TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/6 W111 1418192-4

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W111 1418192-4/3E

W111 1418193-3/2E

W111 1418194-3/2E

W111 1418195-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , und 4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 31.10.2018, Zln.:

1.) 810051703-14967173, 2.) 810051801-14967190, 3.) 810051910-14967246, und 4.) 810052003-14967220, zu Recht erkannt:

A)

I. Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

II. Die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung werden als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation aus der Teilrepublik Tschetschenien, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin führen eine Lebensgemeinschaft und sind die Eltern der jeweils minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer.

1. Erste Verfahren auf internationalen Schutz:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien stellten infolge gemeinsam mit dem Bruder des Erstbeschwerdeführers (AsylGH-Zahl: D13 422002-1/2011) erfolgter illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.01.2011 erste Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 17.01.2011 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 26.01.2011 vor dem damaligen Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen wurden. Die Flucht aus dem Herkunftsstaat begründeten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen mit einer Mitnahme des Bruders des Erstbeschwerdeführers durch russischsprachige maskierte Männer im September 2009, welche für dessen Freilassung ein Lösegeld in der Höhe von USD 10.000,- gefordert hätten.

1.2. Mit im Familienverfahren ergangenen Bescheiden jeweils vom 22.02.2011 wies das Bundesasylamt die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkte II.) und wies die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkte III.).

1.3. Gegen diese Bescheide erhoben die beschwerdeführenden Parteien am 08.03.2011 fristgerecht das Rechtsmittel einer Beschwerde.

1.4. Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Asylgerichtshofes jeweils vom 20.02.2012, Zahlen: D13 418192-1/2011/2E, D13 418193-1/2011/3E, D13 418194-1/2011/2E und D13 418195-1/2011/2E, wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 22.02.2011 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen. Begründend hielt der erkennende Senat des Asylgerichtshofes im Wesentlichen fest, dass dem geschilderten Fluchtgrund aufgrund der detailarmen, allgemein gehaltenen sowie - insbesondere im Vergleich zu den Angaben des Bruders des Erstbeschwerdeführers - widersprüchlichen Ausführungen keinerlei Glaubwürdigkeit beigemessen werden könne. Die beschwerdeführenden Parteien hätten klar zum Ausdruck gebracht, selbst keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein, sondern sich ausschließlich wegen der (angeblichen) Verfolgung des Bruders des Erstbeschwerdeführers zur gemeinsamen Ausreise aus Tschetschenien entschlossen zu haben. Der vom Erstbeschwerdeführer geäußerten Furcht, im Falle einer Rückkehr getötet zu werden, entbehre es demnach jeglicher Grundlage. Schließlich sei auch keine Bedrohung der beschwerdeführenden Parteien in Zusammenhang mit einer Verfolgung des Bruders des Erstbeschwerdeführers in Tschetschenien zu befürchten, zumal sich die von diesem angeführten Gründe - unter Verweis auf das im Verfahren des Genannten ergangene Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.02.2012, Zahl: D13 422002-1/2011/2E - als absolut unglaubwürdig und konstruiert erwiesen hätten. Zudem erscheine es auch insofern völlig unplausibel, dass der Bruder des Beschwerdeführers einer politischen Verfolgung durch die tschetschenischen Behörden ausgesetzt gewesen sein solle, als dieser aufgrund seines erst sehr jungen Alters während beider Tschetschenien-Kriege und seiner Ortsabwesenheit für die tschetschenischen Behörden von keinerlei Interesse sein könnte.

1.5. Die Behandlung von Beschwerden gegen die Erkenntnisse des Asylgerichthofes vom 20.02.2012 wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11.06.2012, Zahl U 839-843/12-3, abgelehnt.

1.6. Mit Schreiben vom 06.07.2012 stellte der Erstbeschwerdeführer unter der Vorlage verschiedener Beweismittel zum Beleg der Verfolgungssituation, welche erst nunmehr in seinen Besitz gelangt wären (Beschluss über die Fahndung nach dem Vater des Erstbeschwerdeführers sowie Ladungen als Verdächtiger betreffend den Erstbeschwerdeführer und seinen Bruder), einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG. In den rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren der zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien und des Bruders des Erstbeschwerdeführers wurden keine Anträge auf Wiederaufnahme der Verfahren gestellt.

1.7. Der vom Erstbeschwerdeführer gestellte Antrag auf Wiederaufnahme wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.08.2013, Zahl: D13 418192-2/2012/4E, gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen. Gegen dieses Erkenntnis wurde fristgerecht Beschwerde beim Verfassungsgerichthof erhoben.

1.8. Der beim Verfassungsgerichtshof einbrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20.02.2014, Zahl U2298/2013-14, stattgegeben und das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.08.2013, Zahl D13 418192-2/2012/4E, aufgehoben.

1.9. Für den 13.05.2014 wurde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes vor der damals zuständigen Gerichtsabteilung W215 des Bundesverwaltungsgerichts eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher der Erstbeschwerdeführer und sein Vertreter erschienen sind.

