TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/3 W177 1423783-2

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W177 1423782-2/18E

W177 1423783-2/13E

W177 1423784-2/13E

W177 1425469-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Volker NOWAK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , XXXX , geb. am XXXX , XXXX , geb. am XXXX und XXXX , geb. am XXXX , alle StA. Afghanistan, alle vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 07.04.2016, XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.03.2018 zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , XXXX , XXXX und XXXX

gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 und 4 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX , XXXX , XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Erstbeschwerdeführerin, der minderjährige Zweitbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, afghanische Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Pashtunen, reisten gemeinsam mit dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 11.05.2011 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 16.12.2011 wurden die Anträge der Erst- und Drittbeschwerdeführerin sowie des Zweitbeschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und die Erst- und Drittbeschwerdeführerin sowie der Zweitbeschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

I.3. Der Fünftbeschwerdeführer wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren und stellte am 27.02.2012, vertreten durch seinen Vater, einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid vom 02.03.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Viertbeschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

I.4. Über die gegen die oben dargestellten Bescheide erhobenen Beschwerden entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 30.06.2014, behob die Bescheide und verwies die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.

I.5. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 07.04.2016, zugestellt am 15.04.2016, wies die belangte Behörde die Anträge der Erst- und Drittbeschwerdeführerin sowie des Zweit- und Viertbeschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) ab, erkannte der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 AsylG sowie dem Zweit- und Viertbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen eine bis 07.04.2017 befristete Aufenthaltsberechtigung.

I.6. Gegen Spruchpunkt I der oben dargestellten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2016 richten sich die am 06.05.2016 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin, XXXX , geboren am XXXX , ist seit XXXX mit XXXX , geboren am XXXX , verheiratet. Die Hochzeit fand im Herkunftsstaat statt.

XXXX , XXXX , geb. am XXXX , XXXX , geb. am XXXX und XXXX , geb. am

XXXX sind ihre gemeinsamen minderjährigen Kinder.

Dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweit- und Viertbeschwerdeführers sowie der Drittbeschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zur Geschäftszahl W177 1423781-2 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status ist nicht anhängig.

Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer, ihre Staatsangehörigkeit sowie ihren Verwandtschaftsverhältnissen ergeben sich aus den von ihnen vorgelegten Dokumenten, wobei auszuführen ist, dass auch die belangte Behörde keine Zweifel an deren Echtheit und Richtigkeit hegte. Das Datum der Eheschließung ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus dem Strafregister, in das das Bundesverwaltungsgericht Einsicht genommen hat. Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Zweit- und Viertbeschwerdeführers sowie der Drittbeschwerdeführerin ergibt sich aus deren Strafunmündigkeit.

Die Feststellung dazu, dass ein Aberkennungsverfahren gegen den Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweit- und Viertbeschwerdeführers sowie der Drittbeschwerdeführerin nicht eingeleitet wurde, ergibt sich daraus, dass ein solches Verfahren nicht aktenkundig ist.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde

Gemäß § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG sind Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist unter anderem Familienangehöriger, wer Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat.

Nach der Rechtsprechung des VwGH besteht kein "Recht auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigen." Weder kennt das Gesetz einen "originären" Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur "abgeleiteter" Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG ausdrücklich davon, dass "der" Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU lässt sich eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen. Daher erübrigt sich in diesem Fall auch die Prüfung eigener Fluchtgründe, wenn einem Familienangehörigen ohnedies der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

Nachdem dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweit- und Viertbeschwerdeführers sowie der Drittbeschwerdeführerin - wie festgestellt - mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, ein Aberkennungsverfahren gegen ihn nicht anhängig ist und die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nicht straffällig geworden sind, war ihnen als Familienangehörige gemäß § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 34 Abs. 2 und Abs. 4 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Nach der zitierten Judikatur war eine Prüfung eventueller eigener Fluchtgründe nicht erforderlich. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt. Während die Rechtslage zum Vorliegen der Familienangehörigeneigenschaft und der sonstigen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten für den vorliegenden Fall klar ist und keine Auslegungsschwierigkeiten bereitet, folgt das Bundesverwaltungsgericht bei der Verneinung eines "Rechts auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigen" und dem daraus resultierenden Entfall einer Prüfung (eventueller) eigener Fluchtgründe der unter A) zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W177.1423783.2.01

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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