Entscheidungsdatum
19.10.2018Norm
AuslBG §3 Abs8Spruch
L517 2197388-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXXals Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 07.05.2018, XXXX beschlossen:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, n i c h t z u l ä s s i g.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
29.12.2017 - Antrag des XXXX Staatsangehörigkeit Türkei (in der Folge: beschwerdeführende Partei bzw. bP), auf Ausstellung einer Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG beim AMS XXXX (in der Folge: belangte Behörde bzw. bB)
04.01.2018 - Aufforderung der bB zur Beibringung eines gültigen Aufenthaltstitels in Form einer Aufenthaltskarte
13.03.2018 - Texteintrag der bB: bei der bP läuft ein fremdenpolizeiliches Verfahren
07.05.2018 - Texteintrag der bB: fremdenpolizeiliches Verfahren noch nicht abgeschlossen, daher Antrag auf AHK nicht möglich / Bescheid der bB: Abweisung des Antrages
24.05.2018 - Beschwerde der bP
05.06.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG
18.07.2018 - Vorlage der Aufenthaltskarte der bP, ausgestellt am 03.07.2018, gültig bis 03.07.2023
23.08.2018 - AV der bB: bP zieht Ansuchens zurück (eingelangt beim BVwG am 17.09.2018)
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Am 29.12.2017 stellte die bP, deren Ehegattin rumänische Staatsbürgerin ist, den Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung gem. § 3 Abs. 8 AuslBG.
Mit Bescheid der bB vom 07.05.2018 wurde der Antrag der bP abgewiesen, da keine Unterlagen bezüglich des rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich vorgelegt wurden.
Dagegen erhob die bP Beschwerde und führte aus, dass ihr Antrag über ihren Aufenthalt in Österreich in Arbeit sei, die Ehegattin und die Kinder hätten schon eine Anmeldebescheinigung bekommen.
Nach Vorlage der Aufenthaltskarte der bP, ausgestellt am 03.07.2018, gültig bis 03.07.2023, erfolgte im Telefonat der bB mit der bP am 23.08.2018 deren Zurückziehung des verfahrensgegenständlichen Antrages. Die mündliche Zurückziehung des Antrages ist im Aktenvermerk der bB vom selben Tag dokumentiert.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
Die mündliche Zurückziehung - im Aktenvermerk der bB vom 23.08.2018 dokumentiert - ist eindeutig formuliert und lässt keine Zweifel am Willen der bP, den Antrag zurückzuziehen.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
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Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF
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Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr. 218/1975 idgF
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Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
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Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 2.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
2.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gemäß § 20g Abs. 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Nach Ansicht des Gerichtes liegt zwar die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor. Eine Senatszuständigkeit, wie sie im § 20g Abs. 1 AuslBG normiert ist, wird dadurch aber nicht begründet. Dies ergibt sich u.a. aus § 28 iVm § 31 VwGVG in Zusammenschau mit der zitierten Bestimmung des AuslBG. Laut § 20g AuslBG liegt eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice vor. Im gegenständlichen Fall bedarf es aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung. Schlussfolgernd liegt keine Zuständigkeit für einen Senat iSd § 20g AuslBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 2.1. im Generellen und die unter Pkt. 2.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
2.3. Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Zl. Fr. 2014/20/0047).