Am 30.05.2014 langte eine schriftliche Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers ein, welcher eine Bestätigung über die Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen bzw. psychiatrischen Behandlung der beschwerdeführenden Familie, ein Schreiben der Schulleiterin der Volksschule des Drittbeschwerdeführers und des Viertbeschwerdeführers sowie ein ärztliches Schreiben über eine bei den minderjährigen Beschwerdeführern durchgeführte Wachstumshormontherapie beigefügt wurden.

1.10. Mit rechtskräftigem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.07.2014 zu Zahl W215 1418192-3/11E wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.02.2012, Zahl: D13 418192-1/2011/2E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens in Spruchteil A) gemäß § 3 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGbk-ÜG) iVm § 32 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), zurückgewiesen und die Revision in Spruchteil B) gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, für nicht zulässig erklärt.

2. Zweite Verfahren auf internationalen Schutz:

2.1. Am 13.09.2014 stellten die beschwerdeführenden Parteien die verfahrensgegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz, zu welchen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 15.09.2014 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes - auch in Bezug auf die Anträge ihrer beiden minderjährigen Söhne - niederschriftlich erstbefragt wurden.

Der Erstbeschwerdeführer begründete seine neuerliche Antragstellung im Wesentlichen damit, dass er Österreich seit rechtskräftigem Abschluss seines vorangegangenen Verfahrens nicht verlassen hätte und seine in diesem Verfahren dargelegten Gründe aufrecht bleiben würden. Von seiner im Herkunftsstaat lebenden Mutter habe er erfahren, dass die tschetschenische Regierung immer noch nach ihm suche. Die Zweitbeschwerdeführerin begründete die Einbringung der gegenständlichen Folgeanträge mit im Wesentlichen gleichlautenden Angaben sowie der Befürchtung, dass ihr Mann getötet werde und sie mit den Kindern alleine bleibe.

Mit Eingabe vom 06.10.2014 wurde ein Schreiben der XXXX vom gleichen Datum übermittelt, aus welchem sich im Wesentlichen ergibt, dass beim Erstbeschwerdeführer eine schwere Posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1), eine bipolare affektive Störung (IDC-10 F31.31) sowie eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp (ICD-10 F60.31) diagnostiziert worden wären und bei "zusätzlichen seelischen Belastungen wie es eine Abschiebung darstellt, die ernsthafte Gefahr des Aufflammens in eine regelrechte Psychose (inkl. akuter Selbstmordgefahr)" drohe.

Aus seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Bezug auf alle beschwerdeführenden Parteien in Auftrag gegebenen gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren jeweils vom 30.10.2014 ergibt sich im Wesentlichen, dass beim Erstbeschwerdeführer eine Anpassungsstörung F43.2, ein organisches Psychosyndrom F06.8, eine psychische Störung aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit sowie F07.0 eine organische Persönlichkeitsstörung vorliegen würden. Bei der Zweitbeschwerdeführerin lägen eine Anpassungsstörung F43.2, eine Depressio F32.1 sowie eine Panikstörung mit Hyperventilation vor. Die beiden Söhne würden an massivem Minderwuchs durch eine zu gering ausgebildete Hypophyse mit den Folgen des Wachstumshormonmangels und damit an Entwicklungsrückständen in Körperlänge und Geschlechtsentwicklung leiden. Eine Zufuhr von Wachstumshormonen sei indiziert.

Am 11.11.2014 erfolgte die Zulassung der gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesamt.

