TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/12 G306 2201425-1

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Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G306 2201425-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Rumänien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte mit Schreiben vom 08.01.2018, eingelangt beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Niederösterreich am 12.02.2018, einen Antrag auf Aufhebung des derzeit geltenden Aufenthaltsverbotes.

Mit Schreiben des BFA vom 04.05.2018, wurde der BF aufgefordert, eine Bestätigung über die Haftentlassung sowie einen aktuellen Strafregisterauszug aus Rumänien in Vorlage zu bringen.

Mit Schreiben vom 05.06.2018, legte der BF ein Führungszeugnis des rumänischen Innenministeriums sowie einen gerichtlichen Beschluss des Amtsgerichtes vom 19.01.2009 über die bedingte Entlassung aus der Haft, vor.

Mit oben im Spruch angeführten Bescheid von der ausgewiesenen Vertretung am 20.06.2018 übernommen, wurde der gegenständliche Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, abgewiesen und eine Bundesverwaltungsabgabe in der Höhe von Euro 6,50 vorgeschrieben.

Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob die nunmehrige ausgewiesene RV Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 20.07.2018 vom BFA vorgelegt.

Es wurde der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht mögen den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze beheben; eine mündliche Verhandlung anberaumen; in eventu die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die I. Instanz zurückverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF trägt die im Spruch angeführte Identität, ist Staatsangehöriger der Republik Rumänien, wurde am XXXX geboren und ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gegen den BF wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 14.03.2003, Zl. XXXX, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

Im Wesentlichen wurde das unbefristete Aufenthaltsgesetz damit begründet, dass der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2003, Zl. XXXX, wegen der §§ 15 und 75 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt worden sei.

Das erlassene Aufenthaltsverbot erwuchs in Rechtskraft und wurde ein Antrag um Aufhebung vom XXXX.2003 von der Bezirkshauptmannschaft XXXX am 18.12.2003 abgewiesen.

Das Landesgericht XXXX hat in seinem Urteil ausgeführt, dass der BF schuldig sei, am 01.05.2002 versucht zu haben, sein Opfer durch Versetzen von 6 tiefgehenden Messerstichen gegen den Oberkörper und Rücken mit einem 21 cm langem Messer (Klinge), vorsätzlich zu töten.

Der BF wurde am XXXX.2008 zur weiteren Strafvollstreckung nach Rumänien abgeschoben und der dortigen Justiz übergeben. Der BF wurde am XXXX.2009 bedingt aus der Strafhaft in Rumänien entlassen und befindet sich seither in Rumänien. Der BF weist seither keine weiteren strafrechtlichen Verurteilungen auf und lebt bei seiner Mutter. Der BF ist geschieden. Eine Erwerbstätigkeit wurde nicht vorgebracht und konnte auch nicht festgestellt werden.

In Österreich hält sich seine Schwester sowie sein Schwager auf.

Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort) und Staatsangehörigkeit, der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person der BF im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen zur privaten-, wirtschaftlichen- und familiären Situation, dessen strafrechtlichen Verurteilungen, der Haftentlassung, Abschiebung ins Heimatland des BF im basieren auf Basis des bisherigen Verfahrens und damit aus dem gegenständlichen Verwaltungs- sowie Gerichtsaktes.

Zum Beschwerdevorbringen:

Das Vorbringen der BF beruht auf dem Vorbringen in seinem Antrag auf Aufhebung des derzeitigen Aufenthaltsverbotes und in der Beschwerde.

Insofern die BF vorbringt, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend erhoben bzw. die Änderung der Situation des BF nicht berücksichtigt, ist festzuhalten, dass der BF selbst in der Beschwerde nicht dazulegen vermochte, inwiefern der tatsächliche vom erhobenen Sachverhalt abweicht. Vielmehr kann dem angefochtenen Bescheid entnommen werden, dass die belangte Behörde die vom BF vorgebrachten Sachverhalte ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Die ausgewiesene Rechtsvertretung begründet ihre Behauptung auch nicht in der Beschwerde sondern führt an, dass eine ausführliche Begründung der Beschwerde ausdrücklich vorbehalten bleibt. Diese ist jedoch bis zum Entscheidungszeitpunkt nie eingetroffen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zur Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes:

Der mit "Gegenstandslosigkeit und Aufhebung" betitelte § 69 FPG idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

(1) Eine Ausweisung wird gegenstandslos, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70) nachgekommen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

(3) Das Aufenthaltsverbot tritt außer Kraft, wenn einem EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

Der mit Aufenthaltsverbot betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. xxx/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und dies aus folgenden Gründen:

Ein Antrag gemäß § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267; 12.03.2013, 2012/18/0228).

Ob die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbots geführt haben weggefallen sind, ist nach den gemäß § 67 Abs. 1 maßgeblichen Ermessungskriterien zu prüfen. Hiebei hat eine Gesamtbetrachtung der seit der Verhängung eingetretenen Sachlage, also auch zusätzlicher belastender Umstände, zu erfolgen. Auf dieser Grundlage ist zu prüfen, ob von einem Aufenthalt des Betroffenen noch die seinerzeit für die Erlassung maßgeblichen Gefahren ausgehen. Ist dies zu verneinen, ist das Aufenthaltsverbot aufzuheben. Gegen diesen Fremden darf dann nur wegen eines anderen Sachverhalts neuerlich ein Aufenthaltsverbot verhängt werden (Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Aslyrecht, Manz Kommentar, § 69 III A1, S 1).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Der BF war in Österreich rechtmäßig niedergelassen und hält sich seine Schwester und Schwager nach wie vor im Bundesgebiet auf. Dies war auch im Zeitpunkt des Aufenthaltsverbotes der Fall.

