TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/18 W112 1258438-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2018
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Entscheidungsdatum

18.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FlKonv Art.1
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W112 1258438-2/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Russische Föderation, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2016, Zl. 740817506-151781798, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat: "Der Ihnen mit mündlich verkündeten Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.04.2006, schriftlich ausgefertigt am 22.05.2006, Zahl: 258438/0-XVII/56/05, zuerkannte Status des Asylberechtigten wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK und § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG wird festgestellt, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt."

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 FPG mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III. zu lauten hat:

"Ihnen wird gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen.

Es wird gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt IV. insofern stattgegeben, als dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich folgender Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste am 20.04.2004 im Alter von neun Jahren mit seiner MutterXXXX und seinen Brüdern XXXX, XXXX, XXXX und XXXX in das Bundesgebiet ein; seine Schwester XXXX war im Herkunftsstaat verblieben. Er stellte - vertreten durch seine Mutter - am 20.04.2004 bei der Einreise an der Grenze bei XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Seine Mutter wurde am selben Tag von der Bezirkshauptmannschaft XXXX als gesetzliche Vertreterin auch in seinem Verfahren erstbefragt, wobei sie seine Geburtsurkunde vorlegte. Dabei gab sie an, Angst um ihr Leben und das ihrer Kinder zu haben. Ihr Mann sei zu Hause verfolgt worden und sie sehe keine Zukunft für das Leben ihrer Kinder. Sie machte eigene gesundheitliche Probleme und gesundheitliche Probleme ihres Sohnes XXXX geltend, betreffend den Beschwerdeführer brachte sie keine vor. Die Russische Föderation haben sie bereits im XXXX 2003 verlassen, sie haben sich ein halbes Jahr in POLEN aufgehalten, nach einem negativen Bescheid seien Sie aber nach TSCHECHIEN weitergereist, wo sie keinen Antrag gestellt haben, und von dort nach Österreich. Ihr Reisedokument habe sie verloren. Ihr Ehemann habe zwei Ehefrauen, die erste lebe bereits seit zwei Monaten in Österreich.

Der Beschwerdeführer wurde mit seiner Familie von 01.05.2004 bis 13.09.2005 in einem Quartier der Grundversorgung in XXXX untergebracht.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 25.01.2005 gab die Mutter des Beschwerdeführers im Verfahren des Beschwerdeführers an, dass ihre Kinder weder Russland noch Tschetschenien Schaden zugefügt haben. Sie und ihre Kinder haben Probleme, weil ihr Mann Probleme gehabt habe. Aus Angst, dass ihren Kindern etwas passiere, sei sie mit den Kindern hierhergekommen. Sie haben in ständiger Angst gelebt, der Beschwerdeführer wache in der Nacht auf und sage, dass jemand hinter der Tür stehe. Nun seien sie weit weg von zu Hause, hier sei es ruhig, aber die Angst sei noch in ihnen. Befragt danach, was passieren würde, wenn der Beschwerdeführer nach Hause zurückkehren müsste führte seine Mutter aus, dass es schon öfters passiert sei, dass junge Buben ab dem Alter von zwölf Jahren mitgenommen worden und daraufhin verschwunden seien. Sie seien nach Österreich gekommen in der Hoffnung, dass sie Frieden und ein ruhiges Leben finden. Wenn jemand an die Tür klopfe, bekomme sie instinktiv Angst und ihr werde schlecht. Weitere Angaben habe sie nicht zu machen. Eine Abschiebung in die Russische Föderation würde für sie eine große Katastrophe bedeuten. Statt der Asylanträge stelle sie für die Kinder Erstreckungsanträge.

Am 11.01.2005 legte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers und seiner Familie Vollmacht und erstattete eine Stellungnahme, in der er ausführte, dass Angehörige von Milizen nicht nur die Mutter des Beschwerdeführers, sondern auch ihre Kinder bedroht und/oder geschlagen haben. Es sei daher, im Gegensatz zum Protokoll, in dem für die Kinder mangels eigener Verfolgung nur Erstreckungsanträge gestellt worden seien, eine Verfolgung der Söhne zu befürchten. Daher stellen die Kinder, auch der Beschwerdeführer, eigene Asylanträge. Die Mutter des Beschwerdeführers widerrufe die Wissenserklärung, dass ihre Kinder nicht verfolgt wären, und die Prozesserklärung, dass sie lediglich Erstreckungsanträge, für ihre Kinder stelle und widerrufe ihren Verzicht auf die Umwandlung der ursprünglichen Asylanträge in Erstreckungsanträge. Der Beschwerdeführer und seine Familie befürchten Verfolgung aus Gründen der Volksgruppenzugehörigkeit.

1.2. Mit Bescheid vom 11.02.2005 dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt am 15.02.2005, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.) stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 zulässig ist (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt III.).

Gleichlautende Entscheidungen ergingen in den Verfahren seiner Mutter und der Brüder XXXX, XXXX, XXXX und XXXX.

1.3. Mit Schriftsatz vom 23.02.2005 erhob der Beschwerdeführer vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, Berufung gegen diesen Bescheid an den Unabhängigen Bundesasylsenat.

Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die im angefochtenen Bescheid festgestellte innerstaatliche Fluchtalternative den Einschätzungen des Unabhängigen Bundesasylsenates, sämtlichen Länderberichten und den Richtlinien des UNHCR widerspreche. Des Weiteren seien die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer oder seine Eltern von keinen nennenswerten Vorkommnissen in XXXX berichtet hätten, falsch: Die Mutter des Beschwerdeführers habe im Zuge ihrer Befragung angegeben, dass ihr Ehemann in XXXX wiederholt von maskierten Männern aufgesucht und entführt worden sei. Er sei erst im Frühjahr zurückgekehrt, nachdem es ihm gelungen sei von den Entführern zu entkommen. Nachdem ein unbekannter Mann den Beschwerdeführer und seine Brüder in der Schule aufgesucht gehabt habe, habe die Mutter des Beschwerdeführers beschlossen, sich kurzfristig mit ihren Söhnen bei ihren Eltern in XXXX zu verstecken. Dort habe die Mutter von ihren in XXXX aufhältigen Schwestern erfahren, dass erneut Leute nach ihnen gesucht hätten und sie daher XXXX dringend verlassen müssen. Außerdem, so die Beschwerde, sei die Tatsache, dass die Familie des Beschwerdeführers bereits 1992 aus XXXX fliehen habe müssen, im Bescheid völlig ignoriert worden. Die Mutter sei damals mit einem ihrer Söhne als Geiseln genommen worden. Aufgrund der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers und der Ereignisse im Gebiet des Kaukasus könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer in XXXX vor Verfolgung geschützt sei. Auch sei der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, dass der Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation in ständiger, begründeter Angst von seinen Verfolgern entdeckt zu werden, leben würde.