Am 03.10.2017 erfolgte im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Tschetschenisch sowie einer Vertrauensperson eine niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Der Erstbeschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll (zum detaillierten Verlauf seiner Befragung vgl. die Seiten 101 bis 121 des seine Person betreffenden Verwaltungsaktes), er fühle sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage. Er habe gesundheitliche Probleme in Form von Übergewicht sowie Gedächtnisproblemen und stünde in psychologischer Behandlung. Er gab an, näher angeführte Medikamente einzunehmen und brachte ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen in Vorlage. Der Erstbeschwerdeführer sei nie konkreten persönlichen Verfolgungshandlungen aufgrund seiner politischen Gesinnung, seiner religiösen Glaubenszugehörigkeit, seiner sozialen Stellung oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt gewesen, sei jedoch wegen seines Vaters und seines Bruders von unbekannten Männern verfolgt worden. Zu seinen aktuellen Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer an, er sei gemeinsam mit einem Bruder aus Tschetschenien geflohen, welcher später von Österreich aus nach Syrien gegangen wäre, wobei die russischen bzw. tschetschenischen Behörden Kenntnis von diesem Umstand haben würden. Die Mutter des Erstbeschwerdeführers sei in diesem Zusammenhang von den Behörden befragt worden. Der Erstbeschwerdeführer werde daher automatisch von den dortigen Behörden verfolgt und könne deshalb nicht zurück, da es für ihn lebensgefährlich wäre. Sein Bruder habe sich erstmalig im Jahr 2013 in Syrien aufgehalten und sei nach seiner Rückkehr im Jahr 2016 erneut nach Syrien gegangen. Genauere Angaben seien dem Erstbeschwerdeführer nicht möglich. Dieser befürchte, dass er im Fall einer Rückkehr nach Russland bzw. Tschetschenien umgebracht würde; er habe zwei Söhne, welche gleichzeitig mit ihm Probleme bekommen würden. In Österreich besuche der Erstbeschwerdeführer, welcher seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung bestreite, Deutschkurse und würde gerne eine Ausbildung absolvieren um, in weiterer Folge einen Beruf ausüben zu können.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zusammengefasst an (im Detail vgl. die Seiten 97 bis 115 des ihre Person betreffenden Verwaltungsaktes), es lägen keine gegen die Durchführung der Einvernahme sprechenden Gründe vor; gesundheitlich ginge es ihr schlecht - sie werde immer wieder ohnmächtig, habe Probleme mit der Wirbelsäule und dem Magen und müsse deshalb operiert werden. Hinsichtlich ihrer aktuellen Fluchtgründe führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, ihr Schwager sei von Österreich nach Syrien gegangen und sei dann nach Österreich zurückgekehrt. Die österreichischen Behörden hätten davon gewusst; der Schwager habe befürchtet, neuerlich mit den österreichischen Behörden Probleme zu bekommen und habe Österreich deshalb verlassen. Wo sich dieser nun aufhalte, sei der Zweitbeschwerdeführerin nicht bekannt. Für die Zweitbeschwerdeführerin heiße das, ebenso wie für ihre Kinder, automatisch, dass sie nicht nach Tschetschenien zurückdürfe. Ihre Schwiegermutter sei bereits zum Aufenthaltsort ihres Schwagers und ihres Mannes befragt worden. Ihr Mann habe nunmehr keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter. Im Protokoll der Einvernahme ist an dieser Stelle angemerkt, dass die Zweitbeschwerdeführerin begonnen hätte, zu weinen sowie zu hyperventilieren und kurz das Bewusstsein verloren hätte, weshalb die Befragung für einige Minuten unterbrochen worden wäre. Wann genau ihr Schwager nach Syrien gegangen wäre bzw. Österreich neuerlich verlassen hätte, sei der Zweitbeschwerdeführerin nicht bekannt. Zu ihrem Leben in Österreich führte sie aus, ihr Mann und sie würden einen Deutschkurs besuchen, ihre beiden Söhne gingen zur Schule; ihr Ziel sei es, eine Berufsausbildung zu absolvieren und arbeiten zu gehen.

Der Erstbeschwerdeführer brachte im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen mit 29.08.2017 datierten "Arbeits-Vorvertrag" über eine ihm in Aussicht gestellte Anstellung als Fleischer, diverse Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen, Zertifikate über die Absolvierung von Deutschprüfungen auf dem Niveau A1 und A2, ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen, ein Empfehlungsschreiben sowie eine Bestätigung über die Verrichtung gemeinnütziger Arbeiten seit Juli 2018 in Vorlage (vgl. die Seiten 127 ff des seine Person betreffenden Verwaltungsaktes).

Die Zweitbeschwerdeführerin legte ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen, diverse Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen sowie Zertifikate über die Absolvierung von Deutschprüfungen auf dem Niveau A1 und A2 vor (vgl. die Seiten 117 ff des ihre Person betreffenden Verwaltungsaktes).

Im Verfahren des minderjährigen Drittbeschwerdeführers wurden Schreiben seiner Schulleiterin sowie seiner Klassenvorständin in der von ihm besuchten Neuen Mittelschule, ein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2017/2018 sowie ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen vorgelegt (vgl. die Seiten 71 bis 133 des seine Person betreffenden Verwaltungsaktes).

Im Verfahren des minderjährigen Viertbeschwerdeführers wurden ebenfalls ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen, ein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2017/2018 einer Öffentlichen Neuen Mittelschule sowie Schreiben der Schulleiterin und Klassenvorständin vorgelegt (vgl. die Seiten 69 bis 199 des seine Person betreffenden Verwaltungsaktes).

2.2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I.), einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen jeweils nicht erteilt (Spruchpunkte II.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die beschwerdeführenden Parteien Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkte IV.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkte V.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die beschwerdeführenden Parteien in den gegenständlichen Verfahren keine weiteren asylrelevanten Gründe oder einen neu entstandenen Sachverhalt vorgebracht hätten. Dieser Schlussfolgerung wurden im Bescheid des Erstbeschwerdeführers die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen zugrunde gelegt:

"Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:

Von der erkennenden Behörde kann kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. So gaben Sie im Rahmen der Erstbefragung zum Folgeantrag selbst an: "Meine Fluchtgründe von meinem Erstantrag bleiben aufrecht. Die Situation hat sich seit dem noch verschlechtert. Ich telefoniere und Skype immer wieder mit meiner Mutter, welche mir gesagt hat, dass die tschetschenische Regierung mich immer noch sucht. Sonst gibt es keine weiteren Fluchtgründe"

