Entscheidungsdatum
07.12.2018Norm
BBG §40Spruch
L517 2178002-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXX als Vorsitzenden und den Richter XXXX und den fachkundigen Laienrichter XXXX als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, XXXX vom 19.10.2017, XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 bis 3 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, stattgegeben und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H. beträgt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
28.06.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, XXXX (belangte Behörde bzw. bB)
25.09.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens / GdB 40 v.H.
19.10.2017 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages vom 28.06.2017, GdB 40 v.H.
20.11.2017 - Beschwerde der bP
28.11.2017 - Beschwerdevorlage am BVwG
24.04.2018 - Verbesserungsauftrag des BVwG an die bP
11.05.2018 - Stellungnahme der bP und Befundvorlage
18.09.2018 - Erstellung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens / GdB 50 v.H.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Die bP besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.
Zuletzt wurde mit allgemeinmedizinischem Vorgutachten vom 28.02.2013 ein Grad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt.
Am 28.06.2017 stellte die bP den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.
Das am 25.09.2017 nach der Einschätzungsverordnung erstellte Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners stellte im Ergebnis der durchgeführten Begutachtung fest:
"...
1 Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma - leichtgradige kognitive, soziale und persönliche Kompetenzdefizite - leichtgradige depressive Störung, Erschöpfungszustand
Unverändert gegeben sind teilweise Wortfindungsstörungen, Konzentrations-, Merkfähigkeits- und Aufmerksamkeitsdefizite, vermindertes Selbstvertrauen, herabgesetzte Arbeits-/ Aufgabenbewältigung, verminderte Eigenverantwortung und Belastbarkeit, sowie soziale Isolierungstendenzen, einschließlich Beziehungsdefiziten. Entwickelt hat sich auch eine leichtgradige depressive Störung mit bereits 3/17 beschriebener großteiliger Besserung und ein Erschöpfungszustand.
In Summe der Problematik ist die Einschätzung idem nach mittlerem oberem Rahmen beizubehalten. Pos.Nr. 03.05.01 GdB 30%
2 Nervus axillaris Läsion rechts - Deltoideusatrophie/ Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach Luxation und Oberarmbruch
Die Klinik ist idem, die Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt, die Deltoideusmuskulatur verschmächtigt, der rechte Oberarm gegenüber links umfangvermindert. Einschätzung idem nach oberem Rahmen. Pos.Nr. 04.05.02 GdB 30%
3 Die Klinik ist idem, die Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt, die Deltoideusmuskulatur verschmächtigt, der rechte Oberarm gegenüber links umfangvermindert. Einschätzung idem nach oberem Rahmen. Radiologisch nachgewiesen sind geringe degenerative
Veränderungen, klinisch besteht eine Cervikalgie ohne wesentlicher Bewegungseinschränkung, auch die BWS und LWS nur gering funktionell eingeschränkt, der Kopfschmerz ist erst kurz gegeben, nicht abgeklärt und durchaus mit der Halswirbelsäule in Verbindung zu stellen. Einschätzung nach oberem Rahmen. Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20 %
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der Gesamt GdB ergibt sich aus dem führenden psychiatrischen/neurologischen Leiden in Zusammenwirken mit der Schulterpathologie.
Unabhängig von Pos.1 stellt die Beschwerdesymptomatik der Schulter mit der konsekutiven funktionellen Einschränkung im Alltags- und Berufsleben eine wesentliche Einschränkung dar, woraus sich wie bisher eine Erhöhung um eine Stufe ergibt, dies ist beizubehalten.
Die Wirbelsäulenbeschwerden einschließlich des erst kurz gegebenen Kopfschmerzes, bezüglich dessen keine ärztlichen Befunde bei fehlender Abklärung vorliegen, wirken sich nicht erhöhend aus.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
neu zu berücksichtigen und einzuschätzen ist die Halswirbelsäulenpathologie
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
insgesamt ist die psychisch/psychiatrische Situation seitens des GdB gleich zu bewerten wie zuletzt, ebenso die Schulterpathologie, woraus sich ein unveränderter GDB von 40% ergibt, der beizubehalten ist. Die Wirbelsäulenbeschwerden wirken sich nicht erhöhend aus.
..."
In ihrer dagegen am 25.08.2017 erhobenen Beschwerde führte die bP aus, dass sich ihr Zustand im Vergleich zur ersten Antragstellung stark verschlechtert habe und sie im Jänner eine psychosoziale Reha habe.