1.4. Das Bundesasylamt gab dem Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.08.2005 statt und erkannte ihm die Flüchtlingseigenschaft wegen drohender Verfolgung auf Grund seiner Unterstützung für Kämpfer im ersten Tschetschenienkrieg zu.

Der damals 10-JÄHRIGEN Schwester des Beschwerdeführers,XXXX, wurde die Flüchtlingseigenschaft wegen ihres Vaters mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.03.2006 zuerkannt, sie lebte aber dessen ungeachtet weiterhin bei der Großmutter väterlicherseits in XXXX.

Der Beschwerdeführer wurde mit seiner Familie am 13.09.2005 in ein Quartier der Grundversorgung in XXXX überstellt.

1.5. Der Unabhängige Bundesasylsenat führte am 27.04.2006 eine mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren des Beschwerdeführers, seiner Mutter sowie seiner Geschwister durch, in der seine Mutter und sein älterer Bruder XXXXbefragt wurden, nicht aber der erst 15-JÄHRIGE Beschwerdeführer.

Befragt danach, wer noch in XXXX leben würde, antwortete die Mutter des Beschwerdeführers, dass ihre Eltern dort einmal gelebt haben, sie aber nicht wisse, wo diese derzeit seien. Ihre zehnjährige Tochter lebe bei ihrer Schwiegermutter an verschiedenen Orten in der Russischen Föderation. Damals, als ihre Söhne in der Schule bedroht worden seien, haben sie in XXXXgewohnt. Sie sei dann mit ihren Söhnen nach XXXX zu ihren Eltern gefahren. Obwohl sie weg gewesen seien, sei das Leben ihrer Söhne bedroht worden. Irgendwelche Leute seien zu ihrer Schwiegermutter gekommen und haben nach ihrem Mann bzw. nach ihren Söhnen gefragt. Befragt danach, wieso sie nach der Ausreise ihres Mannes im Jahr 2003 noch immer Probleme gehabt habe, führte die Mutter des Beschwerdeführers aus, dass ihr Mann Probleme gehabt habe und seine Probleme auch eine Bedrohung für ihre Kinder darstellen. Auf Nachfrage, ob es nicht ausgereicht habe, dass ihr Mann bereits das Land verlassen habe, führte sie aus, dass er Kinder habe und diese verschwinden würden. Es gebe solche Fälle wo Kinder verschwinden und nicht mehr zurückkommen. Sie mache sich daher Sorgen. Sie könne nicht genau sagen, was passieren würde, wenn sie nach Tschetschenien zurückkehren würde, aber es sei nichts Gutes. Ihr Mann sei im FRÜHJAHR 2004 aus POLEN nachXXXXzurückgefahren, weil sein Vater krank gewesen sei, er sei durch all diese Ereignisse krank geworden. Er habe vorgehabt, dort zu bleiben, wenn alles in Ordnung gewesen sei, aber es sei nicht in Ordnung gewesen in XXXX und daher sei er nach POLEN zurückgekehrt. Wie er eingereist sei, wisse sie nicht, aber es gebe die Möglichkeit, durch Zahlung von Bestechungsgeldern die Grenze zu überqueren. Sie selbst sei laut ihren Dokumenten XXXX, das seien aber gekaufte Dokumente gewesen, für den Aufenthalt in XXXX sei es von Vorteil gewesen, diese Dokumente zu haben.

1.6. Mit dem im Anschluss an die Verhandlung mündlich verkündeten Bescheid gab der Unabhängige Bundesasylsenat der Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.02.2005 statt, ebenso dem Asylantrag des Beschwerdeführers und erkannte dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zu.

Gleichlautende Berufungsbescheide ergingen in den Verfahren seines Mutter und seiner Geschwister.

Begründend führte der Unabhängige Bundesasylsenat aus, dass die Berufungswerber glaubhaft darlegen konnten, dass ihnen in der Russischen Föderation mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus ethnischen Gründen sowie auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie, sowohl von staatlicher russischer Seite, als auch von pro-russischen Sicherheits- und Militärkräften in Tschetschenien drohe. Eine inländische Schutzalternative sei nicht gegeben, Asylausschlussgründe oder Asylendigungsgründe seien zudem nicht ersichtlich.

In der schriftlichen Ausfertigung des am 27.04.2006 mündlich verkündeten Bescheides vom 22.05.2006 stellte der Unabhängige Bundesasylsenat fest, dass der Beschwerdeführer aus XXXXstamme und seine Familie seit 1994 in XXXX gelebt habe. Der Vater des Beschwerdeführers habe sich am ersten Tschetschenienkrieg beteiligt, indem er tschetschenischen Kämpfern Waffen, Munition, Lebensmittel und Zigaretten besorgt sowie Verletze beherbergt habe. Der Vater sei bereits im Jahr 1998 von Unbekannten entführt und gegen Lösegeldzahlung wieder freigelassen worden. Die gesamte Familie habe im Anschluss an diesen Vorfall mehrmals die Wohnung gewechselt. Nach einem Vorfall 2002 während des Aufenthalts des Vaters des Beschwerdeführers in XXXX, bei dem der Vater erneut zusammengeschlagen und mitgenommen worden sei, habe dieser flüchten können und ab dem FRÜHJAHR 2003 wieder bei seiner Familie in XXXX gelebt. Als mehrere Ladungen des FSB gekommen seien, sei der Vater des Beschwerdeführers nach POLEN geflüchtet. Im SOMMER 2003 sei die Miliz in das Haus der Familie gekommen und habe nach dem Verbleib des Vaters gefragt. Dabei sei die Mutter des Beschwerdeführers zusammengeschlagen und das Leben ihrer Kinder bedroht worden. Im HERBST sei daraufhin der Bruder des Beschwerdeführers von Unbekannten in der Schule nach dem Verbleib seines Vaters gefragt worden. Im XXXX 2003 sei der Beschwerdeführer mit seiner Mutter und seinen Brüdern nach POLEN und in weiterer Folge imXXXX 2004 nach Österreich geflüchtet. Dem Vater des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.08.2005 gemäß § 7 AsylG 1997 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden.

In der rechtlichen Beurteilung führe der Unabhängige Bundesasylsenat aus, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat von russischen Sicherheitskräften verfolgt worden sei und er auch im Falle seiner Rückkehr wiederum mit Verfolgung rechnen müsse. Die Bedrohung der Freiheit und der körperlichen Integrität des Beschwerdeführers weise unzweifelhaft asylrelevante Intensität auf. Im Falle des Beschwerdeführers gehe das festgestellte Verfolgungsrisiko auf die Aktivitäten seines Vaters im ersten Tschetschenienkrieg, seinem Naheverhältnis zu Kämpfern gegen die russischen Einheiten in Tschetschenien und die damit verbundene Ablehnung der Ausübung der Staatsgewalt durch die Russische Föderation, somit auf dessen politische Gesinnung zurück. Es sei daher anzunehmen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Familienangehörigkeit dieselbe politische Gesinnung seitens der russischen Behörden unterstellt werde, beziehungsweise, die Verfolgung daraus resultiere, dass der Beschwerdeführer Angehöriger seines Vaters, also zugehörig zu einer bestimmten sozialen Gruppe sei.