Die Begründung Ihres neuerlichen Asylantrages reicht nicht aus, einen neuen, gegenüber dem vorangegangenen Asylantrag wesentlich geänderten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Sie haben im Verlauf der Einvernahme beim BFA am 03.10.2017 angegeben, dass Sie angeblich wegen Ihres Bruders noch immer von den Leuten von Kadyrov gesucht werden würden. Allerdings wurde bereits im Erkenntnis vom Asylgerichtshof vom 20.02.2012 festgestellt, dass Ihren Angaben keinerlei Glaubwürdigkeit beigemessen werden kann.

Sie haben im weiteren Verlauf der Einvernahme keine neuen bzw. Nachfluchtgründe angegeben, sondern lediglich angeführt, dass Ihre bisherigen Fluchtgründe, welchen, wie oben angeführt mit Bescheid vom Bundesayslamt vom 22.02.2011, Zahl 11 00.517-BAT und Erkenntnis des Asylgerichtshof, keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden kann, nach wie vor aktuell wären.

In Bezug auf die in der Erstbefragung angeführte Verschlechterung der Situation ist anzuführen, dass Sie im Verlauf der Einvernahme auf diesen Punkt kein einziges Mal eingegangen sind. Stattdessen beriefen Sie sich wie bereits in der ursprünglichen Einvernahme vom 26.01.2011 ausschließlich auf die vermeintlichen Probleme wegen Ihres Bruders. Sie erwähnten im Verlauf der Einvernahme vom 03.10.2017 zwar einen Anruf Ihrer Mutter im Februar des gleichen Jahres, jedoch machten Sie keinerlei Angaben was Sie genau mit Ihrer Mutter gesprochen haben wollen. Deshalb waren Sie erneut nicht in der Lage, eine Gefährdung Ihrer Person in Tschetschenien auch nur ansatzweise glaubhaft zu machen.

Es war daher die Feststellung zu treffen, dass Sie keine neuen Fluchtgründe nennen konnten, welche nach dem negativen Asylbescheid vom 22.02.2011 entstanden wären.

Im Vorverfahren wurden bereits alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt und ausführlich gewürdigt, sodass darüber im gegenständlichen Verfahren nicht mehr neuerlich zu entscheiden ist.

Es war für die Behörde daher aus genannten Gründen einzig der Schluss zulässig, dass der neuerliche Asylantrag/Folgeantrag nur ein Versuch ist, eine Abschiebung zu verzögern."

Zur Situation der beschwerdeführenden Parteien im Falle ihrer Rückkehr wurde im Wesentlichen festgehalten, dass Angehörige des Erstbeschwerdeführers unverändert in Tschetschenien leben würden. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin befänden sich im arbeitsfähigen Alter und sei es diesen aufgrund der mehr als ausreichenden medizinischen Versorgung in ihrem Herkunftsstaat trotz der vorliegenden gesundheitlichen Probleme jeweils möglich, im Fall einer Rückkehr Unterstützung in Anspruch zu nehmen und einer Arbeit nachzugehen. Die wirtschaftliche Grundversorgung im Herkunftsland sei gewährleistet.

Im Verfahren hätten sich jeweils keine Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG respektive für die Annahme einer besonderen Integration der beschwerdeführenden Parteien ergeben, diese hätten sich der Unsicherheit eines weiteren Aufenthalts stets bewusst sein müssen. Da in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde, sei von der Erteilung einer solchen Frist abzusehen gewesen.