Aufgrund des nach Beschwerdevorlage seitens des BVwG ergangenen Verbesserungsauftrages legte die bP im Zuge ihrer Stellungnahme vom 11.05.2018 den Entlassungsbericht des Reha-Aufenthaltes in XXXX von 15.01.2018 bis 26.02.2018 vor und führte aus, dass sie Probleme mit der Schulter, der Merkfähigkeit, Konzentration und Wortfindung habe, sowie Selbstwertschwächen, depressive und kognitive Störungen.
Das daraufhin im Auftrag des BVwG nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, erstellte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Psychiatrie weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Anamnese:
Der Klient hatte 2002 einen schweren Skiunfall mit Schädel-Hirn-Trauma (Gehirnblutung), eine Schulterfraktur und Verletzungen des Nervus axillaris rechts. Er sei 1 Woche lang im Tiefschlaf gewesen und anschließend 4 Monate im Krankenstand. Anschließend konnte er kaum mehr gehen, reden und essen und es waren ausgeprägte Wortfindungsstörungen vorhanden. Er konnte Begriffe und Namen nicht mehr richtig zuordnen; die Konzentration, Merkfähigkeit und insbesondere das Kurzzeitgedächtnis waren hochgradig beeinträchtigt. Er begann seine vormalige Arbeit in der Lebensmittelbranche wieder, wobei wegen seiner kognitiven Schwierigkeiten das Arbeitsverhältnis nach etwa 1 Jahr gelöst worden ist.
Der Klient war von Jänner bis Februar 2018 zur psychiatrischen Rehabilitation in XXXX. Weiterhin ist er nun in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung.
Derzeitige Beschwerden:
Nach wie vor bestehen bei dem Klienten deutliche Beeinträchtigungen von Seiten der Konzentration und der Merkfähigkeit sowie der allgemeinen Belastbarkeit. Komplexe Aufgaben sind schwer für ihn lösbar. Er ist seit längerer Zeit nur geringfügig 10 Stunden pro Woche bei einem Unternehmensberater tätig - dort kann er sich die Arbeit sehr frei einteilen, was ihm sehr entgegenkommt.
Der Klient nimmt auch einen sozialen Rückzug wahr; er habe kaum mehr Freunde. Die letzte Beziehung ist vor 1 1/2 Jahren in die Brüche gegangen. Aus dieser Beziehung stammt ein 7- jähriger Sohn, zu welchem derzeit noch regelmäßig Kontakt besteht, wobei die Abstände etwas größer werden würden.
Der Klient hat doch eine gewisse depressive Stimmung, wird im Gespräch immer wieder affektlabil und leicht weinerlich. Eine durchgehende schwere depressive Verstimmung ist derzeit nicht vorhanden, sodass er auch die Antidepressiva (Sertralin und Trittico) vor etwa einem 1/2 Jahr abgesetzt hat.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel
Fachärztliche Kontrollen haben bei XXXX stattgefunden - dbzgl. hat er ein offenes Angebot, dass er sich wieder melden kann, falls es ihm von der Stimmung her schlechter geht.
Psychotherapie findet seit 2 Jahren bei XXXX statt - ursprünglich 2 x monatlich, derzeit 1 x pro Monat.
Medikamente:
Keine.
Sozialanamnese:
Volksschule, 4 Jahre Gymnasium, Chemie HTL abgeschlossen, 6 Semester technische Chemie studiert; hat dann das Studium aufgrund der Geburt seines 1. Sohnes, welcher nun 21 Jahre alt ist, abgebrochen. Er hatte damals auch ein attraktives Jobangebot in der Lebensmittelbranche erhalten, wo er dann bis zu seinem Unfall 2002 Laborleiter war. Seit dem Skiunfall fanden 3 x Arbeitsversuche in der Bauchemie statt, welche jeweils wieder beendet wurden aufgrund seiner kognitiven Einschränkungen. Zurzeit ist er geringfügig bei einem Unternehmensberater tätig. Seit etwa 3-4 Jahren bezieht er Rehageld.
Der Klient lebt nun wieder im Haus der Eltern [...]
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Arztbrief XXXX - Aufenthalt vom 15.01. bis 26.02.2018:
Diagnosen:
-
Depressive Störung - leichte Episode
-
Erschöpfungssyndrom
-
Z.n. SHT
-
Verletzung des Nervus axillaris rechts (eingeschränkte Beweglichkeit rechte Schulter)
Ärztlicher Befundbericht XXXX vom 16.03.2017:
Diagnosen:
-
Leichtgradig depressive Störung - in großteiliger Besserung -Z.n.
