TE Bvwg Beschluss 2018/12/11 W178 2210840-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W178 2210840-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn XXXX, geboren am XXXX, StA Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 21.11.2018, Zl. 1178731906-180628900, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende

Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger, stellte am 12.01.2018 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) abgewiesen, im Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 AsylG 2005 abgewiesen, und im Spruchpunkt III. wurde kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG gewährt, ebenso wurde in Spruchpunkt IV gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V), die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI).

Das Fluchtvorbringen wurde als nicht asylrelevant gewertet, die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz verneint. Der Entscheidung war keine Einvernahme durch das BFA zugrunde gelegt worden, sie erging auf Basis der Ersteinvernahme auf der Polizeiinspektion Heiligenkreuz am 12.01.2018.

3. Der Bf hat nach seinen Angaben Österreich anfangs Februar 2018 Richtung Belgien verlassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des BFA befand er sich nicht mehr in Österreich (ZMR-Anfrage des BFA und Angaben des Bf im Verfahren über den Folgeantrag). Die Zustellung erfolgte durch Hinterlegung ohne vorherigen Zustellversuch.

4. Der Bf wurde am 03.07.2018 aus Belgien nach Österreich als zuständigem Staat überstellt; in diesem Zusammenhang stellte er am 03.07.2018 einen neuerlichen Asylantrag. Er gibt dabei an, dass er im Rahmen der Einvernahme keine Gelegenheit hatte, seine Fluchtgründe darzulegen.

Der Bf wurde vor dem BFA am 02.08.2018 und am 20.08.2018 einvernommen. Er hat Unterlagen vorgelegt.

5. Mit Bescheid vom 21.11.2018 wurde seitens des BFA entschieden, dass der Antrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache hinsichtlich des Status des Asylberechtigten zurückgewiesen werde (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und nach § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.), mit Spruchpunkt VI wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise stehe.

Zur Begründung wurde angeführt, dass weder im Sachverhalt noch in den Rechtsgrundlagen eine wesentliche Änderung eingetreten ist, sodass die Rechtkraft des Bescheides vom 13.02.2018 zu einer Zurückweisung des Antrages sowohl hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl als auch von subsidiärem Schutz führen muss.

6. Dagegen wurde Beschwerde an das BVwG eingebracht. In der Begründung wird auf die Frage der entschiedenen Sache nicht eingegangen. Auf die die Gründe, warum das Vorliegen einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 behauptet wird, wird in der Beschwerde eingegangen.

7. Am 07.12.2018 legte das BFA die Beschwerde samt Akt vor.

8. Am 07.12.2018 erging seitens des BVwG eine Verständigung nach § 16 Abs 4 BFA-VG an das BFA.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Bescheid des BFA über den Erstantrag vom 13.02.2018 wurde rechtswirksam durch Hinterlegung ohne vorherigen Zustellversuch zugestellt, weil der Bf im laufenden Asylverfahren aus Österreich ausgereist ist und keine gültige Abgabestelle mehr hatte. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Die Ablehnung stützt sich auf das Vorbringen in der Ersteinvernahme, dass der Bf nur vorgebracht habe, Sprachen lernen zu wollen, was nicht asylrelevant sei. Die Möglichkeit, die Gefährdungslage umfassend darzustellen, habe er nicht ergriffen. Er sei arbeitsfähig. Es wurden als Grundlage der Entscheidung die Länderfeststellungen im Informationsblatt der Staatendokumentation (letzte Aktualisierung mit 30.01.2018) herangezogen. Bei der Feststellung zur Person, er stamme aus Pakistan, handelt es sich um einen offensichtlichen Irrtum.

Der Bf hat sich in Belgien aufgehalten; der Bf wurde seitens der belgischen Behörden am 03.07.2018 zuständigkeitshalber nach Österreich überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt des BFA zum Antrag vom 12.01.2018 und zum Folgeantrag vom 03.07.2018, einschließlich der Einvernahmen vor dem BFA im Folgeverfahren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 16 Abs. 2 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung die aufschiebende Wirkung nicht zu, mit der

1. ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist,

2. ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht oder

3. eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird,

sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.

Nach Abs. 4 leg.cit. kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde, oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wurde, die aufschiebende Wirkung nicht zu, ist diese durchsetzbar. Mit der Durchführung der mit einer solchen Entscheidung verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der die bereits bestehende Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage, zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

Abs.5: Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag begründet kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. § 58 Abs. 13 AsylG 2005 gilt.

Abs.6: Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 2 bis 4 nicht anwendbar.

§ 17 BFA-VG

(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

§ 24 AsylG:

(1) Ein Asylwerber entzieht sich dem Asylverfahren, wenn

1. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, §§ 15 oder 15a weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist oder

2. er das Bundesgebiet freiwillig verlässt, und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§ 25 Abs. 1) oder

3. er trotz Aufforderung zu den ihm vom Bundesamt im Zulassungsverfahren gesetzten Terminen nicht kommt.

(2) Asylverfahren sind einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesamt einzustellen, ist nach § 34 Abs. 4 BFA-VG vorzugehen.

(2a) Bei freiwilliger Abreise des Fremden in den Herkunftsstaat ist das Asylverfahren mit seiner Ausreise einzustellen, es sei denn der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, wenn sich der Fremde nach Einstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG oder § 34 Abs. 1 VwGVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.