Ihm stehe keine innerstaatliche Fluchtalternative offen, weil er auf Grund der von seinem Vater ausgeübten Tätigkeiten in das Blickfeld der russischen Behörden gelangt sei. Die für den Beschwerdeführer bestehende Verfolgung, welche sich bereits in mehrfachen Bedrohungen des Beschwerdeführers und seiner Familie niedergeschlagen habe, gehe von russischen Sicherheitskräften, also von staatlicher Seite aus. Das Verfahren habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Ausübung der Staatsgewalt durch die Russische Föderation auf ein bestimmtes geographisches Gebiet beschränkt sei. Es gebe daher keine Landesteile im Herkunftsstaat, in denen die von ihm befürchtete Verfolgung und die damit verbundene Bedrohung seiner Freiheit und seiner körperlichen Integrität nicht eintreten könne.

2.1. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX aus der Grundversorgung entlassen und begründete mit seiner Familie von XXXX bis XXXX einen Wohnsitz in XXXX. Danach begründetet er bis XXXX mit seiner Familie einen Wohnsitz inXXXX und lebte anschließend bis zum XXXX mit seiner Familie in XXXX. Von XXXX, drei Monate, bevor er volljährig wurde, bis zum XXXX lebte er mit seiner Familie in XXXX bevor er im Zeitraum XXXX bis XXXX nur über eine Obdachlosenmeldung beim XXXX verfügte. Seit XXXX war er wiederum an der Adresse seiner Eltern in XXXX gemeldet.

Der Beschwerdeführer wurde nach einer Hausdurchsuchung festgenommen; über ihn wurde am XXXX die Untersuchungshaft verhängt.

2.2. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.07.2014 wegen des dreifachen Verbrechens des schweren Raubes gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB sowie wegen des zweifachen Verbrechens des versuchten schweren Raubes gemäß §§ 15, 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB unter Anwendung des § 36 JGG, weil der Beschwerdeführer zum jeweiligen Tatzeitpunkt das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, als junger Erwachsener zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei zwei Jahre gemäß § 43a Abs. 4 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Das Gericht stellte fest, dass es bei den versuchten Überfällen nur auf Grund der äußeren Umstände nicht zur Tatvollendung gekommen war. Bei der Strafbemessung berücksichtigte es beim Beschwerdeführer das umfassende Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel und dass es teilweise beim Versuch blieb, mildernd, das Zusammentreffen von fünf Verbrechen erschwerend. Es ging in Anbetracht der Strafzumessungsgründe vor dem Hintergrund, des - auf Grund des Alters des Beschwerdeführers anzuwendenden - Strafrahmens von einem bis zu fünfzehn Jahren auf Grund der von ihm in der Verhandlung gezeigten Einsicht und Reue davon aus, dass bei Anordnung der Bewährungshilfe eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, sodass ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren bedingt nachgesehen habe werden können.

2.3. Das Oberlandesgerichtes XXXX gab der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil mit Urteil vom 05.12.2014 statt und erhöhte die Freiheitsstrafe des Beschwerdeführers unter Ausschaltung der teilbedingten Strafnachsicht auf VIER Jahre.

Es folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft nicht, dass das Geständnis des Beschwerdeführers relativiert hätte werden müssen, da nachdem alle Tatutensilien bei ihm im Rahmen einer Hausdurchsuchung sichergestellt worden seien, die Beweislage ohnedies erdrückend gewesen sei. Auch wenn die Idee zur Tatbegehung jeweils vom Beschwerdeführer gestammt habe, könne nicht festgestellt werden, dass er seine Komplizen zur Tatbegehung "verführt" habe. Es folgte der Staatsanwaltschaft aber insofern, als die wiederholten bewaffneten Raubüberfälle, die durchwegs auf XXXX und XXXX verübt worden seien, fraglos der Schwerstkriminalität zuzurechnen seien; in ihnen manifestiere sich eine erhebliche kriminelle Energie und ein hoher Handlungsunwert. Keineswegs sei bei der Schwere der wiederholt begangenen Taten die Anwendung der teilbedingten Strafnachsicht zu rechtfertigen, zudem scheitere beim Beschwerdeführer die vom Gesetz geforderte hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens schon an der Vielzahl der ihm zur Last liegenden Tathandlungen.

2.4. Der Beschwerdeführer verbüßte seine Haftstrafe bis XXXX in der Justizanstalt XXXX, ehe er in die Justizanstalt XXXX verlegt wurde.

3.1. Mit Schreiben vom 16.11.2015, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme in der Strafhaft am 27.11.2015, wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, wonach für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) feststehe, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde bzw. andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe und das Bundesamt daher beabsichtige, ein Aberkennungsverfahren im Hinblick auf seinen Asylstatus einzuleiten. Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich Fragen (Schulausbildung, Beschäftigung, Erkrankungen etc.) zu beantworten. Dem Schreiben wurden Länderfeststellungen der Russische Föderation, Stand, 13.04.2015, unter Setzung einer zweiwöchigen Stellungnahmefrist, beigelegt.

