Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §46;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des E H in W, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Jänner 1999, Zl. UVS 03/P/24/1630/98, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, in Senatsbesetzung gefassten angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 13. Jänner 1998 um 03.37 Uhr an einem näher bestimmten Ort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher umschriebenen Fahrzeuges sich geweigert, den Alkoholgehalt seiner Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht messen zu lassen. Er habe dadurch § 5 Abs. 2 StVO iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO verletzt, weshalb über ihn nach der letzt genannten Vorschrift eine Geldstrafe in der Höhe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist, dass vier durchgeführte Blasversuche - ein fünfter wurde verweigert - jeweils zweimal das Ergebnis "Atmung unkorrekt" und zweimal "Blasvolumen zu klein" zur Folge hatten.
In seiner Berufung bezog sich der Beschwerdeführer auf ein von ihm vorgelegtes Gutachten einer Fachärztin vom 3. März 1998. Aus diesem ergebe sich, dass zum Zeitpunkt des Alkomattestes keine hinreichende Vitalkapazität vorgelegen sei, somit von einer Verweigerung keine Rede sein könne. Die Behörde hätte einen Vergleich mit den amtsbekannten technischen Daten des verwendeten Alkomaten durchführen müssen und dabei anhand der im Gutachten festgehaltenen Vitalkapazität feststellen müssen, dass der Alkomat auf die krankheitsbedingt verminderte Atemluft des Beschwerdeführers nicht habe ansprechen können.
Der Befundbericht vom 3. März 1998 weist unter anderem als Anamnese auf:
"1993 perforiertes Ulcus duodeni, mit Pleurapunktion. Beim Tennisspielen
Atemprobleme, beim Stiegensteigen Atembeschwerden."
Die Diagnose lautet wie folgt:
"Restriktive Ventilationsstörung
Zwerchfellhochstand bds
Pleuraschwiele links".
Die belangte Behörde ließ daraufhin von einer Amtssachverständigen ein Gutachten (23. Oktober 1998) erstellen; dieses ergab insbesondere auf Basis des Ergebnisses des Thoraxröntgens und der Lungenfunktionsuntersuchung (Atemvolumen 2,58 Liter, das in einer Sekunde ausgeatmete Volumen 2,11 Liter, das in drei Sekunden ausgeatmete Volumen 2,58 Liter) eine restriktive Ventilationsstörung durch Zwerchfellhochstand. Der Beschwerdeführer war aber - nach dem Inhalt des Gutachtens - in der Lage, am 13. Jänner 1998 einen gültigen Test der Atemluft auf Alkoholgehalt durchzuführen.
Dieses Gutachten wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 18. Jänner 1999 dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers zur Kenntnis gebracht. Dieser stellte hieraufhin den Antrag, das Gutachten durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen überprüfen zu lassen; es gehe um die Objektivierung des möglichen Blasvolumens des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine objektivierte physiologische Situation und die Anzeigefähigkeit des verwendeten Alkomaten.
Die belangte Behörde wies diesen Antrag ab. Die Lungenfunktionswerte im Gutachten der Amtssachverständigen lägen in einem vergleichbaren Bereich zu denen im vom Berufungswerber vorgelegten Befundbericht. Danach sei eindeutig ein in drei Sekunden ausgeatmetes Volumen von 2,58 Liter zu Grunde zu legen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass eine beim Beschwerdeführer am 26. September 1998 mit einem Messgerät desselben Herstellers durchgeführte Messung bei einem Blasvolumen von nur 1,8 bzw. 1,9 Litern ein gültiges Messergebnis erbracht habe. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass das festgestellte Blasvolumen des Berufungswerbers für ein taugliches Messergebnis auch des dem Typ nach verwendeten Alkomaten jedenfalls ausgereicht habe.
Der Beschwerdeführer wendet sich vor dem Gerichtshof gegen die Abweisung dieses Antrages; für ihn als medizinischen Laien sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb er trotz der bei ihm festgestellten restriktiven Ventilationsstörung bei einem Zwerchfellhochstand am 13. Jänner 1998 in der Lage gewesen sei, einen gültigen Test der Atemluft auf Alkoholgehalt durchzuführen. Der Mangel in der Sachverständigenaussage sei umso schwerwiegender, weil die amtsärztliche Untersuchung neun Monate nach der angelasteten Verweigerung erfolgt und überhaupt nicht darauf eingegangen worden sei, "ob und bejahendenfalls weshalb nach einem relativ so langem Zeitpunkt darauf geschlossen werden" könne, "dass im Wintermonat Jänner" beim Beschwerdeführer "dieselbe Funktionstüchtigkeit der Atemorgane gegeben gewesen sei, wie zur Zeit der amtsärztlichen Feststellung".
Der Beschwerdeführer übersieht bei seiner Argumentation, dass sich die belangte Behörde auch auf eine Atemalkoholuntersuchung am 26. September 1998 (mit einem tauglichen Ergebnis) bezogen und überdies eine weitere Atemalkoholuntersuchung (mit einem Alkomaten eines anderen Herstellers) vom 8. September 1997 angeführt hat, bei der allein bei der ersten Messung ein Fehlversuch wegen unkorrekter Atmung verzeichnet worden sei, während die zweite und dritte Messung ein taugliches Ergebnis gebracht habe. Hierauf und auf die unbestrittenen Ergebnisse der Lungenfunktionsuntersuchung gestützt vermochte die belangte Behörde bereits begründete Feststellungen über die Fähigkeit des Beschwerdeführers zu treffen, den Alkomattest ordnungsgemäß durchzuführen. Dies selbst dann, wenn dem eingeholten medizinischen Amtssachverständigengutachten tatsächlich im Sinne der Beschwerdeausführungen eine begründete Stellungnahme betreffend den Rückschluß auf den Tatzeitpunkt nicht zu entnehmen sein sollte, zumal sich aus dem vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Befundbericht vom 3. März 1998 nur Atemprobleme beim Stiegensteigen und Tennisspielen ergeben.
Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die Einholung eines (weiteren) medizinischen Sachverständigengutachtens zuverlässigere Rückschlüsse auf die Situation am 13. Jänner 1998 erbringen sollte, als das bereits ohnedies eingeholte Sachverständigengutachten. Der Beschwerdeführer behauptet auch vor dem Gerichtshof nicht, am 13. Jänner 1998 von anderen als den angegebenen Gesundheitsstörungen betroffen gewesen zu sein.
Der Beschwerdeführer rügt weiters als eine wesentliche Aktenwidrigkeit im Bescheid der belangten Behörde die Aussage, dass eine Funktionsstörung des Alkomaten weder dem Akteninhalt zu entnehmen noch eine solche behauptet worden sei. Dem entgegen habe er bereits in seiner schriftlichen Rechtfertigung am 26. Dezember 1998 die Anzeigefähigkeit des verwendeten Alkomaten in Zweifel gezogen.
Die hier als aktenwidrig bezeichnete Aussage der belangten Behörde ist jedoch im bekämpften Bescheid im Zusammenhang mit der dort wörtlich zitierten Angabe des Meldungslegers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu sehen. Darin erklärte der Meldungsleger unter anderem, dass das für den konkreten Alkomattest verwendete Gerät keinerlei Störungen aufgewiesen habe. Der Beschwerdeführer habe jedoch trotz Aufklärung über die Funktionsweise des Alkomaten bei den ersten beiden Tests jeweils zuerst einmal kurz in das Gerät geblasen, danach den Luftstrom unterbrochen und danach nochmals kurz hineingeblasen. Dies habe das Gerät als Fehlversuch "Atmung unkorrekt" qualifiziert. Beim dritten und vierten Versuch habe der Beschwerdeführer das Einblasen zwar nicht unterbrochen, allerdings viel zu wenig Luft eingeblasen. Der Meldungsleger hätte auch noch einen fünften Versuch zugelassen, der Beschwerdeführer jedoch erklärt, nichts getrunken zu haben und deswegen nicht mehr weiter blasen zu wollen.
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei diesem - in der Beschwerde nicht bestrittenen - Sachverhalt davon ausging, dass der Beschwerdeführer durch dieses Verhalten das Zustandekommen eines Messergebnisses verhindert zu haben. Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Funktionstauglichkeit des Gerätes bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, weil sie auf Grund der Aussagen des Polizeibeamten annehmen durfte, dass der Umstand, dass kein brauchbares Messergebnis zustande kam, nicht auf einen Defekt des Gerätes, sondern auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen war. Dem Beamten, der für derartige Untersuchungen besonders geschult war und den Beschwerdeführer auch über die richtige Durchführung belehrt hatte, ist eine einwandfreie Beurteilung dieser Frage grundsätzlich zuzumuten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 90/03/0111, mwN). Ohne konkrete Behauptungen, worin die Mangelhaftigkeit des Gerätes gelegen sein sollte, war die belangte Behörde daher nicht gehalten, einen (unzulässigen) Erkundungsbeweis vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1992, Zl. 91/02/0134).
Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne einer relevanten Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.
Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, dass er zur öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Jänner 1999 nicht persönlich geladen worden, sondern nur sein ausgewiesener Rechtsanwalt verständigt worden sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1998, Zl. 97/01/1146, mwN) genügt eine Ladung zu Handen des ausgewiesenen Vertreters; eine zusätzliche "persönliche Ladung" für die mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Es bedarf daher auch keiner sonstigen "Verständigung" des Berufungswerbers (Beschwerdeführers) vom Termin der mündlichen Verhandlung. Sollte der Beschwerdeführer der Ansicht sein, seine Einvernahme sei zur Wahrheitsfindung erforderlich, wäre es ihm freigestanden, - auch ohne diesbezügliche Ladung - an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen oder in dieser durch seinen Rechtsfreund den Antrag auf seine Einvernahme zu stellen oder zu wiederholen. Dass dies geschehen sei, behauptet der Beschwerdeführer vor dem Gerichtshof nicht. Es liegt daher auch insoweit keine erkennbare Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verwaltungsvorschriften vor.
Soweit der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides geltend macht, geht er nicht von den Sachverhaltsfeststellungen der Behörde aus, sondern ersetzt sie durch die von ihm gewünschten. Da aber - wie dargelegt - die belangte Behörde ohne erkennbare Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu dem von ihr zu Grunde gelegten Sachverhalt gekommen ist, erübrigt sich ein Eingehen auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen. Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich wiederholt dargelegt hat, gilt als Weigerung, sich dem Alkotest zu unterziehen, auch ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, Zl. 95/03/0216, sowie das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 95/02/0016, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. Juni 1999
Schlagworte
Ablehnung eines Beweismittels Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat Verfahrensrecht BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999020158.X00Im RIS seit
12.06.2001