(3) Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest und hat sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen (Abs. 1), steht die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen.

2. Erwägungen zur Frage der aufschiebenden Wirkung

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich bei dieser um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

3. Im konkreten Fall:

Es ist hier nicht zu entscheiden, ob der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinne des § 24 Abs. 3 AsylG vor der Erlassung des Bescheides über den ersten Antrag auf internationalen Schutz hinreichend feststand.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 17 Abs. 1 BFA-VG nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer erstattet in der gegenständlichen Beschwerde wie auch schon im Verfahren vor dem BFA betreffend den Folgeantrag ein konkretes Vorbringen zu behaupteten realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder zu der Gefahr, dass seine Rückkehr nach Afghanistan für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" im Sinne der oben angeführten Darlegungen handelt, sodass schon aus diesem Grund die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.

Da somit für eine endgültige Beurteilung des Sachverhalts weitere Ermittlungen erforderlich sind, die nicht innerhalb einer Woche durchgeführt werden können, kann auf Grund der Aktenlage nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei Rückführung des Beschwerdeführers nach Afghanistan ausgeschlossen wäre.

Im vorliegenden Fall ist nicht auszuschließen, dass sich die wesentlichen Voraussetzungen in Bezug auf die Lage im Herkunftsland geändert haben und damit die Notwendigkeit, subsidiären Schutz zu gewähren bzw. die Zulässigkeit der Abschiebung neu zu prüfen sind.

Um diese Fragen zu entscheiden, sind weitere Erhebungen notwendig (vgl. oben unter 4.).

4.

Weiters ist bei der Beurteilung, ob aufschiebende Wirkung nach § 17 BFA-VG zu gewähren ist, auf das Urteil des EuGH vom 19.06.2018, Rs C-181/16, Gnandi, Bedacht zu nehmen:

Das Urteil bezieht sich auf die Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung während eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens gegen die Ablehnung eines Asylantrages:

Nach Auffassung des Gerichts ist insbesondere auch auf die Randnotizen 56 ff. des Urteils zu verweisen:

Rn 56: Dagegen muss der Rechtsbehelf gegen eine Rückkehrentscheidung im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2008/115 kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung haben, damit gegenüber dem betreffenden Drittstaatsangehörigen die Einhaltung der sich aus dem Grundsatz der Nichtzurückweisung und aus Art. 47 der Charta ergebenden Anforderungen gewährleistet ist, da der Drittstaatsangehörige durch diese Entscheidung tatsächlich der Gefahr einer Art. 18 der Charta in Verbindung mit Art. 33 der Genfer Konvention oder Art. 19 Abs. 2 der Charta widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Dezember 2014, Abdida, C-562/13, EU:C:2014:2453, Rn. 52 und 53, sowie vom 17. Dezember 2015, Tall, C-239/14, EU:C:2015:824, Rn. 57 und 58). Dies gilt erst recht bei einer etwaigen Abschiebungsentscheidung im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie.

Rn 57: Allerdings schreiben weder Art. 39 der Richtlinie 2005/85 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 noch Art. 47 der Charta im Licht der in Art. 18 und in Art. 19 Abs. 2 der Charta enthaltenen Garantien vor, dass es zwei Gerichtsinstanzen geben muss. Denn allein entscheidend ist, dass es einen Rechtsbehelf vor einem Gericht gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2011, Samba Diouf, C-69/10, EU:C:2011:524, Rn. 69).

Rn 58:. Folglich ist bei einer Rückkehrentscheidung und einer etwaigen Abschiebungsentscheidung der dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und dem Grundsatz der Nichtzurückweisung innewohnende Schutz dadurch zu gewährleisten, dass der Person, die internationalen Schutz beantragt hat, das Recht zuzuerkennen ist, vor mindestens einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat. Wird dieses Erfordernis strikt eingehalten, verstößt der bloße Umstand, dass der Aufenthalt des Betroffenen als im Sinne der Richtlinie 2008/115 illegal eingestuft wird, sobald sein Antrag auf internationalen Schutz in erster Instanz von der zuständigen Behörde abgelehnt wurde, so dass eine Rückkehrentscheidung gleich nach der Ablehnung des Antrags oder zusammen mit ihr in einer einzigen behördlichen Entscheidung ergehen kann, weder gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung noch gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf.

Nach dem Grundtenor des oben zitierten Urteils des EuGH ist dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, eine gerichtliche Instanz ("wirksamer Rechtsbehelf") anzurufen, sein Vorbringen zum Antrag auf internationalen Schutz vorzutragen und eine Entscheidung einschließlich dieses Vorbringens zu erwirken.

Auch wenn in der Richtlinie 2005/85/EG) in Art. 7 eine Ausnahme für die im Abs. 1 geregelte Berechtigung zum Verbleib im Mitgliedstaat während der Prüfung des Folgeantrages im Sinne des Art. 41 möglich ist,- vgl. dazu auch § 16 BFA-VG im österreichischen Recht-, so ist dieser Artikel im Lichte der Judikatur des EuGH zu interpretieren.

5. Im Ergebnis ist daher der Beschwerde aus den unter Punkten 3, 4 und 5 dargelegten Erwägungen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte zu dieser Frage gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2210840.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten