TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/14 W272 2197414-1

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Veröffentlicht am 14.12.2018
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Entscheidungsdatum

14.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W272 2197414-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alois BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2018, XXXX - 151521818, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde des XXXX wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst zu seinen persönlichen Verhältnissen angab, dass er in Afghanistan geboren sei. Die ersten beiden Lebensjahre habe er in Daikundi, Afghanistan, gelebt und folglich in den Iran verzogen, wo nach wie vor seine Eltern und seine beiden Schwestern, aufhältig seien. Von 2005 bis 2010 habe er die Grundschule in Waraim, Iran, besucht. Zuletzt habe er als Hilfsarbeiter gearbeitet. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er den Iran verlassen habe, da er im Iran keine Möglichkeit gehabt habe, um dort die Schule zu besuchen bzw. dort Arbeit zu finden. Da er die letzten fünf Jahren illegal im Iran gelebt habe, habe er öfters Probleme mit den iranischen Behörden gehabt. Die Afghanen könnten im Iran nicht ständig arbeiten. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan habe er Angst vor den Taliban, den Islamisten und um sein Leben.

Am 30.03.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aus der Provinz Daikundi stamme, ledig sei, der Volksgruppe der Hazara angehöre und sich zur Glaubensrichtung des Islam (Schiit) bekenne. Seine Muttersprache sei Farsi. Er spreche auch ein wenig Dari. Im Iran habe er die Grundschule besucht und als Maurer gearbeitet. Seine gesamte Familie, seine Eltern und seine beiden Schwestern, würden im Iran leben und kenne er niemanden in Afghanistan. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er über Afghanistan nicht sehr viel wisse, weil er im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern in den Iran gezogen sei. Welche Probleme seine Eltern in Afghanistan gehabt hätten, wisse er nicht. Es sei nie zur Sprache gekommen. Alles was er wisse, sei, dass in der Provinz Daikundi nur Hazara und Schiiten gelebt hätten. Damals seien die Schiiten von den Sunniten verfolgt worden. Viele seien geflohen, darunter auch seine Eltern. Im Iran seien sie bis zum Jahr 2010 legal aufhältig gewesen. Er sei damals in der fünften Klasse gewesen. Sein Vater habe damals deren Schulgebühren bezahlt. Kurze Zeit später habe er die Verlängerungsgebühr zahlen müssen, sei jedoch beinahe zeitgleich beim Magistrat gekündigt worden. Aus diesem Grund habe sich sein Vater die Verlängerung nicht leisten können und seien sie alle illegal aufhältig. Der Beschwerdeführer sei im Iran immer benachteiligt und erniedrigt worden. Er sei als unerwünschter Afghane beschimpft worden. In der Schule und auch beim Arbeiten sei das so gewesen. Seine iranischen Arbeitgeber hätten ihn nie richtig bezahlt. Wenn er sich beschwert habe, hätten sie gesagt, dass er zur Polizei gehen solle, er habe jedoch als afghanischer Flüchtling keine Rechte im Iran. Ca. ein bis zwei Wochen vor seiner Ausreise aus dem Iran, sei er auf der Straße von drei iranischen Jugendlichen angehalten, geschlagen und ausgeraubt worden. Nach der Arbeit sei er mit seinem Motorrad auf dem Heimweg und in einem Gebiet, wo sehr wenige Menschen wären, angehalten worden. An diesem Tag habe er seinen Monatslohn dabei gehabt. Sie hätten alles gestohlen, sein Motorrad, sein Handy und sein Geld. Er sei geschlagen und danach in dieser Gegend einfach liegen gelassen worden. Nach diesem Vorfall sei er sehr enttäuscht gewesen und habe den Iran und die Leute dort gehasst. Er habe überhaupt keine Motivation mehr dort zu leben. Dieser Vorfall sei ein Wendepunkt in seinem Leben, daher habe er den Iran verlassen. Er habe für sich keine Zukunft gesehen und habe er so nicht mehr weiterleben können. Er habe überhaupt keinen Zugang zur Polizei, da er illegal im Iran gewesen sei. Er habe niemanden Anzeigen können und sei nicht krankenversichert. Er sei im Iran aufgewachsen und verhalte sich wie ein Iraner, dennoch sei er immer wie ein Fremder behandelt worden.

Im Zuge des Verfahrens legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

* Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs Niveau A.0/Alpha, im Zeitraum von Mai bis Juli 2016, vom 15.07.2016;

* Bestätigung über die Teilnahme an einem "Erste Hilfe" Kurs vom 29.08.2016;

* Bestätigung über die Teilnahme an einem Kurs desXXXX vom 23.02.2017;

* Urkunde über einen 4,5 km Lauf vom 09.04.2017;

* Bestätigung und Urkunde betreffend die Teilnahme an einem Laufwettbewerb am 14.05.2017;

* Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs, Deutsch Niveau A1.2, vom 13.06.2017;

* Bestätigung betreffend die Teilnahme an einem "nightrun" am 30.09.2017;

* Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs, Strukturmodell 5/A1, vom 06.11.2017;

* Bestätigung über die Teilnahme an einer Umfrage vom 22.11.2017;

* Teilnahmebestätigung vom 13.12.2017 über die Teilnahme an einem Vortrag, mit dem Inhalt: Gesundheitswesen-Rettungsdienst in XXXX, Aufklärung und Informationen: Werte, Rechte, Pflichten und wichtige Verkehrsregeln;

* Zeitbestätigung betreffend die Teilnahme an einer Informationsveranstaltung des ÖIF vom 18.12.2017;

* Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 12.01.2018;

* Bestätigung über gemeinnützige Tätigkeiten im Flüchtlingsheim vom 02.03.2018;

* Bestätigung über die ehrenamtliche Tätigkeit des Beschwerdeführers an einem Projekt "Kleiderkiste", seit einem Jahr und acht Monaten, in dem der Beschwerdeführer als fleißig und zuverlässig beschrieben wurde, vom 20.03.2018;

* Urkunde betreffend die Teilnahme an einem Fußball Hallenturnier vom 25.03.2018;

* Bestätigung betreffend die Teilnahme an einem Sommerlauf ohne Datumsangabe;

* Bestätigung und Empfehlungsschreiben über die ehrenamtliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Alten- und Pflegeheim vom 27.03.2018;

* Bestätigung betreffend die Teilnahme am 33. Stadtlauf XXXX;

* Teilnahmebestätigung an einem Seminar "Abfalltrennung und Abfallvermeidung" ohne Datumsangabe;

* Unterstützungsschreiben einer im Akt näher genannten Gemeinderätin ohne Datumsangabe

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit dem angefochtenen Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.), ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht habe. Er habe im Rahmen seiner Einvernahme lediglich vorgebracht, dass er - bedingt durch seinen illegalen Aufenthaltsstatus im Iran - in eine schwierige persönliche Lage geraten sei. Sein Vater hätte im Jahr 2010 die Aufenthaltstitel der Familie, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten, nicht verlängern können. Er habe beinahe sein gesamtes Leben im Iran verbracht. Sein Herkunftsland Afghanistan habe er mit zwei Jahren verlassen, weil seine Eltern damals aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit geflohen wären. Nachdem der Beschwerdeführer nie in Afghanistan gelebt habe, könne auch von keiner persönlichen Verfolgung oder Bedrohung bezogen auf sein Herkunftsland die Rede sein. Er habe angegeben, dass er aufgrund seines illegalen Aufenthaltes im Iran von unbekannten Personen benachteiligt und erniedrigt worden wäre. Kurz vor seiner Ausreise sei er von drei iranischen Jugendlichen geschlagen und beraubt worden. Aus seinem Vorbringen lasse sich kein asylrechtlich relevanter Sachverhalt entnehmen. Die vom Beschwerdeführer betonte allgemeine Lage in seinem Herkunftsland Afghanistan sowie die durch seinen illegalen Aufenthalt im Iran selbstverursachte schwierige persönliche Lage seien nicht als Fluchtgründe im Sinne des Asylgesetzes anzuerkennen. Ebenso indiziere der Umstand, dass er mehrere sichere Staaten durchquert habe, ohne in diesen um internationalen Schutz ersucht zu haben, dass der Grund seiner Ausreise nicht in der Gefährdung seiner körperlichen Sicherheit zu suchen sei. Eine Verfolgung sei vom Beschwerdeführer demnach nicht glaubhaft gemacht worden. Wie aus den aktuellen Länderfeststellungen zu Afghanistan hervorgehe, lasse die Erreichbarkeit nach Daikundi eine Rückkehr des Beschwerdeführers derzeit nicht zu. Zwar gelte die Lage in seiner Heimatprovinz als relativ stabil, jedoch handle es sich um eine abgelegene Provinz, ohne asphaltierte Straßen. Daher könne eine sichere Erreichbarkeit nicht gewährleistet werden. Aus den zugrunde gelegten Länderfeststellungen ergebe sich, dass die Sicherheitslage in Kabul als ausreichend sicher beurteilt werden könne. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer fünf Jahre lang die Schule besucht und als Maurer gearbeitet. Er könne lesen und schreiben, sei gesund, jung und arbeitsfähig. Daher stehe ihm die innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul offen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den oben genannten Bescheid fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen auf die Sicherheitslage in Afghanistan hingewiesen und ausgeführt wurde, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan nicht verbessert habe und dem Beschwerdeführer, insbesondere aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, aufgrund der mangelnden Beziehung zu Afghanistan und der offensichtlichen Sozialisation im Iran und dem mangelnden familiären Netz in Afghanistan, besonders von der Situation betroffen wäre, weshalb ihm eine Rückkehr - auch in eine Großstadt wie Kabul - nicht zumutbar sei. Der Beschwerdeführer habe sich in der Zeit des Aufenthaltes in Österreich um seine Integration bemüht. Er habe Deutsch gelernt und am gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Leben - soweit möglich durch Leistung gemeinnütziger Arbeiten - teilgenommen. Er habe inzwischen bereits Fuß gefasst und wolle seine Zukunft in Österreich, wo ihm sämtliche Freiheiten und Möglichkeiten zur Verfügung stünden, positiv gestalten.

Am 22.11.2018 langte eine Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein, worin darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der vorbereitenden Rechtsberatung am 10.12.2018 vorgebracht habe, dass er nunmehr verschiedene Integrationsbemühungen, sowie Bestätigungen der Diözese XXXX und des Pfarrprovisors in Vorlage gebracht habe. Daraus ergebe sich eine erforderliche Prüfung des Nachfluchtgrundes der Apostasie wegen Konversion zum Christentum und wurde auf die einschlägigen Länderinformationen verwiesen. Durch den Religionswechsel sei der Beschwerdeführer in Afghanistan weitreichenden Verfolgungshandlungen ausgesetzt, die die Erfüllung der Voraussetzung für die Gewährung von internationalen Schutz nach sich ziehen würden.