Mit Schreiben vom 04.12.2015, beim Bundesamt eingelangt am 09.12.2015, gab der der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab. Er führte dabei zusammengefasst aus, dass er in Österreich vier Jahre lang die Volksschule und vier Jahre lang die Hauptschule besucht habe. Danach habe er die Handelsschule XXXX besucht, aufgrund seiner Inhaftierung sei diese Ausbildung jedoch unterbrochen worden. Er dürfe jedoch seit XXXX 2015 - aufgrund seiner guten Führung - als Freigänger seine Schulausbildung in der vormals besuchten Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule XXXX abschließen. Er befinde sich derzeit in der Abschlussklasse und breite sich auf den Schulabschluss vor. Vor seiner Haft haben seine Eltern seinen Lebensunterhalt finanziert, da er zu dieser Zeit noch Schüler gewesen sei. Im Bundesgebiet leben seine Eltern und seine sieben Geschwister, die alle russische Staatsangehörige seien und denen der Status des Konventionsflüchtlings zukomme. In der Russischen Föderation habe er keinerlei Angehörigen mehr. Seine Adresse vor der Einreise nach Österreich könne er nicht angeben, weil er damals noch ein Kind gewesen sei und sie "auf Grund des Krieges geflüchtet" seien. Im Zuge seiner Haftstrafe sei er nicht versichert, ansonsten sei er bei seinen Eltern mitversichert gewesen und werde auch nach der Haft wieder bei ihnen mitversichtert sein. Er sei ledig und leide an keinen Erkrankungen. Bezüglich seiner Integration im Bundesgebiet führte der Beschwerdeführer aus, die deutsche Sprache perfekt zu beherrschen. Er sei hier aufgewachsen und lebe seit er ein Kind sei die österreichische Kultur. Er sehe seinen Herkunftsstaat nicht als seine Heimat an, sondern sehe sich selbst als Österreicher; das sehen auch seine Freunde so. In der Schule helfe er Flüchtlingen, die Sprache zu lernen und in der Schule zurecht zu kommen; dadurch trage er zu deren Integration bei. Nach seiner Haftentlassung werde er wiederum bei seinen Eltern wohnen und eine Arbeitsstelle suchen und so seinen Lebensunterhalt bestreiten. Er bereue seine Straftat sehr und habe aus seinen Fehlern gelernt. Er werde sich auch in Zukunft nichts mehr zu Schulden kommen lassen und wolle in Österreich ein normales Leben führen und sich hier seine Zukunft aufbauen.

Beiliegend übermittelte der Beschwerdeführer zudem sein Jahreszeugnis des Schuljahres 2012/13 betreffend die XXXX Klasse Handelsschule (Religion sehr gut; Politische Bildung und Kundenorientierung gut; Betriebswirtschaftliche Übung, Officemanagement und Sport Befriedigend; Deutsch, Englisch, Betriebswirtschaft, Geographie und Naturwissenschaften Genügend; Verhalten: wenig zufriedenstellend), sein Jahresabschlusszeugnis der XXXX Klasse Hauptschule XXXX des Schuljahres 2010/11 (Deutsch und Englisch in der 3. Leistungsgruppe befriedigend, Mathematik in der

2. Leistungsgruppe Gut) sowie eine Schulbesuchsbestätigung der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule XXXX betreffend das Schuljahr 2015/16.

4. Mit Bescheid vom 08.02.2016, dem Beschwerdeführer zugestellt am 10.02.2016, erkannte das Bundesamt dem Beschwerdeführer den mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.04.2006 rechtskräftig zuerkannten Status des Asylberechtigen gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zu kommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 erkannte das Bundesamt dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.). Es erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG. Das Bundesamt stellte fest, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die RUSSISCHE FÖDERATION zulässig ist. Unter einem stellte es fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.) und erließ gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein zehnjähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.).

4.1. Das Bundesamt stellte die Identität des Beschwerdeführers fest und dass er am 20.04.2004 im Beisein seiner Mutter und von vier Geschwistern in das Bundesgebiet eingereist sei. Er habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt und ihm sei "mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 22.05.2006, rechtskräftig seit 27.04.2006," der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Im Bundesgebiet leben die Eltern sowie die mittlerweile sieben Geschwister des Beschwerdeführers, wobei fünf Geschwister noch mit den Eltern im gemeinsamen Haushalt leben. Der Beschwerdeführer habe einem aktuellen ZMR-Auszug zufolge mit seinen Eltern und seinen Geschwistern bis zum XXXX im gemeinsamen Haushalt gelebt. Er scheine von XXXX - XXXX bei XXXX in XXXX in XXXX als obdachlos gemeldet auf. Seit XXXX sei der Beschwerdeführer wieder an gemeinsamer Wohnadresse mit der Familie gemeldet gewesen, seit XXXX befinde er sich in Strafhaft. Der Beschwerdeführer besuche derzeit als Freigänger die XXXX Klasse der HAK/HAS in XXXX. Er verfüge über keine Berufsausbildung. Einem aktuellen Sozialversicherungsauszug vom 21.12.2015 zufolge sei der Beschwerdeführer lediglich im Jahr 2013 von XXXX bis XXXX tageweise einer meldepflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, von XXXX - XXXX ebenfalls. Der Beschwerdeführer sei ledig und ohne Sorgepflichten. Er sei völlig gesund.

Aufgrund der strafgerichtlichen rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer vierjährigen Haftstrafe (OLG XXXX, XXXX, vom 05.12.2014) sowie aufgrund der insgesamt 3 kriminalpolizeilichen Anzeigen im Zeitraum 2009 - 2014 (schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung und schwerer Raub in sieben Fällen unter zu Hilfenahme einer Gaspistole) liege ein Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 vor.

Es bestehe aktuell für den Beschwerdeführer keine Gefährdungs-/Bedrohungslage und er sei völlig gesund. Er leide an keiner Erkrankung, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde. Er sei bis zu seinem 10. LEBENSJAHR in der Heimat aufhältig gewesen, sodass zu Recht angenommen werden könne, dass er die dortige Landessprache beherrsche. Er sei somit in XXXX aufgewachsen, habe einen großen Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht, sei im Bundesgebiet im familiären Umfeld mit tschetschenischen Landessitten sozialisiert worden, beherrsche die Tschetschenische sowie die Russische Sprache auch muttersprachlichem Niveau und sei mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut. Die gegenwärtige Lage in der Russischen Föderation sei in regional unterschiedlicher Intensität als allgemein schwierig anzusehen. Fallweise werden die international üblichen demokratiepolitischen und menschenrechtskonformen Grundsätze nicht eingehalten werden. Von diesen fallweise stattfindenden Defiziten sei der Beschwerdeführer jedoch exzeptionell nicht betroffen gewesen.

4.2. In der Begründung stützte das Bundesamt die Asylaberkennung ohne weitere Begründung auf den Asylausschlussgrund des § 7 Abs. 1 AsylG 2005, und führte dazu einen Textbaustein zur Judikatur zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 leg.cit. aufgrund der freiwilligen Unterschutzstellung des Herkunftsstaates an.

Zur Nichtgewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führte das Bundesamt aus, dass laut den Länderberichten die elementare Grundversorgung jedenfalls anzunehmen sei. Durch seinen unbedenklichen Gesundheitszustand und die Kenntnis der landestypischen Verhältnisse sei in Verbindung mit seinem verwandtschaftlichen Umfeld und den damit verbundenen ökonomischen Verhältnissen jedenfalls gewährleistet, dass er seinen Lebensunterhalt (Obdach und Nahrung) so wie bisher aus eigenem bestreiten werde können.

Der Beschwerdeführer beherrsche die in der RUSSISCHEN FÖDERATION unter anderem übliche Landessprachen kenne und die dortigen kulturellen Werte. Eine Teilnahme am öffentlichen Leben sei somit gewährleistet. Der Beschwerdeführer sei ein arbeitsfähiger Mann, weshalb davon auszugehen sei, dass er auch in Hinkunft, erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme des Familienverbandes, in der Lage sein werde, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es liegen keine individuellen Umstände vor, die dafürsprechen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens haben sich keine Hinweise für die Gewährung von subsidiärem Schutz ergeben.

