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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §59 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/09/0169Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision 1. der F M,
2. des Dr. W E, beide in K, beide vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juli 2018, W183 2173705-1/25E, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdenkmalamt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 29. Juni 2017 stellte das Bundesdenkmalamt (die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) fest, dass die Erhaltung des Gebäudes in K, gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (DMSG) im öffentlichen Interesse liege.
2 Nach Wiedergabe des Gutachtens der beigezogenen Amtssachverständigen führte die Behörde zur Bedeutung des Bauwerks zusammengefasst aus, das im späten 13. oder frühen 14. Jahrhundert entstandene und aus ursprünglich zumindest vier Einzelhäusern zusammengewachsene Objekt sei als Dokument für die Verdichtung des städtischen Kernbereichs bzw. die Entwicklung der Stadt K anzusehen. Der gegenständliche Baukomplex lasse in seiner erhaltenen Bausubstanz mit seinen vielen architektonischen Details etwa sieben Jahrhunderte Bau- und Wohnkultur nachvollziehen. Das komplexe Gebäude bewahre die Erinnerung an seine Besitzer, welche durchwegs wohlhabende Bürger gewesen seien und stelle damit eine wertvolle Quelle für die Geschichte der Stadt dar. Neben der geschichtlichen Bedeutung gründe sich die künstlerische Bedeutung dieses Gebäudes auf zahlreiche Baudetails, welche zudem dessen mittelalterliche Ursprünge und den kontinuierlichen Ausbau belegten. In diesem Zusammenhang sei hervorzuheben, dass die heute sichtbare Fassadengestaltung des breit gelagerten Baukörpers am R österreichweit einzigartig sei. Mit seinen vielen, unterschiedlich motivierten Bauphasen sei das Objekt als ein Paradebeispiel eines mittelalterlichen, städtischen und bürgerlichen Wohn- und Gewerbebesitzes anzusehen. Des Weiteren dokumentiere das Gebäude in anschaulicher Weise die Lebens- und Arbeitsweise seiner Bewohner vom Mittelalter bis in die Gegenwart, wodurch ihm kulturelle Bedeutung zukomme. Die Bedeutung des Gebäudes erfahre durch seine städtebaulich prominente Lage im zentralen historischen Siedlungsbereich unweit des ersten von einem Babenberger errichteten Kollegiatsstifts eine Steigerung. Die besondere Wertigkeit des gegenständlichen Objekts für den österreichischen Kulturgutbestand sei vor allem im Zusammentreffen der oben angeführten Denkmaleigenschaften sowie in dem ihm zukommenden Seltenheitswert und Dokumentationscharakter zu sehen. Der Verlust des Gebäudes würde eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestands in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten.
3 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gab das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einholung eines weiteren Gutachtens insofern Folge, als planlich bezeichnete Teile (der als "Haus E" bezeichnete ehemalige Schweinestall samt anschließenden Flugdächern sowie ein Windfang in einer aus "Gebäude D" und "Gebäude C" gebildeten Ecke) gemäß § 1 Abs. 8 DMSG von der Unterschutzstellung ausgenommen wurden; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die revisionswerbenden Parteien sehen die Zulässigkeit ihrer Revision zunächst darin begründet, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis über die Sache des Beschwerdeverfahrens hinausgegangen sei. Mit dem behördlichen Bescheid sei bloß ein Gebäude auf dem Grundstück unter Schutz gestellt worden, das Bundesverwaltungsgericht habe jedoch die Unterschutzstellung von vier Gebäuden auf diesem Grundstück bestätigt. Eine solche Entscheidung sei nicht in seine funktionelle Zuständigkeit gefallen.
7 Diesem Vorbringen ist vorerst entgegenzuhalten, dass nach dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Beschwerde - mit Ausnahme der nicht unter Schutz zu stellenden Teile - abgewiesen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht übernahm damit insoweit den Spruch des angefochtenen Bescheids (VwGH 21.11.2017, Ra 2016/12/0116; 25.1.2017, Ra 2016/12/0119), sodass schon deshalb eine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens nicht zu erkennen ist. Davon abgesehen ergibt sich jedoch sowohl aus dem behördlichen Bescheid wie auch aus dem angefochtenen Erkenntnis unzweifelhaft, dass Objekt der Unterschutzstellung ein Bauwerk ist, das aus mehreren historischen Gebäuden "zusammengewachsen" ist. Der insoweit in der Revision behauptete Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung des Bescheids bzw. des angefochtenen Erkenntnisses besteht daher nicht. Die weitere, zur Darlegung der Revisionszulässigkeit abstrakt formulierte Rechtsfrage nach einem Gebäudebegriff oder der Möglichkeit des Bestehens mehrerer selbständiger Gebäude auf einem Grundstück stellt sich hier somit ebenfalls nicht (siehe jedoch zur Möglichkeit der Unterschutzstellung eines Gesamtdenkmals bereits VwGH 15.12.2011, 2011/09/0104 - Erzbergbahn; vgl. auch VwGH 6.3.2008, 2004/09/0061).
8 Soweit die revisionswerbenden Parteien schließlich eine Revisionszulässigkeit mit einer Teilunterschutzstellung unter Ausnahme weiterer Gebäudeteile von der Unterschutzstellung argumentieren, ist ihnen das Folgende zu entgegnen:
9 Für die Lösung der Frage, ob es sich bei einer Sache um ein Denkmal im Sinn des § 1 Abs. 1 DMSG handelt, und ob dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, dass es sich also gemäß § 1 Abs. 2 DMSG um ein Denkmal handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestands in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde, ist die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend, wobei insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen ist. Grundlage einer solchen Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, aus dem sich jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung und jener Dokumentationscharakter im Sinn des § 1 Abs. 2 DMSG ableiten lässt, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. VwGH 5.9.2013, 2012/09/0018, mwN). Entgegen der Darstellung in der Revisionsbegründung, die vom Verwaltungsgericht dem festgestellten Sachverhalt nicht zugrunde gelegtes Parteivorbringen, welche abgrenzbaren Gebäudeteile nicht unter Schutz zu stellen gewesen wären, als Ergebnis des Beweisverfahrens ausgibt, ist das Bundesverwaltungsgericht bei der Teilunterschutzstellung in seinem Erkenntnis von den Ausführungen der vom Gericht bestellten Sachverständigen nicht abgewichen. Gerade wegen der Verzahnung historisch bedeutender Bauteile mit solchen, denen eine geringere Bedeutung zukäme, war eine weitergehende Ausnahme von der Unterschutzstellung nicht angezeigt. So ist eine Teilunterschutzstellung nur in jenen besonders gelagerten Ausnahmefällen zulässig, wenn gleichzeitig mit Sicherheit auszuschließen ist, dass jede wie immer geartete Veränderung an dem von der Unterschutzstellung nicht erfassten Teil des Gegenstands Bestand und Erscheinung des geschützten Teils unter den in § 1 DMSG angeführten Gesichtspunkten bedrohen kann (vgl. VwGH 1.7.1998, 96/09/0216; siehe etwa auch VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0110; 18.6.2014, 2013/09/0131; 5.2.1976, 1891/75, zur Unterschutzstellung all jener weiteren Teile, deren Bestand Voraussetzung für den weiteren Bestand der Teile ist, an deren Erhaltung wegen der nach § 1 DMSG qualifizierten Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht). Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das Bundesverwaltungsgericht zeigt die Revision auch insoweit nicht auf.
10 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2019
Schlagworte
Inhalt des Spruches DiversesBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090168.L00Im RIS seit
15.02.2019Zuletzt aktualisiert am
19.02.2019