2.3. Mit Eingaben vom 26.11.2018 brachten die beschwerdeführenden Parteien fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die beschwerdeführenden Parteien gemeinsam mit dem Bruder des Erstbeschwerdeführers m Jahr 2014 die gegenständlichen Folgeanträge gestellt hätten, deren Anlass gewesen sei, dass sich der Bruder im Jahr 2013 dem IS in Syrien angeschlossen hätte und im Jahr 2014 freiwillig nach Österreich zurückgekehrt sei, nachdem er erkennen habe müssen, dass die Versprechen des IS über eine bessere Welt in Syrien nicht stimmten und dort ganz im Gegenteil entsetzliche Zustände geherrscht hätten. Nach seiner Rückkehr habe die Staatsanwaltschaft ein Verfahren u.A. wegen § 278b StGB gegen diesen eingeleitet. Der Erstbeschwerdeführer habe auch anlässlich einer im Jahr 2017 und demnach drei Jahre nach der Antragstellung abgehaltenen Einvernahme neuerlich bekräftigt, dass er Verfolgung durch den russischen Staat fürchte, da sein Bruder im Jahr 2013 (nachweislich), und wohl auch im Jahr 2016 neuerlich, nach Syrien gegangen sei, um sich dem IS anzuschließen. Beide Ereignisse und die daraus resultierende Verfolgung seien nach Rechtskraft der ersten inhaltlichen Entscheidung entstanden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten überdies umfangreiche medizinische Unterlagen zu ihrem Gesundheitszustand vorgelegt. Sowohl der Erstbeschwerdeführer, als auch die Zweitbeschwerdeführerin, würden schwerwiegende Erkrankungen im psychischen Bereich aufweisen. Die beiden Kinder würden unter schweren Störungen des Hormonhaushalts leiden und unter Wachstumshormontherapie stehen. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer habe überdies orthopädische Probleme und sei wegen seiner sozialen Entwicklung in Therapie. In den Bescheiden finde sich jedoch nicht ein Wort zur medizinischen Situation der Kinder, die Behörde habe die vorgelegten Beweismittel völlig ignoriert, was angesichts des Umstandes, dass die Bescheide mehr als ein Jahr nach der Einvernahme erlassen worden wären, umso schwerer wiege. Die beschwerdeführenden Parteien hätten trotz der bestehenden gesundheitlichen und psychischen Einschränkungen beachtliche Integrationsschritte unternommen. Zur Frage, ob die Integrationsleistung der Familie zugutekommen könne, sei darauf zu verweisen, dass der Erstbeschwerdeführer unmittelbar nach Erlassung der ersten negativen Entscheidung des Gerichts schwer erkrankt und in ein Koma gefallen sei, wodurch eine Ausreise der Familie nicht möglich gewesen und deren Aufenthalt geduldet gewesen wäre. Entgegen der Rechtsansicht der Behörde habe sich die Sachlache seit Rechtskraft des ersten Verfahrens wesentlich verändert. Der Erstbeschwerdeführer und seine Familie seien durch den Umstand, dass sich der Bruder des Erstbeschwerdeführers nachweislich dem IS in Syrien angeschlossen hätte, davon bedroht, im Fall einer Abschiebung in die Russische Föderation unmittelbar bei der Einreise am Flughafen von den russischen Behörden identifiziert zu werden und dann in der Folge von diesen zum Bruder befragt zu werden, wobei es bei derartigen Befragungen durch Antiterroreinheiten systematisch zum Einsatz von Folter und Misshandlungen kommen würde. Es wurde beantragt, die angefochtenen Bescheide zu beheben und die Anträge zum ordentlichen Verfahren zuzulassen sowie den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Beschwerde beiliegend wurden ein fachärztlicher Befundbericht der XXXX vom 15.11.2018 sowie eine psychotherapeutische Stellungnahme vom 16.11.2018 betreffend den Erstbeschwerdeführer; ein psychiatrischer Befund vom 02.10.2017 und ein neurologischer Befund vom 15.11.2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin; ein Arztbrief vom 26.06.2018, Befunde eines Kinderspitals vom 07.09.2018 und vom 14.11.2018, ein psychotherapeutischer Kurzbericht vom 13.11.2018 betreffend den minderjährigen Drittbeschwerdeführer; Berichte eines Kinderspitals vom 30.08.2018 sowie vom 14.11.2018 betreffend den minderjährigen Viertbeschwerdeführer; Bestätigungen über die Teilnahme an Lehrgängen zur Prüfungsvorbereitung B1 durch den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sowie Unterlagen über den Schulbesuch der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer vorgelegt.

2.4. Die Beschwerdevorlagen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langten jeweils am 29.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. - Rechtmäßigkeit der Zurückweisung gemäß § 68 AVG:

1.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.9.2000, 98/12/0057). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (zweiten) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen (novae causae supervenientes; vgl. VwGH 20.2.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen nova reperta; zur Abgrenzung vgl. z.B. VwGH 4.5.2000, 99/20/0192; 21.9.2000, 98/20/0564; 24.8.2004, 2003/01/0431; 4.11.2004, 2002/20/0391), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183 mwN).

Zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen i.S.d. § 18 Abs. 1 AsylG - kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls sie festgestellt werden kann - zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 AsylG1997). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.2.2000, 99/20/0173; 19.7.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl. auch VwGH 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.3.2005, 2003/20/0468; 30.6.2005, 2005/18/0197; 26.7.2005, 2005/20/0226). Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 4.5.2000, 99/20/0192).

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (VwGH 29.9.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 16.2.2006, 2006/19/0380; vgl. auch VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556).

Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 2.7.1992, 91/06/0207 mwN).

Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtskräftigen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Bei der Prüfung, ob Identität der Sache vorliegt, ist vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne seine sachliche Richtigkeit - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. z.B. VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; 25.4.2002, 2000/07/0235).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuzie-hen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. - in Bezug auf mehrere Folgeanträge - VwGH 26. 7. 2005, 2005/20/0226, m.w.N.).

1.3. Erging seitens der Behörde, wie im vorliegenden Fall, eine den Antrag auf internationalen Schutz zurückweisende Entscheidung, so ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Prüfung der Rechtmäßigkeit der erfolgten Zurückweisung. Dem Bundesverwaltungsgericht ist in derartigen Fällen ein Abspruch in der Sache über den zugrundeliegenden Antrag verwehrt, sondern hat es im Falle der Stattgabe der Beschwerde infolge Rechtswidrigkeit der behördlichen Zurückweisung den angefochtenen Bescheid aufzuheben (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).

