TE Bvwg Beschluss 2018/12/6 I401 2205122-1

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I401 2205122-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2018, Zl. 1109224204 - 180426878, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, StA. Algerien, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Fremde, ein Staatsangehöriger von Algerien, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 06.11.2013 (unter einem anderen Familiennamen) den ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er bei der Erstbefragung damit begründete, eine Freundin gehabt zu haben. Die Beziehung habe er geheim halten müssen, weil er Berber und seine Freundin Araberin sei. Als deren Vater bzw. einer ihrer Brüder von ihrer Beziehung erfahren hätten, hätten sie ihm mit dem Umbringen gedroht; denn er habe die Ehre der Tochter bzw. Schwester beschmutzt. Aus Angst um sein Leben, sei er aus Algerien geflohen.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 01.06.2015 wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien nicht zuerkannt, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig sei.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3. Die algerische Botschaft stellte am 22.03.2017 für den Fremden ein Heimreisezertifikat mit einer anderen Identität bzw. einem anderen Familiennamen aus.

Da der Fremde in der Folge untertauchte, konnte seine Abschiebung nach Algerien nicht erfolgen.

4. Am 11.08.2018 wurde er in Klagenfurt aufgegriffen und auf Grund eines bestehenden Festnahmeauftrages in Schubhaft genommen.

5. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Fremde am 17.08.2018 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Nach der Aussage, sich in der Zeit von April 2017 bis 08.08.2018 in Italien aufgehalten zu haben, begründete der Fremde im Rahmen der Erstbefragung den Folgeantrag damit, die Probleme zu Hause seien die gleichen, die er bereits im ersten Asylverfahren angegeben habe.

Er habe am 01.08.(2018) mit seinem Bruder, der sich in Algerien befinde, telefoniert. Sein Bruder meine, dass er, wenn er nach Hause nach Algerien komme, sie ihn umbringen würden. Er habe ein Mädchen heiraten wollen, aber ihre Brüder hätten ihn "erwischt". Das sei in Algerien eine Schande. Sie hätten ihn damals umbringen wollen. Daher sei er geflohen.

Sein Bruder habe erklärt, dass auch er von den Brüdern des Mädchens bedroht worden sei. Sie hätten auch das Mädchen solange geschlagen, bis ihr Gesicht entstellt gewesen sei. Wenn der Fremde es könne, würde er es nach Österreich holen. Sie hätten seinem Bruder gesagt, dass sie ihn umbringen würden, wenn er nach Algerien zurückkomme.

Es gebe aber auch andere Gründe. So gebe es in Algerien keine Arbeit und das Land werde von der Mafia regiert. Er wolle auch nicht zum Militär gehen, weil er dort nur sehr wenig Geld bekomme.

Bei seiner Rückkehr habe er Angst vor den Familienangehörigen des Mädchens, weil es Terroristen seien. Sie glaubten, dass er in Frankreich sei. Jeden Tag würden sie Leute zu seinem Bruder schicken, um zu erfahren, ob er aus Frankreich zurück sei. Die Änderung seiner Situation bzw. seiner Fluchtgründe sei ihm auf Grund des mit seinem Bruder am 01.08.2018 geführten Telefonates bekannt.

6. Mit Verfahrensanordnung gemäß §§ 29 Abs. 3 und 15a AsylG vom 24.08.2018 teilte das Bundesamt dem Fremden mit, dass es beabsichtige, den faktischen Abschiebeschutz mit mündlich zu verkündendem Bescheid aufzuheben. Somit gelte die Zwanzigtagesfrist für das Zulassungsverfahren nicht mehr.

7. Am 04.09.2018 wurde der Fremde vom Bundesamt einvernommen. Befragt, warum er einen neuen Asylantrag gestellt habe, äußerte er, er wolle gerne in Österreich leben, sich integrieren und Frau T, die er seit ca. drei Jahren kenne, heiraten. Er habe Probleme mit den Terroristen in Algerien gehabt. Er könne Spuren der Misshandlungen und der Folter herzeigen. Frau T habe einen Sohn, der die österreichische Staatsbürgerschaft habe und ihn als Vater annehme. Sei Bruder rufe bei Frau T an und habe zu ihr gesagt, dass die Terroristen in Algerien nach ihm suchen und ihm Probleme machen würden. Es seien die zwei Brüder der Ex-Freundin. Die Brüder hätten ihn mit ihr "erwischt" und ihn gefoltert, wobei sie ihn in einem Haus gefesselt hätten. Seine Ex-Freundin sei zu seinem Bruder gegangen und ihm gesagt, wo er sei. Sein Bruder habe ihn dann befreit. Der Vorfall sei im Jahr 2006 gewesen. Sein Bruder habe Frau

T am Telefon gesagt, dass die Männer bis heute drohen würden. Sie kämen nicht zu seinem Bruder, denn sonst würden sie ihnr töten, sondern würden bei Nachbarn und bei Freunden seines Bruders nachfragen. Sie hätten auch "Geheimleute".