Es liege auch kein Grund für die Gewährung eines humanitären Aufenthaltstitels vor: Gegen ihn bestehe kein laufendes Strafverfahren und es bestehe auch keine rechtskräftige Verurteilung gegen ihn. Während seines Verfahrens habe sich kein Sachverhalt ergeben, der ihn als Opfer von Gewalt zeige und es bestehe auch keine Notwendigkeit, eine Aufenthaltsbewilligung zum Schutz vor weiterer Gewalt zu erteilen.

Die "Ausweisung" greife nicht in das Recht des Beschwerdeführers auf Familienleben ein: Er habe Eltern und Geschwister im Bundesgebiet. Es sei anzunehmen, dass weitere Verwandte in seinem Herkunftsstaat leben. Er lebe zumindest seit seiner Inhaftierung im XXXX 2014 bis zur Verbüßung seiner mehrjährigen Haftstrafe mit seinen Angehörigen in Österreich nicht im gemeinsamen Haushalt.

Der Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Privatleben sei verhältnismäßig: Der Beschwerdeführer habe einen gravierenden Teil seines bisherigen Lebens bzw. bis zu seinem ZEHNTEN Lebensjahr in der RUSSISCHEN FÖDERATION verbracht, dadurch werde der Eingriff schon relativiert, weshalb unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation in Österreich insgesamt ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung festgestellt werde. Es bleibe dem Beschwerdeführer unbenommen sich in weiterer Folge vom Ausland aus um einen Aufenthaltstitel für Österreich zu bemühen. Der Beschwerdeführer kenne die kulturellen und sozialen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und beherrsche die dort verwendete Sprache auf Muttersprachenniveau. Er könne sich wieder gut und problemlos in die russische bzw. tschetschenische Gesellschaftsstruktur eingliedern. Zudem sei aufgrund seines bisherigen Verhaltens mit der hartnäckigen Nichtanerkennung der österreichischen Rechtsordnung und wiederholten Straffälligkeit davon auszugehen, dass noch keine besondere Verfestigung des Privatlebens des Beschwerdeführers im Aufenthaltsstaat gegeben sei. In Gesamtschau überwiege - eben auch aufgrund des relativ kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet - das öffentliche Interesse eines geordneten Vollzugs des Fremdenwesens durch die Ausweisung das Recht auf Achtung des Privatlebens. Eine Verletzung des Rechts auf Privatleben sei nicht zu erkennen.

Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse im Falle einer Beendigung des Aufenthalts werde er keinesfalls in eine derart dauerhaft aussichtslose Lage gedrängt, dass ihm eine Rückkehr unzumutbar erscheinen lasse. Es sei vielmehr auf Grund seines Gesundheitszustandes, seiner Erfahrung, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Flexibilität sowie seiner familiären und sozialen Anknüpfungspunkte festzustellen, dass im Falle eine Rückkehr in die Russische Föderation seine Basisversorgung und die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens sichergestellt sei. Er sei sich im Klaren gewesen, dass er nach rechtskräftig negativem Abschluss des Verfahrens nicht weiter zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 sei daher nicht in Betracht gekommen.

Seine Abschiebung in die Russische Föderation sei aus den in der Begründung zu den Spruchpunkten I. und II. dargelegten Gründen zulässig. Die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die der Abschiebung entgegenstehen würde, gebe es für die Russische Föderation nicht.

Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt werde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Reglung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben überwiegen. Im Fall des Beschwerdeführers haben keine derartigen Gründe festgestellt werden können, weshalb er zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen ab der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung durch Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verpflichtet sei.

Zum Einreiseverbot führte die Behörde aus, dass aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers jedenfalls die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG vorliegen. Zuvor sei er im Jahr 2009 wegen schwerer Körperverletzung und im Jahr 2011 wegen gefährlicher Drohung angezeigt worden. Seit XXXX 2014 befinde er sich in Untersuchungs- und Strafhaft. Es liegen daher jedenfalls die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG vor. Im Fall des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen gewesen, dass es sich bei den von ihm verübten Delikten im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zweifellos um Schwerstkriminalität handle. Der Beschwerdeführer habe bewaffnete Raubüberfälle mit Gaspistolen begangen und mehrfach XXXX und XXXX überfallen. Im Fall des Beschwerdeführers seien als erschwerend das Zusammentreffen von 5 Verbrechen, die hohe kriminelle Energie und die meisten Tathandlungen im Zusammenwirken mit Komplizen gewertet worden. Lediglich das Geständnis und der ordentliche Lebenswandel sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch gebelieben sei, seien dem Beschwerdeführer gegenüber mildernd gewertet worden. Die Milderungsgründe hätten jedoch eine mehrjährige unbedingte Verurteilung nicht abwenden können, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Bezüglich des ordentlichen Lebenswandels sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer nunmehr als erwachsener Mensch bis dato weder einen Schulabschluss noch eine Berufsausbildung habe, bis dato am Arbeitsmarkt nicht integriert sei, da er lediglich von XXXX bis XXXX 2013 tageweise einer geringfügigen Beschäftigung als Arbeiter nachgegangen sei, und monatelang obdachlos gewesen sei. Die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers sei nicht als kurzfristiger Engpass anzusehen, sondern sei hier aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen zur Aufnahme einer Beschäftigung in Verbindung mit gegenwärtig sehr schwierigen markt- und beschäftigungspolitischen Szenarien von einem eher langfristigen nicht für den Beschwerdeführer sprechenden Szenario zu sprechen. Im Hinblick darauf, wie der Beschwerdeführer sein bisheriges Leben in Österreich gestaltet habe, sei davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, gerechtfertigt sei. Seine familiären und sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich seien nicht dergestalt, dass sie seinen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit überwiege sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände, sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von ZEHN Jahren gerechtfertigt und notwendig sei, um die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Das Einreiseverbot umfasse alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union außer Irland und das Vereinigte Königreich, weiters Island, Norwegen, die Schweiz und Lichtenstein. Der Beschwerdeführer sei daher angewiesen, im festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet dieser Staaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Frist des Einreiseverbotes beginne mit Ablauf des Tages seiner Ausreise.

4.3. Mit Verfahrensanordnung vom 08.02.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

5. Mit Schriftsatz vom 16.02.2016, eingebracht bei der belangten Behörde am 17.02.2016, erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 08.02.2016 in vollem Umfang und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Behebung des angefochtenen Bescheides.

