TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/25 99/02/0049

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Veröffentlicht am 25.06.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des JL in M, vertreten durch Dr. Michael Mohn und Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwälte in Wien I, Zelinkagasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 17. Dezember 1998, Zl. Senat-BL-98-425, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Dezember 1998 war der Beschwerdeführer für schuldig befunden worden, er habe am 27. November 1996 von 16.30 bis 16.55 Uhr am Gendarmerieposten in M. die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, obwohl er dazu von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert worden sei und ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung davon aus, der Beschwerdeführer habe, nachdem er im Gemeindegebiet von G. angehalten und mit einem Krankenwagen zum Gendarmerieposten M. gebracht worden sei, die Durchführung der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt mit der Begründung verweigert, er wolle zuerst nach Hause gebracht werden, um sich waschen und ankleiden zu können. Dies sei ihm von den die Amtshandlung durchführenden Organen nicht gestattet und er darauf hingewiesen worden, daß sein Verhalten eine Verweigerung des Alkotests darstelle. Die einvernommenen Gendarmeriebeamten hätten übereinstimmend ausgeführt, daß der Beschwerdeführer entgegen seinem Vorbringen nicht kotbeschmutzt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zunächst Feststellungsmängel vor, weil sie nicht angegeben habe, ob er überhaupt zur Durchführung eines Alkoholtestes mittels Alkomat aufgefordert worden sei, macht aber andererseits geltend, ersucht zu haben, sich vor der Durchführung des Tests reinigen und umkleiden zu dürfen. Daß er tatsächlich zur Durchführung des Tests aufgefordert wurde, bestreitet er somit selbst nicht, weshalb ein seine Rechte verletzender Verstoß gegen das "Konkretisierungsgebot" nicht erblickt werden kann.

Soweit der Beschwerdeführer gelten macht, die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob er im Zeitpunkt seiner Anhaltung Alkoholisierungssymptome aufgewiesen habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß - entgegen seiner in der Beschwerde vertretenen Ansicht - § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organen der Straßenaufsicht die Berechtigung einräumt, jederzeit - somit auch ohne Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen - die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Angesichts dieser Rechtslage war die belangte Behörde - wie diese zutreffend erkannt hat - nicht gehalten zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß beim Beschwerdeführer tatsächlich Alkoholisierungssymptome vorlagen.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, wem gegenüber er die Verweigerung des Alkomattests ausgesprochen habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich im angefochtenen Bescheid die ausdrückliche Feststellung befindet, daß der Beschwerdeführer durch ChefInsp. M. zur Durchführung des Tests aufgefordert worden sei und in der Folge diese verweigert habe. Daraus ergibt sich, ohne daß es einer weiteren Feststellung bedürfte, daß der Beschwerdeführer jedenfalls gegenüber den einschreitenden Gendarmerieorganen zu erkennen gegeben hat, daß er den Test verweigere. Daß keiner der einschreitenden Gendarmeriebeamten für die Durchführung von Alkomattests besonders geschult und von der Behörde ermächtigt sei, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegt insoweit eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes nicht vor.

Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, daß einem zur Ablegung des Alkomattests Aufgeforderten grundsätzlich nicht das Recht zustehe, Bedingungen festzusetzen, unter denen dieser Test stattzufinden habe. Der Beschwerdeführer vermeint aber, ihm sei die Ablegung des Alkomattests zufolge der von ihm behaupteten - von den einschreitenden Sicherheitswacheorganen nicht wahrgenommenen - Beschmutzung ohne vorherige Säuberung und, ohne sich vorher umzukleiden, nicht zumutbar gewesen. Damit macht der Beschwerdeführer inhaltlich eine Notstandssituation geltend. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Von einem Notstand im Sinne dieser Gesetzesstelle kann nur dann gesprochen werden, wenn eine schwere, die Lebensmöglichkeiten unmittelbar bedrohende Gefahr vorliegt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S 793 zitierte Judikatur). Selbst das tatsächliche Vorliegen einer Verschmutzung der Kleidung bzw. des Probanden selbst kann nicht als eine solche Gefahr angesehen werden, sodaß es für den Beschwerdeführer nicht unzumutbar war, sich - auch ohne sich noch vorher noch nach Hause zu begeben und sich zu waschen und umzuziehen - der Untersuchung der Atemluft auf Alkohol zu unterziehen. Demgemäß stellt aber die vom Beschwerdeführer festgelegte Bedingung, erst nach dem Säubern und Umkleiden zu Hause an einem Alkomattest mitzuwirken, die Verweigerung der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt dar.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er nicht alkoholisiert gewesen sei, was durch Zeugenaussagen hätte belegt werden können, gelingt es ihm mit dieser Argumentation nicht, den Tatvorwurf zu entkräften. So liegt - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - die Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 bereits dann vor, wenn der zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt Aufgeforderte lediglich im Verdacht steht, ein Kraftfahrzeug im alkoholisierten Zustand gelenkt zu haben. Darauf, ob im weiteren Verfahren der Nachweis erbracht wird, daß ein Beschuldigter nicht alkoholisiert war, kommt es nicht an, weil das Delikt bereits mit der Verweigerung der Vornahme der Alkomatuntersuchung vollendet ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Mai 1987, Zl. 87/02/0049, vom 23. Februar 1996, Zl. 95/02/0567, vom 28. Februar 1997, Zl. 95/02/0348 und vom 16. April 1999, Zl. 99/02/0079). In der Unterlassung der Einvernahme der vom Beschwerdeführer angegebenen Zeugen ist somit kein Verfahrensmangel begründet.

Ebensowenig gelingt es dem Beschwerdeführer durch den Hinweis auf geringfügige Unterschiedlichkeiten der Angaben im Verwaltungsakt über den Zeitpunkt bzw. die Dauer der der Bestrafung zugrunde liegenden Amtshandlungen einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil diese Unterschiedlichkeiten nicht so bedeutend sind, daß der Beschwerdeführer etwa nicht in der Lage gewesen wäre, auf den Tatvorwurf bezogen konkrete Beweise anzubieten, oder daß er Gefahr laufen würde, wegen dieser Tat nochmals rechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die in Hauer/Leukauf, aaO, S 976 wiedergegebene hg. Judikatur).

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Im Hinblick auf das Vorliegen des gegenständlichen Erkenntnisses erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999020049.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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