TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/21 I420 2207289-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2018
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Entscheidungsdatum

21.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I420 2207289-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch das XXXX als Kinder- und Jugendhilfeträger, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft XXXX und diese vertreten durch das Diakoniewerk XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.08.2018, Zl. 1171368706-171180955, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dieser ersatzlos behoben. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG) beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger Nigerias, stellte am 17.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erklärte er, Nigeria in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa verlassen zu haben. Er habe in Nigeria keinen Platz, sein Stiefvater wolle ihn nicht bei seiner Familie haben.

Mit medizinischem Sachverständigengutachten von XXXX, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 06.12.2017 eingelangt, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Asylantrages mindestens 16,06 Jahre alt gewesen sei und das spätmöglichste fiktive Geburtsdatum der XXXX sei. Das von ihm angegebene Alter stimme folglich nicht mit den gerichtsmedizinischen Befunden überein.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 39 Abs. 2 AVG sowie § 7 VwGVG vom 13.12.2017 wurde als Geburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX festgesetzt und ihm die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum festgestellten Geburtsdatum einzubringen, gewährt.

Am 18.06.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das BFA unter Heranziehung eines Dolmetschers für die Sprache Englisch einvernommen. Der Beschwerdeführer erklärte, dass er Nigeria verlassen habe, da er seit seiner Geburt Probleme mit seinem Stiefvater gehabt habe, welcher ihn nicht akzeptieren habe wollen. Er sei von seinem Stiefvater regelmäßig geschlagen worden, habe nach der Schule oft kein Essen bekommen und habe Aufgaben erledigen müssen, für die er zu jung gewesen sei. Es sei alles zu viel Druck für ihn gewesen.

Mit Bescheid des BFA vom 16.08.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag wurde gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Der Bescheid wurde am 23.08.2018 zugestellt und wurde dagegen am 18.09.2018 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch das Diakoniewerk XXXX vorgelegt. Der Bescheid wurde seinem vollen Umfang nach angefochten. Es wurde angemerkt, dass die Seiten 59 bis 63 des angefochtenen Bescheids keinen Bezug zum gegenständlichen Verfahren aufweisen würden. Außerdem wurde angeführt, dass es das BFA unterlassen habe betreffend einer angeblichen Relokationsmöglichkeit eine individuelle Einzelfallprüfung vorzunehmen. Schließlich würden auch genaue Feststellungen betreffend einer möglichen Unterstützung durch Angehörige fehlen und handle es sich bei den diesbezüglichen Feststellungen des BFA lediglich um Mutmaßungen. Auch verfüge der minderjährige Beschwerdeführer über keine Berufsausbildung, habe keinen gesicherten Zugang zu Unterkunft und Versorgung und würde Gefahr laufen auf der Straße leben zu müssen, weswegen er zur sozialen Gruppe der Straßenkinder zähle.

Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst erkennen, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde zur Gänze beheben, den Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.10.2017 stattgeben und ihm den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuerkennen; in eventu den minderjährigen Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria zuerkennen und die Spruchpunkte III. bis VII. aufheben, in eventu feststellen, dass eine erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm. § 9 BFA-VG unzulässig ist und daher feststellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 1 AsylG vorliegen und dem minderjährigen Beschwerdeführer daher gemäß § 58 Abs. 2 AsylG einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen ist; in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze beheben und zur Durchführung eines erneuten Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen;

jedenfalls wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen sieben Tagen zu erkennen;

jedenfalls zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens eine mündliche Verhandlung durchführen;

jedenfalls einen landeskundigen Sachverständigen und einen Sachverständigen aus den Fachgebieten der Kinder- und Jugendpsychiatrie beauftragen, die sich mit den spezifischen vom minderjährigen Beschwerdeführer vorgebrachten Punkten befassen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.10.2018 vorgelegt.

Am 13.10.2018 zeigte der Betreuer des Wohnhauses des Beschwerdeführers dessen Abgängigkeit polizeilich an. Am 22.10.2018 wurde von SIRENE Deutschland mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 20.10.2018 in Frankfurt am Main von der Bundespolizeiinspektion II (Flughafen Frankfurt/Main) einer Personenkontrolle unterzogen worden sei. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer behördlich abgemeldet.

Am 13.11.2018 stellte der Beschwerdeführer in der Polizeiinspektion Bahnhof Salzburg unter einem falschen Datensatz einen neuen Antrag auf internationalen Schutz, welcher storniert wurde, da betreffend seine Person bereits ein Asylverfahren im Laufen ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der minderjährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria, gehört zur Volksgruppe der Edo und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig. Der Beschwerde wurde zwar ein Empfehlungsschreiben einer Psychologin des Diakoniewerks beigeschlossen, wonach der Beschwerdeführer in jüngster Vergangenheit an paranoiden bis wahnhaften Symptomen leiden würde, allerdings wurden diesbezüglich keine entsprechenden medizinischen Befunde vorgelegt. Der Beschwerdeführer befindet sich weder in ärztlicher noch in medikamentöser Behandlung. Zudem wurde in der ärztlichen Empfehlung angeführt, dass betreffend den Beschwerdeführer keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen würde. Selbst wenn es tatsächlich zu einer Verschlechterung seines psychischen Zustandes kommen sollte, würden ihm entsprechende Behandlungsmöglichkeiten in Nigeria zur Verfügung stehen.