Das begangene Delikt, welches in einem Mordversuch gipfelte, passierten nicht durch eine Kurzschlusshandlung bzw. aus einem Affekt heraus, sondern wurden wohlüberlegt geplant. Auch diese Vorgehensweise, deutet auf eine manifeste kriminelle Gedankenwelt des BF hin. Dies lässt sich aus der Begründung des Urteils vom Landesgericht XXXX entnehmen.

Auffällig ist auch, dass der BF seinen damaligen Mordversuch in der Beschwerde mit keinem Wort erwähnt, sich jedoch selbst durch das bestehende Aufenthaltsverbot als Opfer sieht.

Es ist dem BF zu Gute zu halten, dass er das gegenständliche Aufenthaltsverbot bisher eingehalten hat und offensichtlich seit seiner Abschiebung nach Rumänien im Bundesgebiet nicht mehr angetroffen wurde. Auch ist ihm zu Gute zu halten, dass er seit seiner Haftentlassung XXXX.2009 weder in Österreich noch in Rumänien strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Faktum ist, dass der BF in sehr jungem Alter bereits mit schwerem strafrechtlichen Verhalten in Erscheinung trat und im Alter von gerade mal 22 Jahren, einen Mord begehen wollte, welcher jedoch zum Glück misslang und es beim Versuch blieb. Auch der Mordversuch wurde derart durchgeführt - unzählige Messerstiche, mit zum Teil schwersten Verletzungen, welche ohne sofortiger Notmaßnahmen tödlich verlaufen - sodass man unweigerlich feststellen muss, dass der BF zu diesem Zeitpunkt ein massives kriminelles Potential aufwies. Bei solchen Delikten (Mordversuch mit wuchtigen Stichen in den Oberkörper und Rücken des Opfers) mit einem Messer das eine Klingenlänge von 21 cm aufwies, muss man besonders darauf bedacht nehmen, ob beim Täter tatsächlich bereits ein angemessener Gesinnungswandel stattgefunden hat.

Wie auch der Verwaltungsgerichtshof immer wieder in seinen Entscheidungen ausführt ist dabei das Wohlverhalten, welches nachhaltig und gefestigt sein muss, erst nach der Entlassung aus der Strafhaft entscheidend.

Der BF hat durch sein kriminelles Verhalten eindeutig zur Schau gestellt, dass von ihm eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht. Der BF hat die Tat begangen und wurde dafür auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Die begangene Tat hat auch darüber hinaus aufgezeigt, dass diese nur begangen werden kann, wenn man eine hohe kriminelle Energie aufweist. Der BF hat dadurch sein persönliches Bild gezeigt und dadurch auch bewiesen, dass er im Stande ist schwere kriminelle Delikte zu begehen. Je schwerer die Tat bzw. die Taten eines Täters sind - im vorliegenden Fall "versuchten Mord" - desto länger muss der Zeitraum angesetzt werden um tatsächlich sagen zu können, dass vom BF mehr keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht.

Es wird nicht bestritten, dass der BF sich bereits nunmehr seit beinahe 10 Jahre in Freiheit befindet und sich der BF bisher wohlverhalten hat.

Trotzdem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die vorliegende kriminelle Energie, welche der BF eindrucksvoll aufzeigte indem es in einem Mordversuch endete hochgradig ist, sodass die erkennende Gerichtsabteilung zum Entschluss kommt, dass der bisherige Beobachtungszeitraum von knapp 10 Jahren (seit der Haftentlassung) noch nicht ausreicht um mit Sicherheit sagen zu können, dass beim BF ein tatsächlich anhaltender Gesinnungswandel stattgefunden hat.

Was den bisherigen rechtmäßigen Aufenthalt des BF sowie seinen familiären Bezug im Bundesgebiet anbelangt ist auszuführen, dass diese Umstände bereits bei der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes des BF vorlagen und bei der Entscheidung bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes mitberücksichtigt worden. Dadurch sind keine Neuerungen diesbezüglich erkennbar. Wenn der BF in seinem nunmehrigen Antrag auf Aufhebung anführt, dass seine Schwester als auch der Schwager schwer erkrankt seien und ein Besuch ihrerseits in Rumänien nicht mehr möglich wäre und er diese auch gegebenenfalls unterstützen möchte ist auszuführen, dass dieser Umstand nicht dazu beitragen kann, hinsichtlich des Privat- und Familienlebens zu keiner anderen Entscheidung zu kommen. Das erkennende Gericht ist dazu verhalten zu prüfen, ob vom BF noch tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht und ob das bisherige Wohlverhalten seit Haftentlassung dafür ausreicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012,

Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, Interessenabwägung, öffentliche
Sicherheit, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2201425.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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