TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/12 W157 2180991-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.12.2018
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Entscheidungsdatum

12.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W157 2180991-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.11.2017, XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste in die Republik Österreich ein und stellte am 26.09.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der Erstbefragung am 27.09.2015 gab der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari an, er habe Afghanistan vor sechs Jahren wegen des Krieges und aus Angst vor den Taliban verlassen. Im Iran habe er Angst gehabt, zurück nach Afghanistan oder in den Krieg nach Syrien geschickt zu werden. Zu seinen Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr befragt, gab der Beschwerdeführer an, er fürchte sich vor dem Krieg, habe keine Arbeit und kein Geld.

3. Am 18.10.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprachen Dari und Farsi niederschriftlich einvernommen. Er gab an, er sei Hazara, in der Provinz Bamiyan geboren und im Alter von 17 Jahren mit seinen Eltern nach Kabul gezogen. Befragt nach seiner Religionszugehörigkeit, gab der Beschwerdeführer an, er sei in Afghanistan Moslem gewesen, in Österreich habe sich das aber geändert. Er sei "momentan Christ". Zu seinen Familienangehörigen befragt, gab der Beschwerdeführer an, sein Bruder lebe bei den Eltern in Kabul und besuche dort die Universität.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, Hazara würden in Afghanistan von den Taliban und dem IS verfolgt. Der Beschwerdeführer habe kaum hinausgehen und kein Leben führen können. Er habe auch keine Arbeit gefunden und sei deshalb in den Iran geflüchtet. Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, ob er jemals persönlich verfolgt oder bedroht worden sei. Auch seine Familie habe momentan keine Probleme. Zu seiner Rückkehrsituation gab der Beschwerdeführer an, er sei kein Moslem mehr und würde in Afghanistan keine Moschee besuchen und nicht beten. Wenn die Menschen - vor allem seine Eltern - das sehen, würden sie ihn als Ungläubigen beschimpfen und umbringen. Die gemeinsam mit dem Beschwerdeführer nach Österreich gereisten Cousins und der Freund des Beschwerdeführers wüssten, dass der nun Christ sei. Über Befragen, was diese Cousins und der Freund von der Konversion des Beschwerdeführers hielten, gab der Beschwerdeführer an, sie würden sagen, dass man in Europa frei sei und jeder sich seine Religion selbst aussuchen könne.

Im Rahmen der Einvernahme brachte der Beschwerdeführer ein Konvolut von Bestätigungen betreffend seine Integration in Österreich sowie betreffend eine am 24.09.2017 in einer freikirchlichen Gemeinschaft erfolgte Taufe zur Vorlage.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI).

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde insbesondere fest, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan weder einer Bedrohung durch Privatpersonen noch durch den afghanischen Staat ausgesetzt wäre. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er aufgrund seiner erfolgten Konversion zum Christentum in Afghanistan mit Verfolgung rechnen müsste. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, nachvollziehbar darzulegen, dass eine innere Konversion zum Christentum stattgefunden habe. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers und des persönlichen Eindrucks bei der Einvernahme habe die belangte Behörde nicht auf eine Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels schließen können und sei von einer "Scheinkonversion" auszugehen. des Der Beschwerdeführer könne in seine Herkunftsprovinz Bamiyan zurückkehren und stehe es ihm auch frei, sich in einer der als vergleichsweise sicher eingestuften Provinzen Kabul, Herat oder Balkh niederzulassen. Der Beschwerdeführer sei ein junger, arbeitsfähiger Mann mit familiären Anknüpfungspunkten in Afghanistan und mehrjähriger Berufserfahrung. Es sei daher davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland nicht in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine nahen Familienangehörigen und auch sein mit den vorgelegten Bestätigungen und Empfehlungsschreiben dokumentiertes Privatleben in Österreich sei nicht hinreichend, um einer Rückkehr in die Heimat entgegenzustehen, zumal er seine privaten Bindungen im Wissen um seinen unsicheren Aufenthaltsstatus aufgebaut hat.