Der Beschwerdeführer hält sich seit (mindestens) 17.10.2017 in Österreich auf, reiste jedoch im Juni und im Oktober 2018 jeweils für kurze Zeit nach Deutschland aus.

Es leben noch Angehörige des Beschwerdeführers in Nigeria, unter anderem seine Mutter und drei Tanten. Zur Mutter besteht regelmäßiger Kontakt.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte in Nigeria die Schule und war in der Landwirtschaft tätig.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich, abgesehen vom Besuch eines Deutschkurses, keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er geht in Österreich auch keiner Beschäftigung nach.

Der Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer brachte zusammengefasst im gegenständlichen Verfahren vor, aus Nigeria geflüchtet zu sein, da er Probleme mit seinem Stiefvater gehabt habe und von diesem auch geschlagen worden sei. Dieses Vorbringen wird, ohne dessen Glaubwürdigkeit abschließend geprüft und beurteilt zu haben, dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegt.

Dieses Vorbringen ist nicht asylrelevant, wie in der rechtlichen Würdigung gezeigt werden wird, da sich der Beschwerdeführer an die Behörden wenden bzw. sich seinem Stiefvater durch einen Umzug an einen Ort innerhalb Nigerias entziehen könnte. Im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria besteht auch keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer einer sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur Situation in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 16.08.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Laut dem Gesundheitsministerium gibt es weniger als 150 Psychiater in Nigeria. Insgesamt gibt es in Nigeria acht psychiatrische Krankenhäuser, die von der Regierung geführt und finanziert werden. Sechs weitere psychiatrische Kliniken werden von Bundesstaaten unterhalten. In diesen psychiatrischen Kliniken werden unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie und Psychosen behandelt. Es existiert kein mit deutschen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau, in denen Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht werden, aber nicht adäquat behandelt werden können. Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker nigerianischer Staatsangehöriger an, die abgeschoben werden sollen. Die Kosten für den Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist dort auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Im vorliegenden Fall ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu beachten, dass es sich beim Beschwerdeführer zum Antragszeitpunkt und bei den Einvernahmen im Asylverfahren um einen Minderjährigen gehandelt hat. Die vorgebrachte Fluchtgeschichte und allfällige Widersprüche und Ungereimtheiten sind daher unter diesem Aspekt zu würdigen.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Aufgrund eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 06.12.2017 steht fest, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Asylantragstellung ein Mindestalter von 16,06 Jahren erreicht hatte und somit noch minderjährig ist. Das spätmöglichste fiktive Geburtsdatum wurde mit XXXX festgelegt. Das vom Beschwerdeführer bei der Erstbefragung angegebene Geburtsdatum - XXXX - stimmte folglich nicht mit den gerichtsmedizinischen Befunden überein.

Die Feststellung betreffend die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA - "Mir geht es gut. Ich bin gesund. Ich nehme auch keine Medikamente." (AS 282) sowie aus dem Empfehlungsschreiben einer Psychologin des Diakoniewerks vom 13.09.2018 und der Tatsache, dass bis dato keine entsprechenden medizinischen Befunde vorgelegt wurden.

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen, aus einem Auszug aus dem Zentralem Melderegisters vom 21.11.2018 sowie dem Schreiben von SIRENE Österreich vom 22.10.2018 und dem Schreiben der LPD Salzburg vom 14.11.2018.

Die Feststellungen zur Ausbildung, zur Berufserfahrung und zur Familie des Beschwerdeführers in Nigeria ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse, die Lebensumstände und die Integration des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA und den vorgelegten Dokumenten.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 21.11.2018.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hatte, auf das Wesentlichste zusammengefasst, vorgebracht, dass er in Nigeria mit seinem Stiefvater Probleme gehabt habe, geschlagen worden sei und teilweise nichts zu essen bekommen habe.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die vage und unstrukturierte Schilderung des Geschehens der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers geschuldet ist, wäre damit für den Ausgang des Verfahren nichts gewonnen. Denn wenn man dieses Vorbringen als wahrunterstellt, würde es sich jedoch um eine Verfolgung durch Privatpersonen handeln. Dieser hätte der Beschwerdeführer durch Inanspruchnahme von Schutz seitens der staatlichen Behörden begegnen können.

In der rechtlichen Würdigung wird dargelegt werden, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers folglich nicht geeignet ist, eine asylrelevante Verfolgung aufzuzeigen. Eine weitergehende Auseinandersetzung mit der Frage der Glaubwürdigkeit des Vorbringens kann daher unterbleiben. Nachdem das Vorbringen - wie zu zeigen sein wird - von vornherein nicht geeignet ist, einen Rechtsanspruch auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten zu begründen, stellt sich die Frage nicht mehr, ob das sachverhaltsbezogene Vorbringen den Tatsachen entspricht, sondern wird das Vorbringen des Beschwerdeführers gegenständlicher Entscheidung zugrunde gelegt.