8. Nach Abschluss der Vernehmung sowie nach Unterbrechung und Fortsetzung der Amtshandlung hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem am 04.09.2018 mündlich verkündeten Bescheid den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.

In der Beweiswürdigung führte das Bundesamt zu den Gründen für die voraussichtliche Entscheidung im Wesentlichen aus, dass sich das Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf ein bereits rechtkräftig als unglaubwürdig qualifiziertes Vorbringen stütze. Ein neuer Sachverhalt könne daher nicht vorliegen, weil jeder Sachverhalt, welcher auf das unglaubwürdige bzw. mit diesem im Zusammenhang stehende Vorbringen aufbaue, nach den Denkgesetzen der Logik ebenfalls als unglaubwürdig zu werten sei. Der behauptete Sachverhalt könne in der Tatsachenwirklichkeit nicht existieren.

Die Angaben des Fremden betreffend seine Beziehung zur Ex-Freundin bzw. der Verliebtheit zu einem Mädchen und der Bedrohung durch verschiedene Personen, die nunmehr angegebenen Verbindungen und Verstrickungen der ganzen Familie des Mädchens zum Terrorismus und zur Politik und die behauptete Folter und Misshandlung seien keinesfalls glaubwürdig. Das sei schon im ersten Verfahren festgestellt worden. Trotz seines Wissens darüber habe der Fremde dies nicht angeführt.

Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen. Der Fremde verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Gegen ihn bestehe bereits ein aktuell gültiges mehrjähriges schengenweites Einreiseverbot. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung sei (auf Grund des von der algerischen Botschaft ausgestellten Heimreisezertifikats) bereits gegeben. Auch habe sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem Fremden bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage und auch sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zu keiner Bedrohung seiner Menschenrechte führen werde.

Der Fremde habe keine Angehörigen in Österreich. Daher könne auch kein Eingriff in sein Familienleben stattfinden.

Zu seinem Privatleben und der Beziehung zur Frau T sei auszuführen, dass er dieses Verhältnis zu einem Zeitpunkt eingegangen sei, als er wissentlich über keine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet verfügt habe und er sich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr im Bundesgebiet hätte aufhalten dürfen. Unter diesem Gesichtspunkt sei ein Eingriff in das Privatleben des Fremden, sofern man einen solchen annehme, jedenfalls als gerechtfertigt anzusehen.

Darüber hinaus habe ihm bei der Antragstellung klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender sei. Würde sich ein Fremder in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Der Fremde habe sich außerdem nach dem Abschluss des ersten Verfahrens wegen einer drohenden Abschiebung dem Zugriff der Behörden entzogen und sei für etwa ein Jahr und vier Monate untergetaucht.

Dazu muss ergänzend angeführt werden, dass er in dringendem Tatverdacht stehe, gerichtlich strafbare Handlungen gesetzt zu haben. Auch dies sei ein Indiz dafür, dass er an der österreichischen Rechtsordnung und an einem friedlichen Zusammenleben in Österreich keinerlei Interesse habe. Das mehrjährige Einreiseverbot aus Italien stelle ein zusätzliches Indiz dafür dar, dass er dort strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren lägen keine Hinweise für eine Integration bzw. Verfestigung des Fremden in Österreich vor. Er habe lediglich behauptet, einen Deutschkurs besucht zu haben.

Im Rahmen einer umfassenden Interessensabwägung sei daher festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dem privaten Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland des Fremden in Verbindung mit seinem Vorbringen könne davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung, wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, drohe.

Auf die Fragen, ob er mit dieser Entscheidung einverstanden sei und er gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhebe wolle, erklärte der Fremde, er sei mit ihr nicht einverstanden und er erhebe Beschwerde. Zur Begründung verweise er auf sein Vorbringen von heute.

Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass diese Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte und die Verwaltungsakten unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt würden und dies als Beschwerde gelte. Dem Fremden stehe es frei, die Beschwerde jederzeit zu ergänzen. Die Verwaltungsakten würden auch aufgrund der von ihm erhobenen und protokollierten Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

9. Mit dem am 07.09.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangten Schreiben vom 05.09.2018 übermittelte das Bundesamt seine den Fremden betreffenden Akten und wies auf die gegen die ergangene Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG erhobene Beschwerde und darauf hin, dass sich der Fremde in Schubhaft befinde.