Begründend führte die Beschwerde aus, dass in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides die Aberkennung des Asylstatus gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 vorgenommen worden sei, Artikel 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention zähle jedoch nicht das Begehen bzw. die Verurteilung wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens auf. Auch in der rechtlichen Beurteilung gehe die belangte Behörde unmissverständlich davon aus, dass der im Spruch herangezogene Aberkennungsgrund und kein anderer vorliege.

Der von der belangten Behörde im vorliegenden Bescheid angenommene Sachverhalt könne jedoch unter keinem Fall des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 subsumiert werden, zumal das Begehen von bzw. die Verurteilung von Straftaten, welche im Aufenthaltsstaat eines Flüchtlings begangen worden seien, nicht als "Unterschutz-Stellung" des Beschwerdeführers iSd des Artikel 1 Abschnitt C GFK gewertet werden können. Andererseits seien irgendwelche Handlungen, die als derartige "Unterschutz-Stellung" des Beschwerdeführers gewertet werden könnten, im angefochtenen Bescheid (in seinen Feststellungen) nicht einmal angedeutet worden.

Aus diesem Grund sei der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und deshalb aufzuheben.

Hilfsweise werde ausgeführt, dass die belangte Behörde jedenfalls eine in irgendeiner Weise nachvollziehbare Begründung dafür, dass das Begehen von strafbaren Handlungen einen der Endigungsgründe des Art. 1 Abschn. C GFK erfüllen könnte, unterlassen habe. Bei Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorschriften, wonach in der Begründung eines Bescheides nicht nur die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen seien, sondern auch die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, wäre die belangte Behörde zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen. Das Verfahren sei daher jedenfalls zu erneuern.

Da das Verfahren jedenfalls zu erneuern sein werde, erlaube sich der Beschwerdeführer folgendes ergänzende Vorbringen: Unrichtig sei, dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt zu seiner Familie pflege. Er erhalte zweimal im Monat für ein Wochenende Freigang, zudem auch jeden Samstagvormittag zwischen diesen besagten Wochenenden. Diesen Freigang verbringe der Beschwerdeführer zur Gänze bei seiner Familie. Vor diesen Freigängen haben die Brüder sowie seine Mutter den Beschwerdeführer so oft wie nur möglich in Untersuchungshaft besucht, weshalb derzeit von einem überdurchschnittlich engen Kontakt mit der Familie auszugehen sei.

6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 22.02.2016 vorgelegt.

6.1. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 01.04.2016 wurde der Beschwerdeführer am XXXX unter Anordnung einer Probezeit von drei Jahren und von Bewährungshilfe nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe bedingt aus der Strafhaft entlassen.

Begründend führte das Landesgericht aus, dass der Beschwerdeführer die Taten als junger Erwachsener begangen habe. Er werde voraussichtlich im XXXX2016 die XXXX KLASSE HANDELSSCHULE abschließen und könne eine Einstellungsbestätigung und eine Wohnmöglichkeit nachweisen. Er befinde sich im gelockerten Erstvollzug, es seien keine Ordnungsstrafen vermerkt und er weise eine sehr gute Führung auf, sodass davon auszugehen sei, dass - bei Anordnung der Bewährungshilfe - die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung vorliegen.

6.2. Mit Eingabe vom 15.05.2017 übermittelte der Verein NEUSTART den Jahresbericht zur bedingten Entlassung des Beschwerdeführers. Laut dem Bericht habe der Beschwerdeführer vergangenen SOMMER die HANDELSSCHULE abgeschlossen und im HERBST mit dem VORBEREITUNGSLEHRGANG für die MATURA begonnen. Nebenbei sei der Beschwerdeführer bis vor kurzem geringfügig beschäftigt gewesen. Der Beschwerdeführer äußere in den Betreuungsgesprächen immer wieder seine Unschlüssigkeit betreffend seines "schulischen/beruflichen" Werdegangs. Er suche das Gespräch zur Entscheidungsfindung sowohl bei seinen Eltern als auch in der Betreuung des Vereins NEUSTART. Der Beschwerdeführer habe vom Verein nicht überzeugt werden können, den aktuellen Schulbesuch für die Matura zu nutzen. Er sei seit XXXX am Arbeitsmarktservice arbeitssuchend gemeldet. Der Beschwerdeführer selbst sei sehr aktiv bei der Jobsuche. Er werde aktuell von der Firma XXXX zum Lagerlogistiker eingeschult und aller Voraussicht nach im kommenden Monat als Vollzeitbeschäftigter angestellt. Der Beschwerdeführer ziehe bezüglich seines schulischen Werdeganges eine Abendschule mit Maturaabschluss in Erwägung. Aufgrund der begangenen Straftaten sei über den Beschwerdeführer eine Führerscheinsperre verhängt worden. Die Frist ende diesen Monat, weshalb sich der Beschwerdeführer gegenwärtig bei der Fahrschule angemeldet habe. Hinsichtlich des sozialen Umfeldes und den persönlichen Interessen führte der Bericht aus, dass der Beschwerdeführer zu seinen Eltern und Geschwistern ein gutes und stabiles Verhältnis pflege. Die Familie sei ihm wichtig. In der Freizeit nutze er die Zeit um mit seinen Freunden an Autos zu basteln, Musik zu machen und an einem Kampfkurs-Training inXXXXteilzunehmen. In der Betreuung durch den Verein NEUSTART zeige sich der Beschwerdeführer äußerst offen in den Gesprächen. Er sei verlässlich in den getroffenen Vereinbarungen, kümmere sich um seine Belange und reflektiere sein Tun und Handeln. Er lasse sich von der Peergroup und deren Ansichten nicht leicht beeindrucken und hinterfrage auch kritisch. Der Beschwerdeführer bereue die begangenen Straftaten und er brüste sich nicht mit dem Häftlingsimage. Er habe die unterschiedlichen Themenbereiche der Deliktsverarbeitung gemeinsam mit der Bewährungshilfe durchgearbeitet; dabei seien die Ursachen geklärt und sowohl die Handlung als auch das Risiko bewertet worden. Die Zielerklärung sowie der Handlungsplan seien noch in Bearbeitung. Die kommenden Ziele des Beschwerdeführers seien die Erlangung einer Lenkerberechtigung, die Orientierung am Arbeits- bzw. Ausbildungsmarkt und die Vollzeitbeschäftigung bei der Firma XXXX, bei der er bereits geringfügig tätig sei.

Mit Eingabe vom 17.07.2016 teilte der Verein NEUSTART dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer nunmehr in einem festen Dienstverhältnis stehe und den XXXX gemacht habe. Eine Kopie des XXXX wurde im Anhang übermittelt.

6.3. Das Landesgericht XXXX hob mit Beschluss vom 16.02.2018 die angeordnete Bewährungshilfe als nicht mehr notwendig auf.