5. Hiegegen wurde innerhalb offener Frist Rechtsmittel erhoben. In der Begründung würde das Vorbringen des Beschwerdeführers kurz zusammengefasst, der Beweiswürdigung der belangten Behörde entgegengetreten und Vorbringen insbesondere zu Apostasie, Konversion zum christlichen Glauben und der Situation der Hazara in Afghanistan erstattet. Die Sicherheitslage sei höchst volatil und dem Beschwerdeführer stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung. Er habe in Österreich ein schützenswertes Privatleben, sei gut integriert, habe einen Deutschkurs abgeschlossen und freiwillige Tätigkeiten geleistet. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei mangels Überwiegens der öffentlichen Interessen nicht zulässig. Der Beschwerdeführer beantragte unter anderem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 28.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.05.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Über einen Antrag des Vertreters des Beschwerdeführers wurde überdies die anwesende Zeugin

XXXX zu den Kirchenbesuchen und der inneren christlichen Überzeugung des Beschwerdeführers befragt. Im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer angegebenen Konversion zum Christentum wurde eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan vom 01.06.2017 ("Situation von 1) vom Islam abgefallenen Personen (Apostaten), 2) christlichen KonvertitInnen, 3) Personen, die Kritik am Islam äußern, 4) Personen, die sich nicht an die Regeln des Islam halten und 5) Rückkehrern aus Europa (jeweilige rechtliche Lage, staatliche und gesellschaftliche Behandlung, Diskriminierung, staatlicher bzw. rechtlicher Schutz bzw. Schutz durch internationale Organisationen, regionale Unterschiede, Möglichkeiten zur Ausübung des christlichen Glaubens, Veränderungen hinsichtlich der Lage der christlichen Gemeinschaft) [a-10159]") ins Verfahren eingebracht und eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt. Dem Beschwerdeführer wurde überdies Gelegenheit gegeben, zu dem bereits zusammen mit der Ladung zu dieser Verhandlung übermittelten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab dazu an, es stimme einiges nicht. In Afghanistan herrsche seit 40 Jahren ein Kriegszustand und es werde gekämpft. Es stimme auch nicht, dass es ein christliches Spital gebe, dieses gehöre "den Ausländern". Der Vertreter des Beschwerdeführers verzichtete auf eine Stellungnahme. Ein Beweisantrag auf Einvernahme von XXXX als Zeugin betreffend die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers in Österreich wurde mit Hinweis auf die im Akt aufliegende umfangreiche Dokumentation der Integrationsbemühungen abgewiesen.

8. Mit Schreiben vom 13.06.2018 übermittelte der Beschwerdeführervertreter eine Stellungnahme zur ACCORD-Anfragebeantwortung vom 01.06.2017, zitierte aus weiteren Länderberichten zur Lage von christlichen Konvertiten bzw. Apostaten und führte aus, der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass er aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben übergetreten sei. Seit Herbst 2016 nehme er an den Sonntagsversammlungen und wöchentlichen Bibelstunden teil, habe sich taufen lassen und sei offiziell aus dem Islam ausgetreten. Mit dem Schreiben wurden neben zahlreichen Bestätigungen, Stellungnahmen und Empfehlungsschreiben betreffend die Integration und die Konversion des Beschwerdeführers auch Länderberichte zur Sicherheitslage in Kabul sowie insbesondere Berichte der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) zur Situation christlicher Konvertiten in Afghanistan aus den Jahren 2008 und 2011 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Hazara zugehörig und bekannte sich bis zum Jahr 2016 zum schiitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 26.09.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan in der Provinz Bamiyan geboren, hat dort keine Schule besucht, spricht aber Dari. Er hat seit dem 10. Lebensjahr seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen, ist im Alter von ungefähr 17 oder 18 Jahren mit seiner Familie in die Stadt Kabul übersiedelt und hat dort etwa ein Jahr bis eineinhalb Jahre lang gelebt. Anschließend ist der Beschwerdeführer in den Iran ausgereist, wo er sich bis zu seiner Reise nach Europa im Jahr 2015 aufgehalten hat. Im Iran hat der Beschwerdeführer mehrere Jahre lang als Maurer gearbeitet.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, leidet an keinen schweren Krankheiten und ist arbeitsfähig. Seine Eltern, ein Bruder, eine Schwester und zwei Onkel des Beschwerdeführers leben in der Hauptstadt Kabul. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Eltern und Onkeln in Kabul.

