TE Bvwg Beschluss 2018/10/19 L517 2185208-1

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Veröffentlicht am 19.10.2018
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Entscheidungsdatum

19.10.2018

Norm

BBG §42
BBG §45
BBG §46
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2185208-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXX als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, XXXX vom 15.12.2017, XXXX beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 46 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

04.11.2015 - Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H.

21.08.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (im Folgenden: bP) auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" beim Sozialministeriumsservice, XXXX (im Folgenden: belangte Behörde, bB)

05.12.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

15.12.2017- Bescheid der bB, Abweisung des Antrages der bP

31.01.2018 - Beschwerde der bP

05.02.2018 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

16.08.2018 - Verspätungsvorhalt

21.08.2018 - Stellungnahme der bP

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen:

Die bP besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft, ist an der im Akt ersichtlichen oberösterreichischen Adresse wohnhaft und seit 04.11.2015 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H.

Aufgrund des am 21.08.2017 gestellten Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wurde am 05.12.2017 ein Sachverständigengutachten erstellt, welches die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel feststellte.

In der Folge wurde der Antrag der bP mit Bescheid vom 15.12.2017 abgewiesen. Dagegen erhob die bP per Mail vom 31.01.2018 Beschwerde.

Nach Beschwerdevorlage wurde die bP mit Schreiben des BVwG vom 16.08.2018 vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich die gegenständliche Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle, verständigt.

Der bP wurde eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme ab Zustellung des Schreibens gewährt. In ihrer Stellungnahme führte die bP aus, sie danke für die Bemühungen, ihre Beschwerde nach knapp 8 Monaten mit der Begründung abzulehnen, die Rechtsmittelfrist um 2 Tage überschritten zu haben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister und den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und die in den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Dies auch unter dem Aspekt, dass, um eine Entscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren treffen zu können, vorher vom Bundesverwaltungsgericht noch notwendige ergänzende Ermittlungen durch Einholung von weiteren Sachverständigengutachten vorzunehmen wären. Dementsprechend würde es das Verfahren iSd § 28 Abs. 2 VwGVG nicht beschleunigen und auch keine Kostenersparnis mit sich bringen. Die Behörde ist in diesem Fall an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gegenständliche Entscheidungsform stellt nach Ansicht des ho. Gerichtes ein verfahrensökonomisches Instrument, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche verfahrensbeschleunigende Wirkung dar, welches generell vorab durch die Behörde zu prüfen und einzelfallbezogen in Betracht zu ziehen wäre.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Nach Ansicht des Gerichtes liegt zwar die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor. Eine Senatszuständigkeit, wie sie im § 45 Abs. 3 BBG normiert ist, wird dadurch aber nicht begründet. Dies ergibt sich u.a. aus § 28 iVm § 31 VwGVG in Zusammenschau mit der zitierten Bestimmung des BBG. Laut § 45 Abs. 3 BBG liegt eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung vor. Im gegenständlichen Fall bedarf es aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung.

Schlussfolgernd liegt keine Zuständigkeit für einen Senat iSd § 45 Abs. 3 BBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.

3.3. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist, abweichend von den Vorschriften des VwGVG, sechs Wochen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24.00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN im Erkenntnis).

Der mit 15.12.2017 datierte Bescheid der bB wurde der bP, wie sie in ihrer Beschwerde anführte, am 18.12.2017 zugestellt.

Die sechswöchige Beschwerdefrist endete damit mit Ablauf des 29.01.2018. Die Beschwerde der bP wurde per Mail am 31.01.2018 eingebracht. Demnach ist die Beschwerde entsprechend der Aktenlage verspätet eingebracht worden.

Das ho. Gericht hat der bP diese Verspätung entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgehalten (siehe dazu VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050).

In ihrer Stellungnahme führte die bP lediglich an, dass ihre Beschwerde nach knapp 8 Monaten mit der Begründung, die Rechtsmittelfrist um 2 Tage überschritten zu haben, abgelehnt werde.

Ausgehend von der Aktenlage erweist sich daher die von der bP am 31.01.2018 eingebrachte Beschwerde - wie der bP im Verspätungsvorhalt mitgeteilt - als verspätet und ist daher zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Im vorliegenden Fall stand bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung iSd § 24 Abs 2 VwGVG entfallen konnte.

3.5. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 BVwGG iVm § 28 Ab. 3 VwGVG von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diesbezüglich liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes Gründe vor, insbesondere aufgrund der im

§ 19b Abs 1 BEinstG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen.

In diesem Sinne ist die Revision zulässig.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Revision zulässig, Verspätung, Zurückweisung,
Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L517.2185208.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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