§ 13 Abs. 7 AVG enthält (seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) die ausdrückliche Vorschrift, dass ein Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden kann. Der Gesetzgeber wollte § 13 Abs 7 AVG nach dem Vorbild des § 237 ZPO einführen (so die RV 1167 BlgNR, XX GP, 26). Zu dieser Bestimmung entspricht es einhelliger Ansicht, dass die Rechtsfolgen des § 237 Abs 3 ZPO (insbesondere also, dass die Klage als nicht angebracht anzusehen ist) automatisch mit dem Zugang der Erklärung des Klägers an das Gericht eintreten, sodass einem die Prozessbeendigung aussprechenden Beschluss nur deklarative Bedeutung zukommt (Hinweis E 21. Oktober 2005, 2002/12/0294). Auch nach der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 13 Abs 7 AVG bewirkte eine Antragsrückziehung das Ende des Verfahrens, ohne dass es einer behördlichen Entscheidung bedurfte (vgl E 29. März 2001, 2000/20/0473). Die Zurückziehung eines Antrags zieht daher - wenn sie dem Vorbild des § 237 ZPO vergleichbare Rechtswirkungen haben sollte - keinen weiteren, über die formlose Einstellung des Verfahrens hinausgehenden Akt der Behörde nach sich. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Behörde, die in der Sache zu entscheiden hat, über den verfahrensauslösenden Antrag noch keinen Bescheid erlassen hat. Ist ein Bescheid erlassen, wurde er also einer der Verfahrensparteien gegenüber rechtswirksam zugestellt, treten aber bereits Bescheidwirkungen ein, die nur durch die rechtzeitige Erhebung eines zulässigen Rechtsmittels wieder beseitigt werden können. Ist dies nicht der Fall, erhebt also keine der Verfahrensparteien ein Rechtsmittel, so werden diese Bescheidwirkungen nicht sistiert und eine Antragsrückziehung nach Erlassung eines Bescheids erweist sich als unzulässig (VwGH 25.07.2013, 3013/07/0099).
Bei den Rechtskraftwirkungen von Bescheiden wird zwischen der formellen und der materiellen Rechtskraft unterschieden. Versteht man unter formeller Rechtskraft, dass ein Bescheid durch die Parteien nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann, so bezieht sich der Begriff der materiellen Rechtskraft auf die mit dem Bescheid verbundene Bindungswirkung für die Behörden und für die Parteien. Mit der materiellen Rechtskraft wird die Unabänderlichkeit (Unwiderrufbarkeit) des Bescheids verbunden; der Bescheid kann demnach von der Behörde von Amts wegen nicht mehr abgeändert oder aufgehoben werden, soweit es nicht eine Ermächtigung zur Abänderung oder Aufhebung eines Bescheids gibt. Die Unabänderlichkeit tritt aber schon mit Erlassung des Bescheids - vor der formellen Rechtskraft - ein; der noch nicht formell rechtskräftigte Bescheid darf nur auf Grund eines ordentlichen Rechtsmittels einer Partei abgeändert oder aufgehoben werden. Ab Eintritt der formellen Rechtskraft darf ein Bescheid nur aufgehoben oder abgeändert werden, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist (VwGH 25.07.2013, 3013/07/0099).
Entscheidend für die Zulässigkeit der Zurückziehung ist allein, ob ein Antrag noch unerledigt ist und daher zurückgezogen werden kann. Mit der Erlassung eines Bescheids und den damit sofort einhergehenden Rechtswirkungen ist der Antrag als erledigt anzusehen. Nur dann, wenn die materielle Rechtskraft des Bescheids dadurch beseitigt wird, dass dagegen eine - zulässige und fristgerechte - Berufung erhoben wird, ist sowohl der verfahrenseinleitende Antrag als auch der Berufungsantrag offen. Beide Anträge können dann auch bis zur Erlassung des Berufungsbescheids zurückgezogen werden. Erfolgt die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags während offener Rechtsmittelfrist, jedoch ohne Erhebung eines Rechtsmittels, so erfolgt sie zu spät und zieht keine Rechtswirkungen mehr nach sich (VwGH 25.07.2013, 3013/07/0099).
Im gegenständlichen Fall wurde von der bP zulässig und fristgerecht gegen den Bescheid der bB vom 07.05.2018 mit Schreiben vom 24.05.2018 Beschwerde erhoben, die materielle Rechtskraft damit beseitigt. Der verfahrenseinleitende Antrag der bP vom 29.12.2017 war somit noch unerledigt und konnte daher zulässig durch die bP im Telefonat mit der bB am 23.08.2018, dokumentiert durch die bB mit Aktenvermerk vom selben Tag, zurückgezogen werden.
Aufgrund des Vorliegens dieser unmissverständlichen Erklärung der bP war das Beschwerdeverfahren spruchgemäß iSd § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
2.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In diesem Sinne ist die Revision nicht zulässig.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L517.2197388.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.02.2019