1.2. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine nahen Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Lediglich ein Freund und zwei Cousins des Beschwerdeführers, die gemeinsam mit ihm nach Österreich gereist sind und ebenfalls Asylanträge gestellt haben, halten sich im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes, nicht legal in das Bundesgebiet eigereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Er hat in Österreich Deutschkurse besucht und spricht bereits etwas Deutsch, hat allerdings noch keine Prüfung erfolgreich abgelegt. Der Beschwerdeführer hat zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten sowie gemeinnützige Hilfstätigkeiten für seine Gemeinde verrichtet und an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis. Er ist bisher in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.

1.3. Der Beschwerdeführer hat in Österreich seit dem Herbst 2016 in der evangelischen freikirchlichen Gemeinde XXXX an Bibelstunden und dem Sonntagsgottesdienst teilgenommen. Nach dem Besuch eines Taufkurses wurde der Beschwerdeführer am 24.09.2017 in der genannten freikirchlichen Gemeinde getauft. Am 19.12.2017 ist der Beschwerdeführer aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ausgetreten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glauben wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan seinem Interesse für den christlichen Glauben weiter nachgehen bzw. nach dem christlichen Glauben leben oder sich öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde.

Der in Österreich aufhältige Freund des Beschwerdeführers aus Afghanistan und seine vorgenannten Cousins wissen über die oben dargelegten Aktivitäten des Beschwerdeführers in der freikirchlichen Gemeinde in XXXX und seine Taufe Bescheid, akzeptieren diese Aktivitäten und haben weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis zum Beschwerdeführer. Die Familie, das soziale Umfeld des Beschwerdeführers und die Behörden in Afghanistan haben hievon keine Kenntnis und ist auch nicht davon auszugehen, dass sie von seinem christlichen Engagement und seinem Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich bei einer Rückkehr nach Afghanistan Kenntnis erlangen würden.

1.4. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinen religiösen Aktivitäten in Österreich, seiner behaupteten Konversion zum Christentum oder aufgrund eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr nach Afghanistan physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung droht. Auch eine sonstige, dem Beschwerdeführer konkret drohende Verfolgung kann nicht festgestellt werden.

Ferner kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht. Weiters haben sich keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.

1.5. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan und der Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

In Afghanistan leben laut Schätzungen aus dem Juli 2016 mehr als 33,3 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Pashtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.

Die schiitische Minderheit der Hazara besiedelt traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert, in der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Es kommt fallweise zu Entführungen und vereinzelten Selbstmordattentaten. Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10 % in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.

Etwa 99,7 % der Bevölkerung Afghanistans sind Muslime, der Großteil davon sind Sunniten. Schätzungen zufolge, sind etwa 10 bis 19 % der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie beispielsweise Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1 % der Bevölkerung aus.

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt. Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern. Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden. Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikhs, Hindus und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch.

Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt. Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Personen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen.

Eine Person wird allerdings in Afghanistan - insbesondere im städtischen Raum - nicht notwendigerweise als nichtgläubig angesehen, wenn sie nicht an religiösen Handlungen im öffentlichen Raum teilnimmt, da es auch viele Muslime gibt, die nicht regelmäßig die Moschee besuchen. Auch für strenggläubige Muslime kann es darüber hinaus legitime Gründe geben, religiösen Zeremonien fernzubleiben.

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert. Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich nicht öffentlich bekennen. Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte - sofern die Konversion nicht widerrufen wird. Keiner wurde bisher aufgrund einer Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet, einige Fälle von Konversion zum Christentum haben in Afghanistan aber zu harten Strafen geführt.

Es gibt keine öffentlichen Kirchen in Afghanistan. Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt.

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.