SHT
-
Beruflicher Erschöpfungszustand Therapieempfehlung:
Fortführung von Sertralin 50 mg und Trittico 150 mg, Psychotherapie empfohlen.
Untersuchungsbefund:
Status Psychicus:
Bewusstsein klar, orientiert, Antrieb vermindert, Konzentration und Merkfähigkeit eingeschränkt, teilweise leichte Wortfindungsstörungen, Affizierbarkeit im positiven Skalenbereich eingeschränkt, affektlabil, weinerlich, Stimmung depressiv, Duktus kohärent, keine wahnhaften Denkinhalte, keine Halluzinationen, keine Suizidgedanken, Appetit gut, Schlaf gut.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Z.n. SHT mit Einschränkungen der Kognition im Sinne von reduzierter Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Problemlösungsfähigkeit. Leichte depressive Anpassungsstörung, Erschöpfungszustand.
Begründung:
Nach dem SHT 2002 konnte der Klient in seinem ursprünglichen Arbeitsumfeld als Leiter eines Chemielabors nicht mehr Fuß fassen, da die kognitiven Einschränkungen für die anspruchsvolle Tätigkeit doch zu gravierend waren. In weiterer Folge sind auch 3 weitere Arbeitsversuche in seiner ursprünglichen Ausbildung entsprechenden Tätigkeitsfeldern gescheitert. Der Klient bezieht nun Rehageld und ist geringfügig beschäftigt. Er hat nach wie vor doch deutliche Einschränkungen der
allgemeinen Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit - hervorgerufen durch die reduzierte Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Problemlösungsfähigkeit. In seinen sozialen Beziehungen hat er Schwierigkeiten, da er sich doch deutlich zurückgezogen hat, auch seine letzte Beziehung dürfte aufgrund seiner hirnorganischen Problematik gescheitert sein. Der Klient bezieht nun Rehageld, ist regelmäßig in psychotherapeutischer Behandlung.
Pos. Nr. 03.05.01 GdB 40%
2 Nervus axillaris Läsion rechts, Deltoideusatrophie- /Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach Luxation und Oberarmbruch
Begründung:
Wird unverändert aus dem Vorgutachten XXXX vom 13.09.2017 übernommen.
Pos. Nr. 04.05.02 GdB 30%
3 Deltoideusatrophie rechts
Begründung:
Die Klinik ist relativ unverändert, die Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt, die Deltoideusmuskulatur verschmächtigt, der rechte Oberarmumfang gegenüber dem linken vermindert. Cervikalgie ohne wesentliche Bewegungseinschränkung. Auch die BWS und LWS nur gering funktionell eingeschränkt.
Kurzzeitig immer wieder Kopfschmerzen Pos. Nr. 02.01.01 GdB 20%
Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die führende Nr. 1 wird durch die Nr. 2 wegen wechselseitiger negativer Beeinflussung um 10% erhöht.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
XXXX vom 13.09.2017:
Erhöhung des Grades der Behinderung in Bezug auf das organische Psychosyndrom aufgrund der Schwere und Chronifizierung der Problematik, welche zu doch massiven Beeinträchtigungen in seinem beruflichen Umfeld geführt hat. Derzeit bezieht der Klient seit 3 Jahren Rehageld und ist nur geringfügig beschäftigt.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Durch die um 10% höhere Einstufung in Bezug auf das SHT ergibt sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50%
[X] Dauerzustand
..."
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das psychiatrische Sachverständigengutachten, welches aufgrund der Stellungnahme der bP und des dabei vorgelegten Befundes eingeholt wurde, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Im Gutachten wurden alle relevanten, von der bP vorgebrachten Leiden sowie die beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Im angeführten Gutachten wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Im angeführten Gutachten wurde vom psychiatrischen Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung umfassend dargelegt, sowie der daraus resultierende Grad der Behinderung erörtert und schlüssig und nachvollziehbar begründet.
Das psychiatrische Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung durch den Gutachter ist der Einschätzung des Facharztes folgend von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. auszugehen, weshalb der Beschwerde stattzugeben war und liegen die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vor.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24.09.2003, 2003/11/0032; VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0023-7).
Weiters wird in dem Gutachten auch festgestellt, dass die Behinderung iSd § 1 Abs 2 BBG mehr als 6 Monate gegeben sein wird.
Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
3.5. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
Gemäß Abs. 2 gilt jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
Gemäß Abs. 3 hat jede angeklagte Person mindestens folgende Rechte:
a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
Gemäß Art. 47 Abs. 1 GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Gemäß Abs. 2 hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Gemäß Abs. 3 wird Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.04.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der