In Bezug auf Folgeantragsverfahren hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0025, in diesem Zusammenhang desweiteren Folgendes fest:

"Nach § 21 Abs. 3 BFA-VG ist der Beschwerde gegen eine Entscheidung im Zulassungsverfahren - wozu auch die vorliegende Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 68 AVG gehört - vom Bundesverwaltungsgericht stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Ausgehend davon hatte das Bundesverwaltungsgericht auch im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob der ihm vorliegende Sachverhalt so mangelhaft war, dass ohne Durchführung einer Verhandlung die "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht abschließend erledigt werden konnte. Sofern es diese Frage zu bejahen hatte, war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene erstinstanzliche Bescheid zu beheben, wodurch das Asylverfahren zugelassen ist. Diese Zulassung steht allerdings gemäß § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht war in Bezug auf Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahrens keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Dabei entspricht es im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz der ständigen hg. Rechtsprechung, dass die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen hat, dem Asylrelevanz zukommt (vgl. zB VwGH vom 21. März 2006, 2006/01/0028 sowie vom 18. Juni 2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH vom 24. Juni 2014, Ra 2014/19/0018, mwN). Abhängig vom Ausgang dieser Prüfung war "Sache" des Beschwerdeverfahrens überdies die Überprüfung der mit Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommenen Ausweisung (vgl. § 75 Abs. 20 AsylG 2005)."

1.4. Bezogen auf die angefochtenen Bescheide ergibt sich daraus Folgendes:

1.4.1. Als Vergleichsentscheidungen (hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide) sind im gegenständlichen Fall die rechtskräftigen Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom 20.02.2012, Zahlen: D13 418192-1/2011/2E, D13 418193-1/2011/3E, D13 418194-1/2011/2E und D13 418195-1/2011/2E heranzuziehen, mit welchen den ersten Anträgen auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien jeweils nicht stattgegeben worden und deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation verfügt worden war.

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

1.4.2. Dies ist aus nachstehenden Gründen nicht der Fall:

Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien begründeten die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz der Familie anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde am 03.10.2017 im Wesentlichen damit, dass der Bruder des Erstbeschwerdeführers (ehemals Beschwerdeführer zu D13 422002-1/2011), welcher ursprünglich gemeinsam mit den beschwerdeführenden Parteien nach Österreich gelangt wäre, im Jahr 2013 erstmals nach Syrien gereist sei, um sich dem IS anzuschließen. Infolge einer Rückkehr in das österreichische Bundesgebiet sei der Genannte im Jahr 2016 neuerlich, vermutlich nach Syrien, ausgereist. Dieser Umstand wäre den russischen bzw. tschetschenischen Behörden bekannt, welche die in Tschetschenien aufhältige Mutter des Erstbeschwerdeführers in diesem Zusammenhang befragt hätten. Aus diesem Grund würde sich die beschwerdeführende Familie im Fall einer Rückkehr der Gefahr einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt sehen.

Somit begründeten die beschwerdeführenden Parteien ihre neuerlichen Anträge mit Ereignissen, die bei Zutreffen erst nach Rechtskraft der Entscheidungen über deren erste Anträge auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erteilung des Status der Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten eingetreten und demnach als Änderung der Sachlage nach dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses der vorangegangenen Verfahren mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 20.02.2012 zu qualifizieren wären. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin anlässlich der im gegenständlichen Verfahren am 15.09.2014 abgehaltenen polizeilichen Erstbefragung noch ausschließlich auf ein Fortbestehen der ursprünglichen Fluchtgründe berufen hatten.

Die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Ansicht, dass die beschwerdeführenden Parteien im gegenständlichen Verfahren keinerlei nach rechtskräftigem Abschluss der vorangegangenen Verfahren neu entstandenen Sachverhalt geltend gemacht hätten, steht demnach im Widerspruch zum vorliegenden Akteninhalt und wurde auch im Rahmen der Begründung der angefochtenen Bescheide, welcher keinerlei Auseinandersetzung mit dem Vorbringen einer Teilnahme des Bruders des Erstbeschwerdeführers an Kampfhandlungen in Syrien zu entnehmen ist, nicht nachvollziehbar erläutert. Die Begründung des angefochtenen Bescheides beschränkt sich im Wesentlichen auf die Aussage, dass sich die beschwerdeführenden Parteien auf ein Fortbestehen ihrer bereits im ersten Verfahren dargelegten und als nicht glaubwürdig erachteten Fluchtgründe berufen hätten, klammert dabei das Vorbringen bezüglich des angeblichen Syrien-Aufenthalts des Bruders des Erstbeschwerdeführers jedoch vollkommen aus. Das Bundesamt hat sich mit diesem neu vorgebrachten Sachverhalt nicht erkennbar auseinandergesetzt und im angefochtenen Bescheid auch nicht aufgezeigt, dass es jenem Vorbringen an einem "glaubhaften Kern" im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung mangeln würde (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025). Dass dem Vorbringen eines Syrienaufenthalts des Bruders des Erstbeschwerdeführers (welches nicht im erkennbaren Zusammenhang mit den im vorangegangenen Verfahren dargelegten Fluchtgründen steht) jeglicher glaubhafte Kern abzusprechen wäre, lässt sich den vorliegenden Verwaltungsakten nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen.