Die afghanische Hauptstadt Kabul ist über den Flughafen gut erreichbar und die dortige Lage ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Lage in der Stadt Kabul im Hinblick auf eine Rückkehr des Beschwerdeführers als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land. In Kabul sowie im Umland sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, die Mietkosten in der Stadt Kabul sind allerdings höher als in den Vororten oder in anderen Provinzen. Rückkehrer können bis zu zwei Wochen von IOM untergebracht werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sowie zu seinen Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, seiner Schulbildung und Berufserfahrung beruhen auf seinen insofern plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens. Eine allfällige Berufstätigkeit des Beschwerdeführers in Kabul, die genaue Dauer seines Aufenthaltes im Iran und sein dortiger Aufenthaltsort können aufgrund widersprüchlicher Angaben nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen zur Einreise, Antragstellung und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

2.2. Betreffend das Privatleben und insbesondere die Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurden dessen Angaben in der Beschwerdeverhandlung, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie die vorgelegten Urkunden, Bestätigungen und Empfehlungsschreiben den Feststellungen zugrunde gelegt.

Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Die Feststellungen zu den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers und der Taufe in einer freikirchlichen Gemeinde beruhen auf dessen gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung, vorgelegten Bestätigungsschreiben sowie der glaubhaften Zeugenaussage von XXXX. Die Feststellung betreffend den Austritt des Beschwerdeführers aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich gründet auf der vorgelegten Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 19.12.2017.

In Anbetracht der offenbar regelmäßigen Teilnahme des Beschwerdeführers an religiösen Veranstaltungen über einen längeren Zeitraum ist durchaus von einem Interesse des Beschwerdeführers am christlichen Glauben auszugehen. Dennoch war aufgrund des seitens der erkennenden Richterin im Rahmen der Beschwerdeverhandlung gewonnen persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des mündlich sowie schriftlich erstatteten Vorbringens und der Aussage der befragten Zeugin festzustellen, dass der christliche Glauben (noch) nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist und er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan seinem Interesse für den christlichen Glauben nicht weiter nachgehen bzw. auch nicht nach dem christlichen Glauben leben und sich öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde:

Obwohl der Beschwerdeführer bereits seit Herbst 2016 Bibelstunden und Gottesdienste besucht und auch an einem Taufkurs teilgenommen hat, war in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2018 lediglich rudimentäres Grundwissen zum Christentum festzustellen (vgl. S. 23 und S. 27 des Verhandlungsprotokolls). Danach befragt, was für den Beschwerdeführer persönlich das Besondere am christlichen Glauben sei, gab dieser etwa im Wesentlichen lediglich an, dass er an Jesus glaube. Nach den Unterschieden zwischen dem Christentum und dem Islam befragt, antwortete der Beschwerdeführer, im Islam setze niemand um, was im Koran stehe; was im heiligen Buch stehe, werde von den Gläubigen umgesetzt. Vor dem Hintergrund des vom Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum besuchten Bibelunterrichts wurde dieser unter anderem befragt, ob Jesus bereits im Alten Testament ein Thema sei, was der Beschwerdeführer nach Hinweis darauf, dass er nicht Farsi lesen könne, bejahte. Auf die Frage, ob er ein wichtiges Gebet seiner Kirche kenne, gab der Beschwerdeführer an: "Das weiß ich nicht genau. Die ÖsterreicherInnen beten auf Deutsch und ich verstehe nicht alles was sie beten. Manchmal kommt der Dolmetscher nicht. Das Gebet das ich sehr gerne habe, Gott du bist wegen unseren Sünden auf das Kreuz gegangen und wegen unserer Sünden hast du die ganzen Schwierigkeiten erlebt, Folter gesehen." Konkret nach dem Gebet "Vater unser" befragt, führte der Beschwerdeführers aus, er habe das gehört, könne es aber nicht auswendig.

Wenngleich die Zeugin XXXX, ein langjähriges Mitglied der freikirchlichen Gemeinde XXXX, offenkundig den Eindruck gewonnen hat, dass der Beschwerdeführer eine von innerer Überzeugung getragene Konversion zum Christentum vollendet hat, gab auch sie vor dem Bundesverwaltungsgericht an, der Beschwerdeführer sei "auf dem Weg, dass er ein Christ sein will und leben will als Christ".

2.4. Im Ergebnis ist daher nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seinem derzeitigen - eher oberflächlichen - Interesse für den christlichen Glauben bei einer Rückkehr nach Afghanistan weiter nachgehen würde und aus diesem Grund einer Gefährdung ausgesetzt wäre.