Unter der theoretischen Annahme, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, nämlich dass er von seinem Stiefvater verfolgt werde, real wäre, müsste das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch wegen des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative verneint werden. Es steht dem Beschwerdeführer frei, sich an einem anderen Ort in Nigeria niederzulassen und wird dies von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes auch für zumutbar gehalten. Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig, leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit, verfügt über eine Schulbildung sowie Berufserfahrung und sollte im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Außerdem leben in Nigeria noch seine Mutter sowie seine Tanten samt Familien und könnte er gegebenenfalls auch auf deren Unterstützung zurückgreifen.

Das BFA hatte auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, unter Hinweis darauf, dass für den Beschwerdeführer keine besondere Gefährdungssituation bestehe und er bei einer Rückkehr nicht in eine aussichtslose Situation geraten würde. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen des BFA zu den Voraussetzungen für den Status des subsidiär Schutzberechtigten an. Es ist letztlich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten würde, zumal er arbeitsfähig ist und - wie oben angeführt - in der Lage sein sollte, sich eine neue Existenz aufzubauen. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

In der Beschwerde wurde darauf hingewiesen, dass die Seiten 59 bis 63 im angefochtenen Bescheid keinen Bezug zum gegenständlichen Verfahren haben und es sich um die beweiswürdigenden Erwägungen betreffend eines Asylwerbers aus Gambia handeln würde; dieser offensichtliche Kopierfehler ändert aber nichts daran, dass die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid insgesamt umfassend und ausgewogen erfolgte.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Trotz der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

Zum Antrag des Beschwerdeführers, ein kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten einzuholen und einen landeskundigen Sachverständigen - zum Beweis einer existenzbedrohenden Situation des Beschwerdeführers in Nigeria wegen einer psychischen Störung - zu beauftragen, ist auszuführen, dass derartige Schritte nicht erforderlich waren, zumal der Sachverhalt aufgrund der obigen Ausführungen als geklärt anzusehen ist. Es wurden keine medizinischen Befunde vorgelegt und den auf Basis seriöser Quellen und deren plausiblen Aussagen getroffenen Länderfeststellungen wurde nicht substantiiert entgegengetreten. Sofern in der Beschwerde auf die Stigmatisierung psychisch Erkrankter in Nigeria eingegangen wird, wird nochmals darauf hingewiesen, dass betreffend den Beschwerdeführer keine entsprechenden ärztlichen Befunde vorgelegt wurden. Von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation des Beschwerdeführers unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, war daher nicht auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention Verfolgung droht. Selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung wäre sein Vorbringen - Probleme mit seinem Stiefvater gehabt zu haben - allerdings nicht asylrelevant, wie im Folgenden gezeigt wird:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann aber nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN).

Gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie), die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts mit zu berücksichtigen ist, muss der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden wirksam sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn etwa der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat. Bei Prüfung (u.a.) dieser Frage berücksichtigen die Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers.

Die Statusrichtlinie sieht daher einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vg. zum Ganzen VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer keine fallbezogenen Umstände aufgezeigt, die im gegenständlichen Fall gegen eine Schutzfähigkeit und -willigkeit der nigerianischen Behörden spezifisch ihm gegenüber sprechen würden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch zu entnehmen, dass er sich hinsichtlich der von ihm behaupteten Verfolgung durch seinen Stiefvater überhaupt nicht an die Sicherheitsbehörden gewendet hatte (AS 286). Anstatt also sofort das Land zu verlassen, wäre es daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, die staatlichen Behörden um ihren Schutz und ihre Hilfeleistung zu ersuchen.

Dem Beschwerdeführer ist es damit im Ergebnis nicht gelungen, substantiiert darzulegen, dass ihm der nigerianische Staat keinen wirksamen Schutz vor der von ihm behaupteten Verfolgung gewähren würde.

Außerdem besteht in Nigeria - selbst bei Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung in einem Teil des Landes - grundsätzlich in anderen Teilen des Landes eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG, die im Allgemeinen auch zumutbar ist (zu diesem Erfordernis vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.03.2011, 2008/01/0047); im Besonderen wäre es vor allem dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, innerhalb Nigerias Schutz vor der von ihm behaupteten Gefahr zu suchen, da es sich bei ihm um einen arbeitsfähigen und jungen Mann handelt, dem ein Ortswechsel ohne weiteres möglich gewesen wäre. In Nigeria gibt es auch keine Einschränkungen der Reisefreiheit, so dass es ihm auch möglich gewesen wäre, sich an einem Ort außerhalb seines Dorfes, beispielsweise in einer größeren Stadt, niederzulassen.

Im gegenständlichen Fall sind daher die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund, nicht gegeben. Daher ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und der Ausspruch in Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 leg. cit. sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht. Diese würde dem Beschwerdeführer, wie bereits dargelegt, wenn man sein Vorbringen als "wahr unterstellt", offenstehen.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage in Nigeria (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Es kann auf Basis der Länderfeststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass generell jeder im Falle einer Rückkehr nach Nigeria mit existentiellen Nöten konfrontiert ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 21.08.2001, 200/01/0443 und zuletzt VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19-0036-5).

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgel

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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