Da das neue Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien apriori auch nicht ungeeignet erscheint, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen (so enthalten die angefochtenen Bescheide keinerlei länderspezifische Feststellungen zur Situation von Angehörigen von Personen, welche sich dem IS in Syrien angeschlossen hätten, welche zur Begründung einer solchen Annahme allenfalls herangezogen werden könnten), hätte es sohin einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit der Glaubwürdigkeit der neuen Tatsachen bedurft. Sollten die tschetschenischen Behörden tatsächlich Kenntnis über eine Beteiligung des Bruders des Erstbeschwerdeführers an Kampfhandlungen in Syrien auf Seiten des IS haben, so erscheint es nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass die beschwerdeführenden Parteien als Angehörige des Genannten im Fall einer Rückkehr von Repressalien der tschetschenischen Behörden in diesem Zusammenhang betroffen sein könnten.

1.4.3. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz wegen "entschiedener Sache" durch die belangte Behörde im gegenständlichen Fall nicht berechtigt war; vielmehr hat das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien einer weiteren inhaltlichen Prüfung unterzogen zu werden.

1.4.4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelangt die Sonderbestimmung des § 21 Abs. 3 BFA-VG für sämtliche Beschwerden im Zulassungsverfahren, wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählt, zur Anwendung (vgl. VwGH 12.7.2017, Ra 2017/18/0220; 30.5.2017, Ra 2017/19/0017, 0018; 10.12.2015, Ra 2015/20/0040; 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; sowie dazu, dass § 21 Abs. 3 BFA-VG (erst) nach Zulassung des Verfahrens nicht mehr zur Anwendung gelangt VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0198).

Fallgegenständlich wurden die Verfahren der beschwerdeführenden Parteien durch das Bundesamt am 11.11.2014 zum inhaltlichen Verfahren zugelassen. Gemäß § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 steht die Zulassung des Asylverfahrens einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen. Aufgrund der erfolgten Zulassung der Verfahren kam jedoch eine Anwendung der Sonderregelung des § 21 Abs. 3 BFA-VG im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht in Betracht, weshalb im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur, demgemäß Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens die Frage war, ob die Zurückweisung wegen entschiedener Sache zu Recht erfolgt ist, wobei diese Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen hat (vgl. VwGH 24.6.2014, Ra 2014/19/0018), mit einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 VwGVG vorzugehen war. Eine solche Sachentscheidung ist etwa dann zu fällen, wenn das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gelangt, entgegen der Ansicht der Verwaltungsbehörde stelle sich anhand des (allenfalls nach ergänzenden Ermittlungen) festgestellten Sachverhaltes eine Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz als nicht dem Gesetz entsprechend dar. Bei einer solcherart die behördliche Antragszurückweisung aufhebenden Entscheidung handelt es sich aus verfahrensrechtlicher Sicht um eine gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Form eines Erkenntnisses zu treffende Entscheidung (vgl. VwGH 5.10.2016, Ra 2016/19/0208, unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Bindung an die die Aufhebung tragenden Gründe einer im asylrechtlichen Zulassungsverfahren ergangenen Berufungsentscheidung im Rahmen der vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Rechtsstufe geltenden und in diesem Punkt inhaltlich gleichgelagerten Rechtslage des AsylG 2005; sowie VwGH 19.10.2017, Ra 2017/20/0144).

Aus diesem Grund war spruchgemäß mit einer Behebung der Spruchpunkte I. der in Beschwerde gezogenen Bescheide vorzugehen. Da die übrigen Spruchpunkte der hier angefochtenen Bescheide die zu behebenden Zurückweisungen der Anträge auf internationalen Schutz rechtlich voraussetzen, sind auch sie bereits aus diesem Grund zu beheben.