Es haben sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, aufgrund derer davon auszugehen wäre, dass die Familie bzw. das soziale Umfeld des Beschwerdeführers in Kabul oder die Behörden in Afghanistan von den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich und seinem Interesse für das Christentum erfahren hätten. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, seiner Familie nicht von seiner Taufe erzählt zu haben, und auch der Austritt des Beschwerdeführers aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich wird vertraulich behandelt (vgl. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 04.10.2016 betreffend "Austrittbestätigung der islamischen Religionsgemeinschaft"). Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus weder missionarische Absichten geäußert, noch ist anzunehmen, dass er am Islam öffentlich Kritik üben würde ("Jeder hat seinen Glauben, ich werde auch einen Moslem nicht beleidigen."). Die in Österreich aufhältigen Cousins und der Freund des Beschwerdeführers wissen zwar insbesondere über die Taufe des Beschwerdeführers Bescheid, haben dessen Interesse für das Christentum aber akzeptiert, wie sich sowohl aus dessen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ("F: Was halten ihre Cousins und Ihr Freund in Österreich von Ihrer Konversion? A: Sie sagen, in Europa ist man frei, jeder kann sich selbst seine Religion aussuchen.") als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht ergibt. In Anbetracht des freundschaftlichen Verhältnisses der genannten Personen, das weiterhin besteht, ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass diese bei einer Rückkehr nach Afghanistan anderen Leuten von den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers berichten würden.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass aus den Länderfeststellungen zu Afghanistan hervorgeht, dass Muslime, denen ein Abfall vom Glauben bzw. eine Konversion zum Christentum vorgeworfen wird, grundsätzlich drei Tage Zeit haben, um zu widerrufen. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich ferner, dass im urbanen Bereich alleine aufgrund mangelnder religiöser Betätigung nicht ohne weiteres mit einer Gefährdung - etwa aufgrund eines unterstellten Glaubensabfalls - zu rechnen ist.

2.5. Den sonstigen Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Ausreisegrund aus Afghanistan bzw. zu seiner Situation im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan sind - abgesehen von dem oben erörterten Vorbringen betreffend Glaubensabfall bzw. Konversion - keine konkreten Hinweise für eine individuelle Bedrohung zu entnehmen. Der Beschwerdeführer hat seine Ausreise aus dem Herkunftsstaat im Laufe seines Asylverfahrens im Wesentlichen gleichbleibend mit der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan bzw. einer Gefährdung der Hazara in Afghanistan begründet. Eine aktuelle, konkret gegen seine Person gerichtete Bedrohung wurde nicht substantiiert behauptet. Dies gilt auch für eine vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bedrohung durch Taliban bzw. den IS.

Die Feststellungen hinsichtlich einer nicht bestehenden Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Asylantragstellung sowie seiner rechtswidrigen Ausreise beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten (siehe unten Pkt. 2.6.) bzw. wurde vom Beschwerdeführer auch keine dahingehende Verfolgungsgefahr substantiiert vorgebracht. Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verneinte der Beschwerdeführer die Frage nach bereits erfolgter persönlicher Verfolgung bzw. Bedrohung und gab auch an, dass seine Familie momentan keine Probleme habe. Erst in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde betreffend Hazara ausführlicheres Vorbringen zu Diskriminierungen und Übergriffen erstattet, eine Bedrohung des Beschwerdeführers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht, wurde damit allerdings nicht dargetan.

2.6. Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017 (letzte Aktualisierung am 30.01.2018), das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen - deren Zugrundelegung von Entscheidungen vom Verwaltungsgerichtshof in Vergangenheit in zahlreichen Fällen bestätigt wurde - einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet. Der Beschwerdeführer ist dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation nicht substantiiert entgegengetreten, sein Vertreter hat keine Stellungnahme abgegeben. Hinsichtlich der Lage von Apostaten und Konvertiten in Afghanistan wurde ergänzend eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan vom 01.06.2017 herangezogen.

Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Im Ergebnis ist auch nicht zu erkennen, dass sich seit der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte. Die Lage in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in aktuelle Berichte bzw. Folgeberichte des deutschen Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, des European Asylum Support Office und des U.S. Department of State) versichert hat. Auch wenn in den vergangenen Monaten vermehrt Anschläge in der Stadt Kabul stattgefunden haben, so weisen diese keine solche Intensität auf, dass eine Rückkehr nach Kabul generell eine Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt (vgl. auch Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 sowie ecoi.net-Themendossier "Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul" vom 11.09.2018), zumal ein großer Teil der zivilen Opfer auf einzelne "high-profile" Angriffe zurückzuführen ist, die sich nicht in Wohngebieten, sondern insbesondere im Diplomaten- bzw. Regierungsviertel ereignet haben.

Zu den im Rahmen der Rechtsmittelschrift sowie insbesondere mit Schriftsatz vom 13.06.2016 zitierten bzw. übermittelten Länderberichten ist festzuhalten, dass auch die darin enthaltenen Informationen unbeachtlich ihrer zum Teil mangelnden Aktualität (vgl. etwa die IGFM-Berichte aus den Jahren 2008 und 2011) nicht geeignet sind, die in den Feststellungen zur Situation in Afghanistan enthaltenen Kernaussagen zu widerlegen, sondern sind überwiegend mit diesen in Einklang zu bringen.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass auch vor dem Hintergrund der jüngsten Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR considers that given the current security, human rights and humanitarian situation in Kabul, an IFA/IRA is generally not available in the city.") im Ergebnis nicht davon auszugehen ist, dass für den Beschwerdeführer, der vor seiner Ausreise aus Afghanistan in Kabul gelebt hat und dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, eine Rückkehr in die Stadt Kabul ausgeschlossen ist, zumal auch die EASO in dem - ebenfalls aktuellen - Bericht "Country Guidance: Afghanistan" vom Juni 2018 für Kabul hinsichtlich einer möglichen ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne von Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Statusrichtlinie) auf das Vorliegen besonderer persönlicher Umstände abgestellt hat (S. 83) und darüber hinaus insbesondere für alleinstehende leistungsfähige erwachsene Männer ("single able-bodied adult men") von der grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif ausgegangen ist (S. 30). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 8 Abs. 2 der Statusrichtlinie hinsichtlich der für die Prüfung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers einzuholenden Informationen aus relevanten Quellen gleichermaßen auf Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) wie auch des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) verwiesen wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs. 2 VwGVG).

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt I.:

3.2.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).

Aus den Feststellungen geht hervor, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer hat aufgrund der allgemeinen Situation in Afghanistan seinen Herkunftsstaat verlassen, eine individuelle Bedrohung wurde nicht dargetan. Eine Prüfung des Zusammenhanges des diesbezüglichen Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers mit einem Konventionsgrund erübrigt sich daher und kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Weiters ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt unter Berücksichtigung der Feststellungen zur Situation von Konvertiten bzw. Apostaten in Afghanistan, dass das Christentum nicht wesentlicher Bestandteil des Lebens des Beschwerdeführers ist und bei ihm nicht von einer tatsächlichen inneren Überzeugung vom christlichen Glauben auszugehen ist, die der Beschwerdeführer in Afghanistan allenfalls verleugnen müsste. Daher ist der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen auf Grund seiner religiösen Überzeugung sowie einem erheblichen Verfolgungsrisiko von privater Seite - ohne dass ihm in dieser Hinsicht allerdings staatlicher Schutz zukäme - bzw. von staatlicher Seite ausgesetzt.

Soweit eine drohende Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Volksgruppe der Hazara behauptet wurde, ist an dieser Stelle festzuhalten, dass sich aus den Länderfeststellungen zu Afghanistan keine Hinweise für eine Gruppenverfolgung der Hazara ergeben, vielmehr hat sich deren Situation seit dem Ende der Talibanherrschaft deutlich und nachhaltig verbessert. In ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde - teilweise auch nach Einholung länderkundlicher Sachverständigengutachten - eine Verfolgung ausschließlich aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara verneint (vgl. Gutachten von Dr. Rasuly vom 15.02.2017, BVwG W119 2142462-1/10E). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner aktuellen Rechtsprechung keine Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan judiziert (vgl. etwa VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089). Schließlich verwies auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 05.07.2016 (Zl. 29094/09, A.M. v. the Netherlands) auf die schlechte Situation für die Angehörigen der Hazara in Afghanistan, verneinte jedoch eine automatisch vorliegende Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr allein auf Grund der Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe.