Im bezughabenden Bericht des Vereins NEUSTART vom 12.02.2018 führte dieser aus, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an den Abschluss der Handelsschule den Vorbereitungslehrgang für die Matura begonnen habe und nebenbei geringfügig bei diversen Lokalen und Firmen beschäftigt gewesen sei. Nachdem er sich immer wieder mit dem Gedanken des Berufseinstiegs gespielt habe, habe er sich schlussendlich für den beruflichen Werdegang entschlossen. Im XXXX 2017 sei er von der Firma XXXX zum Lagerlogistiker eingeschult und seit XXXX 2017 Vollzeit beschäftigt worden. Sein Einkommen betrage ca. XXXX € und er habe keine Sorgepflichten. Die Führerscheinsperre sei seit XXXX 2017 nicht mehr aufrecht, der Beschwerdeführer habe sich in der Fahrschule angemeldet und plane bis Sommer 2017 die Lenkerberechtigung der Klasse B zu erlangen. Der abgelaufene Reisepass sei ihm bis dato nicht ausgehändigt worden. Er werde als Konventionsflüchtling geführt. Er sei gesund und psychisch stabil. Es liegen keine Abhängigkeiten von psychotropen Stoffen vor. Zu seinen Eltern und Geschwistern habe er ein gutes, stabiles und inniges Verhältnis, die Familie sei ihm sehr wichtig. Im XXXX 2017 habe er nach tschetschenischer Tradition geheiratet; seither lebe gemeinsam mit seiner Frau bei seinen Eltern in XXXX. Weitere soziale Anbindung pflege der Beschwerdeführer sowohl in die tschetschenische Community als auch außerhalb von dieser. Seine nächsten Ziele seien die Erlangung der Lenkerberechtigung, Weiterbildungslehrgänge in seiner beruflichen Karriere und die Erlangung eines Konventionsreisepasses. Der Betreuungsverlauf und der Werdegang seien insgesamt positiv zu bewerten. Eine weitere Unterstützung durch die Bewährungshilfe erscheine auf Grund dessen nicht mehr als notwendig. Deshalb werde die vorzeitige Aufhebung der Bewährungshilfe beantragt.

6.4. Auf die Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts gab der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter in der Äußerung vom 08.06.2018 an, dass er sich von seiner Frau zwischenzeitlich getrennt habe und diese auch nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebe. Der Beschwerdeführer lebe mit seinen Eltern und drei seiner Geschwister im gleichen Haushalt.

6.5. Das Bundesamt teilte mit Schreiben vom 18.06.2018 mit, dass es an der für den 26.06.2018 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht teilnehmen werde.

6.6. Die mündliche Verhandlung am 26.06.2018 gestaltete sich wie folgt:

"Befragung des Beschwerdeführers

R: Haben Sie bisher im Verfahren die Wahrheit angegeben oder gibt es etwas, was Sie richtigstellen wollen?

BF: Ich habe alles wahrheitsgemäß angegeben.

R: Hat sich seit der Beschwerdeerhebung etwas betreffend Ihr Beschwerdevorbringen geändert?

BF: Nein.

R: Hat sich seit der Beschwerdeerhebung etwas an Ihrem Gesundheitszustand geändert?

BF: Nein.

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

BF: Ganz gut. Ich bin gesund. Ich habe keine Krankheiten, etc.

R: In den Dokumenten Ihrer Mutter ist "XXXX" vermerkt, auch in Ihren. Sind Sie Tschetschene oder XXXX?

BF: Ich bin Tschetschene.

R: Warum steht dann XXXX in Ihren Dokumenten?

BF: Meine Mutter ist XXXX, die Großeltern mütterlicherseits sind ... bei uns ist das so, dass man die Volkszugehörigkeit nach dem Vater zuerkannt bekommt. Mein Großvater war Tschetschene bzw. XXXX, das ist eigentlich das gleiche. Die Großmutter ist eine Russin, deswegen wurde das so eingetragen. Mein Vater ist Tschetschene und seine Eltern auch.

R: Stimmt die Aussage Ihres Vaters, dass Ihre Großeltern mütterlicherseits eine tschetschenisch-russische Mischehe führten?

BF: Ja.

R: Wenn die Dokumente "gekauft" und nicht echt waren, wie Ihre Mutter vor dem UBAS und Ihr Vater vor dem BAA aussagte, treffen dann die Angaben zu Ihrer Identität zu?

BF: Das weiß ich nicht. Das kann ich nicht sagen.

R: Können Sie das belegen?

BF: Nein.

R: Habe ich Sie richtig verstanden, Sie sind Tschetschene bzw. XXXX und das ist dasselbe?

BF: Ja.

R: Sie reisten 2004 im Alter von 9 JAHREN mit Ihrer Mutter und Ihren Brüdern XXXX, XXXX, XXXX und XXXX ins Bundesgebiet ein. Ihre Schwester XXXX wurde im Herkunftsstaat zurückgelassen. Trifft das zu?

BF: Ja.

R: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?

BF: Das war ca. auch zu der Zeit, genau kann ich mich nicht erinnern.

R: Beschreiben Sie Ihren Lebenslauf im Herkunftsstaat: Wo haben Sie von wann bis wann mit wem gewohnt und wo haben Sie die Schule besucht?

BF: Ich kann nicht wirklich viel sagen, ich bin ein, zwei Jahre in die Volksschule gegangen, habe bei meinen Eltern gelebt. Viel mehr kann ich dazu nicht in Erinnerung rufen.

R: Wo haben Sie gelebt?

BF: In XXXX.

R: Haben Sie die ganze Zeit in XXXX gewohnt?

BF: Daran kann ich mich jetzt wirklich nicht erinnern.

R: Sie sind mit 8, 9 Jahren ausgereist, sind Sie seit Sie ca. 6 JAHRE waren umgezogen oder haben Sie immer in XXXX gewohnt?

BF: Ich glaube innerhalb... innerhalb glaube ich nicht, wir sind hin- und hergezogen, wegen der ganzen Kriegssituation, mal nach XXXX, mehr kann ich mich jetzt wirklich nicht erinnern.

R: Haben Sie öfters die Schule gewechselt?

BF: Ich war nur in XXXX in der Volksschule, sonst war gar nichts mehr, soweit ich mich erinnern kann.

R: D.h. die Schule, EIN bzw. ZWEI JAHRE, haben Sie gänzlich in XXXX gemacht?

BF: Ja.

R: Sie haben gesagt, Sie haben mit Ihrer Familie zusammengelebt, mit wem genau?

BF: Mit meinen Großeltern väterlicherseits, meiner Mutter, meinem Vater und meinen Geschwistern.

R: Hat sonst noch jemand im gemeinsamen Haushalt gelebt?