1.5. Zusätzlich wird festgehalten, dass den angefochtenen Bescheiden unbeschadet dessen auch in Bezug auf das Vorliegen eines Abschiebehindernisses angesichts der im Verfahren umfangreich vorgelegten medizinischen Unterlagen keine ausreichenden Ermittlungsschritte zu entnehmen sind. Im Rahmen der angefochtenen Bescheide wird jeweils festgehalten, dass die beschwerdeführenden Parteien an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden und die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien zur eigenständigen Bestreitung des Lebensunterhalts der Familie nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Lage sein werden. Dass eine konkrete Auseinandersetzung mit den bei den beschwerdeführenden Parteien jeweils vorliegenden Krankheitsbildern, der aktuell in Anspruch genommenen Behandlung sowie der Möglichkeit der Fortsetzung einer solchen im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erfolgt wäre, kann den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden jedoch nicht entnommen werden. Die Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren auch Feststellungen zum aktuellen (psychischen) Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin zu treffen zu haben und diesen Aspekt in die Beurteilung der Rückkehrsituation miteinzubeziehen zu haben. Gleiches gilt für den Gesundheitszustand der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer, welche im Bundesgebiet infolge einer Unterentwicklung der Hirnanhangdrüse jeweils eine Wachstumshormontherapie in Anspruch genommen haben. Insbesondere im Fall des Drittbeschwerdeführers sei es zufolge der im Akt einliegenden ärztlichen Unterlagen in der Folge zu weiteren medizinischen Auffälligkeiten gekommen, wobei im Rahmen eines zuletzt vorgelegten Arztbefundes von der Notwendigkeit einer lebenslangen Hormonersatztherapie, demnach einer Fortführung der Wachstumshormon-, Thyroxin- und Testosterontherapie, ausgegangen wurde. Auch hier wird eine Abklärung erforderlich sein, ob dem minderjährigen Drittbeschwerdeführer eine Fortsetzung der benötigten Therapie im Herkunftsstaat möglich sein würde.

1.6. Letztlich basieren auch die ausgesprochenen Rückkehrentscheidungen auf unzureichenden einzelfallbezogenen Feststellungen. Wenn auch nicht verkannt wird, dass der nunmehrige Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien auf eine Missachtung ihrer im Jahr 2012 rechtskräftig ausgesprochenen Ausreiseverpflichtung zurückzuführen ist, so wäre insbesondere im Fall der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer, welche im Alter von sieben sowie fünf Jahren gemeinsam mit ihren Eltern in das Bundesgebiet gelangt sind, sich demnach mittlerweile seit annähernd acht Jahren in Österreich aufhalten und im Wesentlichen ihre gesamte bisherige schulische Laufbahn im Bundesgebiet absolviert haben, eine tiefergehende Auseinandersetzung mit einer möglicherweise erfolgten schützenswerten Verwurzelung im Bundesgebiet erforderlich gewesen. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Dauer des gegenständlichen zweiten Verfahrens auf internationalen Schutz von mehr als vier Jahren zwischen Antragstellung und Erlassung der angefochtenen Bescheide den beschwerdeführenden Parteien nicht zur Last gelegt werden kann. Eine Auseinandersetzung mit der konkreten Situation der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK lässt sich den angefochtenen Bescheiden jedoch in keiner Wiese entnehmen. So finden sich in den Bescheiden der minderjährigen Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang etwa die Passagen: "Sie besuchen zwar eine NMS, haben jedoch sonst keine nennenswerten Bindungen zu Österreich. (...) Jedoch ist ihr Aufenthalt von so kurzer Dauer, dass von einer Verfahrensrelevanz nicht ausgegangen werden kann (...). Eine Einvernahme in deutscher Sprache nicht möglich (...)." Insgesamt war zu bemerken, dass die gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer im Rahmen ihrer - mehr als ein Jahr vor Erlassung der angefochtenen Bescheide durchgeführten - Einvernahmen vor der belangten Behörde in keiner Weise zur gesundheitlichen Situation sowie deren Lebensumständen in Österreich befragt worden sind. Eine Einvernahme der zwischenzeitlich 15 und 13 Jahre alten Beschwerdeführer selbst hat nicht stattgefunden. Wie die Behörde demnach zur Feststellung nicht schützenswerter privater Bindungen im Bundesgebiet gelangen konnte, lässt sich den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden, bei welchen es sich im Wesentlichen um allgemein gehaltene Aussagen ohne Bezug zum konkreten Einzelfall handelt, nicht entnehmen.

Insofern basieren die angefochtenen Bescheide demnach auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren.

1.7. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die angefochtenen Bescheide zu beheben sind.

1.8. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

In der Beschwerde wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Dabei wird übersehen, dass § 17 BFA-VG - anders als § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG (vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2016/21/0081) - keine Rechtsgrundlage für einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darstellt:

Neben dem Rechtsschutz der amtswegigen Prüfung im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 BFA-VG, wie ihn die beschwerdeführenden Parteien vorliegend gestellt hat, ist somit unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, über einen unzulässigen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Form einer Zurückweisung zu entscheiden (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Im Übrigen wurde die gegenständliche Sachentscheidung binnen einer Woche ab Beschwerdevorlage (vgl. §§ 16 Abs. 4 iVm 17 Abs. 1 BFA-VG) entschieden, sodass auch insofern Erwägungen über eine allfällige (gesonderte) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben konnten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

1.9. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Familienverfahren, Folgeantrag, geänderte
Verhältnisse, gesundheitliche Beeinträchtigung, Gutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W111.1418192.4.00

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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