Da sich sohin weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.

3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

§ 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, verwies auf § 57 Fremdengesetz, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG) wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Unter Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 17.07.2008, 2007/21/0366). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Es bedarf im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz - bezogen auf den Einzelfall - nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, jeweils mit mwN).

Nach einer Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, darauf hingewiesen, dass weder in den UNHCR-Richtlinien vom April 2016 noch in den dazu ergangenen Anmerkungen vom Dezember 2016 die Rede von einem "gesicherten" Zugang zu den genannten Kriterien ist und völlig offen bleibt, worin ein solcher besteht oder von wem ein solcher erteilt werden könnte. Weiters mag es zutreffen, dass alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt sowie finanzieller Unterstützung in Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert seien. Jedoch entsprechen die konkret auf die Person des Mitbeteiligten (im entsprechenden VwGH-Verfahren) bezogenen Feststellungen den von UNHCR geforderten "bestimmten Umständen", nach denen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben.

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses bei der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan. Nach den Ergebnissen des Verfahrens ist - wie oben bereits dargestellt - davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer weder aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Asylgründe sein Land verlassen hat noch dass er im Falle seiner Rückkehr einer realen Gefahr im Sinne von Art. 2 oder Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, die eine Zuerkennung subsidiären Schutzes notwendig machen würde. Denn auch unabhängig vom individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers sind keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 AsylG 2005 darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid gg. das Vereinigte Königreich und Henao gg. die Niederlande, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 133699/03).

Auch nach Ansicht des EGMR ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dergestalt, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. EGMR Husseini gg. Schweden vom 13.10.2011, Beschwerdenummer 10611/09, Ziffer 84 sowie das Erkenntnis des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoße würde: EGMR A.G.R. gg. die Niederlande, 12.01.2016, 13.442/08; VwGH 23.02.2016, 2015/01/0134). Trotz der als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage ist damit eine Rückkehr nach Afghanistan nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Zum vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass Kabul für Normalbürger, die nicht mit Ausländern bzw. Sicherheitskräften zusammenarbeiten, eine hinreichend sichere und über den Flughafen gut erreichbare Stadt ist. Auch der Zugang zu Unterkunft und grundlegender Versorgung sowie zu Erwerbsmöglichkeiten ist jeweils in ausreichendem Umfang gewährleistet.

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter, leidet an keinen schweren Erkrankungen und verfügt über mehrjährige Berufserfahrung als Maurer bzw. Bauarbeiter. Er spricht Dari, ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und hat die Möglichkeit, sich allenfalls durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern. Der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise zumindest ein Jahr in Kabul gelebt und ist daher mit den örtlichen Gegebenheiten zumindest teilweise vertraut. Darüber hinaus leben die Eltern, zwei Geschwister und zwei Onkel des Beschwerdeführers in der Stadt Kabul und der Beschwerdeführer hat telefonischen Kontakt zu seiner Familie. Auch wenn die Eltern des Beschwerdeführers etwa aufgrund von Krankheit (Angabe des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2018) aktuell über kein Erwerbseinkommen verfügen, ist in Anbetracht des Umstandes, dass seine Familie seit mehreren Jahren in Kabul in einem gemieteten Haus (vgl. Einvernahme am 18.10.2017) lebt, davon auszugehen, dass sie den Beschwerdeführer bei einer Neuansiedlung insbesondere in der Anfangszeit mit Unterkunft sowie Informationen über die aktuellen örtlichen Gegebenheiten unterstützen können. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt hervorgeht, dass der Bruder des Beschwerdeführers - auch in finanzieller Hinsicht - in der Lage war, die Universität in Kabul zu besuchen (vgl. AS. 71). Der Beschwerdeführer gehört im Übrigen keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung. Der Beschwerdeführer kann zudem allenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, wodurch er Unterstützung für die Existenzgründung bei einer Rückkehr erlangen kann. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Hinweise. Insgesamt bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation von Rückkehrern nicht, dass sich insbesondere die Arbeitssuche und die Wohnraumbeschaffung in Kabul zunehmend schwierig gest

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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