Im Zuge der Beschwerdeergänzung wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

* Bestätigung, ausgestellt vom Verantwortlichen für das Erwachsenenkatechumenat Diözese XXXX vom 08.11.2018, der zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer seit 21.06.2018 regelmäßig den wöchentlichen katholischen Glaubenskurs besucht und sich in der Phase entferntes Katechumenat befinde;

* Bestätigung vom 10.11.2018, in dem der Pfarrer der Gemeinde XXXX die regelmäßige Teilnahme des Beschwerdeführers am Sonntagsgottesdienst in der der Pfarrgemeinde bestätigt und darüber informiert, dass der Beschwerdeführer am Samstag, 24.11.2018, in den Katechumenat aufgenommen werde, womit er in der Osterzeit des kommenden Jahres die Sakramente der Aufnahme empfangen könne;

* Teilnahmebestätigung vom 12.11.2018 betreffend die zweijährige ehrenamtliche Unterstützung des Beschwerdeführers beim XXXX - Freiwillige Rettung in unterschiedlichen Bereichen der Gesundheit und Sozialen Dienste;

* Bestätigung über die gemeinnützige Tätigkeit des Beschwerdeführers in einem Wohnheim XXXX, im Ausmaß von 80 Stunden monatlich vom 13.11.2018. Dem Schreiben ist des Weiteren zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer seine übertragenen Arbeiten motiviert und gewissenhaft erledigt und das Pflegeteam unterstützt und großes Interesse an dem Aufgabenfeld des pflegenden Personals zeigt. Er habe einen wertschätzenden und freundlichen Umgang mit den Bewohnern und sei er innerhalb des gesamten Wohnheimes gut integriert, was auch auf seine stetig besser werdenden Deutschkenntnisse zurückzuführen sei.

* Empfehlungsschreiben ohne Datumsangabe;

* Bestätigung über die Basisausbildung für Freiwillige in den "Gesundheits- und Sozialen Diensten" ohne Datumsangabe

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Umständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde. In der mündlichen Verhandlung wurden auch der Pfarrer sowie der Verantwortliche für das Erwachsenenkatechumenat (Leiter des Glaubenskurses) als Zeugen einvernommen.

Dem Verhandlungsprotokoll sind folgende entscheidungswesentliche

Passagen zu entnehmen:

BF: Mein Name ist XXXX. Ich bin im Jahre XXXX geboren(=XXXX). Afghanistan.

RI: Nennen Sie mir ihren Geburtsort und schreiben Sie diesen auf!

BF: Ich bin geboren in Daikundi.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF: Ich bin von der Volksgruppe Hazara und spreche Dari.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?

BF: Ich bin Christ.

RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?

BF: Nein, ich lebe alleine.

RI: Sind Sie verlobt, oder beabsichtigen Sie, in nächster Zeit zu heiraten?

BF: Nein, ich bin nicht verlobt. Aber irgendwann werde ich heiraten.

RI: Haben Sie Kinder?

BF: Nein.

RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?

BF: Fünf Jahre habe ich die Schule besucht und ich habe an Baustellen gearbeitet.

R: Wo haben Sie die Schule besucht?

BF: Im Iran, in der Ortschaft Waramin.

R: War das eine iranische Schule?

BF: Ja.

R: Waren Sie dort der einzige Afghane?

BF: Nein. Ich hatte auch andere Schulkollegen. Meine Schwestern haben auch an dieser Schule gelernt.

R: In der Klasse, wieviel Prozent waren Afghanen bzw. Iraner?

BF: Ganz genau kann ich mich nicht erinnern, aber in unserer Klasse waren ca. 3 Afghanen und 10 Iraner.

R: Wie lange waren Sie dann in Afghanistan?

BF: Ich war 2 Jahre alt, als wir in den Iran gegangen sind.

RI: Womit haben Sie sich in Ihrem Herkunftsstaat Ihren Lebensunterhalt verdient bzw. wer ist für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen?

BF: Ich habe im Iran gelebt, nicht in Afghanistan und dort hat mein Vater gearbeitet.

RI: Geben Sie bitte, wenn möglich chronologisch an, wann und wo Sie sich in Afghanistan aufgehalten haben.

BF: Ich weiß nur, dass ich 2 Jahre alt war und in Daikundi geboren bin und wir dann in den Iran gegangen sind. Ob meine Eltern wo anders auch waren, das weiß ich nicht.

R: Mit wem sind Sie von Afghanistan in den Iran gegangen?

BF: Mit meinen Eltern.

R: Warum sind Sie in den Iran gegangen?

BF: Damals, als meine Eltern in Daikundi lebten, waren sie gezwungen, wegen den Kämpfen zu flüchten.

R: Wohin in den Iran sind Sie gegangen?

BF: Im Iran bin ich in Waramin aufgewachsen und seit ungefähr 6, 7 Jahren leben wir in der Örtlichkeit XXXX.

R: Wissen Sie, warum Sie genau nach Waramin gegangen sind?

BF: Als meine Eltern in den Iran nach Teheran kamen, sind Sie nach Waramin gegangen, weil es dort mehr Arbeit gab. Für die afghanischen Flüchtlinge gab es auch nur die Möglichkeit, in Teheran, Mashad, bzw. Waramin zu leben. Damit meine ich damals. Jetzt ist es auch möglich, in anderen Städten zu leben.

R: Sind nur Sie und Ihre Eltern von Afghanistan in den Iran gezogen?

BF: Die anderen Familien sind nicht mit uns mitgegangen. Ich war mit meinen Eltern und zwei weiteren Schwestern.

RI: Wo und wie leben Ihre Verwandten jetzt?

BF: In XXXX.

