TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/25 98/19/0153

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Veröffentlicht am 25.06.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1 impl;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §10 Abs2;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des 1947 geborenen SP in Wien, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Mai 1998, Zl. 122.938/2-III/11/97, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 6. Februar 1997 die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag langte beim Landeshauptmann von Wien am 12. Februar 1997 ein. Als Aufenthaltszweck berief sich der Beschwerdeführer auf die Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit als Schneider. Hinsichtlich der in Österreich verfügbaren eigenen Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes berief er sich auf den aus einer solchen Tätigkeit zu erwartenden Lohn von S 10.500,--. Als unterhaltspflichtige Person in Österreich gab er seine Arbeitgeberin an. Den Verwaltungsakten ist die Kopie eines Antrages der (zukünftigen) Arbeitgeberin des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung, datierend aus dem Jahr 1996 für eine voraussichtliche Beschäftigung des Beschwerdeführers ab 1. Februar 1997 angeschlossen. Als vorgesehener Lohn scheint in diesem Antrag ein Betrag von S 10.500,-- auf. Weiters findet sich in den Verwaltungsakten eine Verpflichtungserklärung der Arbeitgeberin des Beschwerdeführers, in welcher diese sich verpflichtet, für dessen Unterhalt und Unterkunft aufzukommen und der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die diesen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen vierzehn Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen. Ein Einkommensnachweis jener Person, die sich für den Beschwerdeführer verpflichtete, war dem Antrag nicht beigeschlossen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Juni 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG 1992) abgewiesen, weil der Beschwerdeführer am 18. Jänner 1995 bei einer Beschäftigung betreten worden sei, welche er nach Ansicht der belangten Behörde nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte insbesondere vor, er sei nicht im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ständig beschäftigt gewesen.

Mit Note vom 5. Dezember 1997 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer unter anderem auf, seine derzeitige finanzielle Situation darzulegen und aktuelle Nachweise zu erbringen, aus denen ersichtlich sei, wodurch sein Lebensunterhalt gesichert werden solle. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, seine letztgültige arbeitsrechtliche Bewilligung in Ablichtung beizulegen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Mai 1998 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Juni 1997 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Antrag des Beschwerdeführers sei nach Inkrafttreten des FrG 1997 nunmehr als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 könne die Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen insbesondere versagt werden, wenn der Fremde nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz oder nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt verfüge. Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung der belangten Behörde vom 5. Dezember 1997 nicht nachgekommen. Insbesondere sei kein aktueller Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes erbracht worden. Der Beschwerdeführer wäre aber, wie sich auch aus § 14 Abs. 3 FrG 1997 ergebe, verpflichtet gewesen, im Verfahren an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken. Es sei daher davon auszugehen, dass die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht ausreichten, um ohne finanzielle Unterstützung der Sozialhilfeträger auszukommen. Der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 liege daher vor.

Gemäß § 37 FrG 1997 habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen zu erfolgen. In Ermangelung eines gesicherten Lebensunterhaltes überwögen jedoch die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einer Niederlassung in Österreich. Der Beschwerdeführer sei lediglich an einer Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet interessiert, familiäre Bindungen in Österreich bestünden nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3, § 14 Abs. 3 und § 19 Abs. 3

FrG 1997 lauten:

"§ 10. ...

(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z 2) insbesondere versagt werden, wenn

1. der Fremde nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder - bei der Erteilung eines Einreise- oder befristeten Aufenthaltstitels - für die Wiederausreise verfügt;

...

(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 1 oder 2 ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis erteilen, wenn ... auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten. Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung auf Grundlage einer Verpflichtungserklärung ist unzulässig.

...

§ 14. ...

...

(3) ... Der Fremde hat der Behörde die für die Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen. ...

...

§ 19. ...

...

(3) Beabsichtigt der Fremde in Österreich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so darf ihm die Erstniederlassungsbewilligung überdies nur erteilt werden, wenn für ihn eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder wenn er über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt; ..."

Wie der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, würdigte die belangte Behörde vorliegendenfalls die Ergebnisse des durchgeführten Verwaltungsverfahrens insbesondere im Hinblick auf die angenommene Verletzung der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers dahin, dass diesem keine ausreichenden eigenen Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden.

Dieser Beurteilung der sich aus der Aktenlage ergebenden Verfahrensergebnisse vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten, weil eine Sicherung des Unterhaltes des Beschwerdeführers durch eigenes Einkommen aus unselbstständiger Arbeit vorausgesetzt hätte, dass für den Beschwerdeführer eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt worden wäre oder er über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt hätte.

Aus den im hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 98/19/0303, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, konnte aus dem Text der vorgelegten Verpflichtungserklärung allein nicht abgeleitet werden, der Beschwerdeführer habe über eigene Mittel im Verständnis des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 verfügt. Dass seine (zukünftige) Arbeitgeberin sich aber im Wege eines rechtsgültig zustandegekommenen Unterhaltsvertrages mit dem Beschwerdeführer zur Leistung von (realisierbaren) Unterhalt an diesen (unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses) verpflichtet hätte, wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geltend gemacht.

Schließlich tritt der Beschwerdeführer der Annahme der belangten Behörde, aufgrund der vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens könne sein Unterhalt nicht durch eigene Mittel als gesichert angesehen werden, nicht entgegen.

Er vertritt allerdings die Auffassung, das Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde sei in diesem Zusammenhang insofern mangelhaft gewesen, als die ihm gesetzte zweiwöchige Frist zur Vorlage der Unterlagen zu kurz bemessen gewesen sei. Dieses Vorbringen vermag aber der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil es der Beschwerdeführer verabsäumt darzulegen, aufgrund welcher Umstände sein Unterhalt - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - sehr wohl durch eigene Mittel gesichert gewesen wäre und durch welche Beweismittel er diesen Umstand belegt hätte, wäre ihm eine längere Frist gesetzt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie vom Vorliegen des Grundes des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 ausging.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0651, mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist der Ausdruck "kann" in § 10 Abs. 2 FrG 1997 dahingehend zu verstehen, dass die Behörde bei Anwendung eines der dort angeführten Versagungsgründe zu prüfen hat, ob ein durch diese Anwendung allenfalls erfolgter Eingriff in ein durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Antragstellers aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen gerechtfertigt ist.

Der Beschwerdeführer kritisiert nun zwar die Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, er beabsichtige lediglich die Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich. Diese Beurteilung stimmt aber mit dem vom Beschwerdeführer in seinem Antrag angegebenen Aufenthaltszweck überein. Auch in der Beschwerde legt der Beschwerdeführer nicht dar, welche sonstigen Interessen er an einer Niederlassung in Österreich geltend macht. Insbesondere tritt er auch der Bescheidfeststellung, er habe keine Verwandten im Bundesgebiet, nicht entgegen. Damit liegen aber im Falle des Beschwerdeführers keine durch Art. 8 MRK geschützten Interessen in Österreich vor.

Der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 war daher im Falle des Beschwerdeführers wirksam. Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 erwies sich folglich als unzulässig. Eine Ermessensentscheidung unter Heranziehung der in § 8 Abs. 3 FrG 1997 umschriebenen Kriterien hatte aufgrund des Wirksamwerdens des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 zu unterbleiben (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999).

Ebenso wenig hat (entgegen der Ansicht der belangten Behörde) eine Abwägung gemäß § 37 FrG 1997 Platz zu greifen, zumal eine solche lediglich im Falle der Verhängung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes vorgesehen ist.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Juni 1999

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998190153.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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