
Bereits die von der belangten Behörde befasste medizinische Sachverständige stellte in ihrem Gutachten vom 10.04.2018 fest, dass weder Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen, noch schwere Erkrankungen des Immunsystems vorliegen würden. Dies bestätigt die Sachverständige nochmals in ihrer Stellungnahme vom 02.05.2018.
Auch der in der Folge vom Bundesverwaltungsgericht befasste Sachverständige gelangt unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der vom BF vorgelegten Befunde zu dem Schluss, dass im Fall des BF öffentliche Verkehrsmittel zumutbar sind, da keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Somit kann die BF eine ausreichende Wegstrecke ohne Hilfsmittel zurücklegen, das Ein- und Aussteigen bei einem üblichen Nieveauunterschied ist ebenfalls ohne Hilfe möglich, ebenso ist der sichere Transport gewährleistet.
Der Sachverständige stellte fest, dass bei kardiorespiratorisch stabilen und kompensierten Verhältnissen sowie fehlenden Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat bzw. ebenso fehlenden kognitiven Defiziten, Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig und ohne Pause möglich sind. Es bestehen keine Hinweise für kardiopulmonale Folgeerscheinungen wie sekundärer Lungenhochdruck oder Cor pulmonale. Zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bestand keine erkennbare Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie oder sonstige therapeutische Option. Die koronare Herzkrankheit wurde durch Intervention erfolgreich behandelt.
Somit wirkt sich weder die Herz- noch die Lungenerkrankung relevant auf die Anmarschwege aus. Die Hormonstörung ist medikamentös kompensiert und beeinflusst nicht die Mobilität. Weder besteht eine arterielle Verschlusskrankheit, noch eine Herzinsuffizienz, es liegt keine Rechtsherz-lnsuffizienz, Langzeitsauerstofftherapie oder eine COPD IV im Sinne einer hochgradigen Lungenfunktionsstörung mit sekundären Folgeerscheinungen vor.
Der BF wird daher durch die Beeinträchtigungen nicht am Gehen von 300-400 Metern mit eigener Kraft gehindert, bei fehlenden Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates sind das Ein- und Aussteigen, sowie das Stehen innerhalb des öffentlichen Verkehrsmittels ungehindert möglich.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 21.08.2018. Es wurde darin auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 55. ...
(4) Die Bestimmung des § 41 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 ist auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nicht anzuwenden. Diese Verfahren sind unter Zugrundelegung der bis zum 31. August 2010 geltenden Vorschriften zu Ende zu führen. Dies gilt bis 31. August 2013 auch für Verfahren nach §§ 40ff, sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein rechtskräftiger Bescheid nach §§ 40ff oder auf Grund der Bestimmungen des § 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes vorliegt.
(5) Im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 hat die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBL. II Nr. 261/2010) zu erfolgen. Im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung bleibt - bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand - der festgestellte Grad der Behinderung unberührt."
Gemäß § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:
1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;
2. die Versicherungsnummer;
3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
4. eine allfällige Befristung.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.
b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.
c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;
die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.
Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzunehmen.
Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 10. Lebensjahr muss ein Grad der Behinderung von 90%, vom 11. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ein Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorliegen.
d) taubblind ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen.
e) TrägerIn eines Cochlear-Implantates ist;
f) Epileptiker/Epileptikerin ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Diagnose entsprechend Abschnitt 04.10.02 oder 04.10.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Positionsnummer 573 oder 574 nach der Richtsatzverordnung vorliegt.
g) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, aufweist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegt. Der Zöliakie sind die Phenylketonurie (PKU) und ähnliche Stoffwechselerkrankungen im Sinne des Abschnittes 09.03. der Anlage zur Einschätzungsverordnung gleichzuhalten.
h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;
diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder Nierenerkrankung mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.
i) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;
diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.
j) TrägerIn von Osteosynthesematerial ist;
k) TrägerIn einer Orthese ist;
l) TrägerIn einer Prothese ist.
2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) einer Begleitperson bedarf;
diese Eintragung ist vorzunehmen bei
? Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. a verfügen;
? Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d verfügen;
? Bewegungseingeschränkten Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr, die zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig der Hilfe einer zweiten Person bedürfen;
? Kindern ab dem vollendeten 6. Lebensjahr und Jugendlichen mit deutlichen Entwicklungsverzögerung und/oder ausgeprägten Verhaltensänderungen;
? Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr mit kognitiven Einschränkungen, die im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständiger Hilfe einer zweiten Person bedürfen, und
? schwerst behinderten Kindern ab Geburt bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, die dauernd überwacht werden müssen (z.B. Aspirationsgefahr).
b) die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen kann;
diese Eintragung ist bei Menschen mit Behinderung, die dem Personenkreis des § 48 des Bundesbehindertengesetzes angehören, bei Vorliegen eines festgestellten Grades der Behinderung/ einer festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 70% bzw. bei Bezug von Pflegegeld oder anderen vergleichbaren Leistungen nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften anzunehmen.
c) einen Assistenzhund benötigt;
in einem Klammerausdruck ist beizufügen, ob es sich dabei um einen Blindenführ-, einen Service- oder einen Signalhund handelt.
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d. vorliegen.
Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport in öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von einer Entfernung von rund 300 bis 400 m anzunehmen (VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0013).
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit LVEF unter 30%
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
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Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten
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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen
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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Da unter Zugrundelegung des gegenständlichen Sachverständigengutachtens vom 21.08.2018, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wird, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass beim BF weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen, und weiters keine Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeit bestehen, erreichen die Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigt. Beim BF liegt auch keine Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen vor.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binn