R: Welche Verwandte?

BF: Damit meine ich meine Eltern und meine zwei Schwestern.

R: Wie alt sind die Schwestern?

BF: Die XXXX ist 25 Jahre alt und die XXXX 29 Jahre alt.

R: Haben Sie noch Großeltern, Tanten, Onkel?

BF: Meine Großmutter ist schon vor langer Zeit verstorben, mein Großvater ist vor 2 Jahren verstorben und meine Onkel sind alle schon verstorben. Ich habe sowohl Tanten mütterlicherseits, als auch väterlicherseits. Diese leben im Iran.

R: Wo im Iran?

BF: Eine Tante vs wohnt in der Ortschaft XXXX und die zweite Tante väterlicherseits wohnt in XXXX. Meine Tanten mütterlicherseits wohnen alle in XXXX. Nachgefragt: Die Großeltern, die ich vorher genannt hatte, waren väterlicherseits. Mütterlicherseits ist mein Großvater schon vor langer Zeit verstorben, Großmutter mütterlicherseits lebt in XXXX.

R: Wo ist der Großvater gestorben vor 2 Jahren?

BF: In Teheran.

R: Seit wann sind die Tanten ms schon im Iran?

BF: Die waren schon vor meinen Eltern dort. Meine Großeltern waren schon vor meinen Eltern mit ihren Kindern geflüchtet.

RI: Können Sie heute Dokumente oder andere Beweismittel vorlegen, die Ihre Angaben zu Ihrer Identität belegen (zB. Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde)?

BF: Nein. Habe ich keine.

RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?

BF: Nein.

RI: Wann haben Sie Iran zuletzt genau verlassen?

BF: Es müsste 2015 gewesen sein. Ich bin jetzt seit 3 Jahren hier.

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Nein.

RI: Haben Sie Kontakt zu Österreichern? Haben Sie in Österreich wichtige Kontaktpersonen, und wie heißen diese?

BF: Ja. Mit der Sonja habe ich Kontakt, sie ist meine Chefin beim XXXX. Ich habe auch Kontakt mit meinen Arbeitskollegen und ich spiele auch in einer Mannschaft Fußball, dies 2 Mal pro Woche.

R: Haben Sie sonst noch mit irgendeinem Österreicher Kontakt?

BF: Es gibt noch die XXXX und die XXXX. Beide kenne ich über das XXXX, aber ich sehe sie nur einmal im Monat. Ich habe sehr viele Arbeitskollegen. Wenn ich die Namen nennen würde, würde es eine lange Liste werden.

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

BF: Ja.

RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?

BF: Im Heim. Drei Mal pro Woche Nachmittag.

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

BF: Bei der Gemeinde arbeite ich bei dem Altersheim, 5 Mal pro Woche. 4 Stunden in der Früh. 2-mal pro Woche Nachmittag arbeite ich beim XXXX.

Der Richter stellt fest, dass der BF die ihm gestellten deutschen Fragen verstanden und beantwortet hat.

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach? Wie ist Ihr Tagesablauf?

BF: Ich besuche meine Deutschkurse, besuche auch Kurse des XXXX und Kurse in der Kirche und ich betreibe Fußball in einer Mannschaft und spiele auch am Wochenende mit den Heimbewohnern Fußball. Zu der Fußballmannschaft möchte ich sagen, dass es kein offizieller Verein ist, sondern die älteren Männer versammeln sich und ich spiele mit ihnen auch Fußball. Ich stehe um 7:30 auf, dusche mich. Ich verlasse das Haus um 8:00, weil ich um 8:30 dort sein muss. Ich bin ca. von 8:30 bis 12:30 auf der Arbeit. Ich habe dann nur eine halbe Stunde Zeit, weil ich um 13 Uhr einen Deutschkurs im Heim habe. Dieser dauert bis 15:30 Uhr. Danach mache ich meine Hausübungen und Aufgaben. Danach gehe ich auch einkaufen oder erledige meine restlichen Tätigkeiten. An den Tagen, wo ich keinen Deutschkurs habe, gehe ich zumXXXX arbeiten.

RI: Ist das der Tagesablauf von Montag bis Sonntag?

BF: Ich besuche noch Kurse in der Kirche und spiele 2 Mal in der Woche Fußball. Es hat noch einen zusätzlichen Kurs, so eine Art Erste-Hilfe-Kurs beim XXXX, gegeben. Dieser war jeweils Montag, heute ist die letzte Sitzung. Insgesamt hat es 8 Wochen gedauert. Sonntags gehe ich in die Kirche.

R: An welchen Tagen haben Sie Deutschkurs?

BF: Montag, Mittwoch und Freitag.

R: An welchen Tagen arbeiten Sie beim XXXX?

BF: Dienstag und Freitag. Freitag sieht es so aus, dass ich bis 15:00 Uhr den Deutschkurs besuche und danach zum XXXX gehe.

R: Am Dienstag, von wann bis wann arbeiten Sie beim XXXX?

BF: Von 16 bis 18 Uhr.

R: Am Freitag, von wann bis wann arbeiten Sie beim XXXX?

BF: Von 15 bis 17 Uhr.

R: Kurse in der Kirche, wann besuchen Sie die?

BF: Die sind donnerstags von 18-19:30 Uhr, jede Woche.

R: Gehen Sie jede Woche dorthin?

BF: Ja.

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

BF: Nein

RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?

BF: Ja, ich rufe meine Eltern ca. alle 2 Wochen über das Internet an. Nein, in Afghanistan habe ich niemanden.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat

zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.

