TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/25 97/19/1314

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Veröffentlicht am 25.06.1999
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Index

19/05 Menschenrechte;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der 1958 geborenen K B in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Mai 1997, Zl. 304.336/3-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte durch einen Rechtsvertreter am 30. Juli 1996 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit. Beigelegt war dem Antrag die Kopie einer Heiratsurkunde, derzufolge die Beschwerdeführerin am 13. Mai 1993 in Wien geheiratet hat. Weiters war dem Antrag beigelegt die Kopie eines für die Beschwerdeführerin ausgestellten, vom 18. Mai 1993 bis zum 17. Mai 1998 gültigen Befreiungsscheines. In einem ergänzenden Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 2. September 1996 brachte sie vor, dass ihr Ehegatte österreichischer Staatsbürger sei.

Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 4. Dezember 1996 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe am 13. Mai 1993 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Bei der gegenständlichen Ehe bestehe der dringende Verdacht, dass sie nur zum Schein geschlossen worden sei, um der Antragstellerin zur Aufenthaltsbewilligung und Befreiungsschein zu verhelfen. Diesbezüglich sei beim Bezirksgericht Fünfhaus ein Verfahren wegen Ehenichtigkeit gemäß § 23 des Ehegesetzes anhängig.

Die dagegen erhobene Berufung, in der die Beschwerdeführerin selbst einräumte, dass ihre Ehe mittlerweile gemäß § 23 des Ehegesetzes nicht für nichtig erklärt worden sei, wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 13. Mai 1997 gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, auf Grund der dem Antrag beigelegten Heiratsurkunde sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin am 13. Mai 1993 einen österreichischen Staatsbürger geehelicht habe. Mit Urteil vom 5. Dezember 1996 sei die Ehe vom Bezirksgericht Fünfhaus für nichtig erklärt worden. Das Urteil sei mittlerweile in Rechtskraft erwachsen. Der Oberste Gerichtshof gehe in seiner Judikatur davon aus, dass auch die ausschließliche oder überwiegende Absicht, durch die Eheschließung nur die unbeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit und/oder den ungehinderten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen, also auch ohne nach Erfüllung der Voraussetzungen die österreichische Staatsbürgerschaft anzustreben, für die Nichtigerklärung der Ehe ausreicht. Die Annahme, dass der Aufenthalt eines derartigen Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, bestätige auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1994, Zl. 93/18/0266, sowie die ständige Rechtsprechung dieses Gerichtshofes, derzufolge die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Verhalten darstelle, welches dazu führe, dass die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre. Auf Grund des angeführten Sachverhaltes und der eindeutigen Rechtsprechung sei der Anrag gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abzulehnen und die Beschwerdeführerin somit vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen gewesen. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG finde durch § 5 Abs. 1 AufG direkte Anwendung. Zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin sei zu sagen, dass nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in ihrer Berufung habe sie keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu ihren Gunsten herbeigeführt hätte. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen der Beschwerdeführerin im Rahmen des Art. 8 MRK sei auf Grund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 2. Juni 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage verfügte die Beschwerdeführerin jemals über eine Aufenthaltsbewilligung oder einen am 1. Juli 1993 gültigen gewöhnlichen Sichtvermerk. Die belangte Behörde wertete den Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.

In der Beschwerde bleibt die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde unbestritten, dass die von der Beschwerdeführerin am 13. Mai 1993 mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossene Ehe mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 5. Dezember 1996 für nichtig erklärt wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die auch von der Beschwerdeführerin, die in der Beschwerde selbst das Eingehen einer Staatsbürgerschaftsehe einräumte, nicht in Frage gestellt wird, ist die Eingehung einer Ehe nur zum Schein, um sich eine fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das eine gravierende Missachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bildet. Aus diesem Grund liegt eine beträchtliche Gefährdung der Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor, die zur Versagung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG führt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. April 1998, Zl. 96/19/0752 mwN).

Die Beschwerdeführerin führt zu Recht aus, dass im Rahmen einer auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützten Entscheidung grundsätzlich zu prüfen ist, ob ein Eingriff in die gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten privaten und familiären Interessen eines Fremden durch die in Art. 8 Abs. 2 MRK angeführten Gründe gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0321, ua.).

Sofern sie unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erkennbar rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihre besonderen Lebensumstände in Österreich festzustellen, legt sie mit ihren diesbezüglichen Ausführungen die Relevanz des behaupteten Mangels nicht dar. Die infolge des von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Rechtsmissbrauchs entstandenen privaten Bindungen in Österreich können schon deshalb keine zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausfallende Interessenabwägung gemäß Art. 8 MRK bewirken, weil es dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen zuwiderliefe, wenn sich ein Fremder auf eine solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte. Im Übrigen stellt die Eingehung einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmissbrauch dar, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodass jedenfalls in Ansehung der Beschwerdeführerin, deren Eheschließung ca. vier Jahre zurücklag, ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung bewirkter Eingriff in das Privat- und Familienleben eines Fremden gerechtfertigt ist (vgl. auch hiezu das oben erwähnte hg. Erkenntnis vom 3. April 1998 mwN).

Auf Grund dieser Darlegungen hätte die belangte Behörde auch bei Berücksichtigung der in der Beschwerde vorgebrachten Umstände zu keinem anderen Ergebnis ihrer - wenn auch in äußerst knapper Form - vorgenommenen Erforderlichkeitsprüfung im Hinblick auf Art. 8 MRK gelangen können.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191314.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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