BF: Nein, ich weiß nicht.

R: Welche Verwandte haben Sie noch in der Russischen Föderation?

BF: Ich habe nur mehr einen Onkel dort, alle anderen, Opa und Oma beiderseits sind verstorben.

R: Ist der Onkel väterlicherseits oder mütterlicherseits und wo lebt er?

BF: Er ist mütterlicherseits und lebt in XXXX.

R: Wie ist der Kontakt mit [ihm]?

BF: Nicht wirklich, es gibt Tage, da telefonieren schon meine Eltern mit ihm, aber da fragt man, wie es einander geht, sonst nicht.

R: Waren Sie selbst jemals einer Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt?

BF: Ich war noch ein Kind, also... wir sind geflüchtet, ich selbst glaube nicht.

R: Waren Sie in Österreich jemals einer Verfolgung ausgesetzt?

BF: Nein.

R: Welche Verwandten haben Sie in Österreich?

BF: Gar keine, nur meine Familie.

R: Wann haben Sie Ihren Vater vor seiner Einreise nach Österreich das letzte Mal gesehen?

BF: Noch zu Hause.

R: Aus dem Akt ergibt sich, dass Ihr Vater, während Sie in POLEN als Asylwerber aufhältig waren, in die Russische Föderation zurückkehrte, weil sein Vater krank war. Das war 2004. Dabei hat er sie in POLEN nochmals besucht, stimmt das?

BF: Ja.

R: Stimmt es, dass Ihr Vater nach Russland zurückgekehrt ist, weil sein Vater krank war?

BF: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

R: Ab wann haben Sie wieder mit Ihrem Vater zusammengewohnt?

BF: Seitdem wir in Österreich waren.

R: Ihre Mutter gab bei Ihrer Erstbefragung am 25.01.2005 betreffend Ihre Fluchtgründe an, dass Sie und Ihre Geschwister Russland keinen Schaden zugefügt haben, dass Sie Probleme haben, weil Ihr Vater Probleme gehabt hat. Aus Angst, dass Ihnen und Ihren Brüdern etwas passiert, dass Sie zu Hause nur Schlechtes erwartet, sind Sie nach Österreich gekommen. Sie haben als Kind schlecht geschlafen, sind in der Nacht aufgewacht und haben gemeint, dass jemand hinter der Tür steht. Es sei damals vorgekommen, dass Kinder ab dem Alter von zwölf Jahren mitgenommen worden seien. Sie seien hierhergekommen in der Hoffnung, dass Sie hier Frieden und ein ruhiges Leben finden. In der Stellungnahme vom 11.01.2005 rügte Ihr auch aktuell einschreitender rechtsfreundlicher Vertreter, dass für Sie nicht nur ein Asylerstreckungsantrag, sondern ein Asylantrag gestellt wurde, dass Sie wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und der Angehörigeneigenschaft zu Ihrem Vater verfolgt werden und persönlich Verfolgungshandlungen für den Fall der Rückkehr in die Russische Föderation befürchten. Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.02.2005 als unbegründet abgewiesen. Gleichlautende Bescheide ergingen in den Verfahren Ihrer Mutter und Ihrer Geschwister. Gegen diese Bescheide erhoben Sie durch Ihren rechtsfreundlichen Vertreter Berufung. Ihrem Vater war am 10.08.2005 Asyl gewährt worden. Am 27.04.2006 fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesasylsenat statt. Ihre Schwester XXXX lebte da noch bei Ihren Großeltern in der Russischen Föderation, in Tschetschenien bzw. in XXXX. Mit dem in der mündlichen Verhandlung verkündeten Bescheid wurde Ihnen und Ihren Geschwistern sowie Ihrer Mutter die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Dies wurde mit Verfolgung aus ethnischen Gründen und der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie durch die staatliche russische Seite und pro-russische Sicherheits- und Militärkräfte in Tschetschenien. Eine inländische Fluchtalternative gab es nicht. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Möchten Sie zu Ihrem Asylverfahren etwas angeben?

BF: Nein.

R: Beschreiben Sie Ihr Leben in Österreich während des Asylverfahrens XXXX2004 - XXXX 2005!

BF: Eine sehr kurze Zeit bin ich nicht in die Schule gegangen, dann habe ich angefangen in die Volkschule zu gehen, das war anfangs natürlich schwierig mit der Sprache usw. wir sind umgezogen öfter, ich hab[e] weiterhin die Schule gemacht, die Volksschule habe ich abgeschlossen in XXXX in XXXX, ich kann mich nicht erinnern, in welchem Jahr. Ich korrigiere, das war in XXXX im Jahr 2006, glaube ich.

R: Sie verfügten XXXX 2005 - XXXX 2006 über keine Meldeadresse in Österreich, genauso wenig wie Ihr Bruder XXXX. Wo waren Sie in diesen neun Monaten?

BF: Ich weiß es nicht. Ich war eh bei meinen Eltern 100%ig und auch mein Bruder XXXX.

R: Legen Sie alle Ihre Zeugnisse vor! BF: Alle habe ich natürlich nicht mit, ich habe meinen Handelsschulabschluss mit, das war 2016.

R setzt eine Frist zur Vorlage der Zeugnisse ab dem Schuljahr 2005/2006 von zwei Wochen, die Vorlage einer Kopie ist ausreichend. Dem Gericht liegen nur die Zeugnisse aus den Jahren 2010/2011 und 2012/2013 vor.

R: Beschreiben Sie Ihr Leben seit XXXX 2006 bis Sie von XXXX nach XXXXzogen, und volljährig wurden, im Sommer 2012! Mit wem haben Sie zusammengelebt, welche Ausbildung haben Sie gemacht, wie haben Sie Ihre Freizeit verbracht...

BF: 2006 waren wir in XXXX, ich habe die Volksschule abgeschlossen, dann sind wir nach XXXX umgezogen, da habe ich begonnen, die erste Hauptschule zu machen, die habe ich ein Jahr gemacht, dann sind wir nach XXXX gezogen, da habe ich die Hauptschule fertiggemacht. Nach der Hauptschule habe ich angefangen in der Handelsschule, diese habe ich bis zur XXXX Klasse gemacht. Danach, kurz vor dem Abschluss, ist der Vorfall passiert, dass ich straffällig wurde.

R: Warum sind Sie so oft umgezogen?

BF: Das weiß ich gar nicht.

R: Beschreiben Sie mir Ihre Leben in der Hauptschul- und Handelsschulzeit, darüber hinaus. Wie haben Sie Ihre Zeit verbracht?

BF: Während der Hauptschulzeit waren wir nur in unserer Ortschaft unterwegs, sind Radgefahren und schwimmen gegangen, wandern und Fußball spielen, solche Dinge halt. Was man halt in der Jugend so macht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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