Sind Ihnen diese Angaben noch erinnerlich und, wenn ja, halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint? Sie haben dafür nun ausreichend Zeit und auch die Gelegenheit, allfällige Beweismittel vorzulegen.

BF: Ja. Diese stimmen und ich stehe dazu.

R: Warum sind Sie von Ihrem Herkunftsstaat geflüchtet?

BF: Als meine Eltern in Daikundi lebten, wurde dieser Ort von den Taliban angegriffen und deswegen waren meine Eltern gezwungen, mit ihren Kindern von dort zu flüchten.

R: Warum wurden Sie von den Taliban angegriffen?

BF: Die Taliban akzeptieren die Volksgruppe der Hazaras überhaupt nicht und wollen die Hazaras komplett vernichten. Die Kämpfe gehen schon seit 30 Jahren.

R: Woher wissen Sie, dass ihre Eltern von den Taliban angegriffen wurden?

BF: Ich war ja selbst 2 Jahre alt, aber meine Eltern haben es mir erzählt und gesagt, dass dort Kämpfe waren und die Taliban angegriffen haben und das sie deswegen flüchten mussten.

R: Hatten Sie als Zweijähriger konkrete Wahrnehmungen, dass sie angegriffen wurden?

BF: Nein.

R: Warum haben Sie vor dem BFA ausgesagt, dass Sie nicht wissen,welche Probleme sie dort hatten in Afghanistan und dass es auch nie zur Sprache kam.

BF: Ich habe danach meine Eltern gefragt und sie haben es mir erzählt.

R: Sonst noch Gründe, warum Sie Afghanistan verlassen haben?

BF: Nein. Wie gesagt, wegen den Kämpfen und Krieg, waren meine Eltern gezwungen zu flüchten.

R: Wann haben Ihre Eltern ihnen das gesagt?

BF: Sie haben es mir ca. vor 3-4 Monaten erzählt. Ich fragte Sie, was der Grund war, weil ich hier gefragt wurde und sie haben mir den Grund erzählt.

R: Das heißt, sie haben sonst keinen Grund für die Flucht?

BF: Nein, nicht das ich wüsste, ich war selbst nur 2 Jahre alt. Das, was meine Eltern mir erzählt haben, habe ich ihnen gesagt.

R: Alle anderen Verwandten waren nicht mehr in Afghanistan zu diesem Zeitpunkt?

BF: Meine zwei Onkel verloren ihr Leben dort. Danach kam mein Großvater mit meinen zwei Tanten vs in den Iran.

R: Wann haben die Ihr Leben verloren und wann ist ihr Großvater mit den zwei Tanten in den Iran gekommen?

BF: Ich kann mich nicht so gut erinnern. Ich war noch sehr klein. Ich war ca. 4 oder 5 Jahre alt, als sie gekommen sind.

R: Welcher Großvater war das?

BF: Großvater väterlicherseits.

R: Mit zwei Schwestern von seinem Vater?

BF: Ja.

R: Woher wissen Sie das?

BF: Als ich älter wurde, hat mir mein Vater dies erklärt, dass dies meine Tanten sind und das zwei meiner Onkel ihr Leben im Krieg verloren haben.

RI: Haben Sie sonst noch Gründe?

BF: Nein.

R: Wovon haben Sie im Iran gelebt?

BF: Mein Vater hat gearbeitet.

R: Sie sind dort in die Schule gegangen?

BF: Ich habe 5 Jahre die Schule besucht und ca. 1 oder 2 Jahre an Baustellen gearbeitet.

R: Also haben Sie doch beigetragen zum Unterhalt?

BF: Ja, ich habe meinen Vater ein bischen unterstützt.

R: Was haben Sie dort gearbeitet?

BF: Ich habe dort als Hilfsarbeiter beim Gipsen geholfen.

R: Hatten Sie Probleme im Iran?

BF: Ja.

R: Welche?

BF: Ich war illegal dort. Wir konnten keine richtige Arbeit dort haben und wenn wir gearbeitet haben, hat man uns teilweise gar nichts gezahlt und wieder rausgeschmissen. Wir konnten uns auch nicht dagegen beschweren, weil wir illegal dort waren.

R: Waren Sie die ganze Zeit illegal dort?

BF: Ich hatte ca. bis zum 10., 12. Lebensjahr eine Aufenthaltsberechtigung. Mein Vater war damals ein bisschen krank und hatte kein Geld, die Karte zu verlängern. Wenn man es nicht verlängert, dann wird diese ungültig. Seitdem war ich dann illegal dort.

R: Hatten Sie dort Kontakt mit anderen Iranern?

BF: Nein. Ich hatte dort keine iranischen Freunde oder Kontakt mit Ihnen. Sie haben uns meistens schikaniert oder verärgert.

R: Hatten Sie dort Kontakt mit Ihren Verwandten?

BF: Ja, ich habe die Verwandten besucht, sie angerufen.

R: Hatten Sie dort Kontakt mit anderen Afghanen, Flüchtlingen?

BF: Ich hatte afghanische Freunde, mit denen ich auch noch jetzt Kontakt habe. Einer, den ich aus dem Iran kenne, lebt auch in Tirol und der heißt XXXX.

R: Haben Sie afghanische Feste gefeiert im Iran, bei ihren Verwandten?

BF: Wir haben das Neujahr dort gefeiert.

R: Haben Sie den Ramadan dort eingehalten?

BF: Meine Eltern haben gefastet, ich selbst nicht.

R: Was haben Ihre Eltern dazu gesagt?

BF: Sie haben sehr viel Druck ausgeübt, aber ich habe nicht gefastet.