Am selben Tag bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (per E-Mail) dem Bundesamt, dass die Verwaltungsakte in der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt sind.

10.1. Der Verwaltungsgerichtshof stellte an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die gesetzliche Bestimmung des § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013, als verfassungswidrig aufzuheben, und mehrere Eventualanträge.

10.2. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 10.09.2018, I401 2205122-1/3Z, ebenfalls einen Antrag auf Aufhebung der zuvor zitierten Bestimmungen.

10.3. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25, u.a., wurde der (Haupt-) Antrag abgewiesen bzw. in Bezug auf die Eventualanträge zurückgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.

Zu Spruchpunkt A):

1. Feststellungen:

Der volljährige Fremde ist algerischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger. Seine Identität steht fest. Er ist ledig.

Er geht keiner Erwerbstätigkeit nach und bezieht keinen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Er hat einen Deutschkurs besucht, konnte jedoch keine Teilnahmebestätigung vorlegen.

In Österreich hat der Fremde keine Verwandten. Er führt eine Beziehung mit Frau T.

Der Fremde stellte am 06.11.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 01.06.2015 entschied die belangten Behörde über diesen Antrag negativ und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Der Fremde ist strafrechtlich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Fremde in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.

Der Fremde weist kein schützenswertes Privat- oder Familienleben, keine Einkünfte und keine Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts im Bundesgebiet auf. Er leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ist arbeitsfähig.

Wie aus den umfangreichen, vom Bundesasylamt in dem Vorverfahren sowie im gegenständlichen Verfahren getroffenen aktuellen Länderfeststellungen zu Algerien hervorgeht, liegt für den Fremden bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung der Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nicht vor, auch ist der Herkunftsstaat weder in einen internationalen noch innerstaatlichen Konflikt verwickelt und ist für den Fremden als Zivilperson im Fall einer Rückkehr keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes zu erwarten. Ebenso wird er im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Im Verfahren des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Folgeantrag sowie in jenem vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die diesen Feststellungen zur Lage in Algerien entgegenstünden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie in den zu überprüfenden Bescheid Beweis erhoben.

Die Feststellungen zur Person, der Herkunft, zum Gesundheitszustand sowie zu den Lebensumständen des Fremden gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor dem Bundesamt.

Die von dem Fremden angegebene Beziehung zu Frau T kann nicht als schützenwertes Familienleben gewertet werden. Dies insbesondere deswegen, da die Beziehung zu einem Zeitpunkt entstand, in welche sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Der Fremde verfügt daher in Österreich über keine maßgeblichen privaten- oder familiären Beziehungen.

Die Identität des Fremden steht aufgrund des vorliegenden Heimreisezertifikats, ausgestellt am 22.03.2018 durch die algerische Botschaft in Wien, fest.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit leitet sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug der Republik Österreich ab.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Fremden wurden dem "Länderinformationsblatt" zu Algerien entnommen. Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie zB der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Länderfeststellungen, welche der Entscheidung belangten Behörde zugrunde gelegt wurden, zeigen keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien gegenüber der Zeit der vorangehenden Entscheidung des Bundesamtes vom 01.06.2015.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. § 12a Abs. 1 und 2 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Der § 22 Abs. 10 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

3.1.2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.1.3. Voranzustellen ist, dass der Fremde einen weiteren Asyl- bzw. einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005.

Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüber hinaus gehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Gegenständlich besteht gegen den Fremden auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides des Bundesamtes vom 01.06.2015 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005. Mit dieser Entscheidung wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz bzw. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, sodass feststeht, dass ihm in Algerien keine asylrelevante Verfolgung droht.

Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist nicht eingetreten. Das Vorbringen des Fremden im gegenständlichen Verfahren war ihm bereits zum Zeitpunkt der Stellung seines ersten Antrages auf internationalen Schutz bekannt. Es ergeben sich aus dem nunmehrigen Vorbringen kein gegenüber den Vorfahren geänderter Sachverhalt im Sinne neuer zu beachtender Fluchtgründe. Auch die Situation in Algerien hat sich seit den vorangegangenen Entscheidungen nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Fremden.

Im vorangegangenen Verfahren hat das Bundesamt bereits ausgesprochen, dass der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). In der Begründung des Bescheides des Bundesamtes wird ausgeführt, dass der Fremde keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.

Auch gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde an keiner schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die es nahelegen würden, dass, bezogen auf den Fremden, ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Der Fremde führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und weist auch sein Privatleben erkennbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Der neuerliche Antrag bzw. Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 17.08.2018 wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig war.

Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende ohne Durchführung einer Verhandlung zu treffende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erledigen.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
Folgeantrag, Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real
risk

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2205122.1.01

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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