R: Warum nicht?

BF: Ich mochte das nicht und ich betete auch nicht, obwohl sehr großer Druck von den Eltern herrschte.

R: Haben Sie dort eine Moschee besucht?

BF: Nein.

R: Haben Sie dort irgendeine religiöse Tätigkeit sonst gemacht? Religiöse Feste gefeiert? Religiöse Bücher gelesen?

BF: Als ich noch in der Schule war, lasen wir Koran. Danach nicht mehr.

R: Mit der Schule haben Sie auch nie eine Moschee besucht?

BF: Nein.

R: Sind Ihre Eltern streng religiös?

BF: Ja. Sie fasten, sie beten.

R: Ihre anderen Verwandten, die sie besucht haben?

BF: Ja.

R: Dann ist ihnen der afghanische Kulturkreis bekannt?

BF: Ich glaube nicht, dass sich die Traditionen unterscheiden. Iran auch ein islamischer Staat. Sie leben ähnlich.

RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

BF: Erstens habe ich niemanden dort. In Afghanistan herrscht überall Krieg und die Hazaras werden unterdrückt. Ich weiß nicht, wie ich in Afghanistan leben sollte, ich kenne die Rechte dort nicht und ich habe auch niemanden bzw. kenne auch niemanden, der mich unterstützen könnte. Ich war noch nie dort. Ich war 2 Jahre alt, als wir geflüchtet sind. Ich spreche auch nicht dieses Dari, was in Afghanistan gesprochen wird und ich kenne Personen, die dort hingegangen sind und auch verspottet wurden. Sie werden als Iraner bezeichnet. Ein Grund, warum ich auch nicht nach Afghanistan zurückkehren kann ist, dass ich zum Christentum konvertiert bin. Und wenn man dies in Erfahrung bringen sollte, würde man mich sofort töten.

R: Sonst noch ein Grund?

BF: Nein, das waren diese Gründe. Mein Leben ist auf jeden Fall in Gefahr. Ich habe keine privaten Feinde oder so, aber ich fürchte mich aus den Gründen, die ich ihnen genannt habe.

R: Seit wann sind Sie Christ?

BF: Ca. seit 7-8 Monaten.

R: Was war der Auslöser dazu?

BF: Mein Freund, den ich vorher genannt hatte, dieser XXXX ist Christ. Ich bin öfters in seinem Zimmer gewesen. Auch seine Zimmergenossen sind alle Christen. Sie sind alle sehr glücklich und zufrieden und sie haben die Kirche sehr gelobt und mir darüber erzählt. Ich war dann in der Kirche, sah wie sie beten und wie alle sehr glücklich sind und daher habe ich auch das Christentum angenommen.

R: Wann war das?

BF: Ca. vor 7-8 Monaten.

R: Was war jetzt ausschlaggebend dafür? Weil die glücklich waren?

BF: Ich habe über diese Religion gelesen, Informationen gesammelt und auch den Film von Jesus angeschaut. Im Film kamen auch seine Wunder vor und irgendwas hat mich angezogen und bewegt und ich wollte mehr darüber wissen.

RI: Was hat ihr Freund über die Kirche gesagt, wie hat er sie gelobt, was hat er da erzählt?

BF: Er hat mir erzählt, dass das Beten in der Kirche sehr angenehm ist. Man muss nicht in einer Reihe stehen und man ist nicht gezwungen, zu beten, sondern man geht einfach dorthin, betet sein Gebet und danach setzt man sich mit den Österreichern zusammen und redet über seine Probleme. Er sagte, dass die Leute sehr nett und hilfsbereit sind und einem auch helfen.

R: Haben Sie im Iran gebetet?

BF: Als Kleinkind habe ich nur gebetet. Ich war sehr unter Druck. Ich habe es dann unterlassen, zu beten.

R: Wie waren Sie unter Druck?

BF: Ich wollte nicht beten, ich habe es nicht gemocht, aber meine Eltern zwangen mich immer dazu und schikanierten mich.

R: Irgendwann haben Sie aufgehört, Druck auszuüben?

BF: Nein. Irgendwann haben Sie bemerkt, dass es nichts bringt und haben es dann gelassen.

R: Wann war das?

BF: Ich war ca. 13 oder 14 Jahre alt.

R: Warum wollen Sie Christ werden?

BF: Ich habe sehr viel über das Christentum gelesen und das Christentum hat mir sehr gut gefallen. Dort, wo ich beten gehe, bekomme ich ein sehr gutes Gefühl. Bevor ich Christ wurde, war ich immer sehr schlecht gelaunt und unruhig. Seitdem ich beten gehe, fühle ich mich sehr wohl und bin sehr ruhig.

R: Was ist so viel besser am Christentum gegenüber dem Islam?

BF: Wenn man zum Christentum konvertiert. Ab diesem Zeitpunkt wird man von all seinen Sünden gereinigt und man wird als neuer Mensch geboren. Im Islam merkt man das nicht, solange man es lebt, sondern es passiert alles nach dem Tode.

R: Ihr Freund, ist der auch Asylberechtigter oder Asylwerber?

BF: Er hat Asyl und geht auch arbeiten.

R: Seit wann ist ihr Freund Christ?

BF: Genau weiß ich es nicht, wahrscheinlich seit 2 oder 2,5 Jahren.

R: Können Sie mir Feiertage des Christentums sagen?

BF: Es gibt Weihnachten, Geburt von Jesus, dann gibt es noch Ostern und Pfingsten.

R: Was ist Ostern?

BF: Der saubere Feiertag.

R: Was ist zu Ostern passiert?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Was ist zu Pfingsten passiert?

BF: 50 Tage nach Jesus Tod ist der heilige Geist zu den Schülern von Christus gekommen und hat mit ihnen gesprochen und an diesem Tag haben 3000 Leute an Jesus geglaubt.

R: Wie viele Götter hat das Christentum?

BF: Einen Gott.

R: Und der Islam?

BF: Auch einen Gott.

R: Was ist jetzt für Sie der Unterschied?

BF: Gott hat seinen Sohn Jesus entsandt, damit die Sünden von uns Menschen vergeben werden.

R: Und der Islam?

BF: Über den Islam weiß ich nicht so viel.

R: Warum wollen Sie dann jetzt Christ werden?

BF: Wie ich schon zuvor sagte, das Christentum hat mir sehr gut gefallen. Ich habe über das Leben von Jesus gelesen, seinen Film angesehen und viel über das Christentum gelesen und es hat mir gefallen.

R: Was hat Ihnen daran gefallen?

BF: Die Wunder haben mir gefallen.

R: Wer hat diese Wunder vollbracht?

BF: Jesus Christus.

R: Glauben Sie, dass er jetzt hier in Österreich Wunder vollbringen wird?

BF: Ja, es kann sein.

R: Welche Wunder und würde er sie nicht in Afghanistan auch vollbringen?

BF: Wahrscheinlich schon, ich weiß es nicht.

R: Was können Sie als Christ im Leben in Österreich beitragen?

BF: In dem Heim, wo ich lebe, habe ich sehr viele Jungs zur Kirche gebracht. Habe sie dort bekannt gemacht, ich habe sie mit Herrn Wolfgang bekannt gemacht. Ich möchte in der Zukunft weiterhin Leuten über das Christentum erzählen.

R: Was gefällt Ihnen sonst am Christentum, außer den Wundern von Jesus?

BF: Das die Menschen einander lieben. Mir gefällt auch, dass die Schüler von Jesus Christus überliefert haben, wie Jesus Christus gelebt hat und dass so das Christentum eine sehr große Gemeinschaft geworden ist.

R: Wie oft gehen Sie in die Kirche?

BF: Zwei Mal in der Woche gehe ich zur Kirche. Einmal besuche ich die Kurse, wo auch ein Dolmetscher anwesend ist, der alles in Farsi übersetzt und sonntags gehe ich in die Kirche, um zu beten.

Nachgefragt, wann: Ich gehe um 10:20 dorthin und um 10:30 beginnt das Gebet.

R: Wie lange dauert das Gebet?

BF: Ca. eine Stunde bis 1 Stunde und 20 Minuten.

R: Wie heißt der Pfarrer dort?

BF: Johannes.

R: Wie heißt die Kirche?

BF: Ich weiß nur: XXXX.

R: Das Christentum hat mehrere Unterteilungen, wissen Sie das?

BF: Ja.

R: Welche sind das?

BF: Katholiken, Protestanten. Es gibt noch einen, den habe ich vergessen, orthodox. Ich gehöre zu den Katholiken.

R: Wie lauft das Gebet am Sonntag ab? Was passiert dort?

BF: Wenn man bei der Tür hineinkommt, gibt es dort eine Schüssel mit Wasser. Man muss die Finger eintunken und sich bekreuzigen. Es gibt dort Bänke. Bevor wir uns auf die Bänke setzen, knien wir uns vorher und dann setzen wir uns auf die Bänke.

R: Und dann?

BF: Dann kommt der Pfarrer und beginnt mit dem Gebet.

R: Was ist der Höhepunkt dieser Stunde?

BF: Das ist dort, wo sich alle hinknien und der Pfarrer das Gebet sagt und das Brot dann verteilt.

R: Wie oft beten Sie?

BF: Einmal pro Woche, weil ich sonst inmitten der Woche arbeiten muss, sonst schaffe ich es nicht.

R: Welche Gebete können oder kennen Sie schon?

BF: Das Gebet des Herrn. Ich kenne noch andere Gebete, aber nicht so gut, weil ich gerade dabei bin, es zu lernen.

R: Wenn Sie einen Freund haben, warum sollte dieser zum Christentum gehen? Was würden Sie ihm sagen?

BF: Die Leute wissen, dass ich Christ bin und fragen mich über das Christentum. Dann erkläre ich ihnen ein bisschen über das Christentum, über die Kirche, über die Leute, dass sie sehr hilfsbereit und nett sind und sage ihm auch, dass er selber vorbeischauen kann und sich das anschauen kann.

R: Was erklären Sie über das Christentum?

BF: Das, was ich selber weiß. Ich empfehle ihnen den Film, der auch in der Farsi - Sprache ist. Ich erzähle ihnen über die Wunder und erzähle auch über den Pfarrer, wie nett und hilfsbereit er ist und wie die Gebete gemacht werden.

R: Was wissen Sie über das Christentum?

BF: Es ist eine sehr reine Religion und sobald man zum Christ wird, wird man von allen Sünden gereinigt und Jesus Christus kam auf diese Welt, damit unsere Sünden vergeben werden und er selbst wurde gekreuzigt.

R: Was passiert, wenn man nachdem man Christ geworden ist, Sünden macht?

BF: Es ist sehr schlecht.

R: Was passiert dann?

BF: Dann muss man zum Vater und um Vergebung bitten.

R: Wer ist mit dem Vater gemeint?

BF: Der Pfarrer.

R: Erkenne ich äußerlich, dass Sie Christ sind?

BF: Nein.

R: Würde in Afghanistan äußerlich jemand erkennen, das sie Christ sind?

BF: Das kann ich nicht sagen, aber ich will auf dem Weg des Christentums bleiben.

R: Wer würde Sie in Afghanistan hindern, dass Sie auf dem Weg des Christentums bleiben?

BF: Wenn man nach Afghanistan geht, lesen sie die Generalien einer Person und wissen sofort, dass man Christ ist.

R: Wer liest das?

BF: Ich weiß nicht. Aber die bringen sicher in Erfahrung, wer ist das? Wessen Sohn ist das?

Warum ist der von Europa wieder zurückgekommen? Sie werden das sicher irgendwie erfahren.

R: Wer sind "die"?

BF: Die Polizei des Flughafens.

R: Das Christentum ist aber nicht verboten in Afghanistan?

BF: Wer sagt das? Ich habe noch nie gehört, dass es das Christentum in Afghanistan gibt.

R: Hat man ihnen gesagt, dass es verboten ist in Afghanistan?

BF: Wenn beispielsweise die Taliban erfahren sollten, dass man Christ ist, wird man auf der Stelle getötet.

R: Wissen Sie, warum Ihr Freund Asyl bekommen hat?

BF: Nein.

R an den RV, ob Sie Fragen hat:

RV: Beten Sie nur in der Kirche oder auch zu Hause?

BF: Zu Hause bete ich und lese auch über das Christentum. Ich habe ein Buch. Darf ich Ihnen das zeigen?

BF zeigt dem RI ein Religionsbuch.

R: Was wollen Sie mir zeigen damit?

BF: Das habe ich in der Kirche bekommen.

RV: Wissen Sie, wann Sie voraussichtlich getauft werden?

BF: Am 10.03.2019.

RV: Nehmen Sie sonst in irgendeiner Art und Weise an dem kirchlichen Leben teil?

BF: Die Kirche hat eine sehr große Küche und manchmal nach dem Gebet gehe ich dorthin und helfe mit.

RV: Wissen Ihre Eltern, dass Sie konvertiert sind?

BF: Nein. Die wissen es noch nicht, ich habe es ihnen auch noch nicht erzählt.

RV: Was sind Ihre Zukunftspläne, falls Sie in Österreich bleiben dürfen?

BF: Im Altersheim, wo ich arbeite, hat mir mein Chef namens XXXX gesagt, dass, wenn ich offiziell arbeiten darf, dort sofort anfangen kann und ich mag es auch sehr, dort zu arbeiten und sie sind in meiner Arbeit sehr zufrieden. Mit den älteren Personen, mit denen ich jetzt schon seit 6-7 Monaten arbeite, die kennen und mögen mich sehr.

RV: Keine weiteren Fragen.

Befragung Zeuge 1:

R: Wie stehen Sie zum BF, woher kennen Sie ihn?

Z1: Im Herbst, ich bin Leiter des Seelsorgeclubs. Im Herbst ist er zu mir gekommen nach dem Gottesdienst und hat gesagt, dass er den Glaubenskurs besucht. Im Rahmen des Glaubenskurses ist es vorgesehen, dass der Anwärter sich in einer Pfarrgemeinde beheimatet und dort engere Beziehungen zur Glaubensgemeinschaft pflegt.

R: Wann im Herbst war das?

Z1: Genaues Datum kann ich jetzt eigentlich nicht festmachen.

R: Wie lange ist es her ca.?

BF: Im September dürfte es gewesen sein. Im Zuge dessen ist der Kontakt mit dem Herrn XXXX erfolgt. Am 31.10 wurde das Datum der Aufnahmefeier mit 24.11.2018 festgelegt.

R: Sie sind dort der Pfarrer?

Z1: Ja.

R: Sie halten dort die Messe ab?

Z1: Ja.

R: Wie oft ist der Beschwerdeführer bei der Messe?

Z1: Schon mit einer großen Regelmäßigkeit, wobei ich nicht immer auf die Gruppe fokussiert bin und daher nicht bestätigen kann, dass er jeden Sonntag anwesend ist.

R: Was bedeutet die Aufnahmefeier in den Katechumenat.

Z1: Die Aufnahmefeier in den Katechumenat bedeutet, dass am Beginn der Messe die Kandidaten aufgerufen werden. Diese heraustreten und dann mit dem Kreuzzeichen als 1. Ritus bezeichnet werden. Nachdem Sie auch gesagt haben, was sie wollen. Nämlich an Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen. Dann ist vorgesehen, dass ihnen die Bibel übergeben wird. Da das im Glaubenskurs aber an einer späteren Stelle folgt, haben wir ihnen das Glaubensbekenntnis in Deutsch und Farsi übergeben, das im Glaubenskurs bereits besprochen und eingeführt wurde.

R: Welche Voraussetzung gibt es, dass man dort teilnehmen darf?

Z1: Die Diözese zu besuchen.

R: Wie lange?

Z1: Der Kurs dauert von September bis September, es variiert.

R: Wie lange davor muss man Anwärter sein, um bei der oben angegebenen Feier dabei zu sein.

Z1: Das entscheidet im Endeffekt der Wolfgang auch.

R: Sonst keine Voraussetzung?

Z1: Natürlich die Sehnsucht Christ zu werden, Kontakt mit mir aufzunehmen und es wird auch ein Protokoll erstellt. Der Erstkontakt im Glaubenskurs und im Zuge dessen gibt es den Auftrag von Wolfgang.

R: Der BF war Moslem?

Z1: Dies ist kirchenrechtlich

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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